Komplette Breithorn-Traversierung E-W: 5 x 4000m
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Die ganze Breithorn-Traversierung schwirrte schon eine ganze Zeit lang im Kopf herum. Zweifelsohne eine grossartige Grat-Tour in grosser Höhe. Aber ob ich einer solch‘ schwierigen Tour gewachsen bin? Ist das überhaupt vernünftig, ohne richtige Akklimatisation? Viele Fragen, über welche ich mir Gedanken machte.
Und ganz nebenbei kann ich auch nicht abstreiten, dass ich wie viele andere der 4000er-Faszination erliege. Es ist nur eine Zahl, ich muss niemandem etwas beweisen und schon gar keine Sponsoren befriedigen – und doch …
Irgendwann war der Entscheid gefasst, ich wollte diese Traverse packen! Der ursprünglich vorgesehene Termin vom 4./5. Juli fiel leider ins Wasser. Das Wetter war zwar gut, jedoch war’s viel zu warm; +4 Grad auf 4100m … Ich verschob also die Tour um eine Woche, was sicher der richtige Entscheid war.
Auch diesmal sollte ich ein „Hänger“ haben, also eine Phase, wo’s mir richtig dreckig ging – scheint langsam zur Gewohnheit zu werden bei grösseren Touren; das müsste eigentlich nicht sein. Doch dazu später.
Vorab möchte ich gerne auf den Bericht von
Lulubusi verweisen, der die Tour „technisch“ sehr gut und informativ beschrieben hat. Ich möchte mich (wie üblich) eher auf das Erlebnis selbst beschränken.
Samstag, 11. Juli
Ich konnte erst am Samstag anreisen, was sicher nicht ganz optimal war. Andererseits habe ich dies schon mehrmals praktiziert (Anreise am Samstag, auf 4000m am Sonntag) und hatte damit eigentlich nie Probleme.
Also liess ich es gemütlich angehen und begab mich erst gegen Mittag auf die lange Anreise. Die Züge waren entsprechend auch nicht brechend voll als sonst üblich und so erreichte ich Herbriggen ohne Zwischenfälle. Herbriggen? Genau, denn zwischen Herbriggen und Randa blieb der Zug stehen. „Stellwerkstörung“ hiess es zuerst, dann kompletter System-Ausfall, 170 Züge zwischen Zermatt und Disentis würden stehen …
Nach mehrfachen Anläufen und insgesamt ca. 45 Min. Wartezeit ging’s dann doch weiter und wir erreichten mit entsprechender Verspätung Zermatt. Es ist immer wieder ein Erlebnis, in Zermatt anzukommen – zumindest für mich. Irgendwie einfach eine besondere Atmosphäre: Bergsteiger vermischen sich mit Touristen aus aller Welt; letztere vornehmlich aus Asien.
Ein gewaltiges Gewusel in der Hauptgasse, fast schlimmer als auf der Bahnhofstrasse in Zürich … Mein erstes Ziel galt dem Bergsteigerbüro: der Treffpunkt für den morgigen Tag wurde fixiert, der Name des Bergführers war noch nicht 100% fix … Die Bedingungen seien jetzt aber wieder gut, es gefror auch wieder über Nacht. Als alles geregelt war, ging's weiter zum Hotel. Übernachtungsmöglichkeiten gibt es ja in Zermatt mehr als genug; einige sind allerdings ziemlich teuer … Ich fand ein sehr nettes, kleines Hotel, welches meinen Ansprüchen vollauf genügte.
Sogleich begab ich mich noch etwas auf Entdeckungstour durch Zermatt, auch wenn ich dies schon mehrmals gemacht habe … Ein feines Nachtessen, welches ich noch draussen im T-Shirt geniessen konnte (auf 1600m!) rundete den Tag ab.
Sonntag, 12. Juli
Geweckt wurde ich von den zahlreichen Asiaten, welche eine ganze Brücke blockierten und alle den Sonnenaufgang am Matterhorn erleben und v.a. fotografieren wollten. Um 6.15 Uhr traf ich meinen Bergführer Urs an der Talstation des Matterhorn-Express. Vor allen Skifahrern (ja, die trainieren bereits wieder, zumindest das B-Kader …) konnten wir die erste Gondel besteigen und fuhren aufs Klein Matterhorn.
So konnten wir bereits kurz nach 7 Uhr starten. Der Bergführer wollte keine Zeit verlieren und es ging ab „wie die Feuerwehr“ (also natürlich nur nach meinem Begriff …). Ohne Steigeisen latschten wir über das Plateau und gelangten innert kürzester Zeit zum Breithornpass (3814m). Nun folgte die Traverse an den Fuss des Roccia Nera, möglichst ohne Höhenverlust (ganz gelingt dies natürlich nicht, es müssen auch wieder ein paar Meter abgestiegen werden, aber insgesamt passt es). Erst unterhalb des Gletscherabbruchs montieren wir die Steigeisen; bis dahin sehr guter Trittschnee.
Nun ging’s die ziemlich steile Flanke empor. Von weitem sahen wir ca. 7 weitere Seilschaften; die einen in der steilen Flanke, die anderen bereits am Gendarm - später sollten wir alle überholen. Es war also doch etwas mehr los, als ich mir vorgestellt hatte. Der Bergführer meinte dazu nur, Sonntag sei halt „Italiener-Tag“ … ;-)
Die Beschaffenheit der Unterlage war unterschiedlich: teilweise guter, harter Firn, dann aber auch wieder aufgeweichter Schnee, wo man einsank. Wir meisterten die steile Flanke im Zick-Zack, wogegen die Vorsteigenden allesamt in der Direttissima aufstiegen. Wir probierten das für einige Schritte ebenfalls aus, aber die Tritte waren viel zu weit auseinander und ungünstig angelegt, sodass wir schnell wieder auswichen (meine Fussgelenke waren allerdings auch nicht gerade erfreut ob diesem unbequemen Schräghang-Laufen ...).
Ohne Mühe, jedoch in einer (für meine Begriffe) Speed-Begehung erreichten wir nach ca. 1 ¾ Std. bereits den ersten Gipfel, Roccia Nera (4075m). Absolute Windstille, ein genialer Gipfelmoment. Und da war sie wieder, die unvergleichliche Walliser Prominenz, an der man sich kaum sattsehen kann: Dufourspitze, Liskamm, Castor, etc. Auch der weitere Gratverlauf war nun gut einzusehen; da wartete noch Einiges auf uns …
Der Bergführer mahnte nach einigen Minuten auch prompt zum baldigen Aufbruch, die Bedingungen würden nicht besser werden. Also wieder ein paar Meter absteigen, ein gut begehbarer Firngrat, welcher zum nächsten Aufstieg leitete. Es ging schon ein paar Tritte ziemlich steil bergan, aber 2 Seilschaften vor uns blieben irgendwie in der Spur stecken und kamen nicht mehr voran; einzelne Personen schienen im exponierten Gelände unsicher zu sein. So überholten wir kurzerhand, wobei mir dies natürlich bedeutend schwerer fiel als dem Bergführer …
So kam ich erstmals etwas mehr zum Schnaufen als vorgesehen ;-) – noch ohne Konsequenzen. Wir überkletterten also ohne grosse Mühen den Gendarm (4106m), der 2. Gipfel des Tages. Der Bergführer immer noch im gleichmässigen, jedoch schnellen Schritt unterwegs – ich auch (noch) flott hinterher. Im Abstieg vom Turm schien ich mich ein erstes Mal etwas ungeschickt anzustellen – aber hey, ich muss mich ja erst mal umsehen, wo’s weitergeht und dann auch noch ein paar gescheite Tritte suchen in diesem doch ziemlich exponierten Gelände ...!
Letztlich ohne Probleme wieder runter zur nächsten Firn-Spur, die letzten Meter liessen wir uns am Fels entlang abseilen. Schon bald stehen wir bereits auf dem 3. Gipfel, dem Breithorn Ostgipfel (4139m). Jetzt bereits deutlicher schwerer schnaufend, aber immer noch alles im „grünen Bereich“, mussten erst mal einige Panoramabilder gemacht werden – die Aussicht ist einfach sensationell!
Wieder 2 Seilschaften überholt (ziemlich exponiert!), bevor wir abseilten. Während eine weitere Seilschaft mehr westlich über die Wand abseilte, taten wir dies mehr östlich, also der Kante entlang. Eine Schlinge befindet sich oberhalb des letzten Felsens, jedoch nicht ganz optimal, weil von da aus nochmals ein paar Meter im steilen Firngelände abgestiegen werden müssen.
Nun auf dem Sattel die Querung auf dem Schneefeld zur Ostwand des Mittelgipfels. Diese ist wahrlich eindrücklich; sie zog mich schon von weitem in den Bann – und war Respekt einflössend. Wo bitte schön soll es denn hochgehen? Senkrecht hinauf? Wieder standen 2 Seilschaften am Einstieg der Ostwand, welche mein Bergführer ohne Federlesens überholte.
Und jetzt, just zum Zeitpunkt des interessantesten und anspruchsvollsten Teil der Tour, lief ich voll in den „Hammer“: quasi von einer Minute auf die andere hatte ich keinen Saft mehr; wie ein Schwächeanfall …
Infolge eines bevorstehenden, kleinen Couloirs behielten wir die Steigeisen noch ein paar Minuten an, dann zogen wir diese jedoch aus. Die senkrechte Wand bot schöne Kletterei in gutem Fels und vielen Griffen, sogar etwas leichter als gedacht.
Aber ich kam jetzt nicht mehr so schnell voran, wie dies bis hierher der Fall war – zumindest schien es, als ging es dem Bergführer zu wenig schnell … Der 2. Felsaufschwung folgte dem Riss entlang; alles gut machbar, technisch kein Problem – jedoch nicht im gewünschten Tempo … Nochmals schnell eine Seilschaft überholen (ich stellte mich ein 2. Mal ungeschickt an …), danach folgte bereits der 3. und letzte Felsaufschwung. Jetzt war der Tank völlig leer und ich war irgendwie ratlos … Ok, auf dieser Höhe müssen wohl alle etwas schnaufen, aber so ...?
Es gab noch diese eine letzte Schlüsselstelle: ein Stein auf dieser Seite, ein anderer Stein auf der anderen Seite eines Überganges, etwas Luft nach unten ... Leicht überhängender Fels, die guten Griffe weit oben (zumindest für kleinere Leute …). Ich sah zu, wie Urs die Stelle meisterte. Er, gross gewachsen, hatte keine Mühe, den entscheidenden Griff zu erreichen. Ich aber ich schaffte es nicht: die Arme und Beine zitterten, gemäss Bergführer war ich auch völlig bleich. Der Bergführer, bereits etwas genervt; da wären schon kleinere Leute als ich nach oben gekommen (was jetzt gerade nicht so motivierend war …). Auf jeden Fall war das dann das 3. und letzte Mal, wo ich mich heute ungeschickt angestellt hatte …
Selbst die Seilhilfe hilft nicht wirklich, wenn aus den Armen auch nix mehr kommt … Im 4. oder 5. Anlauf schaffte ich es dann mit Hängen und Würgen doch noch irgendwie. Völlig ausgepumpt und kraftlos erreichte ich den Mittelgipfel (4159m). Trinken und etwas Essen hinunterwürgen war angesagt, ebenso mal wieder richtig durchschnaufen, bevor ich mich wieder um Umgebung und Fotos kümmern konnte.
Die einen werden jetzt vermutlich den Mahnfinger heben und sagen „ist ja klar, ohne Akklimatisation!“ Ich hatte jedoch weder Schwindel noch Kopfweh, also m.E. keine dieser typischen Anzeichen von Höhenkrankheit. Es war tatsächlich wohl eine Art Schwäche-Anfall – oder Folgen des zu schnellen Aufstiegs oder beides zusammen, keine Ahnung …
Nach dieser wohltuenden Pause folgte noch das Dessert: ein schöner Firngrat auf der Höhe des Mittelgipfels, welcher danach in den Sattel hinunter leitet. Noch ein letzter, harter Aufstieg (wo wir abermals Seilschaften überholten), dann war auch der 5. und letzte Gipfel geschafft: Breithorn Westgipfel (4164m), auf dem ich bereits 2007 stehen durfte. Irgendwie für mich fast schon ein "historischer" Moment, denn 2007 hat eigentlich alles so richtig angefangen mit Bergsteigen ...
Inzwischen wieder gut erholt genoss ich nochmals die geniale Aussicht, bevor wir uns an den Abstieg auf dem Normalweg machten. Wobei – nicht ganz Normalweg, denn wir stiegen ziemlich direkt ab, kürzten ein paar Kurven, bevor wir wieder zum eigentlichen Weg zurück gelangten. Im inzwischen aufgeweichten, aber noch passablen Schnee stapften wir über das Breithorn Plateau zurück zum Klein Matterhorn, wobei die letzten, schwach ansteigenden Meter zum Tunnelausgang nochmals etwas zäh waren …
Fazit:
Ein Traum ist mit dieser Traversierung wahr geworden! Nach meiner Auffassung ganz grosses alpines Kino! Ok, das Leiden hätte nicht sein müssen, aber unter dem Strich war es ein grossartiges Erlebnis! Und es war gleichzeitig die wohl bis anhin anspruchsvollste Tour …
Ein Dank auch an Urs, der mir dieses grossartige Erlebnis ermöglicht hat, auch wenn er zwischendurch etwas streng war ... ;-)
Bedingungen:
Nach Aussage des Bergführers „Top-Verhältnisse“. Dem kann ich zustimmen, auch wenn mit ein paar Abstrichen, wo der Schnee halt doch etwas weicher war als sonst wohl üblich.
Insgesamt immer noch sehr warm, wenig bis kein Wind, ganze Tour ohne die sonst obligatorische Gore-Tex Jacke absolviert.
Bemerkungen:
Habe ich die Überschreitung unterschätzt? Nein, denke ich nicht - ich hatte mich sorgfältig in das Thema eingelesen und viele Fotos studiert; ich wusste also, was auf mich zukommen würde ...
Generelle Bemerkung zur Dauer der Tour:
Lulubusi hat es richtig formuliert: „7-8 Stunden muss man für diese Tour mindestens einplanen“. Dem kann ich nur zustimmen. Auch im SAC-Führer werden 7 Std. veranschlagt. Klar haben wir durch die professionelle Seilhandhabung viel Zeit eingespart. Und sicher ist man als 2er-Seilschaft auch schneller unterwegs als mit einer 3er-Seilschaft. Auch wenn vielleicht andere schon ähnlich schnell oder auch schneller unterwegs waren, würde ich als „Otto Normalverbraucher“, der ich nun mal bin, bei ca. 6 Std. inkl. Pausen bzw. netto ca. 5 1/2 Std. doch von einer „Speed-Begehung“ sprechen.
Ungefähre Zeit-Abschnitte:
Und ganz nebenbei kann ich auch nicht abstreiten, dass ich wie viele andere der 4000er-Faszination erliege. Es ist nur eine Zahl, ich muss niemandem etwas beweisen und schon gar keine Sponsoren befriedigen – und doch …
Irgendwann war der Entscheid gefasst, ich wollte diese Traverse packen! Der ursprünglich vorgesehene Termin vom 4./5. Juli fiel leider ins Wasser. Das Wetter war zwar gut, jedoch war’s viel zu warm; +4 Grad auf 4100m … Ich verschob also die Tour um eine Woche, was sicher der richtige Entscheid war.
Auch diesmal sollte ich ein „Hänger“ haben, also eine Phase, wo’s mir richtig dreckig ging – scheint langsam zur Gewohnheit zu werden bei grösseren Touren; das müsste eigentlich nicht sein. Doch dazu später.
Vorab möchte ich gerne auf den Bericht von

Samstag, 11. Juli
Ich konnte erst am Samstag anreisen, was sicher nicht ganz optimal war. Andererseits habe ich dies schon mehrmals praktiziert (Anreise am Samstag, auf 4000m am Sonntag) und hatte damit eigentlich nie Probleme.
Also liess ich es gemütlich angehen und begab mich erst gegen Mittag auf die lange Anreise. Die Züge waren entsprechend auch nicht brechend voll als sonst üblich und so erreichte ich Herbriggen ohne Zwischenfälle. Herbriggen? Genau, denn zwischen Herbriggen und Randa blieb der Zug stehen. „Stellwerkstörung“ hiess es zuerst, dann kompletter System-Ausfall, 170 Züge zwischen Zermatt und Disentis würden stehen …
Nach mehrfachen Anläufen und insgesamt ca. 45 Min. Wartezeit ging’s dann doch weiter und wir erreichten mit entsprechender Verspätung Zermatt. Es ist immer wieder ein Erlebnis, in Zermatt anzukommen – zumindest für mich. Irgendwie einfach eine besondere Atmosphäre: Bergsteiger vermischen sich mit Touristen aus aller Welt; letztere vornehmlich aus Asien.
Ein gewaltiges Gewusel in der Hauptgasse, fast schlimmer als auf der Bahnhofstrasse in Zürich … Mein erstes Ziel galt dem Bergsteigerbüro: der Treffpunkt für den morgigen Tag wurde fixiert, der Name des Bergführers war noch nicht 100% fix … Die Bedingungen seien jetzt aber wieder gut, es gefror auch wieder über Nacht. Als alles geregelt war, ging's weiter zum Hotel. Übernachtungsmöglichkeiten gibt es ja in Zermatt mehr als genug; einige sind allerdings ziemlich teuer … Ich fand ein sehr nettes, kleines Hotel, welches meinen Ansprüchen vollauf genügte.
Sogleich begab ich mich noch etwas auf Entdeckungstour durch Zermatt, auch wenn ich dies schon mehrmals gemacht habe … Ein feines Nachtessen, welches ich noch draussen im T-Shirt geniessen konnte (auf 1600m!) rundete den Tag ab.
Sonntag, 12. Juli
Geweckt wurde ich von den zahlreichen Asiaten, welche eine ganze Brücke blockierten und alle den Sonnenaufgang am Matterhorn erleben und v.a. fotografieren wollten. Um 6.15 Uhr traf ich meinen Bergführer Urs an der Talstation des Matterhorn-Express. Vor allen Skifahrern (ja, die trainieren bereits wieder, zumindest das B-Kader …) konnten wir die erste Gondel besteigen und fuhren aufs Klein Matterhorn.
So konnten wir bereits kurz nach 7 Uhr starten. Der Bergführer wollte keine Zeit verlieren und es ging ab „wie die Feuerwehr“ (also natürlich nur nach meinem Begriff …). Ohne Steigeisen latschten wir über das Plateau und gelangten innert kürzester Zeit zum Breithornpass (3814m). Nun folgte die Traverse an den Fuss des Roccia Nera, möglichst ohne Höhenverlust (ganz gelingt dies natürlich nicht, es müssen auch wieder ein paar Meter abgestiegen werden, aber insgesamt passt es). Erst unterhalb des Gletscherabbruchs montieren wir die Steigeisen; bis dahin sehr guter Trittschnee.
Nun ging’s die ziemlich steile Flanke empor. Von weitem sahen wir ca. 7 weitere Seilschaften; die einen in der steilen Flanke, die anderen bereits am Gendarm - später sollten wir alle überholen. Es war also doch etwas mehr los, als ich mir vorgestellt hatte. Der Bergführer meinte dazu nur, Sonntag sei halt „Italiener-Tag“ … ;-)
Die Beschaffenheit der Unterlage war unterschiedlich: teilweise guter, harter Firn, dann aber auch wieder aufgeweichter Schnee, wo man einsank. Wir meisterten die steile Flanke im Zick-Zack, wogegen die Vorsteigenden allesamt in der Direttissima aufstiegen. Wir probierten das für einige Schritte ebenfalls aus, aber die Tritte waren viel zu weit auseinander und ungünstig angelegt, sodass wir schnell wieder auswichen (meine Fussgelenke waren allerdings auch nicht gerade erfreut ob diesem unbequemen Schräghang-Laufen ...).
Ohne Mühe, jedoch in einer (für meine Begriffe) Speed-Begehung erreichten wir nach ca. 1 ¾ Std. bereits den ersten Gipfel, Roccia Nera (4075m). Absolute Windstille, ein genialer Gipfelmoment. Und da war sie wieder, die unvergleichliche Walliser Prominenz, an der man sich kaum sattsehen kann: Dufourspitze, Liskamm, Castor, etc. Auch der weitere Gratverlauf war nun gut einzusehen; da wartete noch Einiges auf uns …
Der Bergführer mahnte nach einigen Minuten auch prompt zum baldigen Aufbruch, die Bedingungen würden nicht besser werden. Also wieder ein paar Meter absteigen, ein gut begehbarer Firngrat, welcher zum nächsten Aufstieg leitete. Es ging schon ein paar Tritte ziemlich steil bergan, aber 2 Seilschaften vor uns blieben irgendwie in der Spur stecken und kamen nicht mehr voran; einzelne Personen schienen im exponierten Gelände unsicher zu sein. So überholten wir kurzerhand, wobei mir dies natürlich bedeutend schwerer fiel als dem Bergführer …
So kam ich erstmals etwas mehr zum Schnaufen als vorgesehen ;-) – noch ohne Konsequenzen. Wir überkletterten also ohne grosse Mühen den Gendarm (4106m), der 2. Gipfel des Tages. Der Bergführer immer noch im gleichmässigen, jedoch schnellen Schritt unterwegs – ich auch (noch) flott hinterher. Im Abstieg vom Turm schien ich mich ein erstes Mal etwas ungeschickt anzustellen – aber hey, ich muss mich ja erst mal umsehen, wo’s weitergeht und dann auch noch ein paar gescheite Tritte suchen in diesem doch ziemlich exponierten Gelände ...!
Letztlich ohne Probleme wieder runter zur nächsten Firn-Spur, die letzten Meter liessen wir uns am Fels entlang abseilen. Schon bald stehen wir bereits auf dem 3. Gipfel, dem Breithorn Ostgipfel (4139m). Jetzt bereits deutlicher schwerer schnaufend, aber immer noch alles im „grünen Bereich“, mussten erst mal einige Panoramabilder gemacht werden – die Aussicht ist einfach sensationell!
Wieder 2 Seilschaften überholt (ziemlich exponiert!), bevor wir abseilten. Während eine weitere Seilschaft mehr westlich über die Wand abseilte, taten wir dies mehr östlich, also der Kante entlang. Eine Schlinge befindet sich oberhalb des letzten Felsens, jedoch nicht ganz optimal, weil von da aus nochmals ein paar Meter im steilen Firngelände abgestiegen werden müssen.
Nun auf dem Sattel die Querung auf dem Schneefeld zur Ostwand des Mittelgipfels. Diese ist wahrlich eindrücklich; sie zog mich schon von weitem in den Bann – und war Respekt einflössend. Wo bitte schön soll es denn hochgehen? Senkrecht hinauf? Wieder standen 2 Seilschaften am Einstieg der Ostwand, welche mein Bergführer ohne Federlesens überholte.
Und jetzt, just zum Zeitpunkt des interessantesten und anspruchsvollsten Teil der Tour, lief ich voll in den „Hammer“: quasi von einer Minute auf die andere hatte ich keinen Saft mehr; wie ein Schwächeanfall …
Infolge eines bevorstehenden, kleinen Couloirs behielten wir die Steigeisen noch ein paar Minuten an, dann zogen wir diese jedoch aus. Die senkrechte Wand bot schöne Kletterei in gutem Fels und vielen Griffen, sogar etwas leichter als gedacht.
Aber ich kam jetzt nicht mehr so schnell voran, wie dies bis hierher der Fall war – zumindest schien es, als ging es dem Bergführer zu wenig schnell … Der 2. Felsaufschwung folgte dem Riss entlang; alles gut machbar, technisch kein Problem – jedoch nicht im gewünschten Tempo … Nochmals schnell eine Seilschaft überholen (ich stellte mich ein 2. Mal ungeschickt an …), danach folgte bereits der 3. und letzte Felsaufschwung. Jetzt war der Tank völlig leer und ich war irgendwie ratlos … Ok, auf dieser Höhe müssen wohl alle etwas schnaufen, aber so ...?
Es gab noch diese eine letzte Schlüsselstelle: ein Stein auf dieser Seite, ein anderer Stein auf der anderen Seite eines Überganges, etwas Luft nach unten ... Leicht überhängender Fels, die guten Griffe weit oben (zumindest für kleinere Leute …). Ich sah zu, wie Urs die Stelle meisterte. Er, gross gewachsen, hatte keine Mühe, den entscheidenden Griff zu erreichen. Ich aber ich schaffte es nicht: die Arme und Beine zitterten, gemäss Bergführer war ich auch völlig bleich. Der Bergführer, bereits etwas genervt; da wären schon kleinere Leute als ich nach oben gekommen (was jetzt gerade nicht so motivierend war …). Auf jeden Fall war das dann das 3. und letzte Mal, wo ich mich heute ungeschickt angestellt hatte …
Selbst die Seilhilfe hilft nicht wirklich, wenn aus den Armen auch nix mehr kommt … Im 4. oder 5. Anlauf schaffte ich es dann mit Hängen und Würgen doch noch irgendwie. Völlig ausgepumpt und kraftlos erreichte ich den Mittelgipfel (4159m). Trinken und etwas Essen hinunterwürgen war angesagt, ebenso mal wieder richtig durchschnaufen, bevor ich mich wieder um Umgebung und Fotos kümmern konnte.
Die einen werden jetzt vermutlich den Mahnfinger heben und sagen „ist ja klar, ohne Akklimatisation!“ Ich hatte jedoch weder Schwindel noch Kopfweh, also m.E. keine dieser typischen Anzeichen von Höhenkrankheit. Es war tatsächlich wohl eine Art Schwäche-Anfall – oder Folgen des zu schnellen Aufstiegs oder beides zusammen, keine Ahnung …
Nach dieser wohltuenden Pause folgte noch das Dessert: ein schöner Firngrat auf der Höhe des Mittelgipfels, welcher danach in den Sattel hinunter leitet. Noch ein letzter, harter Aufstieg (wo wir abermals Seilschaften überholten), dann war auch der 5. und letzte Gipfel geschafft: Breithorn Westgipfel (4164m), auf dem ich bereits 2007 stehen durfte. Irgendwie für mich fast schon ein "historischer" Moment, denn 2007 hat eigentlich alles so richtig angefangen mit Bergsteigen ...
Inzwischen wieder gut erholt genoss ich nochmals die geniale Aussicht, bevor wir uns an den Abstieg auf dem Normalweg machten. Wobei – nicht ganz Normalweg, denn wir stiegen ziemlich direkt ab, kürzten ein paar Kurven, bevor wir wieder zum eigentlichen Weg zurück gelangten. Im inzwischen aufgeweichten, aber noch passablen Schnee stapften wir über das Breithorn Plateau zurück zum Klein Matterhorn, wobei die letzten, schwach ansteigenden Meter zum Tunnelausgang nochmals etwas zäh waren …
Fazit:
Ein Traum ist mit dieser Traversierung wahr geworden! Nach meiner Auffassung ganz grosses alpines Kino! Ok, das Leiden hätte nicht sein müssen, aber unter dem Strich war es ein grossartiges Erlebnis! Und es war gleichzeitig die wohl bis anhin anspruchsvollste Tour …
Ein Dank auch an Urs, der mir dieses grossartige Erlebnis ermöglicht hat, auch wenn er zwischendurch etwas streng war ... ;-)
Bedingungen:
Nach Aussage des Bergführers „Top-Verhältnisse“. Dem kann ich zustimmen, auch wenn mit ein paar Abstrichen, wo der Schnee halt doch etwas weicher war als sonst wohl üblich.
Insgesamt immer noch sehr warm, wenig bis kein Wind, ganze Tour ohne die sonst obligatorische Gore-Tex Jacke absolviert.
Bemerkungen:
Habe ich die Überschreitung unterschätzt? Nein, denke ich nicht - ich hatte mich sorgfältig in das Thema eingelesen und viele Fotos studiert; ich wusste also, was auf mich zukommen würde ...
Generelle Bemerkung zur Dauer der Tour:

Ungefähre Zeit-Abschnitte:
- Klein Matterhorn – Roccia Nera: ca. 1 ¾ Std.
- Roccia Nera – Gendarm – Ostgipfel: ca. 1 Std.
- Ostgipfel – Mittelgipfel: ca. 1 Std. 40 Min.
- Mittelgipfel – Westgipfel: ca. 20 Min.
- Westgipfel - Klein Matterhorn: ca. 45 Min. (inkl. Pausen-Schwatz mit einem Bekannten)
Tourengänger:
Linard03

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