Fundelkopf - super Ausweichtour mit spannendem Finale


Publiziert von Jackthepot , 6. Juni 2015 um 01:16.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Rätikon
Tour Datum: 4 Juni 2015
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1360 m
Abstieg: 1360 m
Strecke:Brand - Amatschonjoch- Fundelkopf-Amatschonjoch-Palüdhütte-Brand
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bludenz, Bürserberg, Brand, Parkplatz Palüd
Unterkunftmöglichkeiten:Pensionen u Hotels in Brand
Kartennummer:Kompass Nr. 292 Karte 2 Vorarlberg

Es ging schon los damit, dass ich in Nenzing die Abfahrt in Richtung Nenzinger Himmel übersah und kurz vor Gurtis feststellte 'das kann's nicht sein'. Als ich dann ne knappe halbe Stunde später vor der Schranke ins Gamperdonatal stand, die mir die Zufahrt in den "Himmel" verwehrte...ja noch schlimmer 'nur mit Wandertaxi, bei gesonderter Anmeldung' möglich....da wusste ich 'zur Hölle mit dem Himmel' und dem Augstenkopf, den ich von dort aus erwandern wollte. Gut , dass ich auch noch die falsche Wanderkarte eingepackt hatte ... Bregenzer Wald und Lechquellengebirge wenig hilfreich, denn heute sollte es ausnahmsweise > Rätikon < sein. Wieder eine halbe Stunde später stand ich also nun am Parkplatz Palüd in Brand. Die Sonne brannte bereits mit guten 25 Grad vom Himmel - na um 10:30h auch kein Wunder.
Ziel Amatschonjoch - 2000m+ sollte es schon sein...und dann mal kucken, was noch geht. Gut mit 30er Sonnencreme versorgt ging es über steile Almwege hinauf zum Melkboden, einer möndanen Skischaukel im Winter. Heute noch ausgestorben ... ab 13.06. gibts hier wieder was zum Essen und Trinken. Apropos Trinken, gut dass ich bei dieser Hitze auch noch nichts zu Trinken dabei hatte... die beiden Fläschchen standen bei meiner abendlichen Heimkehr immer noch ungeöffnet in der Küche.
Erlösung gab's dann endlich an der Inneren Palüdalpe (1800m). Ein Brunnen (für's Vieh) hatte schon geöffnet...egal ich hatte ohnehin Durst wie ein Ochse.  Eiskaltes und glasklares Wasser plätscherte heraus und so konnte ich die verdampften Wasservorräte wieder auffrischen. Hinter der Alpe gehts auf der rechten Seite des Bächleins Richtung Amatschonjoch - nun kein breiter Schotterweg mehr, sondern tw. schön sumpfiger Wiesensteig. Am Joch angekommen öffnet sich der Blick über das Gamperdonatal hinweg auf den fast unbekannten Grenzkamm zur Schweiz und Liechtenstein. Doch dafür hat man eigentlich gar keinen Blick...das Wanderer-Herz lacht laut, beim Anblick einer riesigen blau, weiß, gelb, rosanen Blumenwiese  - absolut herrlich.
Der Steig auf den Fundelkopf ist klar auszumachen ... Schierigkeiten macht die schwüle Gluthitze in dem Latschenkiefern-Wäldchen durch das sich der Weg schlängelt und wenig später dann die Querung des Bächleins, das in vielen Wasserfällen herabrauscht (im Sommer wahrscheinlich nix mehr, weil die letzten Schneefelder dann weg sind). Die Wegspuren sind nicht sonderlich deutlich, aber sichtbar ... unter dem höchsten Wasserfällchen queren, nicht zu weit rechtsseitig aufsteigen. Und dann geht's los ... elendig steil in zahllosen Kehren schlängelt sich der Pfad eine 3/4h über die sehr steile Wiesenflanke bis unter den Felsriegel des Gipfels. Jäh, wechselt das monotone Steigen in ein vorsichtiges Schreiten über schmale, mit allerlei losem Schutt belegte Felsbänder. Eine aufgestapelte  Steinbarriere weist steil nach oben in den gut struktutrierten Fels, bald wieder querend zu einer schmalen Rinne - man sieht das Gipfelkreuz nicht wenig entfernt .. doch nur durch Klettern zu erreichen. Zuerst ist man geneigt durch die Rinne(Kamin) gen Gipfelkreuz aufzusteigen, doch links zieht ein steiles überdachtes Band nach oben. Im Mittelstück ist der Felsüberhang so schmal, dass sogar der Rücksack streift. Danach gehts auf schalen und Bröselbändern weiter um den Gipfelaufbau herum. Hier bricht der Fundelkopf über 1000m ab scheinbar vertikal bis in den Talboden des Gamperdonatals (auf der AnstiegsSeite waren es ja nur knapp 500Hm bis auf den nächsten Almboden). Als ich vor einem Felskopf stand, unter dem man sich auf einem noch schmaleren Schotterbändchen hindurchschummeln durfte (mit vorgenannten 1000m Luft unter den Sohlen), wurde ich mir plötzlich meiner gefährlichen Situation erst so richtig bewusst - allein in hochalpinen Gelände....das ohnehin schon angespannte Nervenkostüm erzeugte ein derart schlechtes Bauchgefühl, dass ich beschloss - den Gipfel in greifbarer Nähe - umzudrehen (Anzeige Höhenmesser: 2380m).....

Der Rückweg  ging eigentlich leichter als gedacht, sodass ich mich schon ärgerte nicht weitergegangen sein, als ich noch in der Felszone  bergab kraxelte ... aber wer weiß zu was es gut war. In der Erkenntnis wieder mal etwas über die eigene Psyche gelernt zu haben, erreichte ich alsbald wieder die die herrliche Blumenwiese am Amatschonjoch. Nach einigen Minuten des Verschnaufens, Schauens und Freuens ob der herrlichen Flora gings festen Schrittes wieder talwärts mit kurzen Tankstop am Brunnen der Palüdalpe und später (trotz des kurzen, aber mühseligen Gegenanstiegs) zur Palüdhütte.
Frisch gestärkt waren die letzten, steilen 600Hm über steile, elendige Fahrwege hinunter nach Brand ein "Klacks".

Tourengänger: Jackthepot


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Kommentare (2)


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Bikehike hat gesagt:
Gesendet am 17. Juni 2015 um 22:46
Nanu? Bist du kurz vor dem Gipfel vom Weg abgekommen? Habe das gar nicht so ausgesetzt in Erinnerung...

Grüße
Philipp

Jackthepot hat gesagt: RE: ausgesetzt, was ist das?
Gesendet am 22. Juni 2015 um 22:14
Hi Philip,

neenee, war schon richtig unterwegs....den Kopf nicht frei, voller 'schwerwiegender' Gedanken ... naja a "bisserl" ausgesetzt sind se scho diese schmalen, schrägen Bänder, mit bröseligem Schutt bedeckt ... ich war auf solche 'Schwierigkeiten' zum Schluss auch irgendwie nicht eingestellt. Allein unterwegs, kein Mensch mehr da oben (seit Stunden) ... plötzlich sind mir meine Kinder ins Gedächtnis geschossen, da hatte ich nur noch Angst um mein Leben. Ich hätte da ums Verrecken nicht mehr weiter gehen können. An einer breiteren Stelle etwas zurück, hab ich dann erstmal versucht meine panische Psyche wieder in den Griff zu bekommen....(anscheinend mit Erfolg).
Der Rückweg in der Felszone klappte dann -trotz der Anspannung- eigentlich recht unproblematisch, sodass ich mich schon wieder ärgerte, umgekehrt zu sein. Mir ist sowas in dieser Intensität noch nie passiert. Aber man soll seinem Bauchgefühl vertrauen...ich steh' dazu umgekehrt zu sein.

Nachdenkliche Grüße
Harald


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