Hallo liebe hikr-community! Nachdem wir schon seit langer Zeit mit viel Interesse Eure Berichte lesen, möchten wir nun auch einmal eine kleine Frühjahrstour vorstellen. Nur welche? Die 300.Tour auf den Säntis dürfte niemanden interessieren, also stellen wir zwei Gipfel vor, die eher selten besucht werden.
Es hat nur ein paar Wochen mit dem Berichtschreiben gedauert, weil wir uns mit den vielen Funktionen der Seite erst einmal vertraut machen mussten. Wir üben noch.
Ich bin also der Hirsch. Nachdem ja meine natürlichen Feinde, die Jäger, auf dieser Seite einen schweren Stand haben, wage ich mich kurz aus meiner Deckung, um aus meinem Revier zu berichten.
Ich bewege mich zusammen mit meiner Begleiterin, die allerdings kein Gestänge auf dem Kopf trägt, hin und wieder im Bregenzerwald oder in der näheren Umgebung. Wir sind leider nicht die super-sportlichen Typen und können deshalb nicht mit den tollen Hechten mithalten. Deswegen gehen wir auch nur selten anspruchsvollere Unternehmungen.
Das ganze Schönenbacher Wandergebiet ist im Frühjahr noch ziemlich einsam. Ein paar Radfahrer, der eine oder andere Wanderer...das war's dann schon. Jagende Bergsteiger, also diejenigen, die Gipfel jagen, die sind die vermeintlich größten Störer und haben es hier am schwersten. So trifft man diese Spezies an den Grünen Köpfen äußerst selten an. Diejenigen, die kommen, verhalten sich absolut unauffällig und ruhig, so dass sie schwer wahrzunehmen sind. Camouflage-Look und so...
Die Gipfel sind jetzt auch nicht nach jedermanns Geschmack, aber vor allem gibt es in der ganzen Gegend viele sogenannte "jagdliche Sperrgebiete", die nur zu bestimmten Zeiten zugänglich sind.
Im Fall der Grünen Köpfe (echt passender Name, umgangssprachlich auch "Piz Hubertus") handelt es sich um ein knapp 500 Hektar großes Gelände, das den Namen "EJ (Eigenjagdgebiet) Halden" trägt und von sage und schreibe Anfang Mai bis Silvester Sperrzone ist. Mehrere große Schilder weisen auf das Begehungsverbot bzw. das Abweichen vom Weg hin. Selbstverständlich sind auch das Radeln, das Hundemitführen, das Pflanzenpflücken, Pilzesammeln und andere Tätigkeiten, auf die wir jetzt nicht näher eingehen wollen, verboten. Die 10 Kilometer lange Radstrecke von Sibratsgfäll bis nach Schönenbach ist allerdings nicht nur erlaubt, sondern sogar als Radweg ausgeschildert und sehr empfehlenswert.
Hirsche bzw. genauer gesagt Rotwild gibt es dagegen jede Menge. Die werden im Laufe des Jahres stark bejagt, das heißt dutzendweise abgeschossen. Da wäre es kein Wunder, wenn es viele Psychos unter den Tieren geben würde. Wie wären eigentlich die Menschen drauf, wenn die immer damit rechnen müssten, vom Nachbarn abgeknallt zu werden? Ich persönlich würde ja lieber den Wolf, den Luchs oder andere Beutegreifer hier sehen, und vor allem viel mehr Bergsteiger, aber so ist nun mal der in der Evolution weniger fortgeschrittene Mensch: das Eigentum an der freien Natur für sich reklamieren und jede Art von Konkurrenz so gut es geht ausschließen.
Die Jäger haben im Halbkreis unter den beiden Gipfeln am Rande der freien Flächen viele Schießstände und Hüttchen aufgebaut. Da flüchtet man als Hirsch freiwillig, wenn man nicht als "Ragout vom heimischen Schuss" auf dem Teller landen will, auch wenn das sanfte, ruhige Gelände eher die Entspannung fördert und zum geruhsamen Sonnenbad einlädt.
Jetzt noch kurz zu den beiden Gipfeln: Der Nordgipfel ist einen Tick anspruchsvoller. Ist aber Ansichtssache. Viel schenken tun sich beide nicht. Auch bei uns gibt's da verschiedene Meinungen. Einig sind wir uns, dass der Nordgipfel den interessanteren Aufstieg bietet. Die Schwierigkeiten gehen bis III. Über eine grasige Rampe geht es an einem Felszacken vorbei. Am Ende der Rampe quert man in sehr brüchigem, anspruchsvollem Fels (eher für Gämsen als für Hirsche und Mähren geeignet) auf die Ostrippe. Auf der klettert man im Steilschrofengelände auf den Grat. Ausstieg ist kurz über der Abseilstelle. An dieser Stelle hängt noch ein Seil vom letzten Jahr, das man fürs Abseilen verwenden kann. Am Gipfelgrat muss noch ein ziemlich heikles Felsköpfel aus Mergelgestein überklettert oder umgangen werden. Die Aussicht ist für so einen doch niedrigen Berg beeindruckend. Tief unten erkennt man die Häuser von Schönenbach.
Der Südgipfel ist im Alpenvereinsführer Allgäuer Alpen (obwohl die Grünen Köpfe ja im Bregenzerwald liegen) kurz, aber sehr vage beschrieben. Hier heißt es unter anderem: "...entspricht den Schwierigkeiten einer IIIer-Kletterei". Das Gelände vor Ort ist ziemlich unübersichtlich. Viele, viele Rippen verführen zu einem Aufstieg, Die Flanke bietet zu Beginn steiles Gras. III ist es vielleicht nicht ganz, aber mit II+ kann man's bewerten. Dann kommt eine bewaldete Rampe, auf der man mittels Wurzelkletterei höher steigt. Waldkletterei kann Spaß machen. Bäume zum Sichern sind genügend vorhanden. Oben dann steiles Buschwerk. Da kann es gut sein, dass einem plötzlich zwei Dutzend beißende Ameisen über den Unterarm laufen oder sich die eine oder andere Zecke auf der Haut ansaugt. Aber das sollte echte Naturliebhaber nicht stören. Man kann sich ja nach der Tour verarzten und den Körper absuchen.
Dann noch schnell zur Ausrüstung: 50 Meter Seil, Pickel (ganz, ganz dringend für Nichtgämsen), eventuell Steigeisen für den Fall, dass das Gras noch nass ist (was zu der frühen Jahreszeit oft vorkommt), alles, was man zum Abseilen braucht, Kletterhelm...überhaupt heißt es große Vorsicht walten zu lassen wegen Steinschlag durch abtauenden Schnee und das oft sehr brüchige Gestein.
Beim Belasten der Griffe kann es sein, dass man meint, den perfekten Griff gefunden zu haben und schwuppdiwupp saust das Teil in die Tiefe.
Nach gelungener Tour darf man sich dann mit einem Jägerschnitzel und einem Jägermeister belohnen, es sei denn, man ist vor dem Erreichen der Gipfel mit seinem Jägerlatein am Ende.
So, das wars dann für heute. Ich hoffe, es war Euch nicht allzu langweilig. Bis zum nächsten Mal.
Tierisch liebe Grüße vom Hirsch und der Mähre
NB: Die Grünen Köpfe liegen im Bregenzerwald, aber nicht im Bregenzerwaldgebirge, sondern in den Walsertaler Bergen, die zu den Allgäuer Alpen zählen (Einteilung nach AVF).
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