Gross Ruchen (3138m)
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Schon seit längerer Zeit haben wir ein Auge auf den Gross Ruchen. Im Sommer 2012 hatten wir uns den Gipfel bereits einmal angetan und waren begeistert von der Schönheit der Gegend (weniger hingegen von der Ruch Chälen). Nun schien sich eine der letzten Gelegenheiten dieses Winters zu bieten, den Gross Ruchen noch ohne grosse Tragpassagen zu bewältigen. Für den Gipfelaufstieg rechneten wir mit idealen Verhältnissen. So füllten wir das Auto und stellten in Unterschächen erfreut fest, dass sich sogar unsere Hoffnung erfüllt hatte, dass man bereits bis zur Talstation der Luftseilbahn auf die Sittlisalp fahren kann.
Um 4.45 Uhr starteten wir als zweite Kleingruppe im Schein unserer Stirnlampen. Hinter uns traf derweil ein Auto nach dem anderen ein. Auf der Waldstrasse erwarteten uns vier oder fünf kurze Tragpassagen, wobei die längst wohl keine 50 Meter lang war. Bei der Verzweigung im Gebiet Rüti wählten wir die linke Variante. Diese führte uns direkt nach Lauweli und weiter nach Nösslenen, wo's eineinhalb Stunden nach Tourenbeginn endlich mal in die Höhe ging und wir die erste Gruppe überholten. In der alten Spur zu gehen machte wenig Sinn, weshalb ich mir eine neue anlegte.
Mittlerweile hatten die Stirnlampen ihren Dienst getan und vor uns türmte sich die mächtige Nordwand des Gross Ruchen auf. Nun wurde auch die endlos scheinende Ruch Chälen sichtbar. In dieser ging's nun Schritt für Schritt hoch. Ab ca. 2000m lagen ein paar Zentimeter Neuschnee. Noch immer war ich am Spuren. Bis auf etwa 2300m ist die Ruch Chälen nicht sonderlich steil, doch danach geht's richtig los: Die Steilheit der letzten 300Hm bewegt sich konstant um die 35°. Etwas Übung in Sachen Spitzkehren kann dort nicht schaden. Damit meine Tourenpartner nachkamen, musste ich ein paar Pausen einschalten, war aber nicht ganz unfroh, den wirklich steilen, harten Teil der Ruch Chälen nicht alleine spuren zu müssen. Bei der Querung eines Lawinenkegels montierte ich schliesslich die Harscheisen. Um 8.45 Uhr, also vier Stunden nach Abmarsch, erreichten wir den Ruchchälenpass und stellten zufrieden fest, dass wir noch genügend Saft in den Beinen hatten.
Hinter uns in der Tiefe waren sicherlich 50 Tourengänger unterwegs. Sie bei der Gipfelkraxelei zu kreuzen, hatten wir keine Lust. Entsprechend ging es nach einer kurzen Rast bereits wieder weiter. Recht gemütlich ansteigend zogen wir am Chanzeli vorbei und über einen Buckel, bevor's wieder steiler in Richtung Skidepot ging. Madame und ich parkten unsere Ski in weiser Voraussicht deutlich unterhalb des Skidepots, um dort nach dem Gipfelsturm in Ruhe rasten zu können. Dort deponierten wir auch unsere Rucksäcke. Mit Steigeisen und Pickel bewaffnet stolperten wir bald in die Höhe. Auf der linken Seite des Gipfelkopfs war bereits gespurt und wir entdeckten dort sogar Sicherungsstangen, die uns recht neu erschienen. Trotzdem zog ich es vor, rechterhand durch das Couloir eine neue Spur zu ziehen. Nach dem Couloir stapften wir in bestem Trittschnee links hoch zu den Felsen, wo auch die Kette ist. Unschwer ging's an dieser auf den Gipfelgrat und zum Gipfelkreuz, welches wir um 10.45 Uhr erreichten. Für den Aufstieg hatten wir also insgesamt sechs Stunden benötigt.
Lange Zeit blieb uns nicht, um das Panorama zu geniessen, denn beim Skidepot setzte nun ein ziemliches Gewusel ein. Eine erste, grosse Gruppe passierten wir bereits auf dem schmalen Gipfelgrat, eine weitere unterhalb der Kette. Hier zahlte sich nun unsere Couloir-Variante aus, denn so kamen wir am Rest der aufsteigenden Tourengänger problemlos vorbei. Ich mag es nicht, an so exponierten Stellen auf ungeduldige Leute zu treffen oder mich in der Falllinie von fünf bis zehn Personen zu wissen. Zurück bei den Ski genossen wir eine lange, windstille Pause an der Sonne und füllten unsere Energietanks. Das war nötig, denn es erwartete uns eine lange, steile Abfahrt auf mehrheitlich hartem Schnee. Anfänglich recht genussreich fuhren wir zurück zum Ruchchälenpass und stürzten uns in die Chälen. An Sulz war um diese Zeit natürlich nicht zu denken, doch war der harte Schnee kaum verspurt und deshalb recht gut zu fahren. Mühsamer war derweil die Querung einiger Lawinenkegel. Im mittleren Bereich der Ruch Chälen, so gegen die Moräne hin, war der Abfahrtsgenuss am Grössten.
Unter 2000m begann der anstrengende Teil der Abfahrt. In der Vornacht hatte es reingeregnet. Entsprechend mühsam war der Schnee zu fahren. Sehr genüsslich war letztlich hingegen die Kurverei auf dem Waldsträsschen. Um 13.15 Uhr endete unser Ausflug auf dem Parkplatz und wir waren froh, bei einem Bierchen unsere Füsse in den kalten Bergbach strecken zu können. Auch wenn sich die Abfahrt insbesondere in den Knien bemerkbar machte, ist natürlich auch für uns klar: Im Sommer werden wir dort oben nicht nochmals auftauchen – im Winter allenfalls schon.
SLF: mässig für trockene und nasse Lawinen
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