Vogesenkammweg - Tag 2


Publiziert von Nik Brückner , 1. Februar 2016 um 22:43.

Region: Welt » Frankreich » Vogesen
Tour Datum:10 Mai 2009
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1100 m
Strecke:28,5km

Der zweite Tag unserer Tour über den Vogesenkamm ist im Grund schnell erzählt: Während wir am ersten Tag über einige Highlights unterhab des Kamms (Hirschsteine, Sentier des Roches) vom Col du Bonhomme zur Ferme Auberge Breitzouzen gewandert waren, ging es nun immer auf der Kante nach Süden: Zum Grand Ballon, dem höchsten Gipfel der Vogesen!

Zunächst ging es von der Ferme Auberge Breitzouzen (1245m) hinauf auf den Wanderweg, und auf diesem weiter zur Ferme Auberge Ferschmuss (1187m, man liest auch: "Firstmiss"). Von hier aus sind nun drei wie an einer Kette aufgereihte Gras- und Felsengipfel zu überschreiten: der Rainkopf (1305m), der Rothenbachkopf (1316m) und der Batteriekopf (1311m). Dabei folgt man immer der rot-weiß-roten Wegmarkierung, die führt über alles rüber.

Ein herrliches Wandergelände! Es geht über karge, windige Hochflächen und felsige Gipfel, von denen aus man fantastische Blicke in die Umgebung hat. Dann geht es erst einmal zum Col du Herrenberg (1191m) hinunter, doch die Fließbandüberschreitung ist noch nicht vorbei: Als nächstes steht der 1271 Meter hohe Schweisel an, danach folgen Hundskopf (1237m) und Holzruecken (1234m), die man nicht mitnehmen muss - der Wanderweg führt nämlich an diesen Gipfeln vorbei. Der Weg ist seit dem Col du Herrenberg übrigens mit einem roten Balken markiert (GR5), der uns auch zum Col d'Hahnenbrunnen (1186m) bringt.

Vom Col d'Hahnenbrunnen aus quert man die Gipfelhänge des Breitfirsts und es geht weiter über freies Gelände Richtung Le Markstein. Wer mag, kann unterwegs noch den Trehkopf (1266m) und den Jungfrauenkopf (1268m) mitnehmen.

Le Markstein (1184m) ist ein kleines Skiressort und im Sommer nicht sonderlich interessant. Wir sind einfach durchgelaufen, ohne und lang aufzuhalten. Immerhin ist es von hier aus noch ein ganz ordentliches Stück zum Grand Ballon.

Der rote Balken führt nun durch die Hänge des Marksteinkopfs, dessen 1241m hohen Gipfel man natürlich ebenfalls nicht auslassen sollte. Es folgt ein weiterer Hundskopf (1237m), den man durch den Wald erreicht, bevor man sich entscheiden muss: links oder rechts herum um den Storkenkopf?

Wir haben uns für den Weg rechts herum entschieden, weil die nördliche Passage teils der Straße folgt. Doch auch die Südroute ist nicht besonders: Ein breiter Holzabfuhrweg - kein schöner, aber der einzige unschöne Abschnitt der Tour.

An der Auberge du Haag (1233m) steht man dann vor dem Gipfelhang des Grand Ballons. Weiter dem roten Balken folgend, ist der aber schnell und auf einem schönen Weg erstiegen. Hier erwartet einen dann eine James-Bond-Kulisse: Auf dem Gipfel (1424m) steht eine futuristisch anmutende Radarstation.

Der Blick vom Grand Ballon, der deutsch auch "Großer Belchen" heißt, ist fantastisch: Herrlich der Blick nach Norden, mit dem Vogesenkamm und dem Hohneck, drüben über dem Rheintal grüßen Kandel, Feldberg und Belchen herüber. Und im Süden sind - an guten Tagen - die Alpen zu sehen.

Da fällt mir etwas ein: Das so genannte "Belchen-System". Nach dieser Theorie ist der Große Belchen Teil eines Netzes von Bergen am Oberrhein, die allesamt nicht zufällig den gleichen Namen tragen. Dazu gehören auch der Kleine Belchen (Petit Ballon) und der Elsässer Belchen (Ballon d'Alsace, Welscher Belchen) in den Vogesen, der Schwarzwälder Belchen und der Belchen in der Schweiz. Zusammen bilden diese Berge das besagte "Belchen-System", nach dem diese Gipfel den Kelten als Sonnenkalender gedient haben sollen. Das ist allerdings reine Spekulation. Aber gut klingen tut es schon:
 
Das Zentrum des Belchen-Systems befindet sich dieser These zufolge auf dem Ballon d'Alsace, dem Elsässer Belchen. Von hier aus liegt der 73 Kilometer entfernte Schwarzwälder Belchen genau im Osten. Damit geht die Sonne an den Tagen der Tagundnachtgleiche, also am Frühlingsanfang und am Herbstanfang, direkt über dem Schwarzwälder Belchen auf. Umgekehrt, also vom Schwarzwälder Belchen aus gesehen, geht die Sonne an diesen beiden Tagen über dem Elsässer Belchen unter.   
 
Zur Sommersonnenwende dann geht die Sonne vom Elsässer Belchen aus gesehen über dem 27 Kilometer nordöstlich gelegenen Kleinen Belchen, und zur Wintersonnenwende über dem 88 Kilometer entfernten südöstlich gelegenen Schweizer Belchen auf. Womit die Anfänge aller vier astronomischen Jahreszeiten vom Elsässer Belchen aus bestimmt werden können. 
 
Und schließlich geht die Sonne am 1. Mai, dem Feiertag Beltane des keltischen Lichtgottes Belenus, über dem 21 Kilometer nordöstlich gelegenen Großen Belchen auf, was zeitlich mit dem Tag übereinstimmt, an dem die Plejaden für vierzig Tage im Sonnenlicht verschwinden.

Einen Kreuzungspunkt solcher Verbindungslinien gibt es auch bei Basel, wo sich einst eine keltische Siedlung befand.

Alles Spekulatius, wie gesagt, der Name "Belchen" hat wegen der Gipfelformen dieser Berge wohl mehr mit Bällchen als mit dem keltischen Gott Belenus zu tun, man muss aber zugestehen, dass es den Kelten vor über 2000 Jahren zumindest möglich gewesen wäre, dieses System zu entdecken und zur kalendarischen Bestimmung der Tagundnachtgleichen und der Sonnenwenden zu nutzen. Theoretisch. 

Und so ist der Gipfel auch ein würdiger Abschluss für einen grandiosen Zweitager - auch wenn mich der Weiterweg zum historisch bedeutenden Hartmannswellerkopf schon gereizt hätte. Aber man muss ja nicht das letzte Mal in den Vogesen gewesen sein!

Vom Col de Grand Ballon (1343m) aus kann man übrigens mit dem Bus zu jedem Ausgangspunkt an der Route des Crêtes zurückfahren. Das ist wirklich eine tolle Sache! Und so fuhren wir mit dem Bus zum Col du Bonhomme zurück, stiegen ins unser Kloines Auto, legten "Pictures at an Exhibition" von Friendly Rich & The Lollipop People ein, und fuhren bester Laune nach Hause.

Tourengänger: Nik Brückner


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