Klettern am Tafelberg via 'Staircase' und 'Jacob's Ladder'


Publiziert von alpinos , 3. Januar 2015 um 20:30.

Region: Welt » South Africa
Tour Datum:18 November 2014
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: V+ (UIAA-Skala)
Zeitbedarf: 1 Tage
Kartennummer:Führer "The Ledge - Table Mountain" von Leonhard Rust

Steiler Sandstein in traumhafter Kulisse

[Tour AlpinosF mit Sam]

Auf den Tafelberg führen viele Wege: der schnellste Aufstieg erfolgt wohl unter Zuhilfenahme des cable car, daneben gibt es ausgeschilderte Wanderwege, abenteuerliche Alternativaufstiege - und eine ganze Reihe Klettertouren. Für diese sollte man etwas mehr Zeit mitbringen - herrscht doch am Tafelberg eine absolute clean-climbing-policy. Markierte Einstiege, Bohrhaken und eingerichtete Standplätze sucht man hier vergebens. Stattdessen findet man herrlich abwechslungsreiche Kletterei in hartem Sandstein entlang von Rissen und Bändern, durch Kamine, mit athletischen Züge über kleine Überhänge, feinem Antreten auf Reibungsplatten und Chickenheads in allen Formen und Grössen. Dazu auch in den unteren Schwierigkeitsgraden wahnsinnig exponierte Seillängen, immer mit einem Blick auf die mother city und die Strände des atlantic seaboard

Bereits eine Woche zuvor hatten wir einen Versuch gestartet, den Tafelberg auf die wohl spektakulärste Art zu erklimmen, was aber frühzeitig mit einem verstauchten Fuss meinerseits endete. Gewappnet mit einer stabilisierenden Bandage machten wir uns nun ein zweites Mal auf den Weg vom Parkplatz des cable car. Dankenswerterweise lud sich Sam das gesamte Rack inklusive der beiden Halbseile in den Rucksack, so dass ich beim Zustieg meinen Fuss noch ein wenig schonen konnte. Der Wetterbericht sagte für den Tag viel Sonne und einen auffrischenden south easter wind voraus. Dieser von den locals auch Cape Doctor genannte Wind fällt über das Platteau des Tafelbergs in die City Bowl und reinigt diese von Abgasen etc. Je nach Tourenwahl kann er den Kletterer aber ziemlich in die Bredouille bringen, da der Wind meist auch dichte Wolken mitführt, die über die Kante des Tafelbergs in Form des sprichwörtlichen 'Tischtuchs' schwappen. Die Routen auf der vor Wind und Sonne geschützten Westseite des Bergs waren heute also erste Wahl.

Diese Routen erreicht man über den 'India Venster Trail', einer der häufig begangenen Alternativen zum Normalweg auf den Tafelberg durch die Plettenklipp Gorge. Der Weg startet ca. 50 m rechts der Talstation des cable car und führt ziemlich direkt nach oben. Nach etwa einer Viertelstunde kreuzt man den Contour Path und wandert weiter nach oben. Bald wird der Weg felsiger und man muss immer mal die Hände zur Hilfe nehmen. Ca 100hm unter dem Gipfel traversiert der Weg auf der sogenannten Fountain Ledge um die Nordwestkante des Tafelbergs und gibt den Blick frei auf eine Reihe gigantischer Überhänge und Dächer. In den letzten Jahren wurden hier einige schwere Routen eröffnet, darunter zB 'Mary Poppins and her Great Umbrella' aus dem Jahr 2004, die mit einer südafrikanischen 32 (entspricht in etwa einer 8b) bewertet und vom Eröffner Clinton Martinengo im Mary-Popins-Kostüm inklusive Schirm geklettert wurde. 

Nicht einmal halb so schwer (südafrikanische 13, also in etwa IV) ist die Route, in die wir an diesem Morgen einstiegen. Die 'Staircase' wurde 1922 erstbegangen und gilt als eine der 'all-time classic routes' auf dieser Seite des Bergs. Zunächst heisst es, die ca. 12 m von der Fountain auf die Staircase Ledge zu kraxeln und auf dieser nach links bis zum Fuss des Kamins zu traversieren. 

1. SL: Dem Kamin entlang, ca. 20 m. 

2. SL: In typischer Tablemountain-Manier folgt diese Seillänge einem horizontalen Band durch eine leicht überhängende Wandpartie. Dank solider Griffe und grosser Tritte ist dies in einem sehr gemässigten Schwierigkeitsgrad möglich. Auch finden sich zahlreiche Placements in und über dem Band. Stand am Fuss eines Risses hinter einem Block. Ca. 30 m.

3. SL: Entlang des Risses nach oben. Dieser wird nach oben weiter, bietet aber tolle Struktur. Vom Stand aus lässt sich zur Gipfelstation des Cable Car kraxeln, oder aber gleich nach links zum Abseilanker traversieren.

Nach einem kleinen Zivilisationsschock bei der Gipfelstation seilten wir in zwei Mal zum Einsteig ab (2x50m-Seile). Die zweite Abseilpartie wartet mit einem im wahrsten Sinne atemberaubenden Moment auf, wenn sich die leicht geneigte Wand ohne Vorwarnung in ein ca. 10m grosses Dach öffnet. Eine Nummer grösser noch ist das Dach, dass von AbseilAfrica genutzt wird, um den zahlreichen Abseiling-Kandidaten gehörige Freuden- oder Schreck-Jauchzer zu entlocken. 

Als zweite Tour des Tages stand mit 'Jacob's Ladder' ein weiterer Klassiker auf dem Program. Die Erstbegeher machten sich 1953 auf die Suche nach einer Route, die diesem biblischen Namen gerecht werden würde und fanden sie links der 'Staircase'. Tatsächlich ist diese Route ziemlich spektakulär: steil und exponiert, wie man es in diesem Schwierigkeitsgrad (16 (V+) in der 2. und 3. SL) wohl nicht so häufig findet. Start ist beim Baum am Ende der Staircase Ledge.

1. SL: Gemütlicher Start über das Wändchen hoch zum Stand in einer Nische.

2. SL: Nach links über einen abdrängenden Bauch, dann rechts haltenden steil nach oben an feiner Struktur. Hängestand am nächsten Band.

3. SL: Dem Band nach rechts folgen bis zur Kante und dann steil nach oben. Seeehr luftig und fotogen!

4. SL: Links haltend an feiner Struktur weiter nach oben, über einen kleinen Bauch auf das nächste, breite Band. 

Dieses mal sparten wir uns den Rummel auf dem Gipfel und querten gleich zur Abseilpiste und gelangten schnell zurück zum Einstieg. Ein weiterer Leckerbissen erwartete uns beim Abstieg zum Parkplatz: Sam schlug den Weg entlang des Kloof Corner Trails ein, einer der schwierigeren Alternativrouten auf den Tafelberg. Der Weg folgt mehr oder weniger der Telefonleitung, die zur Bergstation verlegt ist. An drei Stellen gilt es mit Hilfe von Ketten steile, exponierte Felsstufen zu überwinden. Fast die ganze Zeit bieten sich errliche Ausblicke aus den Lion's Head und die Stadt im späten Nachmittagslicht. Hin und wieder findet sich ein Steinmann, generell ist die Route besonders im Abstieg aber eher schwer zu finden. 

Zurück am Parkplatz ging ein schöner und sehr intensiver Klettertag zu Ende. Danke Sam, für die Begleitung und die Einführung ins Klettern am Tafelberg!

Tourengänger: alpinos


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