Rheinsteig zum Ersten: Von Rüdesheim nach Lorch


Publiziert von Nik Brückner , 1. Dezember 2014 um 22:09.

Region: Welt » Deutschland » Westliche Mittelgebirge » Sonstige Höhenzüge und Talgebiete
Tour Datum: 3 Oktober 2014
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 590 m
Abstieg: 590 m
Strecke:20km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auf der B 42 bis Bahnhof Rüdesheim. Ab Bahnhof Rheinsteig-Zuweg oder Seilbahn bis zum Niederwalddenkmal.

Der Rheinsteig! Mythischer Wanderweg durch eines der kulturellen und önologischen Herzen Deutschlands. Mythisch, weil per Mehrheitsentscheid meistbegangener Wanderweg des Landes. Und wenn alles es sagen, dann muss es ja gut sein! Also hin und selber ausprobieren!

Mein Vater und ich hatten uns für einen Dreitager entschieden: Rüdesheim - Lorch, Lorch - Kaub, Kaub - St- Goarshausen. Das sind die drei Highlightetappen, die jeder über dieses nationalfeiertäglich verlängerte Wochenende gegangen ist. Und so trafen wir nicht nur immer wieder die gleichen Leute, wir trafen auch viele Leute.

Unser Stützpunkt war Lorch, von dort aus sind wir immer morgens mit dem Auto zu unseren Wanderzielen gefahren, und mit dem Zug, der hier angenehm stündlich fährt, zurück zu den Startpunkten. Für drei Tage ist dieses System prima, werden die Strecken zu lang, sollte man allerdings den Stützpunkt wechseln.



"Un Amico" von Premiata Forneria Marconi brachte uns auf den Weg. Los gings am ersten Tag in Rüdesheim (86m), Heimat von Asbach Uralt und dem dazugehörigen Rüdesheimer Becher...

Also schnell weg. Von Rüdesheim geht es durch die Weinberge hinauf zum klebrig-pathetischen Niederwalddenkmal (291m). Germania ist eine wallende, wuchtige Wagalaweia-Walküre mit zweifelhaftem BMI. Nicht mein Typ. Hierher brachte uns ein gelbes Rheinsteigsymbol, es gibt auch blaue. Ersteres markiert die Zuwege, letzteres den eigentlichen Rheinsteig.

Aber die Aussicht ist hübsch. Im Nordosten ist der Feldberg im Taunus zu sehen, Im Odenwald Neunkircher Höhe, Felsberg, Melibokus und Kesselberg, der Königstuhl bei Heidelberg, im Pfälzerwald die Hohe Loog, im Süden der Donnersberg sowie näher, die Gans und der Rotenfels.

Westlich des Denkmals geht es in den Wald hinein, und zunächst auf einem breiten Weg nach Westen. Dann verlässt man den breiten Weg links und es geht hinunter in den Hang. Leider lässt der Rheinsteig hier die Ruine Ehrenfels aus. Stattdessen gelangt man an einen Bunker im Weinberg, wo man sich selbst mit Wein versorgen und auf Gartenstühlen platzieren kann. Gegenüber öffnet sich der Blick ins Tal der Nahe, mit Bingen an ihrer Mündung. Auch der berühmte Mäuseturm ist zu sehen. Den kann man übrigens grad kaufen. Vielleicht hat ja ein regionaler Bischof Interesse?

Entsprechend geht es nun hinein in adeliges Land: Carl Amor Maria Graf von Ostein (herrlicher Name!) legte auf dem Niederwald Ende des 18. Jahrhunderts eine weitläufige Gartenanlage an, durch die es nun in der nächsten Stunde hindurchgeht. Zunächst geht es am Rande eines Geröllfelds (!) zu der künstlichen Ruine Rossel hinauf, die derzeit restauriert wird. Dann folgen die Aussichtskanzel "Rittersaal" (kein echter Saal, nicht mal überdacht) und die Zauberhöhle, eine künstliche Höhle mit einem langen, gewundenen Gang. Ein Riesenspaß für Kinder. Von hier aus geht es auf einem breiten Waldweg zum nett am Waldrand gelegenen Jagdschloss (heute 4*-Hotel) Niederwald (327m), wo man einkehren könnte. Da wir aber ästhetisch nicht ganz zur Luftblasenjackenfraktion passten, haben wir das nette Schlösschen links liegengelassen, und sind dahinter linkswärts zur Gipfelstation des Assmannshausener Sessellifts (kein Skibetrieb) gewandert. Hier geht es wieder in den Wald hinein und nun zunächst rechts hinunter, bevor weite Serpentinen ins Örtchen Assmannshausen (80m) hinunterführen. Ein Sehnsuchtsort für Weinkenner! Die Rotweine sind berühmt, und so führt der Rheinsteig auch durch die Weinberge, zumächst hinunter, und dann drüben wieder hinauf. Ein paar nette Fachwerkhäuser prägen das Ortsbild dort, wo der Weg Assmannshausen durchquert. Nun geht es den Höllenberg hinauf, durch die bekannteste Weinlage des Ortes, zum Eckersteinkopf. Dort quert man die Weinberge hoch oben auf einem breiten Weg, der aber bald endet. Hier beginnt ein schmaler, bissl felsiger Pfad.

Sie sind hier mächtig stolz auf die Sache mit dem Steig und den Felsen. In der offiziellen Routenbeschreibung heißt es nun: "Am Ende der Weinbergsgemarkung beginnt ein Felsenpfad, auf dem die Route zeigt, dass sie zu Recht den Namen Steig hat. Die fußbreite Spur schmiegt sich eng an den Hang, der mit abermillionen Felsbrocken garniert ist." - und die Wanderer, denen man hier begegnet, haben auch alle das Sprüchlein vom "(hoch)alpinen Charakter" drauf. Das ist schön, löst aber angesichts der mit ordentlich Draht deutlich überversicherten Stellen bei uns doch eher Schmunzeln aus. Nicht dass man aus dem felsigen Steilgelände noch deutlich mehr herausholen könnte: Alpiner Charakter wäre herzlich willkommen! Steht nur leider zu befürchten, dass das dann ähnlich ausarten würde wie auf der anderen Talseite, wo man auf einem Klettersteig vor lauter Eisen kaum Felsberührung hat...

Es geht nun auf dem Felsenpfad weiter, bis er in den Panoramaweg mündet. Dieser führt am Hang entlang, durch Quarzithalden, wo die Ruine eines kleinen Rundbaus steht. Dann geht es an der Paul-Claus-Hütte (285m) vorbei, immer wieder mit tollen Ausblicken ins Tal, und der Weg quert die Westhänge des Teufelskadrich. Auf hier wieder breitem Weg geht es dann ins Bodental hinunter.

Spätestens an dieser Stelle hat man das System begriffen: Der Rheinsteig führt zwar am Rhein entlang, muss dabei aber immer wieder die teils steil eingeschnittenen Seitentäler mitnehmen. Das heißt, dass der Weg den Strom immer wieder verlässt, und teils weit, dann mit weniger Höhenverlust, teils nur wenige, dann aber mit steilem Auf und Ab, in die Seitentäler hineinführt.

Diesmal also geht es hinein ins Bodental, und drüber wieder hinaus, zurück zum Rhein.

Hier befindet man sich auf dem Boden des ehemaligen Freistaats "Flaschenhals". So wurde ein schmales Gebiet zwischen dem Rhein und dem unbesetzten Teil der preußischen Provinz Hessen-Nassau bezeichnet, das nach Ende des Ersten Weltkriegs vom 10. Januar 1919 bis zum 25. Februar 1923 bei der alliierten Rheinlandbesetzung unbesetzt blieb. Die etwa 17.000 Bewohner riefen kurzerhand einen Freistaat aus, der allerdings nur vier Jahre Bestand hatte, bevor das Gebiet 1923 französisch wurde. Diese historische Kuriosität ist heute nur noch ein trouristisches Feature.

Bald ist der Drei-Burgen-Blick (169m) erreicht, von dem aus man Reichenstein, Sooneck und Hohneck sehen kann. Auf dieser Höhe führt der Weg nun weiter durch die obersten Weinberglagen, bis er etwa eine Viertelstunde später ein Stockwerk höher springt. Später geht es dann ins nächste Seitental, den Bächergrund hinein. Wieder im Rheintal angekommen, geht es nun eben durch Weinberge und zuletzt steil hinunter nach Lorch (86m).

Am nächsten Tag sollte es dann von Lorch nach Kaub weitergehen.

Tourengänger: Nik Brückner, H. Brückner


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