Gebäudspitze (2703 m) - zwei Tage im Medriol


Publiziert von 83_Stefan , 19. November 2014 um 14:53.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechtaler Alpen
Tour Datum: 3 Oktober 2014
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2400 m
Abstieg: 2400 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Über die B198 nach Bach; dort abbiegen und auf schmaler Straße parallel zum Alperschonbach nach Süden aus dem Ort heraus und im Wald aufwärts. Kostenfreie Parkmöglichkeiten nach einer Kehre am Fahrverbotsschild (ein altes Fahrverbotsschild unten im Ort scheint nicht geahndet zu werden oder nicht von offizieller Seite aufgestellt worden zu sein; Parkplatz ist auch in der AV-Karte eingetragen).
Unterkunftmöglichkeiten:Württemberger Haus (2220 m, DAV-Sektion Stuttgart). Winterraum (AV-Schloss, am Begehungstag offen) ohne Holzofen, eine Solarheizung bringt die Temperaturen untertags aber auf ein erträgliches Niveau; Kochmöglichkeit als Gasofen (nicht zum Heizen!) vorhanden; Raum gut eingerichtet mit Besteck, Geschirr genügend Betten etc., kein elektrisches Licht; direkt neben der Hütte Wasserzugang an einem Bach; kein "stilles Örtchen".
Kartennummer:AV-Karte 3/3 - Lechtaler Alpen, Parseierspitze.

Im Sommer erfreut sich das Gebiet um das Württemberger Haus bei Hüttenwanderern reger Beliebtheit - kein Wunder, schließlich befindet man sich hier in einem ursprünglichen Bergrevier mit eindrucksvollen Gipfeln, abwechslungsreicher Landschaft und besonders reichhaltiger geologischer Vielfalt. Schöne, markierte Steige verbinden die wie an einer Perlenkette aufgereihten Hütten der zentralen Lechtaler Alpen und wirken wie kleine Schlagadern in diesem eigentlich sonst recht einsamen Gebirge. Wenn Ende September die Hütten schließen, ist es aber ganz schnell vorbei mit dem Pulsschlag: Von einem Tag auf den anderen kehrt bis zum nächsten Sommer wieder Ruhe ein - dann ist die Zeit für die Individualisten gekommen. Mit einer Übernachtung im Winterraum des Württemberger Hauses taucht man ein in die Abgeschiedenheit. Man kann sich ganz auf sich selbst und die Natur fokussieren, der Alltag ist weit entfernt. Im Rahmen dieses Tourenberichts ist eine Zweitagestour zu den Gipfeln Medriolkopf, Bitterichkopf und Gebäudspitze vorgestellt, die sicherlich nach Hüttenschluss deutlich einprägsamer ist, als während der Bewirtschaftungszeit.

Die Tour beginnt am Eingang zum Madautal (Parkplatz oberhalb von Bach laut AV-Karte). Mit dem Radl geht's auf der Teerstraße hoch über dem Alperschonbach taleinwärts, bis der Bach überquert wird; bald darauf erreicht man den Abzweiger nach Madau, den man aber links liegen lässt. Stattdessen bleibt man am unteren Fahrweg, der weiter am Bach entlang führt und über eine Brücke bald wieder das andere Ufer erreicht. An der nächsten Verzweigung wählt man den linken Weg, der bald den Parseierbach überquert und jenseits hinüber ins Röttal leitet. Nach dem Überqueren des Bachs geht's jenseits auf zunehmend schlechter Fahrspur weiter taleinwärts, bis diese am Ende einer Wiese schließlich aufhört und in einen Steig übergeht. Dort ist das Radldepot erreicht.

Immer am Bach entlang, geht es zunächst durch Wald, später durch Latschen und offenes Gelände zu einem großen Boden vor einer Talverengung, wo früher die Unterlahmshütte stand. Der Weg leitet nun rechts haltend durch Krummholz steiler nach oben, quert ein Schuttfeld und erreicht eine Verzweigung, an der man scharf nach links abbiegt. Bald wird das Schuttfeld wieder verlassen und durch ein Latschenfeld erreicht man offenes Gelände, sowie bald darauf wieder eine Verzweigung. Rechts weiter führt der Pfad in angenehmer Steigung hinauf ins Schieferkar. Den kleinen Schiefersee sieht man am Weg erst, wenn man schon an ihm vorbei ist, aber mit etwas Gespür kann man rechtzeitig abbiegen, um ihn zu begutachten. Hier findet sich auch ein schönes Plätzchen für eine Pause.

Der Steig leitet im Kar aufwärts, führt an die Felsen heran und erreicht eine versicherte Rinne. In ihr aufwärts (I). Weiter oben wird sie nach rechts verlassen und durch Schrofen quert man ansteigend hinüber zum erstaunlich breiten Leiterjöchl, rechts davon streckt sich der abweisende Medriolkopf in die Höhe.

Von der Scharte lohnt ein Abstecher zum Medriolkopf. Am breiten Kamm folgt man deutlichen, (leider) markierten Trittspuren zum Gipfelaufbau. Immer in Gratnähe folgt man den Markierungen durch leichtes Felsgelände (bis I) hinauf, bis der höchste Punkt (Steinmann und Gipfelbuch) erreicht ist. Von hier zeigt sich die Palette der namhaften Lechtaler Berge recht instruktiv, im Süden kann man sogar über's Inntal bis weit in die Zentralalpen schauen. Auch das "Medriol" genannte Gebiet um das Württemberger Haus inklusive der Hütte lässt sich recht gut überblicken. Auf dem Anstiegsweg geht's wieder hinunter zum Leiterjöchl.

Vom Joch führt der Steig nach Osten zunächst steil in Kehren bergab, leitet dann aber nicht hinunter in den Schafhimmel, sondern quert die Nordostflanke des Medriolkopfs, bis er auf seinen Ostrücken trifft. Dieser wird überschritten und auf der Südseite führt der Weg in steilen Serpentinen hinunter zur Hütte. Der Winterraum ist recht brauchbar ausgestattet (4 Betten, ausreichend Decken, Geschirr, Besteck, Gaskocher mit Gas), nur der Ofen zum Heizen fehlt leider. Aber eine Solarheizung sorgt dafür, dass die Temperatur im erträglichen Bereich liegt.

Am nächsten Tag  folgt man dem mit "Steinseehütte" und "Hanauer Hütte" beschilderten Steig nach Nordosten hinauf zu einer Verzweigung unter der Gebäudspitze. Links weiter und an der Lacke vorbei, führt der Steig unschwierig hinauf zur Bitterscharte. Günstigerweise verlässt man ihn aber schon kurz vor dem Erreichen der Scharte und steigt durch steilen Schutt unter dem Nordwestkamm des Bitterichkopfs gegen Südosten an, es findet sich meist eine zweifelsfreie Steigspur. Eine Runse wird etwas ausgesetzt gequert und jenseits gewinnt man über Schrofengelände (eine Stelle I) den Gipfel des Bitterichkopfs (Steinmann).

Jetzt beginnt der rustikale Teil der Unternehmung: Rechts haltend steigt man durch Schrofen hinunter zu einem flachen Schuttplatz und quert wieder nach links hinüber in Richtung der Scharte zwischen Bitterichkopf und Gebäudspitze. Einen Abbruch im Grat umgeht man links unterhalb in der Flanke, steigt aber bald wieder zum Grat hinauf und erreicht einen markanten Felsturm, der den Weiterweg versperrt. Hier rechts vorbei und durch eine kleine Rinne hinunter. Man verlässt die Rinne und quert durch steilen, (zumindest am Begehungstag) unangenehm harten Schutt hinüber zum felsigen Gipfelaufbau der Gebäudspitze. Über Felsstufen und Rinnen ansteigend, hält man sich zuerst günstigerweise rechts und erreicht etwas flacheres Terrain (Stellen II). Nun folgt man einem Rinnensystem zunehmend steil schräg links hinauf, bis der Gipfel erreicht ist (mehrere brüchige Stellen II; am Gipfel großer, nicht zu übersehender Steinmann, leider kein Buch). Der gesamte Gipfelanstieg ist unangenehm brüchig und steinschlaggefährdet, Vorsicht! Die Aussicht von hier oben ist vergleichbar mit der vom Bitterichkopf - ungehindert schweifen die Blicke über die Lechtaler Größen von der Schlenker- bis zur Parseierspitze. Lediglich nach Süden in die Zentralalpen bietet die Gebäudspitze ein Plus, da diese Blickrichtung auf dem Bitterichkopf verdeckt ist.

Vorsichtig geht's durch die brüchige Flanke wieder zurück zum Bitterichkopf und weiter zur Bitterscharte, wo man wieder auf den markierten Steig trifft. Auf ihm zurück zur Hütte und hinauf zum Leiterjöchl, wobei sich der saftige Gegenanstieg natürlich nicht vermeiden lässt. Über das Schieferkar wird schließlich wieder das Radldepot erreicht; die anschließende Abfahrt gestaltet sich - wenn auch erstaunlich viel "Anliegerverkehr" im eigentlich gesperrten Madautal unterwegs ist - recht spaßig.

Schwierigkeiten:
bike&hike zum Schiefersee: L, T2.
Aufstieg zum Leiterjöchl: T4-, I (markiert und gut versichert).
Abstecher zum Medriolkopf: T4, I (markiert, ein paar Stellen I in gutem Fels).
Vom Leiterjöchl zum Württemberger Haus: T2 (ohne technische Schwierigkeiten).
Von der Hütte zur Bitterscharte: T2 (gutmütig).
Von der Bitterscharte zum Bitterichkopf: T4-, I (eine Stelle, meist einfacher; steiler Schutt).
Übergang zur Gebäudspitze: T6-, II (sehr brüchig und steinschlaggefährdet).

Fazit:
Eine wunderschöne 5*-Tour im Herzen der Lechtaler Alpen. Während die beschriebenen Gipfel auch im Sommer ruhig (Medriolkopf und Bitterichkopf) bis völlig einsam (Gebäudspitze) sind, ist nach Ende der Hüttensaison auch auf den Wegen nichts mehr los und die Unternehmung wird zum besonderen Erlebnis. Der Winterraum des Württemberger Hauses ist gut ausgestattet, allerdings ist keine Heizmöglichkeit vorhanden.

Mit auf Tour: Delphi (Medriolkopf und Bitterichkopf).

Anmerkung:
Maxe hat die Gebäudspitze schon in einem schönen Bericht beschrieben:
*Gebäudspitze & Co. - einsame Gipfelrunde hoch über Gramais.
Allerdings kann ich seine Schwierigkeitsbewertung "T5-, II" nicht teilen - entweder er hat eine entschieden bessere Linie gefunden oder sich bei der Bewertung vertan. Erstaunlich ist auch, dass seit seinem Besuch offenbar ein riesiger Gipfelsteinmann errichtet worden ist - leider ohne Gipfelbuch.

Kategorien: Lechtaler Alpen, Mehrtagestour, bike and hike, Biwak, 5*-Tour, 2700er, T6.

Tourengänger: 83_Stefan


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Kommentare (2)


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Andy84 hat gesagt:
Gesendet am 24. November 2014 um 06:54
Schöne Tour. Hört sich gut an für nächstes Jahr ;-)

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. November 2014 um 18:16
Hey Andi, vielen Dank! Ich freu mich schon auf den nächsten Bergsommer - dieser ist ja bekanntlich ausgefallen...


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