Chessel 2574m, Schlieren 2830 & Uri Rotstock 2929m


Publiziert von Bombo , 5. Oktober 2014 um 20:56.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:28 September 2014
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Aufstieg: 1580 m
Abstieg: 1580 m
Strecke:Musenalp - Chessel - Schlieren - Uri-Rotstock - Musenalp
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit PW zur Talstation der Musenalp-Bahn ("Neihüttli"). Anschliessend zu Fuss oder mit der Bahn (retour CHF 12.00 Uhr) bis zur Musenalp 1486m.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Siehe Ausgangspunkt
Unterkunftmöglichkeiten:Musenalp
Kartennummer:LK 1:25'000, Bl 1191 "Engelberg"

Wintereinbruch am Nordgrat des Uri-Rotstock


Auf den Schlieren 2830m wollte ich schon lange einmal, Schusli träumte dafür vom Uri-Rotstock. Mit der Variante Chessel - Schlieren - Uri-Rotstock (via Nordgrat) kann man beide dieser Wünsche erfüllen, vorausgesetzt man ist dem alpinen, weglosen Gelände nicht abgeneigt...

Dass es "alpin" zu und her gehen könnte, war mir spätestens nach dem Blick aus dem Flugzeug vor ein paar Tagen bewusst, die Alpen waren für diese Jaheszeit bereits ziemlich eingeschneit und die Sonnenstunden bereits rarer als in den Sommermonaten. Die Steigeisen gehören für diese Tour sicherlich zur Standart-Ausrüstung, den Pickel hätten wir aufgrund der vorgefundenen Verhältnisse sehr gerne dabei gehabt.

Mit der Musenalp-Bahn liessen wir uns die ersten Aufstiegsmeter von Neihüttli 1192m zur Musenalp 1486m versüssen, es folgte anschliessend die Wanderung hoch richtung P. 2286, wo wir bald schon nach Westen abbogen und über gut gestuftes Gelände den Gipfel des Chessel 2574m erreichten. Hier genossen wir eine erste kulinarische Rast, kann man von hier doch bereits die kommende Route sowie natürlich auch die fantastische Aussicht geniessen. 

Ohne Steigeisen dann über den Chlitaler-Firn zur Schlierenlücke 2707m und von dort den blauen Markierungen nach zum Gipfel des Schlieren 2830m. Vorsicht, nach dem steilen ersten Tritt bei der Schlierenlücke nicht das erste Kamin sondern das zweite Kamin nehmen. Eine Markierung verleitet nämlich in das erste, es folgen dann jedoch keine Markierungen mehr. Wählt man das richtige Kamin, das zweite, dann begleiten einem diverse Markierungen hoch bis zum Kamin-Ende. Mit Stolz tragen wir uns in das 1970 eröffnete Gipfelbuch des Schlieren ein, leider aber ist es nun mit unserem Eintrag voll und es benötigt wieder ein neues Buch in der dortigen Büchse. 

Auf dem Gipfel konnten wir nun auch Einsicht auf den Nordgrat des Uri-Rotstocks nehmen - puhh... das könnte tatsächlich noch sehr alpin werden, doch nehmen wir es einmal Schritt für Schritt... Auf selbem Weg zurück zur Schlierenlücke 2707m und dort den blauen Punkten entlang hoch zum Nordgrat. Bereits der erste Kamin hatte es in sich, zumal alle Griffmöglichkeiten eingeschneit waren und es sicherlich mehr Mut als in den Sommermonaten brauchte. 

Bis zur ausgesetzten Traversierung nun immer noch ohne Steigeisen und ohne Probleme hoch, doch dann standen wir tatsächlich vor einer Knacknuss. Die Traversierung eingeschneit, rutschig und wie erwähnt ausgesetzt. Ich tastete mich ein paar Meter nach vorne, dann wieder zurück und es war klar, spätestens jetzt müssen die Eisen an die Füsse. Mit diesen dann mehr oder weniger problemlos zum Felsentor - Kompliment an Schusli an dieser Stelle, welche für diese Traversierung viel Mut und Vertrauen in sich selbst investierte. Noch immer durften wir uns mit eingeschneitem und rutschigen Terrain abfinden, wenigstens wurde es oben auf dem Grat nochmals einfacher - für einen Moment.

Es folgte dann der Aufstieg durch die Nordost-Flanke, wo man den Grat nach links verlässt und so - im eingeschneiten Zustand - ausgesetzt und teilweise fast haltlosen Gelände steil hochsteigt. 50m unter dem Gipfelkreuz mussten wir uns sogar entscheiden, ob wir die Rückkehr antreten oder nochmals mit voller Konzentration weiter steigen - die zweite Variante hat gesiegt und wenige Minuten später standen wir dank wieder einfacherem Aufstiegsgelände glücklich und aber auch ein wenig geschafft auf dem Gipfel des Uri-Rotstock 2928m. Wir waren nicht die einzigen auf dem Gipfel, nebst Wanderer besuchten sogar auch Biker den höchsten Punkt - Respekt vor dieser Leistung!

Die Zeit war nun bereits fortgeschritten, weshalb wir auf die "Rundreise" via Sassigrat verzichteten und die Variante über den Chlitalerfirn wählten. Eigentlich ein Fehlentscheid, denn bei diesem tiefen Sonnenstand um diese Jahreszeit geht man besser richtung Sassigrat und kommt so in den Genuss der Nachmittagssonne, welche man auf der Chlitaler-Variante nur noch für kurze Zeit hat. Der gesamte Abstieg richtung Musenalp verläuft im kühlenden Schatten - nicht jedermann's Sache.

Bei der Musenalp 1486m freuten wir uns über ein Wiedersehen mit Karin & Cédric, welche ihre Musenalp bald für den Winterschlaf vorbereiten und an anderen schönen Orten dieser Welt neue Kräfte für die kommende Saison 2015 tanken. 

Die letzten Abstiegsmeter hinunter nach Neihüttli 1192m - wie könnte es anders sein - genossen wir nochmals in der Musenalp-Seilbahn - für uns jedes Mal ein Vergnügen und für den Älpler aufgrund der hohen ein willkommener Zustupf.


Fazit: 

2 Wunschziele auf einen Chlapf erreicht - dies aber nicht ganz ohne (Angst?)-Schweissausbrüche und auf jeden Fall bei nicht trivialen Bedingungen. Liegt wie bei uns bereits einiges an Schnee, sieht die gesamte Sache im Gegensatz zum Sommer bedeutend anders aus, kommt noch hinzu, dass auch die Markierungen gänzlich weg sind. Es bleibt also der "Spürsinn" und das "Adlerauge" (oder der GPS-Track...), kombiniert mit Steigeisen und Pickel, welche dieses Unterfangen nicht nur spannend und abenteuerlich, sondern auch erfolgreich macht. 

Aufgrund des Schnees sowie gänzlich fehlenden Sicherungsmöglichkeiten darf man dieser Tour mit gutem Gewissen eine T6 verleihen - könnte man sichern wäre es eine WS II-Tour. Ich teile jedoch die Einschätzung, dass in den Sommermonaten die Schwierigkeit nicht über ein T5+ II steigt. 


Tourengänger: Bombo, Schusli


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