Biken in dünner Luft - Barrhörner (3‘583 & 3‘610 mü.M.) und Schöllihorn (3'500 mü.M.)
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- Bericht (Barrhörner und Schöllihorn): Besuch der drei Gipfel an einem Tag; Tour vom 15.08.2018
- Nachtrag Schöllihorn; Tour vom 14.09.2014 -> siehe zuunterst auf dieser Seite.
- Barrhörner, Tour vom 08.09.2014:
«Wer sein Bike liebt, der trägt und schiebt». So gesehen muss ich mein Sportgerät wohl ziemlich gerne haben. Jedenfalls war ich mit meinem Bike schon einige Male in der Höhe unterwegs womit auch verständlich wird, dass die Region des höchsten Schweizer Wandergipfels eine fast schon magische Ausstrahlung auf mich ausübt. Dort oben einmal mit dem Bike zu stehen, das war ein Projekt, das problemlos in meiner things-you-have-to-do-once-in-a-lifetime-Liste einen Eintrag fand.
Die Idee war also da, die Machbarkeit wurde mit „potentiell möglich“ eingestuft und so ging es an die Detailplanung. Den Startpunkt der Tour musste ich mit Bedacht wählen. Mit einem allzu kurzen Zustieg hätte das Projekt an Faszination eingebüsst. Gleichzeitig wollte ich mich aber auch nicht unnötig überfordern. Als Ausgangsort wählte ich als Kompromiss das Rhône-Niveau bei der Gemeinde Turtmann, rund 620 m ü. M. Eine Herausforderung war das Vorhaben allemal, denn die Realisierung klappte erst im dritten Anlauf.
Entsprechend routiniert erreiche ich den Bahnhof von Turtmann, gleich neben der Rhône, pardon, hier noch „Rotten“ genannt. Nervös war ich aber auch an diesem Tag. Das Wetter schien jedoch günstig, da schon Frühherbst: Sonnenschein und dennoch angenehm kühle Temperaturen. So starte ich kurz vor halbneun die Talebene querend zum Nordhang des Haupttals. Nachdem die verkehrsreiche Hauptstrasse überquert war, beginnt der Anstieg aus dem Rhônetal in Richtung Turtmannstal. Schon bald hat man eine tolle Aussicht, welche einem entlang dem weiteren Strassenverlauf durch die Dörfer Unter- und Oberems noch weiter erhalten bleibt. Ich gebe mir Mühe, etwas gemächlich zu fahren und kleine Gänge zu wählen, da ja noch einiges bevor stand. So steige ich die zahlreichen Kehren hoch.
Nach der Fahrt durch das idyllische Dorf Oberems (bis hier in 1 h 10 min) geht es weiter auf der Strasse in das eigentliche Turtmannstal, welches im unteren Teil noch steile Flanken aufweist. Die Strasse führt durch teils dunkle Wälder in denen ich einige Tannenhäher hörte und erblickte. Noch ist es flach, doch schon bald einmal beginnt ein längerer Strassenabschnitt mit grösserer Steigung, welcher sich bis „Zer Tänt“ auf 1‘724 m ü. M. hochzieht. Ab dort geht es nur noch mässig steil weiter, vorbei an Weiden und kleinen Häusergruppen bis ans Ende des Tals. Dort endet die asphaltierte Strasse für den motorisierten Verkehr. Sie führt aber als Schotterstrasse nach Querung des Bachs „Turtmänna“ weiter, nun mit einigen Kehren, hoch zu den Turtmannseen. Also wieder ein paar Gänge runterschalten. Diese beiden Seen erreiche ich nach 3 Stunden Fahrt seit Tourbeginn und ich verdränge mit Erfolg, dass erst die Hälfte der heutigen Höhenmeter absolviert sind. Hier oben lohnt sich eine kurze Pause um die äusserst attraktive Landschaft geniessen zu können. Weiter geht’s nun dem ersten See westlich entlang bis zum Damm, der die beiden Gewässer mit unterschiedlichen Wasserpegeln trennt. Nun direkt über den Damm zum östlichen Hangfuss, wo man mit Blick hoch die Turtmannhütte SAC bereits von Nahem sieht.
Bisher beschreibe ich eine tolle und lohnenswerte Biketour, die ich so auch gerne jedermann weiterempfehlen kann. Wer ab hier mit dem Bike noch weiter will, darf sich ums Schieben und Tragen nicht zu schade sein. Erst führt noch eine grobschottrige Strasse den Hang hoch (man könnte hier mit etwas Krafteinsatz auch noch fahren), dann kommt man zu einer Weggabelung (am unteren Ende des Warenlifts). Für den Weiterweg wähle ich den Steinmannliweg, ein schmaler Pfad, welcher zumindest im Feld (nicht auf der Karte) als Wanderweg markiert ist. Auf der Karte findet man ihn als gestrichelten Weg westlich und südlich des offiziellen Hüttenwegs. Man kann bereits vor der Weggabelung in Richtung Moräne aufsteigen und diesen Weg so erreichen (vgl. Landkarte). Auf dieser Moräne fahre ich noch einen kurzen Abschnitt, bevor die weitere Steigung beginnt. Vorbei an zahlreichen Steinmännli, welche ich mit tragendem Bike vorsichtig umgehen muss, um keines umzuwerfen. Tragend und schiebend folge ich dem Weg, nach der Spitzkehre noch weiter bis auf rund 2‘470 m ü. M. Dort zweige ich rechterhand ein kaum sichtbares Weglein ab, welches auf einem Schotterdamm in Richtung Pt. 2‘641 führt. Nördlich von diesem Punkt findet sich ein Bächlein kurz an der Oberfläche (vgl. Landkarte), welchem entlang ich steil über Geröll zum Barrhorn-Wanderweg hochsteige. Mit dieser Abkürzung kann man die SAC Hütte umgehen. Am Bächlein fülle ich nochmals Wasser nach (letzte Möglichkeit) und folge nun alles dem Wanderweg weiter bis auf meine Gipfelziele.
Zuerst geht’s durch das Gässi, eine Felsstufe, welche mit einigen Drahtseilen gut gesichert ist. Mit den Bikeschuhen ist hier dennoch eine gewisse Vorsicht angebracht. Dann weiter über einen Felskamm und schon bald werden die beiden Gipfel sichtbar. Hier sah ich auch mit Freude, dass sich der Schnee weitgehend zurück gezogen hat. Ab rund 2‘800 m ü. M. führt der Weg auf einer Moräne weiter, wo sich nochmals kurze fahrbare Abschnitte finden. Nach diesem Teil folgt ein etwas mühsamer Abschnitt über einige vom Gletscher abgeschliffene Felsen. Den Weg muss man hier etwas suchen und das Bike muss konsequent getragen werden. Weiter führt der Weg über Geröllhänge hoch in Richtung Schöllijoch. Auf dem Grat angekommen sieht man erstmals ins Mattertal und die dahinter liegenden Berge. Die Aussicht und ein kühler und starker Wind machen einem bewusst, dass man sich schon in ziemlicher Höhe befindet. Dennoch bin ich weiter in Shorts und T-Shirt unterwegs (Handschuhe und Buff brauchte ich aber schon). Ab diesem Übergang führt der Weg nahe dem Grat hoch bis zum Innere Barrhorn. Der Schlussanstieg ist nochmals erbarmungslos steil, was mich zu einigen Atempausen zwingt (hier oben ist der Luft-Sauerstoffgehalt [mg/l] um ein Drittel kleiner verglichen mit der Starthöhe). Dann ist der erste Gipfel geschafft! Ich brauche rund 6.25 h bis hier. Ich lege eine kurze Pause ein, füttere eine einsame Bergdohle mit Roggenbrot und überlege mir, ob Zeit und Kraft noch für den Nachbargipfel reichen. Doch wenn ich schon mal hier bin..
Also weiter den Grat nun nördlich runter (einige Stellen fahrbar) zum Pass zwischen den beiden Gipfeln. Ein kurzes Schneefeld muss noch traversiert werden, bevor der zweite Gipfelanstieg von 120 Hm beginnt. In langsamem Tempo steige ich hoch und plötzlich erscheint eine Ecke des Gipfelkreuzes am Horizont. Ich war um einiges schneller oben als gedacht. Freude macht sich breit – ich hab’s geschafft! Nach knapp sieben Stunden Aufstieg war auch der zweite Gipfel, das Üssere Barrhorn, erreicht! Nun brauche ich doch einen Pullover und ich geniesse die tolle Aussicht und ein paar Erinnerungsfotos müssen natürlich auch gemacht werden. Dann gehe ich noch kurz zum Pt. 3‘592 rüber, von wo aus der Gipfel recht spektakulär rüber kommt.
Nun muss ich meinen Gipfelerfolg nur noch heil ins Tal bringen, was wie erwartet nochmals einige Kraftressourcen erforderte. Ich wähle einen vorsichtigen Fahrstil, denn ich bin um die Zeit (15:45 Uhr) alleine in der Gegend unterwegs und darf mir keine Dummheiten erlauben. Man ist aufgrund einer um ein Viertel geringerer Luftdichte in dieser Höhe ohnehin zügiger unterwegs (gemässe Wikipedia ein durchaus relevanter Aspekt). Auch die Reifen durfte ich vorgängig nicht voll pumpen, mit Bedacht auf die Druckzunahme in dieser Höhe von immerhin 0.3 Bar. Aber in diesem Gelände durften sie eh nicht steinhart sein. Nach dem Gipfelhang wähle ich den direkten Abstiegsweg in südwestliche Richtung. Im oberen Teil kann noch einiges gefahren werden. Zunehmend wird die Sache aber steil und ich tendiere dazu, dass Bike mal eher zu schieben als zu fahren. Auf dem Abschnitt mit den geschliffenen Felsen, wo man sich wieder auf dem selben Weg befindet wie beim Aufstieg, muss das Bike auch im Abstieg mehrheitlich getragen werden. Dann aber folgt der schöne Teil auf der Moräne, der fast durchgängig befahren werden kann, Gletscherpanorama inklusive. Das Gässi, logischerweise, wieder tragend runter und dann weiter den Weg zur SAC-Hütte. Auf diesem muss man im Mittelteil wieder einiges schieben. Bis zur Hütte runter vom Gipfel brauchte ich insgesamt doch ganze 1.5 h. Weiter geht’s auf einem längeren fahrbaren Abschnitt runter den Steinmannliweg. Vor der Moräne muss ich allerdings nochmals tragen. Weiter fahrend über die untere Moräne, nochmals kurz schiebend bis auf den grobschottrigen Weg runter und dann – dann folgt eine genüsslich lange und schöne Abfahrt zurück nach Turtmann (nur ein ganz kurzer Gegenanstieg am Stausee gilt es zu bewältigen, den meine Waden nicht besonders mochten). Ab der SAC-Hütte schafft man’s bei zügiger Fahrt in einer Stunde runter zum Bahnhof, sofern einen die Autos überholen lassen.
Die Barrhörner sind also definitiv keine eigentliche Bikegipfel, auch nicht im Abstieg. Ich habe mir punkto fahrbarer Abschnitte etwas mehr erhofft. Dennoch war die Tour für mich lohnenswert, einzigartig und abwechslungsreich. Eigentlich wollte ich noch das Schöllihorn machen, es wäre aber zeitlich nicht drin gelegen und ist ein Grund, nochmals in die Gegend hochzusteigen (siehe Nachtragsnotiz in diesem Bericht ganz unten). Ein gutes Training vor der Tour ist unumgänglich, vor allem auch das Tragen sollte man sich gewöhnt sein. Eine meiner Trainingstouren führte mich etwa auf den Hardensteiner Calanda (am 21. Juni 2014, in 4.25 h ab Chur), wo ähnliche Bedingungen anzutreffen waren.
Ich habe einiges an Energie und Zeit in das Projekt investiert, bis es dann geklappt hat. Das erste Mal bin ich diesen Sommer auf 2‘800 m ü. M. umgekehrt, das zweite Mal auf 3‘000 m ü. M. Beim zweiten Versuch startete ich um Mitternacht in Turtmann um so mehr Zeit zu haben. Ich scheiterte schlussendlich aber an der Müdigkeit und der damals recht frostigen Nacht. Ebenso ging ich zu zügig an die Sache, als ich andere Bergsteiger mit dem Bike auf dem Rücken überholte. Nein, so geht’s eben nicht..
Rückblickend ist es gut möglich, dass dies die anspruchsvollste Biketour meines Lebens war. Ah ja und: katernde Muskeln an Rumpf, Schultern und Waden gehörten am Folgetag natürlich dazu..
Horizontaldistanz: 64.46 Kilometer
Nachtrag Schöllihorn (Tour vom 14.09.2014)
Erneut unterwegs, sechs Tage nach meiner Barrhorntour, nun mit Ziel Schöllihorn. Das Wetter an diesem Sonntag verspricht gute Fernsicht und somit muss ich einfach nochmals in die Gegend aufsteigen. Auch kann ich mir damit beweisen, dass ich es auf's Neue schaffe von ganz unten in solche Höhen mit dem Bike aufzusteigen. Somit erneuter Start vom Bahnhof Turtmann aus ins Turtmannstal by fair means. Das Schöllihorn lässt sich vom Schöllipass mit dem Bike recht angenehm erklimmen. Dazu folgt man den Wegspuren vom Pass in Richtung Pt. 3'392 und auf den dort höchsten Punkt (südwestlich von diesem Punkt, rund 3'425 m ü. M.). Dort verlieren sich die Wegspuren, jedoch ist das Gipfelziel bereits in Sicht. Ab dort kann man theoretisch alles bis auf den Gipfel fahren (falls die Puste noch reicht). Vom Gipfel aus lässt sich fast alles bis zum Pass wieder runterfahren. Im Abstieg vom Pass dann auch wieder einige fahrbare Abschnitte im oberen Teil. Im Vergleich zu den Barrhörnern ist der Gipfel im Schlussaufstieg also deutlich einfacher. Lohnenswert ist der Gipfel auch wegen seiner tollen Aussicht auf die Gletscherlandschaft und das Brunegghorn. Aber auch in die anderen Himmelsrichtungen blickend warten landschaftliche Schönheiten (vgl. letze beiden Fotos).
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