Keine Frage, der Wendelstein ist wohl der bekannteste Voralpenberg Bayerns und ist durch seine markante Form auch von weitem recht gut auszumachen. Unter dem Bergvolk genießt der Wendelstein allerdings einen eher negativen Ruf. Nicht ganz zu unrecht, eine Gondel- und eine Zahnradbahn bringen Massen an Menschen zum Gipfel, der ohne Frage neben der Zugspitze zu den zugebautesten und somit hässlichsten Gipfeln Deutschlands zählt. Eine Wetterstation, ein Sonnenobservatorium, ein Windgenerator, ein Sendemast plus Sendanlage, ein Wirtshaus und ein mittlerweile aufgegebenes Berghotel, eine Kirche, eine kleine Kapelle und die erwähnten Bergstationen für Gondel- und Zahnradbahn verschandeln den Gipfelaufbau. Es gibt also fast nichts, was man diesem Berg noch antun könnte, außer vielleicht eine Autobahn hochzubauen
Trotzdem, der Wendelstein fällt mir doch regelmäßig bei meinen Bergwanderungen ins Auge und stand deshalb zwar auf meiner "to do"-Liste, allerdings hab ich mich aus oben genannten Gründen bisher immer gescheut, die Gipfelbesteigung zu realisieren. Gestern in der Früh war allerdings schönes Wetter und ich bin kurzentschlossen Richtung Wendelstein gefahren.
Die Kombination aus sehr frühem Tourenbeginn an einem Werktag (Freitag) und unsicherer Wetterlage erlaubten mir, den Wendelstein fast einsam zu erleben. Dass dies eher eine Seltenheit ist, bezeugen die anderen Tourenberichte. Allein die zahlreichen leeren Biertische am Wendelsteinhaus haben mir eine Vorahnung gegeben, welche Oktoberfeststimmung hier wohl an schönen Wochenende herrscht.
Überraschenderweise ist die Berglandschaft um den Wendelstein richtig schön. Selbst der "Panoramaweg" von der Seilbahn zum 100 Meter höheren Gipfel ist auf seine eigene Weise nett zu gehen, sofern man akzeptiert, dass es eben ein künstlicher Weg ist. Spätestens auf einem der zahlreichen Nebengipfel hat man dann auch seine Bergeinsamkeit wieder. Wobei man diese zahlreichen "Satelliten" des Wendelsteins mit geringen Zeit und Höhenaufwand in fast in beliebiger Zahl mitnehmen kann und die Tour somit immer weiter ausbauen kann. Auch kann man viele einzelne Nebengipfel auslassen, da man die meisten Gipfel nicht überschreitet. Ich persönlich habe neben dem Wendelstein noch die Soinwand, Kesselwand, Lacherspitz und die Seewand miteingepackt. Für das dominante und nah gelegene Wildalpjoch war mir das Wetter dann allerdings zu schlecht geworden.
Insgesamt also eine schöne Tour in überraschend schöner Berglandschaft.
Ein paar kurze Anmerkungen:
- der Gipfelrundweg wird auf dem Schild mit 45 Minuten angegeben, ich hab grad mal 10 Minuten dafür gebraucht
- der Weg über die Lachneralm ist eindeutig die einsamere Variante, ist aber nicht ganz so gut ausgeschildert.
- verlaufen kann man sich nicht, höchstens einen Umweg machen.
- ein guter Grund auf die Seilbahnen zu verzichten ist übrigens auch ein finanzieller: Die Gondelbahn kostet hoch und runter zusammen 21 Euro, für die Zahnradbahn löhnt man 31 Euro
- früh aufbrechen und zuerst den Wendelstein im Angriff nehmen, dann sind noch nicht so viele Leute mit der Seilbahn oben. Wer die Seilbahnmassen komplett "untertunneln" will, muss vor 9 Uhr auf dem Gipfel sein :-)
Kommentare (2)