Bishorn (4153m): Genuss-Hochtour mit fantastischer Aussicht
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Das Bishorn ist sowohl im Sommer als Hochtour, als auch im Winter als Skitour beliebt. Es stellt einen der einfachsten Viertausender der Alpen dar. Der Gletscher ist spaltenarm und der Anstieg nicht besonders steil, bewertet wird die Route typischer Weise mit "L" oder "WS-". Lediglich die letzten 15 Höhenmeter sind etwas steiler, ein "L" scheint also angemessener. Dass sich der Andrang trotz der magischen "4" und der geringen Schwierigkeit noch in Grenzen hält liegt am mit 1600 Höhenmetern sehr langen Hüttenzustieg zur Cabane de Tracuit, von der aus der Gipfel hauptsächlich angegangen wird. Die Turtmannhütte als zweiter Ausgangspunkt für den Gipfel liegt gut 700 Höhenmeter tiefer und verlängert den Gipfeltag damit erheblich.
Erstbestiegen wurden beide Gipfel -- der 4153m hohe Hauptgipfel und der 4135m hohe Ostgipfel bereits 1884. Der Hauptgipfel ist ein Eisgipfel, der Ostgipfel ein Felsgipfel. Bemerkenswerter Weise wird der Ostgipfel nach seiner Erstbesteigerin Elizabeth Fred Burnaby, die den Gipfel mit zwei Führern erreichte, auch "Pointe Burnaby" genannt. Damit ist das Bishorn der erste von einer Frau bestiegene 4000er überhaupt. Aus der Ferne betrachtet stellt das Bishorn "nur" den äußersten Ausläufer des Weisshorn-Nordgrats dar. Beim Zustieg zu diesem faszinierenden Eis- und Felsgrat wird das Bishorn überschritten. Vom Bishorn aus hat man einen Logenplatz um Nordgrat und die vergletscherte Nordseite des Weisshorns zu bewundern.
Auf summitpost.org gibt es eine ausführliche englischsprachige Beschreibung des Bishorn. Nützlicher Weise gibt es übrigens eine Karte 1:25000 für die Gipfel rund um Zinal -- benannt nach dem Tal "Val d'Anniviers". Man bekommt sie im Tourist-Office in Zinal. Sonst benötigt man die Schweizer Landeskarten 1327 und 1328 um die Tour abzudecken.
Zustieg (T3+)
Gegen 8:45 sind wir von Zinal aus gestartet. Geparkt haben wir nach dem eigentlichen Ortskern etwas oberhalb der Straße die am Flüsschen Navisence entlang führt. Hier weist auch ein Schild den Weg gen Tracuithütte. Zuerst geht es in dichtem grünen Wald aufwärts. Schnell hatten wir uns eingegangen und die Beine sich ans Gehen gewöhnt, der Kopf lässt langsam den ganzen Alltag los. Da hatte ich plötzlich ein Dutzend Wespen im Gesicht. Durch wildes Fuchteln und schnellen Rückzug gelang es mir, nur einen einzigen Stich an der Wange abzubekommen. Kreier erwischte eine Wespe am Arm. Offenbar hatte die große Schweizer Gruppe mit etwa zwanzig Personen, die uns gerade entgegen gekommen war, den Wespenstaat in Aufruhr versetzt. Der Eingang zu ihrem Reich liegt unmittelbar neben dem Weg. In gebührendem Abstand umgingen wir jetzt die Stelle abseits des Wegs durch feuchtes Gemüse und konnten die gefechtsbereite Truppe noch kreisen sehen.Das Wetter war sehr durchwachsen. Kaum schaute mal der blaue Himmel durch Wolken und Nebel. Nach einiger Zeit erreicht man eine kleine Alm (Alpe Tracuit) und gelangt 150 Höhenmeter weiter schließlich auf den Höhenweg, der sich am ganzen Massiv entlang zieht. Auf diesem geht es langsam weiter aufwärts gen Süden auf den auffälligen große Wasserfall zu, den Torrent du Barme hier bildet. Ganz in dessen Nähe geht es jetzt wieder steiler in Kehren hinauf. Die letzten Bäume der hier recht hoch gelegenen Waldgrenze hat man jetzt endgültig hinter sich gelassen und erreicht eine flachere überaschend üppige Wiesenfläche. Auf etwa 2580m Höhe kommt man an einem kleinen privaten windschiefen Hüttchen vorbei (Combautanna). Drum herum einige Mauerreste von älteren Bauwerken. Hier oben weiden kleine, bullige, beinahe schwarze Kühe mit sehr ansehnlichem Gehörn. Man hat den Eindruck, dass sie zu Urrindern nicht allzu fern verwandt sind. Der Nebel umschloss uns jetzt immer mehr und manchmal kam ein leichtes Tröpfeln auf. Ab etwa 2700m Höhe steilt der zuletzt recht flache Steig wieder etwas auf, und man erreicht bei 2930m Höhe den äußersten Ausläufer des Südwestgrats von Diablon des Dames. Bis hier blühen immer noch unzählige Blumen, die Vegetation gaukelt einem vor, dass man noch viel tiefer wäre. An genanntem Grat entlang geht es jetzt in karg werdendem grobem Geröll weiter aufwärts. Leichter Regen war aufgekommen. Zuletzt geht es noch einmal etwas steiler hinauf zum Col de Tracuit, unzählige Wegvarianten sind die Folge von recht dünner Markierung, ein Umstand der der hier sehr kargen Vegetation nicht gerade gut bekommt. Die letzten fünf Meter geht es in leichter Kletterei (I) wahlweise unter Verwendung von Ketten hinauf. Hinüber zur Cabane de Tracuit (Bild) über Schnee und Fels sind es jetzt nur noch zweihundert Meter. Das war auch gut so, es kam nämlich stärkerer Regen auf. Kaum waren wir in der Hütte angelangt gingen die Schleusen am Himmel endgültig auf und starker Schneeregen bereitete den später gestarteten Wanderern wenig Freude. Für den Aufstieg brauchten wir inklusive Pausen und Fotostopps etwas mehr als viereinhalb Stunden.
Den ganzen Tag über blieb es trüb und regnerisch, bis abends recht plötzlich der Regen aufhörte, der Nebel den Rückzug antrat und langsam immer mehr Landschaft sichtbar wurde. Zuerst der Glacier de Moming (Bild) und zuletzt sogar die eindrucksvollen Gipfel von Zinalrothorn, Weisshorn, Obergabelhorn mit dem dahinter versteckten Matterhorn (Bild) und Dent Blanche. Auch Sonne kam auf, ein bissiger kalter Wind gestaltete den Aufenthalt vor der Hütte aber nur mäßig angenehm. Unsere für den kommenden Tag geplante Tour auf's Bishorn war jetzt einsehbar. Der starke Niederschlag und der Wind hatten die Aufstiegsspur weitgehend unsichtbar gemacht. Nach einem anständigen Abendessen ging es bald ins Bett. Eine kleine Besonderheit stellte noch das "Tischtennis-Turnier" der Hüttencrew dar. Sie haben offenbar eine gute Tradition daraus gemacht ein paar Tische in der Küche zusammenzuschieben und unter Verwendung von Schneidbrettern als Schläger Tischtennis zu spielen. Ein paar Auflaufformen ersetzen das mittige Netz. Sehr nett.
Bishorn (L)
Frühstück bot die Tracuithütte wahlweise um 5:00 oder 7:00 Uhr an. Eine noch frühere Frühstückszeit erübrigte sich, da die Bedingungen mit doch erheblichem Neuschnee in den Hochlagen niemanden zu einer Begehung des Weisshorn-Nordgrats einluden. Während dem Frühstück sah man ein paar Stirnlampen aus dem Tal herauftanzen -- Bergführer die aus dem Tal aufstiegen um mit ihren Gruppen ebnenfalls das Bishorn zu erklimmen. Wir kamen gegen 5:40 als erste Seilschaft von der Hütte los. Weitgehend blauer Himmel, einige Wolken. Schon nach kurzer Zeit kamen hinter uns dichte Wolken auf. Aufgrund der Windrichtung war aber klar, dass diese nicht zu uns wollten. Der Nebel, der sich rasant bildete hingegen schon. Also ging es schon bald fast im Blindflug über den hier sehr flachen Turtmann-Gletscher hinüber bis man den eigentlichen Anstieg hinauf zum Bishorn in Angriff nehmen kann. Auch hier blieb die Aussicht vor allem auf die eigenen Schuhe beschränkt. Ein Solo-Gänger sowie zwei Zweier-Seilschaft hatten uns überholt und übernahmen die Aufgabe der stark zugewehten Aufstiegsspur zu folgen. Abseits dieser Spur wäre ein Vorankommen ohne Ski noch kaum machbar gewesen, da man bei nahezu jedem Schritt durch den schwachen Harschdeckel brach und knietief im schweren Schnee einsank. Der Aufstieg ging gut voran und zu unserer großen Freude kam beinahe oben angelangt langsam der blaue Himmel zum Vorschein. Der Moment in dem man die Scharte zwischen den beiden Bishorn-Gipfeln erreicht und plötzlich den gewaltigen Nordgrat des Weisshorn (Bild) vor sich hat ist überwältigend. Von der mit Hängegletschern verzierten Nordseite gesehen, zieht er die Blicke magisch auf sich. Um so unfassbarer, dass später verschiedene Personen -- auch Schweizer -- ihre jeweiligen Bergführer fragten was "das da" eigentlich für ein Berg sei...Die gerade einmal 15 Höhenmeter hinauf zum Hauptgipfel sind etwas steiler, die Bedingungen ließen das aber auch noch ohne Steigeisen zu (die natürlich im Rucksack waren). Hier oben weitet sich die Sicht noch zusätzlich. Beispielsweise Dufourspitze und Liskamm gen Südosten (Bild) oder Montblanc sind fast vollkommen klar zu sehen. Was für ein Tag! Ein kalter Wind ließ uns für die Brotzeit zur Scharte zurückkehren. Nach ausgiebigem Bestaunen und Fotografieren der versammelten Walliser 4000er nahmen wir noch schnell den Nebengipfel mit, bevor wir uns auf den Abstieg zur Hütte machten. Inzwischen trafen immer mehr größere und kleinere Gruppen hier oben ein. Angesichts des spaltenarmen Gletschers einige Sologänger, die meisten Gruppen waren mit Bergführer unterwegs. Mit sehr ausgiebigen Pausen und viel Zeit für Fotografieren waren wir etwa fünfeinhalb Stunden unterwegs. Angesichts der kaum vorhandenen Akklimatisierung genügten die 900 Höhenmeter auch ohne weiteres. Zurück in der Hütte verschwand die ganze Kulisse flott wieder im Nebel, am Abend kam auch wieder Regen auf.
Abstieg
Sehr trüb und neblig war es am nächsten Morgen. Genau so wie der vergangene Abend geendet hatte. Wir hatten keine große Eile und frühstückten deshalb erst um sieben Uhr. Auch an diesem Tag brach sich die Sonne aber ihren Weg und es wurde wieder richtig schönes Wetter. Das nutzten wir im Abstieg für unzählige Fotos von Bergblumen. An uns vorbei knatterte einige Male der Hubschrauber mit Versorgungsflügen zur Tracuit-Hütte. Eine Großfamilie Murmeltiere knäulte sich in der Sonne zum Wärme Tanken zusammen, durch den Hubschrauber in erhöhte Aufmerksamkeit versetzt. Trotz der vielen vielen Fotostopps war der Abstieg nach etwa zweieinhalb Stunden geschafft.Hüttenkauderwelsch
Wir erlebten auf der Tracuit-Hütte einen sehr erfrischenden Mix der Kulturen. Viele Unterhaltungen führten wir in einem Kauderwelsch aus Französisch, Schwizerdütsch, Deutsch, Italienisch und Spanisch. Mit einem Italiener diskutierte ich das Gipfel-Panorama in einer Mischung aus Italienisch, Deutsch und Englisch. Ein Tschechisches Ehepaar erklärte uns in recht passablem Englisch, dass sie nach der Anfahrt von Zinal nur bis Combautanna aufgestiegen waren und die Nacht umringt von den laut bimmelnden Kühen unter dem windschiefen Vordach (Bild) verbracht haben. Mutig. Am folgenden Tag waren sie von dort zum Bishorn aufgestiegen, leider aber so spät, dass der Gipfel bereits in Wolken verschwunden war. Eine Gruppe Spanier verputzte neben uns eine ausgesprochen beachtliche Nachschlagportion beim Abendessen, die sie sich unschwer organisiert hatten, da ein Mitglied des Hüttenteams ebenfalls Spanier war. Zwei Briten teilten mit uns das angenehme Vierer-Zimmer, der eine aus Schottland berichtete von der Plage beißender Midges die ihn zu einem Umzug bewogen hatten. Jetzt könne er gemütlich mit einem Glas Wein im Garten sitzen -- natürlich mit einem Regenschirm in der anderen Hand, wie er schmunzelnd hinzufügt. Ein Österreicher erklärte uns dass er beruflich vom bettelnden zum verteilenden Lager gewechselt ist -- also aus der Wissenschaft in die Wissenschaftsadministration. Auch mit diversen deutsch- und französischsprachigen Schweizern kamen wir ins Gespräch. Unangenehm fiel ein Deutscher auf, der immer wieder mit bizarren Sonderwünschen das Hüttenteam traktierte. Wenn man einmal jemand versehentlich anrempelte, sich höflich mit "Pardon" entschuldigen wollte und darauf hin ein mäßig passendes "si-wu-plää" zurückkam, hatte man sich offenbar in der falschen Sprache entschuldigt. Die sehr spärliche meist französischsprachige "Hüttenbibliothek" weist auch einige Spiele und deutschsprachige Heftchen auf, auch einige Ausgaben "Berg und Steigen". Das sechsköpfige (!) Hüttenteam deckte alle notwendigen Sprachen ziemlich gut ab. Alles in allem ein durchaus unterhaltsamer Hüttenaufenthalt.
Tourengänger:
steindaube,
Kreier
Communities: Die 48ig - 4000er der Schweiz
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