Saltfjellet und Svartisen Nationalpark


Publiziert von heluka , 9. August 2014 um 22:15.

Region: Welt » Norwegen
Tour Datum:19 Juli 2014
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: N 
Zeitbedarf: 6 Tage
Strecke:Glomsfjord - Kvisteindalsgammen-Glomdalen, Gråtådalstua, Beiardalen, Beiarstu, Tverrådalen, Tolladalen, Bjellåvasstua, Midtistua, Steindalen, Løndsdal - ca. 95 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Flug: Zürich - Oslo - Trondheim - Bodø Mit dem Schnellboot nach Ornes und anschliessend mit dem Taxi in den Glomfjord

Solo Trekking-Tour im Saltfjellet und Svartisen Nationalpark

In sechs Tagen vom Glomfjord nach Lønsdal
Meine letzte Trekkingtour führte mich durch die Hardangervidda im Süden Norwegens. Ein unvergessliches Erlebnis, das die Lust auf mehr Abenteuer weckte. Nach langem Recherchieren habe ich schliesslich den Saltfjellet und Svartisen Nationalpark als Ziel für eine weitere Tour ausgesucht. Es ist der viergrösste Nationalpark des Landes und liegt etwas nördlich des Polarkreises. Allein der Svartisen-Gletscher bedeckt die riesige Fläche von 370 Quadratkilometern mit ewigem Eis.

Anreise
Um 06:55 ging mein Flug von Zürich nach Oslo. Dort angekommen war es wichtig, dass ich das Gepäck entgegennahm und für den Inlandflug neu eincheckte. Hätte ich das nicht gemacht, hätte ich wohl in Bodø auf meinen Rucksack gewartet, wie ich das in einem Bericht gelesen hatte. Nach einem weiterem Flugzeugwechsel in Trondheim auf eine Widerøe Propellermaschine, erreichte ich um 18:15 Uhr Bodø. Ein sympathisches „grosses Dorf“ am Meer mit Flughafen und etwa 37'000 Einwohnern in der Provinz Nordland.  Bereits im Landeanflug sah ich den riesigen Svartisen-Gletscher und den Glomsfjord, in dem ich am nächsten Tag starten wollte.
 
 


Samstag, 19.07.2014
Nach einem ausgiebigen Frühstück im kleinen Hotel mache ich mich in Bodø auf um ein paar Sachen für die Tour zu besorgen. Zum einen brauchte ich Gaskartuschen, Karten des Saltfjellets und Svartisen und ein paar Lebensmittel. Dies ist schnell besorgt und ich habe noch bis 16:00 Uhr Zeit, mich in Bodø umzusehen. Erst dann fährt ein Express-Boot nach Ørnes. Nach einem Rundgang durch Bodø und den Hafen verstaue ich dort in einem Gepäckfach einen Rucksack mit Kleidern und Schuhen die ich nach der Tour brauchen werde.
Schliesslich steige ich in das „Expressen Båt“ ein, das mich in 1 ½ Stunden nach Ørnes, zum Eingang des Glomfjords bringen wird. Von hier wäre es mit dem Bus weitergegangen. Da dieser genau am Samstag nicht fährt, bringt mich ein Taxi das letzte Stück ans Ende des Glomfjordes nach Fykan, dem Ausgangspunkt meiner Tour. Als das Taxi bei den Fykan Tunnelen wieder zurückfährt, wird es still und ich stehe plötzlich ziemlich einsam da mit meinem grossen Rucksack. Was habe ich mir da bloss eingebrockt? Um auf andere Gedanken zu kommen studiere ich die Karte und marschiere dem Fykan Vatnet entlang ans hintere Ende des Sees. Dort gehen die berühmten Fykan Trappene aufwärts.
 
Über die Treppen gelangt man auf 1226 Stufen über 400 Höhenmeter hinauf ins Fjell. Als ich die letzten Stufen erklimme, ist es bereits 21:30 Uhr. Es ist noch taghell und ich weiss, dass sich das auch in den nächsten Stunden nicht ändern wird. Nach ein paar wenigen Kilometern schlage ich mein Zelt auf. Ich bin zwar nicht so weit gekommen wie ich dachte, doch ich bin rundum zufrieden mit den Tag. Alles hat bestens geklappt und das Wetter könnte nicht besser sein.

Sonntag, 20.07.2014
Nach einem ausgiebigen Müeslifrühstück starte ich in Richtung der Kvitsteindalsgammen. Das ist die erste Hütte meiner Tour. Es ist eine offizielle Hütte des DNT (Den Norske Turistforeningen). Sie ist nach der Bauart der Samen rekonstruiert worden und bietet zwei Personen Platz. Der Weg dorthin führt an tiefblauen Seen vorbei. Immer wieder bestaune ich die bizarren Formen, die sich am Boden in den Fels geschliffen haben. Bei der Hütte treffe ich ein paar Einheimische. Ein Norwegisches Paar hat auf einem anderen Weg eine Tour mit Pferden hierhin unternommen und wird in der Hütte übernachten. Sie machen mir aber nicht etwa den Platz streitig, denn ich will sowieso weiter in Richtung Svartisen-Gletscher. Am Ufer des Litle Storglomvatnet gehe  ich weglos etwa drei Kilometer entlang. Dann führt der Weg östlich ins Glomdalen. Dieses Tal war mein geplantes Tagesziel. Als ich auf der Passhöhe des Glomdalen ankomme, ist es bereits 21:30 Uhr und ich suche einen geeigneten Platz, um das Zelt aufstellen zu können. Es ist angenehm kühl und es hat hier (vergleichsweise) wenig Mücken. Mein Blick streift ab und zu über die noch immer sonnenbeschienenen Berghänge. Einheimische hatten mir am Vortag erzählt, dass es hier auch Bären geben soll. Sie seien aber sehr scheu und kommen nicht in die Nähe von Menschen. Genau das hatte ich zwar im Vorfeld der Tour abgeklärt und von Bären hatte ich nicht gelesen. Vielfrasse gäbe es, aber keine Bären! Was soll’s, gesehen habe ich auf der ganzen Tour weder Bären, noch Rentiere, noch  Lemminge, die es hier in grosser Zahl geben soll. Nach dem Nachtessen krieche ich müde in den Schlafsack. Die ersten zwei Tage mit dem über 20 kg schweren Rucksack haben bereits einiges von mir abverlangt.
 
Montag, 21.07.2014
Ich habe wunderbar geschlafen und nicht von Bären geträumt. Nach dem Frühstück geht es das Glomdalen abwärts in Richtung der Gråtådalstua. Ein unberührtes Tal in dem es  keinen Weg gibt. Im oberen, noch eher felsigen Teil sind die Markierungen an Felsen und mit Steinmännchen gut sichtbar. Je flacher es wird, umso grüner, aber auch sumpfiger wird es. Es gilt unzählige kleine Bäche zu überqueren. Die meisten schaffe ich ohne Probleme. Bei anderen laufe ich auf und ab um nach der besten Stelle für die Überquerung zu suchen oder ziehe die Schuhe aus um rüber zu kommen. Als ich bei der Gråtådalstua ankomme ist es Mittag und richtig heiss, obwohl ich doch in hochalpiner Umgebung bin. Ich bin hier mutterseelenallein. Seit gestern habe ich keine Menschenseele angetroffen und das wird noch bis in die späte Nacht so bleiben. Doch ich geniesse es auch, die Hütte für mich allein zu haben. Ich kann in Ruhe kochen und essen, Kleider und mich waschen und eine Weile schlafen. Nach 16:00 Uhr breche ich wieder auf mit Ziel Beiarstua. In dieser Hütte im Beiardalen soll es Strom geben. Dort möchte ich übernachten und meine Akkus wieder laden. Bis dorthin sind es allerdings etwa 12 km die mühsamer werden, als ich mir das vorstellte. Es geht endlos an einem Hang entlang und anschliessend über einen Gratrücken. Als ich auf dem Grat endlich ins Beiardalen runtersehen kann, ist es bereits 21:30 Uhr. Allerdings muss ich jetzt noch zwei, drei Kilometer weiter und anschliessend noch etwa 400 Höhenmeter ins Tal absteigen. Dieser Abstieg mit dem immer noch sehr schweren Rucksack geht mir ziemlich in die Knochen und nagt auch etwas an meiner Moral. Zudem mache ich das erste Mal Bekanntschaft mit den Mücken, die mir jetzt in einer grossen Wolke folgen.
Als ich endlich bei der Beiarstua ankomme und mich auf die Dusche freue, begrüsst mich ein Deutsches Paar, das ihr Zelt vor der Hütte aufgeschlagen hat. Die Beiarstua ist abgeschlossen und ich habe den DNT-Schlüssel nicht dabei! Nach einigem Abwägen hatte ich ihn leider nicht mitgenommen, in der Annahme, in den Hütten nicht alleine zu sein. Ich wusste sehr wohl, dass Hütten in Zivilisationsnähe verschlossen sind. Also stelle auch ich mein Zelt vor der Hütte auf. Wie mir das Paar erzählt, haben sie heute ihre Tour abgebrochen. Es sei zu heiss und es habe viel zu viele Mücken. Sie leihen mir freundlicherweise einen Akku, den sie mit einem Solarpanel laden konnten. Damit kann ich meine Akkus wieder laden. Als ich gegessen hatte und ohne die Dusche in den Schlafsack krieche, ist es kurz vor Mitternacht.
 
Dienstag, 22.07.2014
Am nächsten Morgen geht es die 400 Höhenmeter, die ich auf der einen Talseite des Beiardalen abgestiegen bin auf der anderen wieder hinauf ins Tverrådalen. Die Landschaft sieht hier ähnlich aus wie in Kanada. Die Wege und Markierungen werden leider zunehmend schlechter. Dafür werden die Mücken zahlreicher und ich mache das erste Mal Bekanntschaft mit den Klegg, einer grossen norwegischen Bremse. Ich dachte zuerst, es seien Bienen und verhielt mich ruhig. Aber genau dann stechen sie und darauf reagiert man reflexartig. Als ich beim höchsten Punkt unterhalb des Tellingen ins Tollådalen runterschaue, bin ich absolut fasziniert von dieser Tundralandschaft. Die nächsten paar Kilometer werden aber die härtesten und nervenaufreibendsten der ganzen Tour werden. Die Mücken sind hier unerträglich und das Kartenstudium oder Stillhalten zum Filmen ist beinahe unmöglich. Mehrmals suche ich über 20 Minuten die nächste Wegmarkierung. Das GPS-Gerät, das ich zu Hause liess, hätte mir hier nichts genützt. Man sollte hier den Wegzeichen folgen. Sie zeigen den bestmöglichen Weg durch ein teilweise sumpfiges Gebiet mit viel Gebüsch und Sträuchern. Man findet absolut keine Wegspuren und die roten Markierungen sind häufig ganz verblasst. Es kommt mir vor, dass immer die markierten Bäume am Boden liegen und an ein zügiges Vorwärtskommen ist nicht zu denken. Fehlt nur eine Markierung, findet man die nächste kaum. So gehe ich stolpernd und fluchend durch das Gestrüpp, gehe wieder zurück und suche erneut. Die Tour wird zu einer echten Geduldsprobe. Dieses Szenario wiederholte sich einige Male und ich brauche nicht eine Stunde, wie ich meinte, sondern Stunden um das Tal zu queren. Am anderen Talhang angekommen gehe ich an einem Zelt vorbei. Ein Deutsches Paar ist völlig ausgepowert und sucht im Zelt Schutz vor den Mücken. Im Zelt dürfte es allerdings gegen 30 Grad gewesen sein. Auch mir geht es in dieser Phase nicht gut und ich schleppe mich den Hang hinauf in der Hoffnung, mit zunehmender Höhe auch den Mücken zu entkommen. So macht das Wandern keinen Spass und als ich spät nachts das Zelt aufstelle beschliesse ich, den nächsten Morgen sehr früh zu beginnen, um wenigstens nicht in der prallen Sonne marschieren zu müssen.
 
Mittwoch, 23.07.2014
Es ist 04:00 Uhr, als mich der Wecker nach wenigen Stunden wieder aus dem Schlaf holt. Nach einer Stunde habe ich das Zelt abgebrochen und starte im kühlen Morgen mit noch müden Knochen in den Tag. Die Mücken machen auch in der Nacht keine Pause, die grossen Klegg hingegen lassen mich noch ein paar Stunden in Ruhe. Es ist noch früh am Morgen als ich die Bjellåvasstua am Bjøllavatnet erreiche. Der ruhige See mit der Bergkulisse bietet einen herrlichen Anblick, der mich für meine gestrigen Strapazen wieder entschädigt. Entlang des Sees gibt es ein schmales Weglein, das sehr gut zu laufen ist und mir wie eine Autobahn vorkommt. Am Ufer des Sees entlang geht es etwa 6 km bis zur Midtistua, meinem erklärten Tagesziel das ich gegen Mittag erreiche. Ich esse, ruhe mich aus und schlafe ausgiebig. Wieder bin ich der einzige Gast in der Hütte. Bis am Abend kann ich mich sehr gut ausruhen und ich entschliesse mich, doch noch ein paar Kilometer weiter zu gehen in Richtung Steindalen. Ich schaffe es noch bis zum Lønstindvatnet, wo ich ein letztes Mal biwakiere. Ein Teil des Sees ist hier sogar noch zugefroren. Die Temperatur fällt aber auch in der Nacht nicht unter 10 Grad.
  
Donnerstag, 24.07.2014
Als ich am nächsten Morgen zur letzten Etappe nach Lønsdal aufbreche, ahne ich noch nicht, was mich auf den nächsten drei km erwarten wird. Bereits der Aufstieg ins Steindalen war sehr steinig, wen wundert’s. Der weitere Verlauf des Weges führt nur noch über grosse Felsbrocken rauf und runter oder von Stein zu Stein. Ich muss nochmals meine ganze Konzentration aufbringen, um in den Felsbrocken nicht zu stolpern. Mit dem schweren Rucksack kann man Fehltritte fast nicht mehr auffangen. Ich bin froh, als ich bei Kjemåbekken, einem Hochtal endlich wieder etwas wie eine Wiese antreffe. Dafür ist es schlagartig wieder nass und unzählige Bäche lassen die Schuhe nie trocken werden. Auch beim Kjemåvatnet kann ich wieder ein atemberaubendes Panorama geniessen. Diese Bilder prägen sich tief ein und sind genau der Antrieb, warum ich solche Touren unternehme. Von der Anhöhe sehe ich schliesslich den Bahnhof von Lønsdal, das Ziel meiner Tour. Als ich dort einmarschiere, fährt auch gleich ein Zug ein. Allerdings nicht meiner und er fährt in Richtung Trondheim. Meiner fährt in drei Stunden zurück nach Bodø, wo ich noch einen Tag ausruhen kann. Das Billett könne ich im Zug lösen, erklärte mir die Stationsbeamte, die soeben ihre Schicht beendete. Sie begleitete mich auf der Zugfahrt nach Bodø und erzählte mir interessante Details über das Løndsdalen, ihre Arbeit bei der Bahn und Norwegen.  
 
 
Mein Fazit der Tour
Eine Tour in einer grossartigen, unberührten Landschaft mit schönen Bergen und Seen, imposanten Gletschern und Firnen. Körperlich verlangte sie einiges ab und der schwere Rucksack mit Zelt, Schlafsack, Kocher und Proviant für acht Tage machte sie zeitweise zur Tortur. Psychisch war sie einiges anspruchsvoller als meine letztjährige Tour durch die Hardangervidda. Vor allem das Vorwärtskommen ohne Weg und Suchen nach Markierungen zehrte an den Nerven. In den sechs Tagen habe ich nur wenige Leute getroffen. Genau das war es zwar was ich suchte, doch man muss damit zurechtkommen.
Während der ganzen Tour hatte ich aussergewöhnlich schönes Wetter und es war viel zu warm für die Region über dem Polarkreis. Alles in Allem eine sehr schöne und anspruchsvolle Trekkingtour. Leuten ohne Trekking-Erfahrung würde ich sie eher nicht empfehlen.
 
Wenn jemand weitere Informationen zu dieser Tour haben möchte, kann er mir eine PN senden.
 


Tourengänger: heluka
Communities: Skandinavien Forum


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Kommentare (2)


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countryboy hat gesagt: Super
Gesendet am 10. August 2014 um 10:14
Salü Heini
Sehr unterhaltsamer Reise- und Erfahrungsbericht. Weckt die Wander- und Abenteuerlust! Wäre in der Praxis für mich als Tagestourer aber ein bisschen zu hardcore für den Einstieg. ;-)
Gruss Yves

heluka hat gesagt: RE:Super
Gesendet am 10. August 2014 um 22:29
Hoi Yves
Danke für deinen Kommentar.
Ich wollte mir für meine zweite Tour in Norwegen vor allem Zeit nehmen zum Verweilen und Geniessen. Das gelang mir leider nicht so ganz. Norwegen ist ein grossartiges Land und ich hoffe dass ich dies bei einer nächsten Tour nachholen kann.
Gruss Heini


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