Odenwaldlimes II - Von Trienz nach Hesselbach
Der Limes ist eine alte römisch-germanische Grenze. Sie wurde unter den Kaisern Domitian, Traian und Hadrian eingerichtet und ausgebaut und war zwischen 110/115 n. Chr. und 155/160 n. Chr. etwa ein halbes Jahrhundert lang in Betrieb, bis man die Grenze ca. 20 Kilometer weiter nach Osten verschob. In dieser Zeit wurden zunächst Holztürme und ein Verbindungsweg gebaut, später kam ein Palisadenzaun hinzu und die Holztürme wurden durch Steintürme ersetzt. Schließlich wurde noch ein Graben angelegt - und das über hunderte Kilometer! Dazu kam etwa alle fünf Kilometer ein Kastell, im Odenwald sind das Kleinkastelle, Numeruskastelle und Kohortenkastelle.
Nach dem langen ersten Tag führte der zweite Tag unserer Tour entlang dem (nicht: des) Odenwaldlimes den
Verzasca und mich von Trienz nach Hesselbach. Für die Wegfindung benutzten wir wieder die üblichen Wanderkarten sowie das Buch "Der Odenwaldlimes" von Egon Schallmayer.
Losgez nach einer erholsamen Nacht in Trienz (345 m), wo wir uns zunächst das Gelände des dortigen Kleinkastells (345 m) ansehen. Leider gibt es dort nichts mehr zu sehen, nur eine Wiese mit ein paar Bäumen.
Trotzdem ein paar dürre Infos zum Kleinkastell Trienz. Es befand sich im westlichen Bereich des Ortes, im Bereich des Gemeindezentrums der katholischen Kirche. Mit rund 2.000 Quadratmeter Fläche war dieses Kastell deutlich größer aus als die nördlicher gelegenen Kleinkastelle des Odenwaldlimes (Windlücke, Zwing oder Seitzenbuche).
Leider ist heute von der Anlage nichts mehr zu sehen. Es handelte sich um ein quadratisches Steinkastell von 44, 45 Metern Seitenlänge. Die Stärke der Wehrmauer betrug ca. 80 Zentimeter, davor befand sich ein einfacher Graben. Das Osttor war 3,40 Meter, das Westtor 2,90 Meter breit.
Das Kastell war für eine Zenturie, also für maximal etwa 80 Mann Besatzung ausgelegt. Im Innenbereich befanden sich einfache Mannschaftsunterkünfte aus Holz oder Fachwerk. Einer dort gefundenen Inschrift zufolge war zur Zeit des Antoninus Pius im Lager ein Teil des im Numeruskastell Neckarburken stationierten Numerus Brittonum Elantiensium untergebracht. Dem waren wir am Vortag schon begegnet.
Wir wandern nach Norden, immer der Limeslinie entlang. Am Ende des Dorfes führt uns das "L" kurz nach rechts und dann wieder nach Norden. Es geht durch den Wald zu einem Reiterhof, auf dessen Gelände sich die nächste Turmstelle (Wachtposten 10/51 "Auf der Roberner Höhe", 416 m) befindet. An einem Sportplatz vorbei geht es hinein in das hübsche Örtchen Robern - und auf der anderen Seite gleich wieder hinaus. Die Lindenstraße führt uns hinauf zu WP 10/49 "Im alten Feld" (460 m).
Das ist zwar nur eine vermutete Turmstelle, aber immerhin steht hier ein informatives Schild direkt an der Limeslinie.
Wir informieren uns, dann geht es hinunter in den Wald, über die L 525 und weiter zum Kleinkastell Robern (442m).
Das Kleinkastell Robern (WP 10/48), gelegen zwischen Robern und Wagenschwend, kommt uns ein wenig vernachlässigt vor. Es liegt an einer ungewöhnlichen Stelle, an einem Abhang in einem dunklen und im Winter sicherlich ungemütlich kalten Dobel. Nachdem das Kastell im Mittelalter und in der Neuzeit als Steinbruch diente, sind die Grundmauern heute konserviert und öffentlich zugängig. Dennoch könnte man sicherlich mehr tun, als die Anlage so derart lieblos vom Wald überwuchern zu lassen.
Im Inneren der Fortifikation befanden sich keine Steingebäude, sondern kleine Fachwerkbauten.
Weiter durch den Wald und über einen Wiesenhang hinauf geht es nun nach Wagenschwend (510 m). Dort halten wir uns wieder nördlich und wandern einen gemütlichen Rücken hinauf zum Waldrand, wo wir, WP 10/44 (540 m) passierend, hinein- und gleich darauf wieder hinaus wandern. Auch WP 10/45 "Im Weißmauerfeld" müssen wir unbeachtet lassen, hier ist leider nichts mehr erhalten.
In einem kleinen Hüttchen an der K3922 machen wir Rast. Die "L"-Markierung führt uns drüben in den Wald hinein und nach ein wenig hin und her an WP 10/44 "Heunenbuckel" (540 m) vorbei.
Vorbei! Denn nur durch Zufall entdecken wir die eindrucksvolle Turmstelle etwa 30 Meter rechts neben dem Limeswanderweg. Man wundert sich manchmal sehr über dessen Wegführung, insbesondere bei einer so imposanten Stelle. Die ist übrigens auch sprachlich interessant: Auch hier weist der Name "Heune" wieder darauf hin, dass man vor Jahrhunderten die Reste der römischer Bauten mit Riesen (Hünen, Heunen) in Verbindung brachte.
Bald danach treten wir wieder aus dem Wald und über Wiesen und Äcker und vorbei an einigen Gehöften geht es hinüber nach Oberscheidental (515 m).
Das ist nach Robern unser nächstes Etappenziel heute. Auch hier wurden einige Ruinen freigelegt, ein Tor, dort machen Jürgen und ich die nächste Pause.
Danach geht es durch Oberscheidental weiter Richtung Norden. An ein paar unsichtbaren Turmstellen vorbei geht es auf Feldwegen nach Auerbach (520 m), hinter dem wir wieder Wald betreten.
Hier im Wald treffen wir dann, nach eineinhalb Tagen, die ersten Wanderer! Wo sind sie bloß alle, die Odenwälder? Jedenfalls nicht im Odenwald...
Weiter geht es auf Feldwegen hinüber nach Schloßau (505m).
Und hier erwartet uns wieder eine jener Seltsamkeiten des Limeswanderwegs: Er lässt das dortige Numeruskastell aus! Stattdessen führt er den Wanderer so umständlich wie möglich an dem doch recht schönen Ort vorbei und meidet dabei auch sämtliche andere Sehenswürdigkeiten, wie etwa ein germanisches Streifenhaus und einige Öfen aus dieser Zeit. Sehr verwunderlich. Gut, dass wir unser Buch dabeihaben. Denn: Schloßauer zu fragen führt nicht in jedem Fall zum Ziel. Ein nur scheinbar ortskundiger Lokalveteran wusste nichts vom Schloßauer Kastell und beschrieb uns eines (oder waren es zwei? Er wusste es wohl selbst nicht genau) der anderen Kastelle jenseits des Ortes. Ein junger Bursch dagegen wusste Bescheid und schickte uns kompetent im Ort herum.
Zum Glück hatten wir die eigene Faust dabei, denn auf die ging es nun weiter in den Wald, wo uns mit WP 10/37 "In der Schneidershecke" (520 m) eine ganz besondere Turmstelle erwartete.
Da WP 10/37 "In der Schneidershecke" sicherlich die eindrucksvollste Station dieses Tages bleiben würde und Jürgen sich am Ende dieser Etappe in Richtung Schweiz davonmachen wollte, haben wir hier eine längere Pause eingelegt. Es stand zwar noch ein Kastell an, das Kleinkastell Seitzenbuche (461 m), aber dort sollte es nicht mehr allzuviel zu sehen geben.
Dem ist auch tatsächlich so. Grabungen erbrachten ein Kastell von 20 mal 20 Metern, ähnlich dem benachbarten Kleinkastell Zwing. Nachgewiesen wurde auch ein 2,30 Meter breites Tor. Über die stationierte Einheit ist nichts bekannt. Das Kastell war bereits früh stark zerstört, heute sind nur noch wenige Rippen im Wald sowie einige Gesimssteine der Kastellmauer zu sehen. Am gegenüberliegenden Parkplatz befindet sich eine Erläuterungstafel.
Das Kastell Seitzenbuche stand an einem strategisch günstigen Ort, dort wo sich der Bergrücken auf wenige dutzend Meter zusammenzieht und einen Pass bildet, der auf der kürzesten Verbindung zwischen Main und Neckar liegt. Noch heute laufen hier mehrere Straßen zusammen. Die dürftigen und zudem stark zerwühlten Reste des Kastells liegen im spitzen Winkel zwischen der L2311 und der L585.
Eine der Straßen, die L585/K3919, ist die Hohe Straße, ein uralter Höhenweg, der sicher letztlich auf den römischen Weg zurückgeht, mit dem man einst hinter dem Palisadenzaun die Wachtposten und die Kastelle miteinander verbunden hat. Sie wird mich nun zweieinhalb Tage lang begleiten.
Die Limeslinie verläuft hier immer den Rücken entlang, fast Richtung Westen. Jürgens letzter Turm war WP 10/36 "Am Fischerspfad" (490 m), wieder eine doppelte Turmstelle, an der noch ordentlich was zu sehen war. Eine schöne Stelle, um den Limes zu verlassen!
Während Jürgen zum Bahnhof nach Kailbach abstieg (auf exträjme Weise, selbstverständlich), wanderte ich am recht unscheinbaren WP 10/35 "Im Klosterwald" (520 m) vorbei hinauf zum höchstgelegenen Wachtturm der ganzen Strecke: WP 10/34 "Im Hohen Wald" (553m). Auch hier sind noch eindrucksvolle Reste im Wald zu sehen.
Wandert man nun Richtung Hesselbach weiter, kommt man über sehr felsiges Gelände.
Hier war es nicht möglich, Baumstämme in den Boden zu rammen, und so hat man auf etwas über 100 Metern Länge eine Steinmauer errichtet. Zahlreiche Quader liegen hier noch im Wald herum, einige davon hat man zu Anschauungszwecken auf ein paar Meter wieder aufgerichtet.
Nun geht es hinunter zum nächsten Pass, der in römischer Zeit denn auch wieder von einem Kleinkastell (495 m) bewacht wurde.
Vom Kastell Zwing (auch "Jägerwiese" genannt) ist allerdings bis auf ein Mäuerchen mit einem Inschriftenstein nichts mehr zu sehen. Der Bergrücken zieht sich hier stark zusammen, und der Bau der Hohen Straße bewirkte, dass das Kastell teilweise unter der Straße begraben liegt. Außerdem hat man viele seiner Steine zum Bau des unweit gelegenen Waldleiniger Schlosses zweitverwendet.
Eine letzte interessante Turmstelle dieses Tages war WP 10/33 "Auf dem kahlen Buckel" (530 m).
Kaum niedriger gelegen als WP 10/34 "Im Hohen Wald" wartet auch sie mit gleich drei Turmresten auf. Zudem ist hier ein alter Grenzgraben zu sehen, der einst Hessen und Baden trennte, sowie die Alte Landwehr, eine mittelalterliche Grenzanlage zwischen der Grafschaft Erbach und dem Kurfürstentum Mainz. Sie besteht aus einem Doppelgraben, der einst auf seinem Mittelrücken eine dichte Dornenhecke trug. Dessen Pflege war Frondienst der Erbacher Landbevölkerung.
Auf halber Strecke nach Hesselbach liegt noch WP 10/32 "Auf dem Höhenbuckel" (550 m) am Hang, dort ist allerdings nicht mehr viel zu sehen. Kurz danach geht es aus dem Wald hinaus und an einem Friedhof vorbei in den winzigen, schön gelegenen Ort Hesselbach (485 m).
Die zweite Etappe war geschafft. Morgen würde es dann nach Vielbrunn weitergehen.
Service:
Die Webseite vom Limesweg (der sich - Obacht - aber nicht immer so genau an die Limeslinie hält, wie wir das getan haben).
Nach dem langen ersten Tag führte der zweite Tag unserer Tour entlang dem (nicht: des) Odenwaldlimes den

Losgez nach einer erholsamen Nacht in Trienz (345 m), wo wir uns zunächst das Gelände des dortigen Kleinkastells (345 m) ansehen. Leider gibt es dort nichts mehr zu sehen, nur eine Wiese mit ein paar Bäumen.
Trotzdem ein paar dürre Infos zum Kleinkastell Trienz. Es befand sich im westlichen Bereich des Ortes, im Bereich des Gemeindezentrums der katholischen Kirche. Mit rund 2.000 Quadratmeter Fläche war dieses Kastell deutlich größer aus als die nördlicher gelegenen Kleinkastelle des Odenwaldlimes (Windlücke, Zwing oder Seitzenbuche).
Leider ist heute von der Anlage nichts mehr zu sehen. Es handelte sich um ein quadratisches Steinkastell von 44, 45 Metern Seitenlänge. Die Stärke der Wehrmauer betrug ca. 80 Zentimeter, davor befand sich ein einfacher Graben. Das Osttor war 3,40 Meter, das Westtor 2,90 Meter breit.
Das Kastell war für eine Zenturie, also für maximal etwa 80 Mann Besatzung ausgelegt. Im Innenbereich befanden sich einfache Mannschaftsunterkünfte aus Holz oder Fachwerk. Einer dort gefundenen Inschrift zufolge war zur Zeit des Antoninus Pius im Lager ein Teil des im Numeruskastell Neckarburken stationierten Numerus Brittonum Elantiensium untergebracht. Dem waren wir am Vortag schon begegnet.
Wir wandern nach Norden, immer der Limeslinie entlang. Am Ende des Dorfes führt uns das "L" kurz nach rechts und dann wieder nach Norden. Es geht durch den Wald zu einem Reiterhof, auf dessen Gelände sich die nächste Turmstelle (Wachtposten 10/51 "Auf der Roberner Höhe", 416 m) befindet. An einem Sportplatz vorbei geht es hinein in das hübsche Örtchen Robern - und auf der anderen Seite gleich wieder hinaus. Die Lindenstraße führt uns hinauf zu WP 10/49 "Im alten Feld" (460 m).
Das ist zwar nur eine vermutete Turmstelle, aber immerhin steht hier ein informatives Schild direkt an der Limeslinie.
Wir informieren uns, dann geht es hinunter in den Wald, über die L 525 und weiter zum Kleinkastell Robern (442m).
Das Kleinkastell Robern (WP 10/48), gelegen zwischen Robern und Wagenschwend, kommt uns ein wenig vernachlässigt vor. Es liegt an einer ungewöhnlichen Stelle, an einem Abhang in einem dunklen und im Winter sicherlich ungemütlich kalten Dobel. Nachdem das Kastell im Mittelalter und in der Neuzeit als Steinbruch diente, sind die Grundmauern heute konserviert und öffentlich zugängig. Dennoch könnte man sicherlich mehr tun, als die Anlage so derart lieblos vom Wald überwuchern zu lassen.
In der Gegend wird das Kleinkastell auch "Hönehaus" oder "Hönenhaus" genannt, also 'Haus der Hünen'. In der örtlichen Folklore spielte die ehemalige römische Garnison in einigen Sagen eine gewisse Rolle... Es darf dabei nicht mit einem gleichnamigen Kleinkastell der jüngeren Odenwaldlinie des Obergermanisch-Raetischen Limes verwechselt werden.
Ausgrabungen förderten eine rund 400 Quadratmeter große Anlage zutage, ein zweitoriges Steinkastell mit einem ungefähr quadratischen Grundriss von 20 Metern Seitenlänge. Die steinerne Umwehrung besaß stark abgerundete Ecken. Ein Graben war nicht vorhanden.
Im Inneren der Fortifikation befanden sich keine Steingebäude, sondern kleine Fachwerkbauten.
Der Haupteingang befand auf der Ostseite, der Seite des Limes. Aus dem Tor führte ein drei Meter breiter Weg, der den Limesbegleitweg kreuzte und zu einer Quelle führte.
In einem kleinen Hüttchen an der K3922 machen wir Rast. Die "L"-Markierung führt uns drüben in den Wald hinein und nach ein wenig hin und her an WP 10/44 "Heunenbuckel" (540 m) vorbei.
Vorbei! Denn nur durch Zufall entdecken wir die eindrucksvolle Turmstelle etwa 30 Meter rechts neben dem Limeswanderweg. Man wundert sich manchmal sehr über dessen Wegführung, insbesondere bei einer so imposanten Stelle. Die ist übrigens auch sprachlich interessant: Auch hier weist der Name "Heune" wieder darauf hin, dass man vor Jahrhunderten die Reste der römischer Bauten mit Riesen (Hünen, Heunen) in Verbindung brachte.
Bald danach treten wir wieder aus dem Wald und über Wiesen und Äcker und vorbei an einigen Gehöften geht es hinüber nach Oberscheidental (515 m).
Das ist nach Robern unser nächstes Etappenziel heute. Auch hier wurden einige Ruinen freigelegt, ein Tor, dort machen Jürgen und ich die nächste Pause.
Damals waren Elz und Teufelsklinge die natürlichen Verbindungen nach Germanien hinein, während Galmbach und Reisenbach ins Innere des Imperiums führten. Während zur Absicherung der Teufelsklinge das Schloßauer Numeruskastell genügte, wurde zur Überwachung des breiteren Elztals offenbar eine ganze Kohorte für nötig gehalten. Deshalb kann das bescheidene Oberscheidental heute mit einem großen Kohortenkastell aufwarten, das immerhin die Maße 153 mal 137 Meter und vermutlich um die 500 Mann Besatzung hatte. Ein Höhepunkt unserer Limestour!
Das Kastellgelände liegt östlich des Ortes, auf einer nur teilweise bebauten Wiese zwischen dem Ortskern und dem Friedhof, südlich der Kastellstraße. Dabei grenzt die Prätorialfront an den Friedhof, die linke Seitenfront liegt unter der Straße nach Unterscheidental.
Von dem Kastell sind noch deutliche Spuren im Gelände zu sehen, das freigelegte Tor ist die gut erhaltene Porta principalis dextra. Oberscheidental wurde unter Trajan als Holz-Erde-Lager gegründet, in hadrianischer Zeit mit einer Trockenmauer und schließlich zwischen 140 und 150 n. Chr. mit einer Mörtelmauer versehen.
Das Kastell hatte einen annähernd rechteckigen Grundriss, die Ecken waren auch hier abgerundet. Alle vier Kastellecken waren mit Türmen bewehrt. Um die gesamte Anlage herum verlief ein anderthalb Meter tiefer und sechs Meter breiter Graben. Unmittelbar hinter der Kastellmauer befand sich ein 5,5 bis 7,5 Meter breiter Erdwall, der einen Wehrgang trug. Von den vier ebenfalls mit Türmen versehenen Toren war die Porta Praetoria nach Osten hin, zum nur etwa 25 Meter entfernten Limes hin ausgerichtet.
Von der Innenbebauung konnten die Principia mit dem Fahnenheiligtum, ein kleines Badegebäude und, im südlichen Teil der Praetentura, ein weiteres großes Gebäude lokalisiert werden. Die Principia bedeckten dabei eine Fläche von ca. 53 mal 42 Metern.
Dem Kastell konnten zwei zeitlich aufeinander folgende Kohorten zugeordnet werden: Zunächst lag hier die Cohors III Delmatarum, die über Zwischenaufenthalte in Rottweil und Wiesbaden nach Oberscheidental gelangt war. Als man sie um 120 verlegte, wurde sie durch die Cohors I Sequanorum et Rauracorum equitata ersetzt.
Westlich des Lagers fanden sich Spuren des Kastellvicus. Vom Vicus und vom Kastellbad ist aber nichts mehr zu sehen, beides dürfte durch neuzeitliche Bebauung, vor allem durch die L 524 stark gestört sein. Das Bad befindet sich dabei unmittelbar jenseits der Straße. Seine südöstliche Ecke ist bei ihrem Bau vollständig zerstört worden. Der Grundriss der Thermen konnte jedoch noch rechtzeitig dokumentiert werden, die Anlage nahm eine Fläche von ca. 20 mal 34 Metern ein.
Danach geht es durch Oberscheidental weiter Richtung Norden. An ein paar unsichtbaren Turmstellen vorbei geht es auf Feldwegen nach Auerbach (520 m), hinter dem wir wieder Wald betreten.
Hier im Wald treffen wir dann, nach eineinhalb Tagen, die ersten Wanderer! Wo sind sie bloß alle, die Odenwälder? Jedenfalls nicht im Odenwald...
Weiter geht es auf Feldwegen hinüber nach Schloßau (505m).
Und hier erwartet uns wieder eine jener Seltsamkeiten des Limeswanderwegs: Er lässt das dortige Numeruskastell aus! Stattdessen führt er den Wanderer so umständlich wie möglich an dem doch recht schönen Ort vorbei und meidet dabei auch sämtliche andere Sehenswürdigkeiten, wie etwa ein germanisches Streifenhaus und einige Öfen aus dieser Zeit. Sehr verwunderlich. Gut, dass wir unser Buch dabeihaben. Denn: Schloßauer zu fragen führt nicht in jedem Fall zum Ziel. Ein nur scheinbar ortskundiger Lokalveteran wusste nichts vom Schloßauer Kastell und beschrieb uns eines (oder waren es zwei? Er wusste es wohl selbst nicht genau) der anderen Kastelle jenseits des Ortes. Ein junger Bursch dagegen wusste Bescheid und schickte uns kompetent im Ort herum.
Schloßau war ein weiteres Numeruskastell, errichtet auf einer ausgedehnten Höhe in einem deutlichen Limesknick. Die Besatzung (der Numerus Brittonum Triputiensium) konnte in westlicher Richtung den Limeswachturm Wp 10/38 ("Am Rotkreuz") ausmachen und mehrere Türme im Süden sehen. Im Osten war der Zugang zur Teufelsklinge, einem Geländeeinschnitt in den Ernsttaler Grund einzusehen.
Kastell Schloßau maß ca. 80 mal 73 Meter. Einem in trajanischer Zeit erbauten Holz-Erde-Lager folgte ein Steinbauwerk. Mit der Vorverlagerung des Limes um 159 n. Chr. wurde die Position aufgegeben. Der Grundriss besitzt die typischen abgerundeten Ecken, Steintürme gab es wohl nicht. Einzig an der Porta praetoria und am Südtor konnten Spuren von jeweils zwei flankierenden Tortürmen entdeckt werden. Das Lager verfügte insgesamt über drei Tore. Das Kastell war zusätzlich von einem Graben umgeben. Der Aushub wurde in Form einer Erdrampe als Wehrgang verwendet.
Im Lagerinneren haben sich nur noch wenige Spuren der Bebauung erhalten. Die Principia konnte nachgewiesen werden, und zwischen dem Stabsgebäude und dem Osttor ein Brunnen. Ansonsten konnten nur geringe Spuren von Fachwerkbauten festgestellt werden. Insgesamt zeigt sich das Kastell heute nur noch als schwache Bodenspur im Gelände.
Zwischen dem Lager und dem heutigen Ortskern befand sich einst der Kastellvicus. In diesem Bereich deckte man bereits 1863 das Kastellbad auf. Die zentrale Achse des Dorfs war die gepflasterte Ausfallstraße des Kastells, die die Thermen passierte, den Vicus durchquerte und dann weiter bis zum Kastell Oberscheidental führte. Man konnte zudem einige etwa 20 Meter lange Streifenhäuser nachweisen, die in Fachwerkbautechnik entlang der Straße errichtet worden waren.
Durch die im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts durchgeführten archäologischen Ausgrabungen ist der Vicus von Schloßau die derzeit besterforschte Zivilsiedlung eines römischen Kastells am Odenwaldlimes.
Übrigens: Höchstwahrscheinlich geht der 1271 urkundlich als "Slozzahe" erwähnte Name "Schloßau" noch auf das alte Kastell ('Schloss') zurück, dessen Überreste möglicherweise im Mittelalter noch bestanden. 1413 wird ein Heinrich uff der pfalcz zu Shoßauwe genannt. Diese Pfalz könnte im Bereich der antiken Mauern bestanden haben.
Zum Glück hatten wir die eigene Faust dabei, denn auf die ging es nun weiter in den Wald, wo uns mit WP 10/37 "In der Schneidershecke" (520 m) eine ganz besondere Turmstelle erwartete.
Wp 10/37 ist unter allen Limestürmen einer der ungewöhnlichsten. Er gibt der Wissenschaft bis heute Rätsel auf. Und zwar deshalb, weil einer der Türme später zu einem kleinen Heiligtum umgebaut wurde:
Gefunden wurde eine Holzturmstelle mit einem Gesamtdurchmesser von 20 Metern, daneben zwei Steinturmstellen. Am östlich gelegenen Turm ist eine später angefügte Treppe ungewöhnlich. An dieser Treppe wurde eine Weihinschrift an Jupiter angebracht. Darin geht es um die Einlösung eines Gelübdes für die Fertigstellung des "Burgus". Vor dem westlichen Turm befindet sich heute eine Nachbildung.
Von großer Bedeutung ist aber der Fund dreier nicht ganz lebensgroßer kopfloser Götterstatuen von guter Qualität. Zusammen mit der Originalinschrift befinden sich die Originale heute im Römermuseum Osterburken, seit 2009 sind vor Ort Kopien aufgestellt. Dargestellt sind Victoria, Mars und Salus. Diese Konstellation (Siegesgöttin, Kriegsgott und Göttin der Gesundheit) lassen zusammen mit der Zweckentfremdung des Turms als Heiligtum an ein kriegerisches Ereignis denken, allerdings dürften diese Götter bei Soldaten auch überhaupt beliebt gewesen sein. Die Statuengruppe stand einst in einer bogenförmigen Nische. Damit im Zusammenhang stehen vermutlich auch hier entdeckte Dachziegel, die einzigen eines Turms am Odenwaldlimes.
Zusammen mit der Bauinschrift legt ein Bruchstück des Schildes der Victoria, das im Kastell Oberscheidental gefunden wurde, eine Datierung des Heiligtums vor dem Abzug der cohors I Sequanorum et Rauracorum nach Miltenberg um 159 n. Chr. nahe. Aber auch kriegerische Ereignisse im Zusammenhang mit dem Alamannenfeldzug des Kaisers Caracalla (213 n. Chr.) kommen als Anlass für die Errichtung des Heiligtums in Frage.
Dem ist auch tatsächlich so. Grabungen erbrachten ein Kastell von 20 mal 20 Metern, ähnlich dem benachbarten Kleinkastell Zwing. Nachgewiesen wurde auch ein 2,30 Meter breites Tor. Über die stationierte Einheit ist nichts bekannt. Das Kastell war bereits früh stark zerstört, heute sind nur noch wenige Rippen im Wald sowie einige Gesimssteine der Kastellmauer zu sehen. Am gegenüberliegenden Parkplatz befindet sich eine Erläuterungstafel.
Das Kastell Seitzenbuche stand an einem strategisch günstigen Ort, dort wo sich der Bergrücken auf wenige dutzend Meter zusammenzieht und einen Pass bildet, der auf der kürzesten Verbindung zwischen Main und Neckar liegt. Noch heute laufen hier mehrere Straßen zusammen. Die dürftigen und zudem stark zerwühlten Reste des Kastells liegen im spitzen Winkel zwischen der L2311 und der L585.
Eine der Straßen, die L585/K3919, ist die Hohe Straße, ein uralter Höhenweg, der sicher letztlich auf den römischen Weg zurückgeht, mit dem man einst hinter dem Palisadenzaun die Wachtposten und die Kastelle miteinander verbunden hat. Sie wird mich nun zweieinhalb Tage lang begleiten.
Die Limeslinie verläuft hier immer den Rücken entlang, fast Richtung Westen. Jürgens letzter Turm war WP 10/36 "Am Fischerspfad" (490 m), wieder eine doppelte Turmstelle, an der noch ordentlich was zu sehen war. Eine schöne Stelle, um den Limes zu verlassen!
Während Jürgen zum Bahnhof nach Kailbach abstieg (auf exträjme Weise, selbstverständlich), wanderte ich am recht unscheinbaren WP 10/35 "Im Klosterwald" (520 m) vorbei hinauf zum höchstgelegenen Wachtturm der ganzen Strecke: WP 10/34 "Im Hohen Wald" (553m). Auch hier sind noch eindrucksvolle Reste im Wald zu sehen.
Wandert man nun Richtung Hesselbach weiter, kommt man über sehr felsiges Gelände.
Hier war es nicht möglich, Baumstämme in den Boden zu rammen, und so hat man auf etwas über 100 Metern Länge eine Steinmauer errichtet. Zahlreiche Quader liegen hier noch im Wald herum, einige davon hat man zu Anschauungszwecken auf ein paar Meter wieder aufgerichtet.
Nun geht es hinunter zum nächsten Pass, der in römischer Zeit denn auch wieder von einem Kleinkastell (495 m) bewacht wurde.
Vom Kastell Zwing (auch "Jägerwiese" genannt) ist allerdings bis auf ein Mäuerchen mit einem Inschriftenstein nichts mehr zu sehen. Der Bergrücken zieht sich hier stark zusammen, und der Bau der Hohen Straße bewirkte, dass das Kastell teilweise unter der Straße begraben liegt. Außerdem hat man viele seiner Steine zum Bau des unweit gelegenen Waldleiniger Schlosses zweitverwendet.
In antiker Zeit hatte das Kastell vermutlich die Aufgabe, einen Passweg zu überwachen, der vom Eutergrund über die Höllenklinge ins Waldleininger Tal führte. Es war wie das Nachbarkastell Seitzenbuche ca. 20 mal 20 Meter groß, und besaß wohl ein einzelnes, dem Limes zugewandtes Tor an der Nordostseite. Die Ecken des Kastells waren wie üblich abgerundet. Die Mauerstärke betrug 75 Zentimeter, Gräben konnten nicht festgestellt werden.
Heute ist von dem Kastell nichts mehr sichtbar außer einem Relief, von dem eine Kopie in eine moderne Mauer eingelassen wurde. Das Original befindet sich im Badischen Landesmuseum in Karlsruhe. Auf die Platte war ursprünglich wohl eine Inschrift aufgemalt, links befindet sich die Figur eines Kriegers.
Eine letzte interessante Turmstelle dieses Tages war WP 10/33 "Auf dem kahlen Buckel" (530 m).
Kaum niedriger gelegen als WP 10/34 "Im Hohen Wald" wartet auch sie mit gleich drei Turmresten auf. Zudem ist hier ein alter Grenzgraben zu sehen, der einst Hessen und Baden trennte, sowie die Alte Landwehr, eine mittelalterliche Grenzanlage zwischen der Grafschaft Erbach und dem Kurfürstentum Mainz. Sie besteht aus einem Doppelgraben, der einst auf seinem Mittelrücken eine dichte Dornenhecke trug. Dessen Pflege war Frondienst der Erbacher Landbevölkerung.
Auf halber Strecke nach Hesselbach liegt noch WP 10/32 "Auf dem Höhenbuckel" (550 m) am Hang, dort ist allerdings nicht mehr viel zu sehen. Kurz danach geht es aus dem Wald hinaus und an einem Friedhof vorbei in den winzigen, schön gelegenen Ort Hesselbach (485 m).
Die zweite Etappe war geschafft. Morgen würde es dann nach Vielbrunn weitergehen.
Service:
Die Webseite vom Limesweg (der sich - Obacht - aber nicht immer so genau an die Limeslinie hält, wie wir das getan haben).
Tourengänger:
Verzasca,
Nik Brückner


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