Föhn ist schön!
Auf den ältesten Urner ist Verlass. Zwar haben meine Windsurf-Kollegen vom Urnersee zu viel auf eine Karte gesetzt, trocken mussten sie ihr Material wieder ins Auto verstauen und frustriert nach Hause zurück kehren. Doch gerade bei Föhn mit nachlassender Südwest-Tendenz ist es gut möglich, dass zwar T-Shirt-Temperaturen herrschen, es leider aber zu wenig Druck "in der Tüte" gibt. Deshalb ab in die Berge - vorausgesetzt, man wurde vor Jahren mit diesem Virus angesteckt und setzt heuer im Vergleich zu früher die Prioritäten richtig.
Mit der Seilbahn (halbstündlicher Fahrplan, allenfalls Jetonbetrieb, CHF 7.00 pro Einzelfahrt) von Flüelen Gruonbach 461m nach Ober Axen 1000m und dem markierten Weg entlang hoch zur Scharte zwischen Blutt Stöckli und Rophaien. Unterwegs genossen wir eine sonnige, urgemütliche Pause - wie schön es doch ist, auf die Welt hinunter zu schauen, den Kuhglocken vom Alpabzug zuzuhören und einfach mal wieder die Seele baumeln zu lassen.
Pendenzen gibt es nicht nur im Büro, sondern auch in den Bergen. So statteten wir dem Blutt Stöckli 1884m einen Besuch ab - ein unscheinbarer und dennoch besuchenswerter Gipfel, welcher vor allem unsere Legföhren-Spezialisten interessieren wird. Legföhren auch im wahrsten Sinne des Wortes, nicht selten liegen nämlich ganze Bäume quer durch die Landschaft, was in Anbetracht der sonstigen Flora für einen rucksacktragenden mit Wanderstock bewaffneten Nebengipfel-Besucher kein bequemes Unterfangen ist (es empfiehlt sich, die Packung bei der Scharte zu lassen). Viele Wege führen übrigens zum Stöckli - ob blutt oder bekleidet. Die direkte Linie über den Grat ist sicherlich die logischste, aufgrund genannten "natürlichen Hindernissen" jedoch nicht immer die trivialste. Am besten selber versuchen - viel falsch machen kann man nicht.
Über den markierten Weg erreichen wir im Anschluss das mächtige Gipfelkreuz des Rophaien 2078m, welches in der Vergangenheit schon viel zu reden gab. Die Grösse ist immer wieder ein Thema, sicherlich auch die glänzende Schicht, weshalb das Gipfelkreuz bei Sonnenlicht wie ein Leuchtturm hoch über Flüelen strahlt. Wir waren bei den Eggberge gegen 17.30 Uhr selbst Zeuge davon und man kann davon halten, was man will - auf jeden Fall braucht es für einige Minuten sicherlich keine zusätzlichen Beleuchtungselemente...
Über die Roten Chöpf 1999m und das Äbneter Stöckli 2087m ging es dann via Nordwest-Flanke problemlos zum Gipfel des Diepen 2222m. Von weitem sah es noch aus, dass der Schnee uns evtl. einen Strich durch die Rechnung macht, von Nahem dann zum Glück ein ganz anderes Bild. Die wenigen Schneereste konnte man gut für einen bequemen Auf- und dann vor allem auch für einen geschwinden Abstieg nutzen. Diesen wählten wir anfänglich über den Nordgrat, jedoch erst nach einer langen, sonnigen und warmen Gipfelpause. Der Gipfel wurde heute den Spuren nach nur von uns besucht - zumindest als Bodentruppe. Gruss und Dank an den Segelflugzeug-Piloten für die Flugvorstellung, beinahe hätte es zum High-Five gereicht.
Der Abstieg wie erwähnt über den Nordgrat, das letzte Drittel wegen rutschigem Steilgras dann wieder ausweichend in die Nordwest-Flanke. Über den markierten Wanderweg erreichten wir die Hütten und das Kreuz von Schön Chulm 2023m - auch hier wieder eine sonnige Pause auf dem Bänkli neben der Bergstation der Materialseilbahn. Beinahe hätten wir unsere Rucksäcke an das Materialseil gehängt und einen Schups gegeben - ob's gereicht hätte? Das Kind im Manne, ich weiss...
Ab jetzt heisst es im Prinzip nur noch Höhenmeter vernichten - dies jedoch in idyllischem Gelände. Zuerst geht es den Markierungen nach via Chalberweid 1816m hinunter zum Fleschsee 1802m, wo die Einkehr auf der Sonnenterrasse fast schon ein Muss ist. Bei den Eggbergen 1446m, unserem letzten Ziel für heute, gibt es neben den dortigen beiden Restaurants keine vergleichbare Möglichkeit, den Getränkehaushalt wieder in Schwung zu bringen. Besser also sich nochmals hinzusetzen, zu geniessen und dann in weniger als einer Stunde die letzten Meter unter die Füsse zu nehmen.
Dank Seilbahn (halbstündlich, fährt meistens aber auch zwischendurch, CHF 12.00 pro Einzelfahrt) dann wie ein Vogel (andere würden sagen "wie ein Sack") fussschonend hinunter nach Flüelen 436m, wo wir - bombo-atypisch - mit dem ÖV-Bus zurück nach Flüelen Gruonbach 461m, unserem Startort, fuhren.
Fazit:
Schon wieder eine fantastisch schöne Tour mit meinem Schatz - dies bei schönstem, ja perfektem Wanderwetter. Die Tour eignet sich perfekt als Herbstvariante und kann immer wieder verkürzt oder verlängert werden (Variante Riemenstaldertal, Variante Chäppeliberg, etc.). Um diese Jahreszeit empfiehlt sich ein Start nicht vor 09.00 Uhr (bei 09.30 Uhr wäre dann der gesamte Aufstieg in der Sonne) - ausser man ist als Schattenkind geboren und verflucht jeden Sonnenschein. Der unmarkierte aber nicht weglose Gipfelbesuch des Diepen 2222m ist unserer Meinung nach übrigens um einiges schöner als der Rophaien 2078m - sei es, weil man dort vermutlich alleine ist oder einfach nur des grünen Gras wegen, von welchem man in diesen Farben eigentlich nur auf dem Gipfel welches sieht. Super gsi!
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