Der Urgraben: Rekonstruktion eines mittelalterlichen Bodendenkmals in Form einer Wanderung
|
||||||||||||||||||||||||||
Der Urgraben ist ein nach 1284 gebauter Hangkanal oberhalb des Glottertals im Schwarzwald. Er stellt eines der bedeutendsten technikgeschichtlichen Denkmäler Deutschlands dar. Mit seiner Hilfe leitete man Wasser aus den Südhängen des 1241m hohen Kandels ins Glottertal, sowie ins wasserarme, 22 km entfernte Suggental, wo im Mittelalter ergiebiger Silbererzbergbau betrieben wurde. Diese Tour versucht, seinem Verlauf vom oberen Zweribach über Rohr und Luser ins Suggental rekonstruierend zu folgen.
Der Urgraben
Der Urgraben diente also der Wasserversorgung der Silberbergwerke in Glottertal und Suggental (und vermutlich auch im Badbächle-Tal). Das herangeführte Wasser bewegte eine Wasserkunst, eine Maschine (Kunst), die mit Hilfe von Wasserkraft Wasser hebt. Sie diente zum Trockenlegen der unter der Talsohle befindlichen Bereiche der Bergwerke. Diese wurden vermutlich ab dem 11. Jahrhundert betrieben, und unterstanden den Herren von Schwarzenberg (im Glottertal den Zähringern). Die Täler führten aber zum Betrieb des Bergbaus zu wenig Wasser. Daher musste man dieses woanders besorgen. Die beste Möglichkeit dazu boten Zweribach, obere Glotter und Lindlesdobelbach, in über 20 Kilometern Entfernung am Kandel. Dieses Wasser so weit nach Westen zu transportieren, war höchst aufwändig, das reiche Silbererzvorkommen schien das jedoch zu rechtfertigen. So erteilte Graf Egon von Freiburg 1284 das Recht, den Graben zu bauen. Die entsprechende Urkunde legt nahe, dass der Bergbau schon tief unter den Grundwasserspiegel vorgedrungen sein musste. Ziel war es also, mit Hilfe der Wasserkraft das Wasser aus den Bergwerken abzupumpen, um das Silbererz auf den tieferen Sohlen abbauen zu können.
Der Urgraben war ursprünglich rund 60 cm tief und 80 cm breit, also von durchaus beträchtlichem Ausmaß. Das Gefälle betrug 0,75–0,9 % und die durchschnittliche Wassermenge 300 l/sec. Das Wasser brauchte vermutlich 4-5h, bis es durch den Kanal ans Ziel gelangte. An einzelnen Stellen ist er heute immer noch sichtbar, zumeist ist er jedoch aufgefüllt und nur noch als Weg ("Urweg“) vorhanden. Er ist vom oberen Zweribach oberhalb des Plattenhofes im Südosten des Kandels über die drei Wasserscheiden Schönhöfe, Rohr und Luser bis ins Suggental ca. 22 km lang.
Man nimmt an, dass der Bau des Urgrabens dennoch lediglich 2 Jahre in Anspruch nahm. Es ist denkbar, dass in Spitzenzeiten ca. 100 Menschen gleichzeitig an seiner Errichtung arbeiteten, die vielen Unbekannten (Unebenheit des Geländes, die Abgelegenheit des Gebietes etc.) lassen jedoch nur Schätzungen über die Bauzeit zu. Es ist davon auszugehen, dass Spezialisten aus Südtirol die bereits in der Konstruktion solcher Hangkanäle geübt waren, zur Hilfe kamen.
Der Urgraben ist damit ein eindrückliches Beispiel des technischen Könnens des späten 13. Jahrhunderts und gilt mit seiner Länge von ca. 22 Kilometern als einzigartig in Europa. Er ist heute eines der wichtigsten Technikdenkmäler Deutschlands.
Die Überschwemmung des Suggentals
Der Bergbau im Suggental kam bereits 1298, kurze Zeit nach der Errichtung des Urgrabens, zum Erliegen. Alte Geschichten berichten, dass in diesem Jahr ein großes Unwetter stattfand, das das gesamte Suggental und die Silberminen unter Wasser setzte. Sogar von Ertrunkenen ist die Rede (die Zahl schwankt zwischen 150 und 300 Personen).
Einer Sage nach wollte die Prinzessin von Schwarzenburg denjenigen heiraten, der Wasser in ihr Schloss einleitete, damit sie ihre Fische in Wasserbecken halten könne. Es fand sich ein Jüngling, der für sie den Urgraben erbaute. Zur Hochzeit wurde ein großes Fest veranstaltet, bei dem Hofgesellschaft und Dorfbewohner Anstand und Bescheidenheit vergaßen und beispielsweise Brote aushöhlten, um sie als Schuhe zu tragen. Als ein Unwetter heraufzog, konnte nur der alte Bauer vom Oberen Adamshof (im Talschluss des Suggentals) die Katastrophe vorhersehen. Zusammen mit seinem Sohn rettete er sich auf den hinter dem Hof gelegenen Berg. Von dort aus mussten sie den Untergang des Suggentals miterleben. Alle seine Bewohner, einschließlich der hochmütigen Hochzeitsgesellschaft, kamen bei dem Unwetter um.
Die Nachricht über ein Unwetter stammt aus einem Manuskript Josephus Isaacus Trantenbachs (1777). Offenbar gab es am 14. Juli 1288 in der Tat ein Unwetter im Suggental, das das Bergwerk verwüstete. Allerdings wurde der Betrieb danach wieder aufgenommen. 1297 überfielen dann Colmarer Truppen die Silbergruben im Glottertal und den benachbarten Tälern, was verheerende Auswirkungen auf die Bergbautätigkeit hatte, weil nicht nur die Gruben zerstört, sondern überdies auch alle Bergleute abgeführt wurden, ohne die ein erneutes Aufwältigen der Bergwerke nicht mehr möglich war. Offenbar verbindet die Sage diese beiden Ereignisse mit Elementen des Geschichte Noahs aus der Bibel.
In Trantenbachs Bericht finden auch zum ersten Mal die Pegelstände im Mauerwerk der Sakristei der ehemaligen Bergkirche "Unserer lieben Frau im Suggental“ auf dem alten Friedhof Erwähnung. Da ein Aufstauen des Wassers auf diese Höhe aufgrund der Topographie unmöglich ist, gingen diese aber wohl eher auf Stockflecken in feuchtem Mauerwerk zurück. Die Kirche wurde 1835/36 abgebrochen. Die heute im Nachfolgebau sichtbare Marke wurde anlässlich der Restaurierung 1977 nachträglich auf Grundlage der Sage angebracht.
Um 1400 und im 18. Jahrhundert wurde der Betrieb wieder aufgenommen, allerdings ohne bleibenden Erfolg. Seit 1933 ruht der Bergbau endgültig.
Der Name "Urgraben"
Der Urgraben heißt übrigens nicht etwa deshalb "Urgraben“, weil er so uralt ist, der Name lässt sich viel eher auf das Wort "Wuhrgraben“ zurückführen. Vergleichbare Gräben in der Gegend heißen z. T. bis heute noch Wuhre (z. B. Berauerwuhr, Hännerwuhr, Heidenwuhr).
Wissenschaftliche Infos zum Urgraben gibt es hier. Das hier ist die Seite des Vereins Silberbergwerk Suggental e. V.
Die Tour
Die Idee dieser Tour, die ich mit Julia gleich am Tag nach unserer Begehung der Insider-Prestige-Tour im Schwarzwald unternahm, war es, dem Verlauf des Urgrabens von seinem Beginn am oberen Zweribach über Rohr und Luser bis ins Suggental rekonstruierend zu folgen.
Die Tour ist logistisch nicht ganz ohne. Der Startpunkt ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer zu erreichen. Deshalb macht man sie besser mit zwei Autos. Im Player: gern "Say So" von Bent Knee. Das eine wird im Suggental abgestellt, mit dem anderen fährt man das Glottertal hinter, lässt die Abzweigung Richtung St. Peter rechts liegen und fährt weiter den Kandel hinauf. Nach dem Sägendobel geht es rechts Richtung Neuwelt/Platte. Es geht vorbei am Urgrabenhof (!), weiter zu Brosi- und Gschwinghof, dort links zum Plattenhof. Hier wieder links hinauf auf den Rücken. Den Abzweig zum Plattenhäusle lässt man noch links liegen, dann geht es links auf einem Schotterweg in den Wald. 40, 50 Meter nach dem Waldrand befindet sich links der (mit einem Schild als solcher gekennzeichnete) Parkplatz der Bockhornhütte (in manchen Karten auch als "Buchhornhütte").
Vom Parkplatz Bockhornhütte (1013m) geht es in knapp 15 Minuten zur Bockhornhütte des Schwarzwaldvereins (1025m), die am Ende einer großen Lichtung steht.
Die Hütte selbst ist gar nicht so interessant, dafür aber der Brunnen daneben. Hier oberhalb vom Bockhornbrunnen entspringt der Zweribach. Der Brunnen speist sich daraus.
Hier beginnt die eigentliche Urgrabentour:
Vom Brunnen aus erst einmal im Bachbett hinunter. Etwa 300 Meter weiter befindet sich rechts des Baches ein Gelände, das von zahlreichen, kreuz und quer verlaufenden Gräben durchzogen ist. Man quert dieses Gelände weglos, parallel zum Bach (der sich in der Folge immer links befinden muss). Etwa 100, 150 Meter weiter, wenn der Waldrand in Sicht ist, löst sich aus dem Gewirr der Gräben eine markante Geländekante, der man nun etwa einen knappen Kilometer weit folgen kann.
Das ist der Urgraben. Für das ungeübte Auge sieht er aus wie ein Waldweg, hier und in der Folge bis zum Heidelbeereckle erkennt man ihn aber immer an seinem gleichmäßigen, kaum merklichen Gefälle, und seinem Verlauf entlang der Höhenlinien (Höhenmesser mitnehmen!).
Wenn die Geländekante sich verläuft, steigt man am besten rechts den Hang zum Waldrand hinauf. Dort steht eine Windkraftanlage und man gelangt auf einen Weg. Den links hinunter. Nur hundert Meter nach den Waldeck links kann man den Weg an einer Baumreihe wieder nach rechts verlassen, und man läuft hinaus auf eine Wiese zwischen Plattenhof (zur Linken) und Gschwinghof (geradeaus).
Auf dieser Wiese ist für gute Augen und bei entsprechendem Bewuchs eine dunkle Linie zu erkennen, die zum Gschwinghof hinüberschwingt. Wenn man dieser Linie genau folgt, merkt man, dass hier der Boden passagenweise etwas eingetieft ist. Es ist der Urgraben.
Bockhornbrunnen - Gschwinghof: ca. 1h
Vor dem Gschwinghof (980m) stört die Fahrstraße den Urgraben.
Auch danach ist er nicht mehr zu sehen, weil sein Wasser nach der Wasserscheide beim Gschwinghof wohl direkt über die Wiese oder über eine heute verschwundene Holzleitung in den Glotterbach geleitet wurde, der unten im Tal fließt.
So wandert man am besten vom Gschwinghof aus auf der Straße am Brosihof (941m) vorbei hinunter zum Scherzingerhof (910m).
Direkt beim Abzweig zum Scherzingerhof knickt die Straße leicht nach Westsüdwest. Hier verlief der Graben genau westlich (also halbrechts von der Straße weg) weiter. Er ist als Vertiefung in der Wiese zu erkennen, und weiter vorn rechts jenseits der Wiese als Weg im steileren Gelände. Dieser Weg quert die Grundstücke von Hornmaier- und Urgrabenhof (der erst in jüngerer Zeit nach dem Graben benannt wurde), deshalb bleibt man vorerst auf der Straße und biegt erst zum Absätzlerhof von der Straße ab.
Gschwinghof - Absätzlerhof: ca. 45 Minuten
Es geht hinauf zum Absätzlerhof (866m), und gleich nach dem Hof auf schlecht erkennbarem Weg links zum Wald (nicht weiter hinauf!). Im Wald nun nicht bergab, sondern auf gleicher Höhe weiter. Bald bemerkt man wieder die Geländekante.
Die Steine, die hier herumliegen, stammen von der Einfassung des Urgrabens.
Etwas weiter vorn bemerkt man, dass hier (auch an trockenen Tagen) Wasser steht, auf unnatürliche Weise quer (waagrecht) zum Hang. So ist der Verlauf des Urgrabens wieder leicht zu erkennen - auf diesem Abschnitt ist er mit am besten erhalten.
Der Urgraben wird etwa bei 878m Höhe von der Kandelstraße gequert. Durch deren Abraum ist er drüben nicht mehr zu erkennen. Etwas unterhalb der Straße folgt man einem Weg, der bald das Götzenbächle überquert. Bis zum Albersbach ist dieser Weg dann wieder mit dem Urgraben identisch.
Nach der Querung des Albersbachs ist der Urgraben als Geländekante links unterhalb des Wegs zu erkennen, später auf der Wiese (in der Nähe von Pt. 851) verliert er sich jedoch. Der Wegverlauf stimmt in der Folge aber zumindest ungefähr mit dem Urgraben überein.
Man gelangt bald auf einen Bergrücken, über den ein markierter Wanderweg (vom Sägendobel auf den Kandel) heraufkommt (Pt. 835). Hier haben wir erst einmal ausgiebig gepaust und mit einer herumliegenden Sense herumgesenst.
Absätzlerhof - Pt. 835: ca. 1:10
Von Pt. 835 aus geht es erst einmal wieder in den Wald hinein. knapp 200 Meter weiter gelangt man in einen Dobel, wo sich rechts ein Wiesenhang öffnet. Steigt man im Dobel hinauf, gelangt man gleich an eine ca. 5 x 5 Meter große Ebene, etwa auf 831m.
Hier befand sich eins der bei jeder Bachquerung notwendigen Staubecken. Das Wasser des Urgrabens und das des jeweiligen Bachs wurden in solchen Becken vereint, überschüssiges Wasser ins Tal ab- und das für die Versorgung der Bergwerke nötige Wasser im Urgraben weitergeleitet.
Ein paar Meter westlich des Staubeckens befindet sich auf gleicher Höhe ein Lesesteinhaufen (831m) auf der Weide.
Kurioserweise weit dieser genau in Höhe des Urgrabens eine Lücke auf. Nimmt diese Lücke auf den Graben Rücksicht? Ist der Steinhaufen demnach älter als der Urgraben? Oder gerade deshalb jünger?
Man bleibt auf dieser Höhe in der Wiese und wandert zum nächsten Bach hinter.
Auch dort am Rohrbach befand sich ein Staubecken (830m), dieses ist sogar heute noch zu sehen. Der Urgraben floss aus SSO hinein und nach SSW wieder heraus.
Nach dem Staubecken, und etwas unterhalb ist in der Wiese eine 2, 3 Meter lange Steinmauer zu sehen, Rest der talseitigen Begrenzung des Grabens.
Dann führt der Graben in den Wald hinein, und ist dort als Geländekante noch gut zu erkennen. Auch hier sieht man wieder, sogar über längere Strecken, talseitige Stützmauern, bis zu eineinhalb Meter hoch.
Am Ende des Waldes vereinen sich Urgraben und Waldweg, etwas weiter vorn ist der Graben dann wieder rechts vom Weg als heillos von Brombeerhecken überwucherte Kante unterhalb einer Baumreihe zu erkennen. Er wurde bis in die 1970er Jahre als Mühlbach des Nazihofs (von Ignatius, 821m) genutzt, deshalb endet er auch im jetzt trockenen Teich des Hofs.
Pt. 835 - Nazihof. ca. 40 Minuten
Das unterste Gebäude des Nazihofs (jetzt privat vermietet) ist das ehemalige Mühlgebäude - am Mühlstein zu erkennen. Nun verlief der Graben weiter zum Weiler Rohr (780m).
Die heutigen Höfe stammen aus der Zeit um 1700. Der genaue Verlauf ist nicht mehr zu klären. Entweder verlief er unterhalb des heutigen Neubauernhofs oder weiter unten, an Disselhof (785m) und Rohrerhof vorbei. Auch jenseits dieser Wasserscheide muss das Wasser entweder auf natürliche Weise ins nächste Tal (das Tal des Stecklebachs) geflossen sein, oder mittels heute nicht mehr nachweisbarer Holzleitungen.
Nazihof - Wasserscheide Rohr: ca. 20 Minuten
Wer mag, schlägt sich von Rohr aus wie wir über die Wiese und weiter untern durchs Getrüpp und über Felsen im Wald hinunter ins Tal, etwas weiter, aber deutlich gemütlicher ist der Wanderweg auf der Nordseite des Türles. Eine weglose Passage bleibt aber wohl niemandem erspart. In der Talsohle angekommen bleibt man auf der Nordseite des Bachs. Dort folgt man einem Weg, der oberhalb einer Wiese parallel zum Stecklebach talauswärts führt. Kurz vor einem Haus, auf etwa 660m Höhe, zweigt rechts ein breiter Waldweg ab. Dieser Urgraben ist nun für den nächsten halben Kilometer in etwa mit dem Waldweg identisch, nach etwa 500 Metern verläuft er oberhalb des Wegs als Geländekante bis zum Winterhohlenbächle (wandert man nicht auf dieser Kante, sondern auf dem Waldweg etwas unterhalb, muss man an einer Weggabelung rechts zum Bächle bzw. zu Pt. 642 hinaufsteigen). Am Pt. 642 hält man sich links, der Weg führt um den Schlangenbühl herum, über das Kandelbächle, und weiter zu Pt. 627. Abzweige nach oben wie nach unten werden ignoriert.
Kurz vor dem Gullerbühl dreht der Weg direkt vor dem Hartererbächle eine Serpentine ins Tal. Da der Urgraben in diesem Gelände nicht zu finden ist (glaubt mir, ich hab's versucht. Geröll, Brombeeren und Brennesseln sind alles, was man findet - meine Beine können ein Lied davon singen!), folgt man am besten dem Weg kurz talwärts und nach dem Wald gleich scharf rechts wieder hinauf. Nun geht es über das Hartererbächle, beim Wanderwegschild den linken und beim nächsten den rechten Weg wählend. Es geht nun auf weiterhin breitem Weg zum Rücken des Gullerbühls hinauf. Hat man diesen erreicht, wendet sich der Weg (Schild "Gullerbühlpfad") auf etwa 600 Metern Höhe in dessen Westflanke. Hier befindet man sich wieder auf dem Urgraben. Im nächsten Dobel fließt der Gullerhofbach, kurz davor wechselt der Wanderweg auf ein kleines Pfaderl, das in der Folge oberhalb des breiten Wegs verläuft (dieser endet in einer Wendeplatte vor dem Gullerhofbach).
Wandert man auf diesem markierten Pfad, folgt bald die spektakulärste Passage des Urgrabens: auf einer Strecke von ca. 150 Metern ist der Fels an vielen Stellen abgearbeitet worden, um dem Urgraben Platz zu schaffen.
Er wurde teils in den Fels gehauen, teils wurde der Fels selbst untergraben. Das alles ist noch heute gut zu sehen, allerdings ist die Eintiefung in den Fels heute natürlich von Sedimenten, vom Waldboden und von Blättern verfüllt.
Bald nach dieser Passage endet der Pfad auf einer weiteren Wendeplatte, setzt sich aber gleich rechts des Fahrwegs, wiederum als kleiner Pfad, fort ("Jägerpfad", Markierung). Man bleibt auf diesem wunderbaren kleinen Weg. An einer Kreuzung setzt er sich als "Victor-von-Scheffel-Weg" fort.
Der Victor-von-Scheffel-Weg endet auf dem obersten Fahrweg unterhalb des Lusers, eines Bergs zwischen Glottertal, Suggental und Wegelbachtal. Auf diesem Fahrweg geht es nun weiter, wie Jägerpfad und Victor-von-Scheffel-Weg zuvor ist er mit dem Urgraben identisch. Einen ersten Abzweig rechts hinauf zum Luser, an dem auch das Suggental angeschrieben ist, ignoriert man. Etwa 200 Meter nachdem man auf den obersten Fahrweg unterhalb des Lusers gestoßen ist, macht dieser in einem Dobel eine Linkskurve.
Hier ist unterhalb des Wegs auf etwa 597m eine ca. 30 x 20 Meter große Plattform zu sehen. Zu Zeiten des Urgrabens war dies wohl ein Verteilerbecken, aus dem Wasser ins Glottertal abgeleitet wurde. Der Damm des ehemaligen Teichs ist heute noch zu sehen, er ist ca. 30 Meter lang und bis zu 7 Meter stark.
Es geht weiter auf dem Fahrweg, bis nach etwa 400 Meter der Wanderweg rechts hinauf zum Heidelbeereckle (628m) führt, dem Sattel zwischen Luser und Pt. 639, bzw. zwischen Glottertal und Suggental.
Wasserscheide Rohr - Heidelbeereckle: ca. 3,5h
Dieser Sattel ist die letzte Wasserscheide, die der Urgraben in Richtung Suggental zu überwinden hatte. Hier wurde ein ca. 70 Meter langer und 1,5 Meter hoher Stollen in den Fels gegraben, durch den das Wasser ins Suggental floss. Früher ging man davon aus, dass der Urgraben eigentlich für das Bergwerk dort angelegt wurde, und wunderte sich darüber, warum man dafür einen aufwändigen Stollen durch den Fels trieb anstatt ihn einfach weiter oben im Hang zum Heidelbeereckle zu führen, heute aber ist gesichert, dass der Urgraben für das Glottertal gebaut und erst 20 Jahre später auch das Suggental angeschlossen wurde. So erklärt sich der Stollen.
Der Stollen wurde 1989 aufgewältigt, und man konnte feststellen, dass er von beiden Seiten gegraben wurde. Man traf sich in der Mitte, um einen halben Meter versetzt.
Der Stollen ist heute im Gelände nicht mehr zu sehen, ich habe unter schweren Opfern (Brombeerranken!) die beiden Hänge durchsucht. Man findet Stellen, an denen sich die Öffnungen befunden haben könnten (z. B. am Ursprung des Suggentäler Talbachs auf etwa 544m), die sind aber meist weiter als 70 Meter auseinander.
Und so wandert man vom Heidelbeereckle aus am Besten auf den markierten Wanderwegen hinunter ins Suggental. Man gelangt bald zum Adamshof (414m). Dort kommt man dann auf die Talstraße, auf der es nun bergab geht.
Unterhalb des Hofes wurde das Wasser einst erneut gestaut. Im Bereich von 380m, also an der engsten Stelle des Tals, soll sich der Staudamm befunden haben. Er existierte bis in die 1960er Jahre und wurde dann abgetragen. Die Dammkrone soll bis zu 10 m hoch gewesen sein. Noch heute finden sich südlich des Oberen Adamshofs sowie am Reschbauernhof im oberen Suggental Weiher, die dieselbe Aufgabe hatten.
Die Tour endet am Besucherbergwerk im Suggental (330m) - aber nicht ohne dass man zuvor der Sakristei/Friedhofskapelle (334m) einen Besuch abgestattet hat. Immerhin findet sich hier, im ältesten Gebäude des Tals, noch diese ominöse Hochwassermarke....
Heidelbeereckle - Besucherbergwerk Grube Erich: ca. 1h
Fazit:
Für historisch Interessierte mit Spürnase eine hochspannende Tour. Lang ist sie mit 21 Kilometern nicht, durch die häufige Suche nach dem Urgraben muss man allerdings mit einem langen Tag rechnen (das Aufspüren des Urgrabens an vielen Stellen ist in die angegebenen Gehzeiten eingerechnet!). Es braucht neben Spaß am Wandern historisches Interesse und Freude am Aufspüren des Urgrabens in manchmal unwegsamem Gelände, und daher Durchhaltevermögen und Orientierungsgabe. Ein bisschen Erfahrung im weglosen Gehen kann nicht schaden, unbedingte Voraussetzung dafür ist am Urgraben die lange Hose....
Ein besonderer Dank gilt meiner Wanderpartnerin Julia, die all diese Eigenschaften in Überfülle mitbrachte, und mit eigenem Enthusiasmus potenzierte. Enthusiasmus ist wichtig... Es gibt nichts Schöneres als Mitwanderer, die sich nicht als bloße Mitwanderer, sondern als durchause Auchwanderer verstehen.
Literatur:
Ist ungewöhnlich, hier auf Hikr Literatur anzugeben (einiges hier stammt aus dem Wikipedia-Artikel, an dem ich mitgeschrieben habe), aber in diesem Fall angebracht. Es gibt einige wenige Texte zum Urgraben, ein paar davon haben mir sehr geholfen, den Verlauf anhand von Karten und im Gelände zu rekonstruieren. Es lohnt sich, die Texte im Rucksack zu haben, zumindest die Dissertation von Haasis-Berner. Und gutes Kartenmaterial, in das man sich schon vorher einiges eingetragen hat. Eine Auswahl:
Andreas Haasis-Berner: Wasserkünste, Hangkanäle und Staudämme im Mittelalter. Eine archäologisch-historische Untersuchung zum Wasserbau am Beispiel des Urgrabens am Kandel im mittleren Schwarzwald. Verlag Marie Leidorf, Rahden 2001 (= Freiburger Beiträge zur Archäologie und Geschichte des ersten Jahrtausends; 5) (zgl. Univ., Diss., Freiburg im Breisgau, 1999). ZDB-ID 2033034-0.
Ab Seite 21 findet sich hier eine weitgehend sehr brauchbare Streckenbeschreibung, dazu gibt es zahlreiche Karten
Andreas Haasis-Berner: »Gold und Silber lieb' ich sehr…« Die Geschichte des Bergbaus rund um den Kandel (Elz-, Glotter-, Simonswälder- und Brettenbachtal), Institut für Ur- und Frühgeschichte Universität Freiburg.
Andreas Haasis-Berner u. a.: Besiedlung und Bergbau im Glottertal. In: Arbeitskreis Glottertäler Ortsgeschichte (Hrsg.): Bergbau im Glottertal. Beiträge zur 900-Jahr-Feier der Gemeinde Glottertal, Freiburg 2012, S. 9-102.
Rudolf Metz: Der frühe Bergbau im Suggental und der Urgraben am Kandel im Schwarzwald. Alemannisches Jahrbuch, 1961: 281–316, Freiburg ISSN 0516-5644.
Anna Chatel-Messer, Monika Nethe: Der Urgraben im Schwarzwald. Eines der bedeutendsten Technikdenkmäler Deutschlands. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 41. Jg. 2012, Heft 4, S. 251 f. (PDF)
Bergbauforschungsgruppe Suggental: Bergbaugeschichte im Suggental. 10 Jahre 1985–95. 2. Auflage, Breisach 1995.
Josef Ruf, Der Urgraben am Kandel. In: Mein Heimatland, 10. Jg. 1923, Heft 3, S. 24–27.
Der Urgraben
Der Urgraben diente also der Wasserversorgung der Silberbergwerke in Glottertal und Suggental (und vermutlich auch im Badbächle-Tal). Das herangeführte Wasser bewegte eine Wasserkunst, eine Maschine (Kunst), die mit Hilfe von Wasserkraft Wasser hebt. Sie diente zum Trockenlegen der unter der Talsohle befindlichen Bereiche der Bergwerke. Diese wurden vermutlich ab dem 11. Jahrhundert betrieben, und unterstanden den Herren von Schwarzenberg (im Glottertal den Zähringern). Die Täler führten aber zum Betrieb des Bergbaus zu wenig Wasser. Daher musste man dieses woanders besorgen. Die beste Möglichkeit dazu boten Zweribach, obere Glotter und Lindlesdobelbach, in über 20 Kilometern Entfernung am Kandel. Dieses Wasser so weit nach Westen zu transportieren, war höchst aufwändig, das reiche Silbererzvorkommen schien das jedoch zu rechtfertigen. So erteilte Graf Egon von Freiburg 1284 das Recht, den Graben zu bauen. Die entsprechende Urkunde legt nahe, dass der Bergbau schon tief unter den Grundwasserspiegel vorgedrungen sein musste. Ziel war es also, mit Hilfe der Wasserkraft das Wasser aus den Bergwerken abzupumpen, um das Silbererz auf den tieferen Sohlen abbauen zu können.
Der Urgraben war ursprünglich rund 60 cm tief und 80 cm breit, also von durchaus beträchtlichem Ausmaß. Das Gefälle betrug 0,75–0,9 % und die durchschnittliche Wassermenge 300 l/sec. Das Wasser brauchte vermutlich 4-5h, bis es durch den Kanal ans Ziel gelangte. An einzelnen Stellen ist er heute immer noch sichtbar, zumeist ist er jedoch aufgefüllt und nur noch als Weg ("Urweg“) vorhanden. Er ist vom oberen Zweribach oberhalb des Plattenhofes im Südosten des Kandels über die drei Wasserscheiden Schönhöfe, Rohr und Luser bis ins Suggental ca. 22 km lang.
Man nimmt an, dass der Bau des Urgrabens dennoch lediglich 2 Jahre in Anspruch nahm. Es ist denkbar, dass in Spitzenzeiten ca. 100 Menschen gleichzeitig an seiner Errichtung arbeiteten, die vielen Unbekannten (Unebenheit des Geländes, die Abgelegenheit des Gebietes etc.) lassen jedoch nur Schätzungen über die Bauzeit zu. Es ist davon auszugehen, dass Spezialisten aus Südtirol die bereits in der Konstruktion solcher Hangkanäle geübt waren, zur Hilfe kamen.
Der Urgraben ist damit ein eindrückliches Beispiel des technischen Könnens des späten 13. Jahrhunderts und gilt mit seiner Länge von ca. 22 Kilometern als einzigartig in Europa. Er ist heute eines der wichtigsten Technikdenkmäler Deutschlands.
Die Überschwemmung des Suggentals
Der Bergbau im Suggental kam bereits 1298, kurze Zeit nach der Errichtung des Urgrabens, zum Erliegen. Alte Geschichten berichten, dass in diesem Jahr ein großes Unwetter stattfand, das das gesamte Suggental und die Silberminen unter Wasser setzte. Sogar von Ertrunkenen ist die Rede (die Zahl schwankt zwischen 150 und 300 Personen).
Einer Sage nach wollte die Prinzessin von Schwarzenburg denjenigen heiraten, der Wasser in ihr Schloss einleitete, damit sie ihre Fische in Wasserbecken halten könne. Es fand sich ein Jüngling, der für sie den Urgraben erbaute. Zur Hochzeit wurde ein großes Fest veranstaltet, bei dem Hofgesellschaft und Dorfbewohner Anstand und Bescheidenheit vergaßen und beispielsweise Brote aushöhlten, um sie als Schuhe zu tragen. Als ein Unwetter heraufzog, konnte nur der alte Bauer vom Oberen Adamshof (im Talschluss des Suggentals) die Katastrophe vorhersehen. Zusammen mit seinem Sohn rettete er sich auf den hinter dem Hof gelegenen Berg. Von dort aus mussten sie den Untergang des Suggentals miterleben. Alle seine Bewohner, einschließlich der hochmütigen Hochzeitsgesellschaft, kamen bei dem Unwetter um.
Die Nachricht über ein Unwetter stammt aus einem Manuskript Josephus Isaacus Trantenbachs (1777). Offenbar gab es am 14. Juli 1288 in der Tat ein Unwetter im Suggental, das das Bergwerk verwüstete. Allerdings wurde der Betrieb danach wieder aufgenommen. 1297 überfielen dann Colmarer Truppen die Silbergruben im Glottertal und den benachbarten Tälern, was verheerende Auswirkungen auf die Bergbautätigkeit hatte, weil nicht nur die Gruben zerstört, sondern überdies auch alle Bergleute abgeführt wurden, ohne die ein erneutes Aufwältigen der Bergwerke nicht mehr möglich war. Offenbar verbindet die Sage diese beiden Ereignisse mit Elementen des Geschichte Noahs aus der Bibel.
In Trantenbachs Bericht finden auch zum ersten Mal die Pegelstände im Mauerwerk der Sakristei der ehemaligen Bergkirche "Unserer lieben Frau im Suggental“ auf dem alten Friedhof Erwähnung. Da ein Aufstauen des Wassers auf diese Höhe aufgrund der Topographie unmöglich ist, gingen diese aber wohl eher auf Stockflecken in feuchtem Mauerwerk zurück. Die Kirche wurde 1835/36 abgebrochen. Die heute im Nachfolgebau sichtbare Marke wurde anlässlich der Restaurierung 1977 nachträglich auf Grundlage der Sage angebracht.
Um 1400 und im 18. Jahrhundert wurde der Betrieb wieder aufgenommen, allerdings ohne bleibenden Erfolg. Seit 1933 ruht der Bergbau endgültig.
Der Name "Urgraben"
Der Urgraben heißt übrigens nicht etwa deshalb "Urgraben“, weil er so uralt ist, der Name lässt sich viel eher auf das Wort "Wuhrgraben“ zurückführen. Vergleichbare Gräben in der Gegend heißen z. T. bis heute noch Wuhre (z. B. Berauerwuhr, Hännerwuhr, Heidenwuhr).
Wissenschaftliche Infos zum Urgraben gibt es hier. Das hier ist die Seite des Vereins Silberbergwerk Suggental e. V.
Die Tour
Die Idee dieser Tour, die ich mit Julia gleich am Tag nach unserer Begehung der Insider-Prestige-Tour im Schwarzwald unternahm, war es, dem Verlauf des Urgrabens von seinem Beginn am oberen Zweribach über Rohr und Luser bis ins Suggental rekonstruierend zu folgen.
Die Tour ist logistisch nicht ganz ohne. Der Startpunkt ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer zu erreichen. Deshalb macht man sie besser mit zwei Autos. Im Player: gern "Say So" von Bent Knee. Das eine wird im Suggental abgestellt, mit dem anderen fährt man das Glottertal hinter, lässt die Abzweigung Richtung St. Peter rechts liegen und fährt weiter den Kandel hinauf. Nach dem Sägendobel geht es rechts Richtung Neuwelt/Platte. Es geht vorbei am Urgrabenhof (!), weiter zu Brosi- und Gschwinghof, dort links zum Plattenhof. Hier wieder links hinauf auf den Rücken. Den Abzweig zum Plattenhäusle lässt man noch links liegen, dann geht es links auf einem Schotterweg in den Wald. 40, 50 Meter nach dem Waldrand befindet sich links der (mit einem Schild als solcher gekennzeichnete) Parkplatz der Bockhornhütte (in manchen Karten auch als "Buchhornhütte").
Vom Parkplatz Bockhornhütte (1013m) geht es in knapp 15 Minuten zur Bockhornhütte des Schwarzwaldvereins (1025m), die am Ende einer großen Lichtung steht.
Die Hütte selbst ist gar nicht so interessant, dafür aber der Brunnen daneben. Hier oberhalb vom Bockhornbrunnen entspringt der Zweribach. Der Brunnen speist sich daraus.
Hier beginnt die eigentliche Urgrabentour:
Vom Brunnen aus erst einmal im Bachbett hinunter. Etwa 300 Meter weiter befindet sich rechts des Baches ein Gelände, das von zahlreichen, kreuz und quer verlaufenden Gräben durchzogen ist. Man quert dieses Gelände weglos, parallel zum Bach (der sich in der Folge immer links befinden muss). Etwa 100, 150 Meter weiter, wenn der Waldrand in Sicht ist, löst sich aus dem Gewirr der Gräben eine markante Geländekante, der man nun etwa einen knappen Kilometer weit folgen kann.
Das ist der Urgraben. Für das ungeübte Auge sieht er aus wie ein Waldweg, hier und in der Folge bis zum Heidelbeereckle erkennt man ihn aber immer an seinem gleichmäßigen, kaum merklichen Gefälle, und seinem Verlauf entlang der Höhenlinien (Höhenmesser mitnehmen!).
Wenn die Geländekante sich verläuft, steigt man am besten rechts den Hang zum Waldrand hinauf. Dort steht eine Windkraftanlage und man gelangt auf einen Weg. Den links hinunter. Nur hundert Meter nach den Waldeck links kann man den Weg an einer Baumreihe wieder nach rechts verlassen, und man läuft hinaus auf eine Wiese zwischen Plattenhof (zur Linken) und Gschwinghof (geradeaus).
Auf dieser Wiese ist für gute Augen und bei entsprechendem Bewuchs eine dunkle Linie zu erkennen, die zum Gschwinghof hinüberschwingt. Wenn man dieser Linie genau folgt, merkt man, dass hier der Boden passagenweise etwas eingetieft ist. Es ist der Urgraben.
Bockhornbrunnen - Gschwinghof: ca. 1h
Vor dem Gschwinghof (980m) stört die Fahrstraße den Urgraben.
Auch danach ist er nicht mehr zu sehen, weil sein Wasser nach der Wasserscheide beim Gschwinghof wohl direkt über die Wiese oder über eine heute verschwundene Holzleitung in den Glotterbach geleitet wurde, der unten im Tal fließt.
So wandert man am besten vom Gschwinghof aus auf der Straße am Brosihof (941m) vorbei hinunter zum Scherzingerhof (910m).
Direkt beim Abzweig zum Scherzingerhof knickt die Straße leicht nach Westsüdwest. Hier verlief der Graben genau westlich (also halbrechts von der Straße weg) weiter. Er ist als Vertiefung in der Wiese zu erkennen, und weiter vorn rechts jenseits der Wiese als Weg im steileren Gelände. Dieser Weg quert die Grundstücke von Hornmaier- und Urgrabenhof (der erst in jüngerer Zeit nach dem Graben benannt wurde), deshalb bleibt man vorerst auf der Straße und biegt erst zum Absätzlerhof von der Straße ab.
Gschwinghof - Absätzlerhof: ca. 45 Minuten
Es geht hinauf zum Absätzlerhof (866m), und gleich nach dem Hof auf schlecht erkennbarem Weg links zum Wald (nicht weiter hinauf!). Im Wald nun nicht bergab, sondern auf gleicher Höhe weiter. Bald bemerkt man wieder die Geländekante.
Die Steine, die hier herumliegen, stammen von der Einfassung des Urgrabens.
Etwas weiter vorn bemerkt man, dass hier (auch an trockenen Tagen) Wasser steht, auf unnatürliche Weise quer (waagrecht) zum Hang. So ist der Verlauf des Urgrabens wieder leicht zu erkennen - auf diesem Abschnitt ist er mit am besten erhalten.
Der Urgraben wird etwa bei 878m Höhe von der Kandelstraße gequert. Durch deren Abraum ist er drüben nicht mehr zu erkennen. Etwas unterhalb der Straße folgt man einem Weg, der bald das Götzenbächle überquert. Bis zum Albersbach ist dieser Weg dann wieder mit dem Urgraben identisch.
Nach der Querung des Albersbachs ist der Urgraben als Geländekante links unterhalb des Wegs zu erkennen, später auf der Wiese (in der Nähe von Pt. 851) verliert er sich jedoch. Der Wegverlauf stimmt in der Folge aber zumindest ungefähr mit dem Urgraben überein.
Man gelangt bald auf einen Bergrücken, über den ein markierter Wanderweg (vom Sägendobel auf den Kandel) heraufkommt (Pt. 835). Hier haben wir erst einmal ausgiebig gepaust und mit einer herumliegenden Sense herumgesenst.
Absätzlerhof - Pt. 835: ca. 1:10
Von Pt. 835 aus geht es erst einmal wieder in den Wald hinein. knapp 200 Meter weiter gelangt man in einen Dobel, wo sich rechts ein Wiesenhang öffnet. Steigt man im Dobel hinauf, gelangt man gleich an eine ca. 5 x 5 Meter große Ebene, etwa auf 831m.
Hier befand sich eins der bei jeder Bachquerung notwendigen Staubecken. Das Wasser des Urgrabens und das des jeweiligen Bachs wurden in solchen Becken vereint, überschüssiges Wasser ins Tal ab- und das für die Versorgung der Bergwerke nötige Wasser im Urgraben weitergeleitet.
Ein paar Meter westlich des Staubeckens befindet sich auf gleicher Höhe ein Lesesteinhaufen (831m) auf der Weide.
Kurioserweise weit dieser genau in Höhe des Urgrabens eine Lücke auf. Nimmt diese Lücke auf den Graben Rücksicht? Ist der Steinhaufen demnach älter als der Urgraben? Oder gerade deshalb jünger?
Man bleibt auf dieser Höhe in der Wiese und wandert zum nächsten Bach hinter.
Auch dort am Rohrbach befand sich ein Staubecken (830m), dieses ist sogar heute noch zu sehen. Der Urgraben floss aus SSO hinein und nach SSW wieder heraus.
Nach dem Staubecken, und etwas unterhalb ist in der Wiese eine 2, 3 Meter lange Steinmauer zu sehen, Rest der talseitigen Begrenzung des Grabens.
Dann führt der Graben in den Wald hinein, und ist dort als Geländekante noch gut zu erkennen. Auch hier sieht man wieder, sogar über längere Strecken, talseitige Stützmauern, bis zu eineinhalb Meter hoch.
Am Ende des Waldes vereinen sich Urgraben und Waldweg, etwas weiter vorn ist der Graben dann wieder rechts vom Weg als heillos von Brombeerhecken überwucherte Kante unterhalb einer Baumreihe zu erkennen. Er wurde bis in die 1970er Jahre als Mühlbach des Nazihofs (von Ignatius, 821m) genutzt, deshalb endet er auch im jetzt trockenen Teich des Hofs.
Pt. 835 - Nazihof. ca. 40 Minuten
Das unterste Gebäude des Nazihofs (jetzt privat vermietet) ist das ehemalige Mühlgebäude - am Mühlstein zu erkennen. Nun verlief der Graben weiter zum Weiler Rohr (780m).
Die heutigen Höfe stammen aus der Zeit um 1700. Der genaue Verlauf ist nicht mehr zu klären. Entweder verlief er unterhalb des heutigen Neubauernhofs oder weiter unten, an Disselhof (785m) und Rohrerhof vorbei. Auch jenseits dieser Wasserscheide muss das Wasser entweder auf natürliche Weise ins nächste Tal (das Tal des Stecklebachs) geflossen sein, oder mittels heute nicht mehr nachweisbarer Holzleitungen.
Nazihof - Wasserscheide Rohr: ca. 20 Minuten
Wer mag, schlägt sich von Rohr aus wie wir über die Wiese und weiter untern durchs Getrüpp und über Felsen im Wald hinunter ins Tal, etwas weiter, aber deutlich gemütlicher ist der Wanderweg auf der Nordseite des Türles. Eine weglose Passage bleibt aber wohl niemandem erspart. In der Talsohle angekommen bleibt man auf der Nordseite des Bachs. Dort folgt man einem Weg, der oberhalb einer Wiese parallel zum Stecklebach talauswärts führt. Kurz vor einem Haus, auf etwa 660m Höhe, zweigt rechts ein breiter Waldweg ab. Dieser Urgraben ist nun für den nächsten halben Kilometer in etwa mit dem Waldweg identisch, nach etwa 500 Metern verläuft er oberhalb des Wegs als Geländekante bis zum Winterhohlenbächle (wandert man nicht auf dieser Kante, sondern auf dem Waldweg etwas unterhalb, muss man an einer Weggabelung rechts zum Bächle bzw. zu Pt. 642 hinaufsteigen). Am Pt. 642 hält man sich links, der Weg führt um den Schlangenbühl herum, über das Kandelbächle, und weiter zu Pt. 627. Abzweige nach oben wie nach unten werden ignoriert.
Kurz vor dem Gullerbühl dreht der Weg direkt vor dem Hartererbächle eine Serpentine ins Tal. Da der Urgraben in diesem Gelände nicht zu finden ist (glaubt mir, ich hab's versucht. Geröll, Brombeeren und Brennesseln sind alles, was man findet - meine Beine können ein Lied davon singen!), folgt man am besten dem Weg kurz talwärts und nach dem Wald gleich scharf rechts wieder hinauf. Nun geht es über das Hartererbächle, beim Wanderwegschild den linken und beim nächsten den rechten Weg wählend. Es geht nun auf weiterhin breitem Weg zum Rücken des Gullerbühls hinauf. Hat man diesen erreicht, wendet sich der Weg (Schild "Gullerbühlpfad") auf etwa 600 Metern Höhe in dessen Westflanke. Hier befindet man sich wieder auf dem Urgraben. Im nächsten Dobel fließt der Gullerhofbach, kurz davor wechselt der Wanderweg auf ein kleines Pfaderl, das in der Folge oberhalb des breiten Wegs verläuft (dieser endet in einer Wendeplatte vor dem Gullerhofbach).
Wandert man auf diesem markierten Pfad, folgt bald die spektakulärste Passage des Urgrabens: auf einer Strecke von ca. 150 Metern ist der Fels an vielen Stellen abgearbeitet worden, um dem Urgraben Platz zu schaffen.
Er wurde teils in den Fels gehauen, teils wurde der Fels selbst untergraben. Das alles ist noch heute gut zu sehen, allerdings ist die Eintiefung in den Fels heute natürlich von Sedimenten, vom Waldboden und von Blättern verfüllt.
Bald nach dieser Passage endet der Pfad auf einer weiteren Wendeplatte, setzt sich aber gleich rechts des Fahrwegs, wiederum als kleiner Pfad, fort ("Jägerpfad", Markierung). Man bleibt auf diesem wunderbaren kleinen Weg. An einer Kreuzung setzt er sich als "Victor-von-Scheffel-Weg" fort.
Der Victor-von-Scheffel-Weg endet auf dem obersten Fahrweg unterhalb des Lusers, eines Bergs zwischen Glottertal, Suggental und Wegelbachtal. Auf diesem Fahrweg geht es nun weiter, wie Jägerpfad und Victor-von-Scheffel-Weg zuvor ist er mit dem Urgraben identisch. Einen ersten Abzweig rechts hinauf zum Luser, an dem auch das Suggental angeschrieben ist, ignoriert man. Etwa 200 Meter nachdem man auf den obersten Fahrweg unterhalb des Lusers gestoßen ist, macht dieser in einem Dobel eine Linkskurve.
Hier ist unterhalb des Wegs auf etwa 597m eine ca. 30 x 20 Meter große Plattform zu sehen. Zu Zeiten des Urgrabens war dies wohl ein Verteilerbecken, aus dem Wasser ins Glottertal abgeleitet wurde. Der Damm des ehemaligen Teichs ist heute noch zu sehen, er ist ca. 30 Meter lang und bis zu 7 Meter stark.
Es geht weiter auf dem Fahrweg, bis nach etwa 400 Meter der Wanderweg rechts hinauf zum Heidelbeereckle (628m) führt, dem Sattel zwischen Luser und Pt. 639, bzw. zwischen Glottertal und Suggental.
Wasserscheide Rohr - Heidelbeereckle: ca. 3,5h
Dieser Sattel ist die letzte Wasserscheide, die der Urgraben in Richtung Suggental zu überwinden hatte. Hier wurde ein ca. 70 Meter langer und 1,5 Meter hoher Stollen in den Fels gegraben, durch den das Wasser ins Suggental floss. Früher ging man davon aus, dass der Urgraben eigentlich für das Bergwerk dort angelegt wurde, und wunderte sich darüber, warum man dafür einen aufwändigen Stollen durch den Fels trieb anstatt ihn einfach weiter oben im Hang zum Heidelbeereckle zu führen, heute aber ist gesichert, dass der Urgraben für das Glottertal gebaut und erst 20 Jahre später auch das Suggental angeschlossen wurde. So erklärt sich der Stollen.
Der Stollen wurde 1989 aufgewältigt, und man konnte feststellen, dass er von beiden Seiten gegraben wurde. Man traf sich in der Mitte, um einen halben Meter versetzt.
Der Stollen ist heute im Gelände nicht mehr zu sehen, ich habe unter schweren Opfern (Brombeerranken!) die beiden Hänge durchsucht. Man findet Stellen, an denen sich die Öffnungen befunden haben könnten (z. B. am Ursprung des Suggentäler Talbachs auf etwa 544m), die sind aber meist weiter als 70 Meter auseinander.
Und so wandert man vom Heidelbeereckle aus am Besten auf den markierten Wanderwegen hinunter ins Suggental. Man gelangt bald zum Adamshof (414m). Dort kommt man dann auf die Talstraße, auf der es nun bergab geht.
Unterhalb des Hofes wurde das Wasser einst erneut gestaut. Im Bereich von 380m, also an der engsten Stelle des Tals, soll sich der Staudamm befunden haben. Er existierte bis in die 1960er Jahre und wurde dann abgetragen. Die Dammkrone soll bis zu 10 m hoch gewesen sein. Noch heute finden sich südlich des Oberen Adamshofs sowie am Reschbauernhof im oberen Suggental Weiher, die dieselbe Aufgabe hatten.
Die Tour endet am Besucherbergwerk im Suggental (330m) - aber nicht ohne dass man zuvor der Sakristei/Friedhofskapelle (334m) einen Besuch abgestattet hat. Immerhin findet sich hier, im ältesten Gebäude des Tals, noch diese ominöse Hochwassermarke....
Heidelbeereckle - Besucherbergwerk Grube Erich: ca. 1h
Fazit:
Für historisch Interessierte mit Spürnase eine hochspannende Tour. Lang ist sie mit 21 Kilometern nicht, durch die häufige Suche nach dem Urgraben muss man allerdings mit einem langen Tag rechnen (das Aufspüren des Urgrabens an vielen Stellen ist in die angegebenen Gehzeiten eingerechnet!). Es braucht neben Spaß am Wandern historisches Interesse und Freude am Aufspüren des Urgrabens in manchmal unwegsamem Gelände, und daher Durchhaltevermögen und Orientierungsgabe. Ein bisschen Erfahrung im weglosen Gehen kann nicht schaden, unbedingte Voraussetzung dafür ist am Urgraben die lange Hose....
Ein besonderer Dank gilt meiner Wanderpartnerin Julia, die all diese Eigenschaften in Überfülle mitbrachte, und mit eigenem Enthusiasmus potenzierte. Enthusiasmus ist wichtig... Es gibt nichts Schöneres als Mitwanderer, die sich nicht als bloße Mitwanderer, sondern als durchause Auchwanderer verstehen.
Literatur:
Ist ungewöhnlich, hier auf Hikr Literatur anzugeben (einiges hier stammt aus dem Wikipedia-Artikel, an dem ich mitgeschrieben habe), aber in diesem Fall angebracht. Es gibt einige wenige Texte zum Urgraben, ein paar davon haben mir sehr geholfen, den Verlauf anhand von Karten und im Gelände zu rekonstruieren. Es lohnt sich, die Texte im Rucksack zu haben, zumindest die Dissertation von Haasis-Berner. Und gutes Kartenmaterial, in das man sich schon vorher einiges eingetragen hat. Eine Auswahl:
Andreas Haasis-Berner: Wasserkünste, Hangkanäle und Staudämme im Mittelalter. Eine archäologisch-historische Untersuchung zum Wasserbau am Beispiel des Urgrabens am Kandel im mittleren Schwarzwald. Verlag Marie Leidorf, Rahden 2001 (= Freiburger Beiträge zur Archäologie und Geschichte des ersten Jahrtausends; 5) (zgl. Univ., Diss., Freiburg im Breisgau, 1999). ZDB-ID 2033034-0.
Ab Seite 21 findet sich hier eine weitgehend sehr brauchbare Streckenbeschreibung, dazu gibt es zahlreiche Karten
Andreas Haasis-Berner: »Gold und Silber lieb' ich sehr…« Die Geschichte des Bergbaus rund um den Kandel (Elz-, Glotter-, Simonswälder- und Brettenbachtal), Institut für Ur- und Frühgeschichte Universität Freiburg.
Andreas Haasis-Berner u. a.: Besiedlung und Bergbau im Glottertal. In: Arbeitskreis Glottertäler Ortsgeschichte (Hrsg.): Bergbau im Glottertal. Beiträge zur 900-Jahr-Feier der Gemeinde Glottertal, Freiburg 2012, S. 9-102.
Rudolf Metz: Der frühe Bergbau im Suggental und der Urgraben am Kandel im Schwarzwald. Alemannisches Jahrbuch, 1961: 281–316, Freiburg ISSN 0516-5644.
Anna Chatel-Messer, Monika Nethe: Der Urgraben im Schwarzwald. Eines der bedeutendsten Technikdenkmäler Deutschlands. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 41. Jg. 2012, Heft 4, S. 251 f. (PDF)
Bergbauforschungsgruppe Suggental: Bergbaugeschichte im Suggental. 10 Jahre 1985–95. 2. Auflage, Breisach 1995.
Josef Ruf, Der Urgraben am Kandel. In: Mein Heimatland, 10. Jg. 1923, Heft 3, S. 24–27.
Tourengänger:
Nik Brückner
Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden
Kommentare (4)