überraschend anspruchsvoll: der Rottälligrat - nach Gross Lecki-, Stelliboden- und Rottällihorn


Publiziert von Felix , 25. August 2013 um 17:57. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:22 August 2013
Hochtouren Schwierigkeit: L
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR   CH-VS   Gruppo Pizzo Rotondo 
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 1000 m
Strecke:Oberstafel - Im Tälli (südseitiger WW) - Rotondohütte - P. 2609 - Leckipass - Gross Leckihorn - Leckipass - Alaska-Bar - Stellibodenhorn - Rottällipass - Rottällihorn - P. 2821 - Rottälligrat - Rotondohütte - Oberstafel
Zufahrt zum Ausgangspunkt:PW via Ettiswil, Autobahn Sursee - Göschenen, Andermatt, Realp nach Oberstafel; Einholen der Bewilligung: Link Rotondohütte
Kartennummer:1251

Im Auswahlführer (SAC) Alpine Touren Zentralschweizer Alpen (2010) wird die Überschreitung des Rottälligrates mit T4 (gleich wie der Aufstieg über den N-Grat zum Gross Leckihorn) angegeben - während der Clubführer Gotthard, Von der Furka zum Lukmanier (1995), immerhin ein „L“ ausweist (ebenso wie der sehr leichte Zustieg vom Rottällipass). Ein L ist für Letzteren nicht gerechtfertigt, ein L für den Rottälligrat ist im Minimum angebracht.

 

Bei besten Wetterbedingungen - warme Temperaturen und wolkenlos blauer Himmel - starten wir in Oberstafel unsere lange Tour, welche uns Im Tälli, auf dem markierten Bergwanderweg hochführt Richtung Hütte. Zeitweise von einer symathischen Herde Geissen begleitet, an einem malerischen Seelein - mit hübscher Spiegelung der vor uns aufragenden Berge - vorbei gelangen wir zur Schwemmebene, wo der Bergweg zum Ronggergrat abzweigt. Danach geht es auf dem Hüttenweg steiler empor - erstmals treten die von uns anvisierten Gipfel ins Blickfeld: eine herrliche Runde von Bergen, mit noch recht viel Schnee, wenig Gletschern und zackigen Graten, eröffnet sich uns. Derart passieren wir die Rotondohütte und folgen der teilweise undeutlichen Spur auf relativ direktem Weg zum Sattel zwischen Gross Leckihorn und Stellibodenhorn.

 

Das Gelände wird nun gerölliger, doch viele der blumigen Farbtupfer bleiben - vorerst einmal, bis wir, nun wieder stärker ansteigend, ins teilweise enge Tälchen gelangen, welches einige mächtige Altschneefelder aufweist. Vielfach steigen wir nun auf diesen an; kurz vor Erreichen des Leckipasses haben wir die Wahl zwischen sehr steilem Schneefeld und steilem, rutschigem Block-Geröllhang. Oben angekommen öffnet sich nun auch der Blick zum Muttengletscher und den Muttenhörnern, vom  Gross Muttenhorn ist schwach das Gipfelkreuz zu erkennen.

 

Für den Anstieg zum Gross Leckihorn stehen zu Beginn zwei Möglichkeiten zur Verfügung; wir folgen im Aufstieg erst dem anfänglich steilen, rutschigen und gegen den Muttengletscher teilweise beträchtlich abfallenden Vorposten des Horns. Nach den ersten etwas anspruchsvollen Höhenmetern geht dieser Grat in schönstes Blockgelände über. Auf diesem erreichen wir die Einsattelung vor dem eigentlichen Hauptgrat - auf dem Rückweg werden wir hier die Variante über den hier noch schneebedeckten Firn wählen.

Der Nordgrat weist zwar eine beträchtliche Neigung auf, doch einzelne Wegspuren oder Ansätze von Plattenwegen ermöglichen im meist blockigem Gelände einen angenehmen Aufstieg zum Gipfelkreuz - eine fantastische Rundsicht dürfen wir hier erleben; hinter den Muttenhörnern sind zahlreiche der Grossen Berner erkennbar.

Deutlich wird jedoch auch, wie - auch hier - der einst feste Granit allmählich Zerfallserscheinungen aufweist; wir werden später noch mehrere Male dieses Phänomen beobachten können.

 

Nach einer kurzen Rast - und ausgiebigem Betrachten der Rundsicht (u.a. gegen den Galenstock, die Bergkette vom Winterhorn zum  Pizzo Lucendro und der urigen Landschaft zwischen der Rotondohütte und unserem Gipfel steigen wir ab, erst auf derselben Route; später, ab der erwähnten Einsattelung, nun auf dem zu Beginn steilen schneebedeckten Firn - dazu legen wir die Steigeisen an.

 

So erreichen wir sicher wieder den Leckipass, wo wir nun die Alaska-Bar inspizieren - 1943 errichtet, nun vom SAC Lägern unterhalten, dient sie wohl als kleine, minimal eingerichtete Schutzhütte.

 

Hat der Aufstieg zum Stellibodenhorn aus der Distanz etwas mühsam ausgesehen, so erweist er sich nun als unproblematisch. Anfänglich finden wir Wegspuren vor, in der zweiten Hälfte überwiegt schönes Blockkraxeln. So stehen wir rasch einmal auf unserem zweiten Gipfel - und freuen uns an der bis hier tollen Bergtour, und dem Tiefblick auf den kleinen Gletscher, welcher zwischen Stelliboden- und Rottällihorn liegt. Hier beeindrucken uns die zahlreichen, recht neuen, grösseren Felsabbrüche, welche von beiden Gipfeln herunterdonnerten, und nun auf dem Gletscher liegen.

 

Der Abstieg vom Gipfel im Blockgelände ist unschwierig, ebenso der weitere Verlauf nach dem „Abzweiger“ Richtung Rottällipass. Auf den letzten Metern dort hinunter wird der Weg wieder etwas grasiger, blumenreicher.

 

Gleichermassen geht es weiter - und wieder hinauf, am Schluss wieder geröllartiger, zum Rottällihorn. Hier nehmen wir den zweiten Teil unserer Verpflegung zu uns, um uns - auch für den unbekannten Weiterweg - zu stärken. Laut dem einen Führer (vgl. die einleitende Vorbemerkung) erwartet uns hier „nur“ ein T4 - nach Karte jedoch, und bei näherem Hinsehen sind wir nicht überzeugt, ob der im Mittelteil folgende Gratabschnitt derart leicht zu begehen ist …

 

Nach einem echt fantastischen ersten Gratteil (bis nach P. 2821) - vom begrünten Grasrücken mit feinem Blick ins Muttental und zur Rotondohütte, und schönster Berg-Schau bis zur herrlicher Blockkraxelei das Spektrum - folgt dann die lange, schwierige Begehung des Rottälligrates. Bei der Annäherung an die nun wild aufgetürmten - und teils senkrecht aufragenden Felsplatten - wird uns klar, dass da wohl ein hartes Stück Arbeit auf uns wartet.

Zwar sind im (gefühlt) sehr langen Grat doch immer wieder angenehmere Passagen zu begehen resp. erkraxeln, doch macht uns am meisten die Findung des Weges Mühe - gibt es doch keinen; höchstens wenige Male ansatzweise Spuren … Da stehen wir manchmal unvermittelt vor hohen senkrechten Felsstufen und müssen, gelegentlich in IIer-Manier zurück- und abklettern. Dazu kommt, dass die Umwege um diese Stellen gelegentlich in steile, schuttige und rutschige Flanken führen, welche zudem mit darunterliegenden Abbrüchen aufwarten.

 

Beinahe kommt uns der Gang über und am Grat entlang wie ein Labyrinth vor, so dass wir - nebst den „anregenden“ Anteilen - auch eine gewisse Erleichterung verspüren, wie wir auf dem nun wieder breiten Rücken zum wbw markierten Bergweg stossen, welcher vom Muttental zum Sattel hoch - und danach erst steil hinunter zur Rotondohütte führt.

Hier erfreuen wir uns auf der Terrasse der nun teilweise von Wolken verdeckten Vorabend-Sonne - und, nach der langen, insgesamt anstrengenden, „Reise“ - des Feierabend-Bieres und -Kaffees.

Auf demselben Weg wie am Morgen steigen wir anschliessend von der Hütte bei schöner Abendstimmung wieder ab nach Oberstafel - zufrieden ob des Geleisteten, glücklich ob des herrlichen Bergtages.
 


Tourengänger: Ursula, Felix, Freudenjuz


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