Dossenhorn-Überschreitung, Ränfenhorn vor grossartiger Rosenlaui-Kulisse


Publiziert von Nobis , 17. Juli 2013 um 07:36.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum:12 Juli 2013
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettersteig Schwierigkeit: K2- (WS-)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 11:30
Aufstieg: 2100 m
Strecke:18km; Rosenlaui – Rosenlauibiwak – Dossenhütte SAC – Dosengrat – P.3032 – Dossensattel – Dossen-Nordgrat – Dossen/Dossenhorn P.3138 – Dossen Südgipfel P.3144 – Dossen-Südgrat – Ränfenjoch – Rosenlauigletscher – Ränfenhorn – Dossen Nordwestflanke – Dossensattel – Dossenfirn – Dossenhütte SAC – Rosenlaui
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Meiringen-Rosenlaui-Schluchtparkplatz; Parkticket bereits bei Zwirgi zu lösen

Eine Tages-Hochtour ab Zürich in der Berner Alpen sollte es endlich wieder einmal sein. Das wir uns mit dem Dossen- und Ränfenhorn nicht nur eine der schönsten Alpenkulissen und 2100 Höhenmeter sondern auch gleichzeitig einen der anspruchsvollsten Hüttenzustiege ausgesucht hatten, bemerkte ich eigentlich erst unterwegs so richtig. Auf rund 1000 Höhenmeter brauchten wir auf dieser Tour immer wieder die Hände für das Vorwärtskommen im Kraxelgelände.

Die Autofahrt über den Brünigpass nach Meiringen und hoch zur Rosenlaui ist dank dem am sehr frühen Morgen fehlenden Verkehr zügig vollbracht. In Zwirgi ist eine Tages-Parkkarte zu lösen. Das Reichenbachtal wird talaufwärts oberhalb Meiringen immer enger und die Felswände im Süden immer höher. Bei Rosenlaui endlich öffnet sich ein Gletschertal gegen Süden und es kommen die Tagesziele Dossen und der Dossengrat mit der Dossenhütte ins Blickfeld - "wow, dass ist weit" und "Oh, das ist steil" kommt einem spontan in den Sinn... Wir starten bei noch angenehmer Frische bei den Parkplätzen der Glescherschlucht in Richtung der "Dossenhütte"-Wegweiser (1360müM).

Hüttenanstieg Dössenhütte 2663müM, T4/K1
Bald übertritt der Bergwanderweg auf einer Holzbrücke die schmale, tief eingeschnittene Rosenlauischlucht, es folgt der Aufstieg bis zur Abzweigung zur Engelhornhütte. Nun geht der Aufstieg zur Dossenhütte seinen eigenen Weg, ab hier ist er weiss-blau-weiss markiert. Nach Umgehung des Gletscherhubels öffnet sich das Tal etwas, westlich des Flusses ist nach dem Rückzug des Rosenlauigletschers eine gewaltige Kalksteinlandschaft entstanden - endlich kommt der mittlerweile scheue Rosenlauigletscher in Sicht, wie er weit oben über eine Felsstufe fliesst und regelmässig Eisbrüche ins Tal schiesst.

Gegen Ende des Gletschervorfelds führt die Wegspur nicht immer deutlich durch eine Rinne die östliche Seitenmoräne hoch, die oben durch einen Bach durchstossen ist. Hinter der Seitenmoräne - im Frühsommer über ein grossen Firnfeld - geht es unter einer imposanten Felswand entlang südwärts, bis es steiler wird und der Weg die Seitenmoräne erklimmt. Dieser teilweise scharfen Schneide entlang aufwärts und am Rand des Schneefeld und direkt an die Felswand dem einzigen Couloir entgegen, das dort hinten im Tal begehbar scheint. Hier auf 2150 Meter Höhe endet der "horizontale Anteil" des Hüttenanstiegs und für den Weiterweg ist ein Helm empfohlen.

Im Sommer liegt im Couloir dort noch lange Schnee, deshalb führt der Weg klettersteigmässig ausgerüstet der nördlichen, plattigen und nassen Begrenzungsfelsen entlang nach oben. Tritte sind in den Fels gehauen, Stahlseile und eine Leiter helfen empor (K1) bis ans Ende des Couloirs, das von einer überhängenden Felsstufe markiert ist. Dieser entlang quert man - teilweise im Bach und an einer natürlichen, nassen und kühlen Felsendusche vorbei - nach Südwesten und kann die Stufe seitlich überwinden; dieser Abschnitt dürfte bei Vereisung ungemütlich werden.

Die Wegspur führt nun oberhalb der Felsstufe über Schutt und Schnee hinüber zum leicht zu übersehenden Rosenlauibiwak (nur im Winter geöffnet). Die Schachtel ist unter einem Felsvorsprung montiert. Hinter der kleinen Biwakschachtel steigt der Dossenweg ungefähr einer wenig markanten Rippe entlang zumeist über teilweise exponierte Felsbändchen und manchmal - für viele Hüttenwanderer wahrscheinlich nicht oft genug - mit Drahtseilen gesichert, 200 Höhenmeter steil nach oben auf den Dossengrat. Bei nicht idealen Verhältnissen ist dieser Abschnitt eine heikle Angelegenheit. Auch bei Trockenheit ist er im oberen T4-Bereich anzusiedeln. Dem Dossengrat entlang, teilweise in die Westflanke ausweichend, wird 170 Höhenmeter später der Adlerhorst Dossenhütte SAC erreicht. Auf der Hütte gibt es kein fliessendes Trinkwasser. Im WC-Brünneli gibt es Hahnenwasser "kein Trinkwasser" - desinfizieren.

Dossengrat-Dossensattel, T4/K2
Die Dossenhütte schmiegt sich als Adlerhorst auf den Dossengrat. Direkt hinter der Hütte beginnt ein klettersteigähnlich ausgerüstete Route bis an den Aufschwung zum Punkt 3032. Die ersten Blöcke des Dossengrats können umgangen werden, indem zuerst rund 60 Meter entlang dem Pfad zum Dossenfirn gefolgt wird und über die Flanke der flachere Abschnitt erreicht wird. Mehrere Aufschwünge sind mit Drahtseilen, Krampen und Eisenstiften entschärft. Wer über den Dossengrat aufsteigt, wird wohl auch auf dessen höchsten Punkt aufsteigen. Die 30 Extrahöhenmeter auf dem Weg in den Dossensattel über Blockgelände ermöglichen besten Tiefblick auf den 500 Meter tiefer liegenden Rosenlauigletscher.

Dossenhorn-Nordgrat 3138müM, ZS-
Wer via Nordgrat auf den Dossen (auch Dossenhorn genannt) will, sollte sich spätestens im Dossensattel anseilen, sind die 100 Höhenmeter doch recht steil und mehrheitlich leichtes Klettergelände (als Zweierseilschaft wir haben uns im Aufstieg mit einem 30 Meter Seil begnügt und haben auch dieses verkürzt). Zuerst geht es etwas links um den ersten Aufschwung herum, dann kletterten wir zumeist etwas links (nördlich) der Gratkante in Verschneidungen aufwärts. Wahrscheinlich haben wir die optimale Linie nicht erreicht, erspähten wir doch nur einen einzigen Bohrhaken und oben eine aus einer einzigen Reepschnur bestehenden Abseilstelle.

Dossen Punkt 3144müM, Dossenhorn-Südgrat, T4
Wer über die West- und Nordwestflanke vom Dossen gegen den Dossensattel absteigen will, tut gut daran direkt auf der Gratschneide dem Grat weiter südwärts zu folgen, bis er gemächlich in den tiefsten Punkt zwischen Nord- und Südgipfel absinkt. Von dort kann einfach über die Schutt- oder Schneeflanke bis zum Steinmann in der Westflanke abgestiegen werden (ev. Steigeisen notwendig). Mehr über die Route durch Dossen-Nordwestflanke weiter unten.

Folgt man dem Grat weiter über Blöcke und plattige Felsen, gelangt man auf den höchsten Punkt des Dossen, den Südgipfel Punkt 3144. Weil wir wegen der vorgerückten Stunde die Schneequalität auf dem Rosenlauigletscher testen wollten, folgten wir dem Grat weiter südwärts, bis er gegen Südwesten in losem Blockschutt zum Ränfenjoch hinunter zieht (teilweise Spuren).

Ränfenjoch-Ränfenhorn 3254müM, L
Der Schnee erwies sich an diesem Julitag auch am Mittag als erstaunlich tragfähig. Weil der Rosenlauigletscher beim Übergang zum Ränfenhorn bei Ausholen gegen Westen gemäss Karten nahezu spaltenlos ist, wagten wir die Besteigung des Ränfenhorns. Die sommerliche Mittagsonne brennte erbarmungslos gleich zwei Mal auf uns: direkt und durch die Reflexion am Frühsommerschnee. Entgegen der Routenbeschreibung im SAC-Führer stiegen wir nicht über den Westgrat auf, sondern folgten dem Gletscher ostwärts bis nahe an die östliche Abbruchkante und um die Felsen herum über Schnee bis direkt vor den Doppelgipfel, von welchem der nördlichere Blockhaufen der höhere ist.

Ungefähr auf unserer Aufstiegsroute stiegen wir zurück zum Ränfenjoch und weiter der Westflanke des Dossen entlang. Den Gletscher verliessen wir bei den Felsen, die von der Scharte zwischen Nord- und Südgipfel des Dossen hinunterziehen (ev. Randkluft).

Dossenhorn-Nordwestflanke, T5
Über das Schneefeld in der Dossen-Westflanke zogen wir nordwärts auf den unteren Steinmann auf einer Rippe zu und entledigten uns auf einer Höhe von 3050 Meter der Steigeisen. Nun folgten wir einem exponierten Schuttband durch die Flanke, an einer Stelle hinter Resten eines Schneefeldes (Bohrhaken für Zwischensicherungen), und über ein kurzes, dafür hübsch exponiertes Schneefeld. In der Nähe des Dossensattels trafen wir auf vereiste Schneereste, dort wären Bohrhaken für rasche Zwischensicherungen nett gewesen.

Dossensattel-Dossenfirn-Dossenhütte, L
Der Schnee des Dossenfirns war nun am Nachmittag ziemlich weich, und ermöglichte uns den raschen Abstieg der 350 Höhenmeter vom Dossensattel zur Dossenhütte in nur 15 Minuten. Spalten scheinen mir dort nicht ganz ausgeschlossen, so blieben wir bis zur Hütte angeseilt.

Flüssiges Wasser gibt es oberhalb der Dossenhütte keines, so mussten wir wohl oder übel Getränke in der Hütte einkaufen, um unsere Speicher für die folgenden - konzentriert zu gehenden - 1300 Höhenmeter bis Rosenlaui zu füllen.

Die lange Tagestour brachte uns an den Nordost-Rand des riesigen Gletschergebiets des Berner Oberlandes mit toller Aussicht auf das Ewige Eis. Die grossen Berner 4000er sind etwas verdeckt, so dass die nicht viel höheren Wetter-, Rosen- und Wellhorn ein noch höheres alpines Ambiente vermitteln, als es die 3250 Meter eines Ränfenhorns zu vermitteln scheinen. Die ganze Route ist überaus abwechslungsreich und die zahlreichen Stellen mit Nervenkitzel halten die Konzentration bis fast zuletzt wach.

Tourengänger: Nobis


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