Entlang der jungen Spree I
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Von Ebersbach nach Schirgiswalde
Eine weitere Woche Dunkeldeutschland versetzte mich in einen Zustand zwischen Lust- und Kraftlosigkeit, wahrscheinlich eine Folge des Lichtmangels. Nach Dauergrau und arg gedämpften Temperaturen sollte es heute endlich besser werden. Indes der Blick aus dem Fenster enttäuschte, Nebel und Neuschnee prägten das Bild des Morgens. Im unerschütterlichen Glauben an sich ändernde Bedingungen setzte ich mich ins Auto und fuhr in die Oberlausitz, um in urbaner Umgebung auf gut begehbaren meist schneefreien Wegen eine Flusswanderung zu unternehmen. Die Moderatorin im Radio schwärmte von Sonne vor dem Studiofenster während ich mit schlechten Sicht- und Straßenbedingungen kämpfte. Auf Grund der leeren Straßen kam ich dennoch recht zügig nach Schirgiswalde. Am dortigen Haltepunkt bestieg ich kurz darauf die Regionalbahn Richtung Zittau. Die Fahrkarte war im Zug zu erwerben. Minutenlang bemühte ich den verschmutzten Touchscreen des Automaten. Glücklich das Gerät in Funktion versetzt zu haben, erschien bei jedem nötigen Schritt die vom PC bekannte Sanduhr und ließ mich warten. Nun trat der Zugbegleiter hinzu und ich bat mit Blick auf sein Handgerät um Unterstützung beim Fahrkartenerwerb. Er begann seinerseits mit der Eingabe, als der Automat doch noch zum Ergebnis kam. Stolz hielt ich den Fahrausweis zur Kontrolle hin. Mit der Bemerkung, dass man so auch die Fahrzeit verbringen könne, verabschiedete er sich und wenig später traf der Zug in Ebersbach ein.
Vom Bahnhof des in Oberlausitzer Mundart Aberschbuch genannten Ortes lief ich talwärts und folgte - an einer größeren Kreuzung links abgebogen - der Bundesstraße 96 und der hier noch kümmerlich anmutenden Spree (Obl. Mundart: Spraa). Dabei passierte ich den großen Eisenbahnviadukt der Strecke Ebersbach-Löbau. Nach einiger Zeit nahm ich eine rechts abzweigende Anliegerstraße für den Weiterweg. So gelangte ich in die Ortslage Friedersdorf (Obl. Mundart: Friederschdurf). Überwiegend in Spreenähe durchmaß ich die Siedlung, die viele der für die Oberlausitz typischen Umgebindehäuser aufweist. Am unteren Ortsende überquerte ich die Bundesstraße und ging zum Schloss. Das restaurierte und erweiterte Gebäude beherbergt eine Seniorenwohnanlage. Vorbei an einem Damwildgatter erreichte ich auf einem Feldweg den Brückenteich. Ich lief bis hinter die Bahnstrecke weiter und bog dort nach rechts ein. Ein letzter Schneeschauer begleitete meinen Weg. An der nächsten Bahnunterführung wechselte ich auf einen Fußpfad, der kurz darauf in den Spreepark eintrat. Dies ist kein Park im eigentlichen Sinne, sondern das bewaldete Durchbruchstal der Spree, das alle Merkmale einer Oberlausitzer Skala aufweist. Ausgangs des wildromantischen Grundes traf ich in Neusalza-Spremberg (Obl. Mundart: Neusaalz-Spraamerch) ein.
Hier orientierte ich mich zum Reiterhaus (http://www.reiterhaus.de/), einem Baudenkmal, das ein kleines Museum beherbergt. Nach Entrichten des moderaten Eintrittspreises schaute ich zunächst im Oberstock des Seitengebäudes eine Fotoausstellung an. Dann erklärte die Mitarbeiterin mir, dem weit und breit einzigen Gast, freundlich und fundiert das Wissenswerteste rund um die Historie dieses alten Umgebindehauses. So vorbereitet besichtigte ich die Räumlichkeiten des Haupthauses. Abschließend steigerte ich die Schwierigkeit meiner Wanderung, als ich ein relativ dickes Buch („Umgebinde“, Verlag Die Blauen Bücher) erwarb und es als Zusatzlast in den Rucksack einpflegte. Nach dem Besuch im Reiterhaus empfing mich die Sonne - das wäre das gelbe warm strahlende Ding am Himmel (nur mal so zur Erinnerung). Auf dem Weiterweg stieg ich zu den Schmiedesteinen hinauf. Der Teufel soll die großen Steine vom Czorneboh genommen und auf eine hier einst befindliche Schmiede geschleudert haben, nachdem man dort nach Jahresfrist den von ihm bestellten prunkvollen Harnisch nicht fertiggestellt hatte. Warum er diese Tradition nicht fortsetzte, bleibt ungeklärt. Ich wüsste auch ein paar Stellen, auf die heutzutage Steine niederfallen würden…
Oben legte ich eine kurze Pause ein. Wieder am Talgrund angekommen, nutze ich Anliegerstraßen um Neusalza-Spremberg zu durchqueren. Hinter dem Ortsende bog ich später nach links in den Fugauer Zipfel ab. Dieser ist ein schmaler Streifen tschechisches Hoheitsgebiet - ca. 2,5 km nach Deutschland hineinragend, am „Kopf“ 1,2 km und an der „Taille“ 0,5 km breit. Im Zipfel befand sich früher der Ort Fukov (Fugau). Fugau war einst der nördlichste Ort von K. u. K. Österreich-Ungarn. Die prosperierende Gemeinde (Bild) hatte als Höchststand 736 Einwohner in 143 Gebäuden, man zählte hier unglaubliche 5 Gasthäuser, die auch bei sächsischen Besuchern sehr beliebt waren. Nach dem II. Weltkrieg wurden die sudetendeutschen Bewohner vertrieben und der Ort sukzessive abgetragen. Zuletzt wurden 1960 Schule und Kirche gesprengt. Eine angedachte Grenzbereinigung zwischen der DDR und der ČSSR kam nicht zustande. Die Friedhofsmauer und einige Fundamentreste sind heute die einzigen sichtbaren Zeugen. Dem Ort der Erinnerung könnte Ungemach drohen - ein tschechischer Investor möchte im Fugauer Zipfel eine Großüberbauung durch ein Ferien- und Freizeitobjekt namens Lusatia-Park realisieren. Zwar ist geplant den Friedhof zu restaurieren und sogar die Kirche wiederaufzubauen, aber wo soll die Kundschaft für das gigantische Objekt herkommen und was sollte sie hier tun? Für Wanderer und Naturfreunde gibt es bereits ausreichend Angebote und für Spaßbad-Tagestouristen ist die Anreise zu mühsam. Wird gar dieses böhmische Andermatt später als Investruine ein zweites Mal abgerissen werden müssen? Ich dokumentierte den heutigen Zustand und werde die weitere Entwicklung beobachten.
Zurück in Deutschland folgte ich weiter der Spree. Am Ortseingang von Taubenheim (Obl. Mundart: Taubmheem) pausierte ich zunächst. Dann lief ich wie in den Orten zuvor auf Anliegerstraßen durch die Siedlungsfläche. Fast unmerklich geht Taubenheim in Sohland - Neusorge über. Dahinter querte ich das Spreetal hinüber nach Sohland - Am Hohberg. An der großen Kunststofffirma vorbei lief ich bergwärts zu einer Gartenkolonie. Hier fand ich einen schönen überdachten Rastplatz, wo ich mich niederließ. Im tauenden Schnee etwas mühsam arbeitete ich wieder talwärts und folgte der Straße nach Sohland. Vor dem großen Eisenbahnviadukt bog ich nach rechts hinein und erreichte die Himmelsbrücke. Von hier ging ich weiter zum Stausee Sohland. In der Ausflugswirtschaft war Hochbetrieb - eine Hälfte der Kundschaft trank bei +4° C Glühwein, die Andere aß Eis. Der finale Wegabschnitt meiner abwechslungsreichen Tour brachte mich zurück nach Schirgiswalde, wo ich mich zum Parkplatz am Bahnhaltepunkt begab. Zufrieden mit der Nutzung des heutigen Tages trat ich die Heimfahrt an. Die unerwartet kräftige Arbeit der Sonne hatte mir doch glatt eine Gesichtshälfte verbrannt - wer jetzt schadenfroh in sich hinein gegrinst hat, begebe sich unverzüglich in die Schäm-Ecke!
Die besuchs- und pausenbereinigte Gehzeit betrug 5 h. Die Schwierigkeit ging nicht über T1 hinaus. Die Zeitangaben der Fotos sind in MEZ (Winterzeit).
Die Zeichen stehen auf Frühling - es taut, es tropft, es rinnt - wird es bald Grünen?
Bis die Tage, wenn es wieder heißt:
Eine weitere Woche Dunkeldeutschland versetzte mich in einen Zustand zwischen Lust- und Kraftlosigkeit, wahrscheinlich eine Folge des Lichtmangels. Nach Dauergrau und arg gedämpften Temperaturen sollte es heute endlich besser werden. Indes der Blick aus dem Fenster enttäuschte, Nebel und Neuschnee prägten das Bild des Morgens. Im unerschütterlichen Glauben an sich ändernde Bedingungen setzte ich mich ins Auto und fuhr in die Oberlausitz, um in urbaner Umgebung auf gut begehbaren meist schneefreien Wegen eine Flusswanderung zu unternehmen. Die Moderatorin im Radio schwärmte von Sonne vor dem Studiofenster während ich mit schlechten Sicht- und Straßenbedingungen kämpfte. Auf Grund der leeren Straßen kam ich dennoch recht zügig nach Schirgiswalde. Am dortigen Haltepunkt bestieg ich kurz darauf die Regionalbahn Richtung Zittau. Die Fahrkarte war im Zug zu erwerben. Minutenlang bemühte ich den verschmutzten Touchscreen des Automaten. Glücklich das Gerät in Funktion versetzt zu haben, erschien bei jedem nötigen Schritt die vom PC bekannte Sanduhr und ließ mich warten. Nun trat der Zugbegleiter hinzu und ich bat mit Blick auf sein Handgerät um Unterstützung beim Fahrkartenerwerb. Er begann seinerseits mit der Eingabe, als der Automat doch noch zum Ergebnis kam. Stolz hielt ich den Fahrausweis zur Kontrolle hin. Mit der Bemerkung, dass man so auch die Fahrzeit verbringen könne, verabschiedete er sich und wenig später traf der Zug in Ebersbach ein.
Vom Bahnhof des in Oberlausitzer Mundart Aberschbuch genannten Ortes lief ich talwärts und folgte - an einer größeren Kreuzung links abgebogen - der Bundesstraße 96 und der hier noch kümmerlich anmutenden Spree (Obl. Mundart: Spraa). Dabei passierte ich den großen Eisenbahnviadukt der Strecke Ebersbach-Löbau. Nach einiger Zeit nahm ich eine rechts abzweigende Anliegerstraße für den Weiterweg. So gelangte ich in die Ortslage Friedersdorf (Obl. Mundart: Friederschdurf). Überwiegend in Spreenähe durchmaß ich die Siedlung, die viele der für die Oberlausitz typischen Umgebindehäuser aufweist. Am unteren Ortsende überquerte ich die Bundesstraße und ging zum Schloss. Das restaurierte und erweiterte Gebäude beherbergt eine Seniorenwohnanlage. Vorbei an einem Damwildgatter erreichte ich auf einem Feldweg den Brückenteich. Ich lief bis hinter die Bahnstrecke weiter und bog dort nach rechts ein. Ein letzter Schneeschauer begleitete meinen Weg. An der nächsten Bahnunterführung wechselte ich auf einen Fußpfad, der kurz darauf in den Spreepark eintrat. Dies ist kein Park im eigentlichen Sinne, sondern das bewaldete Durchbruchstal der Spree, das alle Merkmale einer Oberlausitzer Skala aufweist. Ausgangs des wildromantischen Grundes traf ich in Neusalza-Spremberg (Obl. Mundart: Neusaalz-Spraamerch) ein.
Hier orientierte ich mich zum Reiterhaus (http://www.reiterhaus.de/), einem Baudenkmal, das ein kleines Museum beherbergt. Nach Entrichten des moderaten Eintrittspreises schaute ich zunächst im Oberstock des Seitengebäudes eine Fotoausstellung an. Dann erklärte die Mitarbeiterin mir, dem weit und breit einzigen Gast, freundlich und fundiert das Wissenswerteste rund um die Historie dieses alten Umgebindehauses. So vorbereitet besichtigte ich die Räumlichkeiten des Haupthauses. Abschließend steigerte ich die Schwierigkeit meiner Wanderung, als ich ein relativ dickes Buch („Umgebinde“, Verlag Die Blauen Bücher) erwarb und es als Zusatzlast in den Rucksack einpflegte. Nach dem Besuch im Reiterhaus empfing mich die Sonne - das wäre das gelbe warm strahlende Ding am Himmel (nur mal so zur Erinnerung). Auf dem Weiterweg stieg ich zu den Schmiedesteinen hinauf. Der Teufel soll die großen Steine vom Czorneboh genommen und auf eine hier einst befindliche Schmiede geschleudert haben, nachdem man dort nach Jahresfrist den von ihm bestellten prunkvollen Harnisch nicht fertiggestellt hatte. Warum er diese Tradition nicht fortsetzte, bleibt ungeklärt. Ich wüsste auch ein paar Stellen, auf die heutzutage Steine niederfallen würden…
Oben legte ich eine kurze Pause ein. Wieder am Talgrund angekommen, nutze ich Anliegerstraßen um Neusalza-Spremberg zu durchqueren. Hinter dem Ortsende bog ich später nach links in den Fugauer Zipfel ab. Dieser ist ein schmaler Streifen tschechisches Hoheitsgebiet - ca. 2,5 km nach Deutschland hineinragend, am „Kopf“ 1,2 km und an der „Taille“ 0,5 km breit. Im Zipfel befand sich früher der Ort Fukov (Fugau). Fugau war einst der nördlichste Ort von K. u. K. Österreich-Ungarn. Die prosperierende Gemeinde (Bild) hatte als Höchststand 736 Einwohner in 143 Gebäuden, man zählte hier unglaubliche 5 Gasthäuser, die auch bei sächsischen Besuchern sehr beliebt waren. Nach dem II. Weltkrieg wurden die sudetendeutschen Bewohner vertrieben und der Ort sukzessive abgetragen. Zuletzt wurden 1960 Schule und Kirche gesprengt. Eine angedachte Grenzbereinigung zwischen der DDR und der ČSSR kam nicht zustande. Die Friedhofsmauer und einige Fundamentreste sind heute die einzigen sichtbaren Zeugen. Dem Ort der Erinnerung könnte Ungemach drohen - ein tschechischer Investor möchte im Fugauer Zipfel eine Großüberbauung durch ein Ferien- und Freizeitobjekt namens Lusatia-Park realisieren. Zwar ist geplant den Friedhof zu restaurieren und sogar die Kirche wiederaufzubauen, aber wo soll die Kundschaft für das gigantische Objekt herkommen und was sollte sie hier tun? Für Wanderer und Naturfreunde gibt es bereits ausreichend Angebote und für Spaßbad-Tagestouristen ist die Anreise zu mühsam. Wird gar dieses böhmische Andermatt später als Investruine ein zweites Mal abgerissen werden müssen? Ich dokumentierte den heutigen Zustand und werde die weitere Entwicklung beobachten.
Zurück in Deutschland folgte ich weiter der Spree. Am Ortseingang von Taubenheim (Obl. Mundart: Taubmheem) pausierte ich zunächst. Dann lief ich wie in den Orten zuvor auf Anliegerstraßen durch die Siedlungsfläche. Fast unmerklich geht Taubenheim in Sohland - Neusorge über. Dahinter querte ich das Spreetal hinüber nach Sohland - Am Hohberg. An der großen Kunststofffirma vorbei lief ich bergwärts zu einer Gartenkolonie. Hier fand ich einen schönen überdachten Rastplatz, wo ich mich niederließ. Im tauenden Schnee etwas mühsam arbeitete ich wieder talwärts und folgte der Straße nach Sohland. Vor dem großen Eisenbahnviadukt bog ich nach rechts hinein und erreichte die Himmelsbrücke. Von hier ging ich weiter zum Stausee Sohland. In der Ausflugswirtschaft war Hochbetrieb - eine Hälfte der Kundschaft trank bei +4° C Glühwein, die Andere aß Eis. Der finale Wegabschnitt meiner abwechslungsreichen Tour brachte mich zurück nach Schirgiswalde, wo ich mich zum Parkplatz am Bahnhaltepunkt begab. Zufrieden mit der Nutzung des heutigen Tages trat ich die Heimfahrt an. Die unerwartet kräftige Arbeit der Sonne hatte mir doch glatt eine Gesichtshälfte verbrannt - wer jetzt schadenfroh in sich hinein gegrinst hat, begebe sich unverzüglich in die Schäm-Ecke!
Die besuchs- und pausenbereinigte Gehzeit betrug 5 h. Die Schwierigkeit ging nicht über T1 hinaus. Die Zeitangaben der Fotos sind in MEZ (Winterzeit).
Die Zeichen stehen auf Frühling - es taut, es tropft, es rinnt - wird es bald Grünen?
Bis die Tage, wenn es wieder heißt:
I follow rivers!
Tourengänger:
lainari

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