Man kann nicht immer Glück haben... Tags zuvor hatten wir mit dem Piz Valdraus wetter- bzw. bewölkungsmässig den richtigen Gipfel gewählt. Nun stand der Piz Medel auf dem Programm, doch oh weh: Der Blick nach draussen um 5.30 Uhr reichte bloss etwa 20 Meter weit. Es herrschte einheitliches Grau.
Nun gut: Frühstücken und abwarten. Immerhin blieb so Zeit für den ausführlichen Genuss des extrem guten Brotes, welches die Hüttenwarte in der Camona da Medel Tag für Tag auf den Tisch zaubern. Es ist so gut, dass es sich auch ohne jegliche Aufstriche essen lässt. Nur schon deswegen lohnt sich ein Besuch der Medelserhütte.
Wir setzten uns eine Frist nach der anderen, doch bald kamen wir zur Erkenntnis, dass das nix würde mit dem Piz Medel. Nach 'ner Weile entschieden wir uns, deshalb noch eine Nacht dran zu hängen, den guten Prognosen für Sonntag zu vertrauen und dann erneut einen Gipfelsturm zu wagen. Wie sich erweisen sollte, war das ein goldrichtiger Entscheid...
Am Mittag wurden wir des Rumsitzens überdrüssig und beschlossen, eine Nebel-Grattour auf den Piz Caschleglia zu machen und dort die Sonne zu suchen. Zunächst folgten wir dem Weg Richtung Lai Encarden. Die Sicht betrug meist zwischen 20 und 50m, beste Gelegenheit also mal wieder die Orientierung mit Kompass und Höhenmesser zu üben.
Nach 'ner Weile zweigten wir nach links, d.h. in westlicher Richtung ab, denn so mussten wir ja früher oder später auf dem Grat landen. Dort fanden wir bald Wegspuren und hin und wieder rote Pfeile vor. Gemütlich ging's aufwärts und der Grat wurde zusehends schmaler. Die Hände durften nun definitiv aus den Hosentaschen genommen werden, denn es erwarteten uns diverse, schöne Kraxelstellen.
Und siehe da: Kurz vor dem Vorgipfel, so auf etwa 2850m oder so, zeigte sich blauer Himmel. Von Piz Medel und Co. waren nur die Gipfel – quasi über den Wolken schwebend – zu sehen. Wunderbar...!
Weniger wunderbar war dann aber der weitere Verlauf des Weges. Vom Vorgipfel auf knapp 2900m, den wir bei sehr, sehr langsamem Tempo nach 1h 30min erreichten, muss man in eine Scharte absteigen. An dieser Stelle ist der Grat recht schmal und die Flanken sehr steil. Zwischen den Felsen geht's teils mehrere Meter ins dunkle Nichts. Der Abstieg in die Scharte erfolgt zunächst über zwei Eisenstufen. Leider aber war die Scharte mit mehreren Metern Schnee gefüllt. Man konnte zwar die Stufen hinunter steigen, sass dann aber in einer Art Eishöhle, wobei links eine tiefe Felsspalte lauerte. Da war definitiv kein Weiterkommen. Über den Schnee zu laufen wagten wir nicht, denn falls dieser einbrach, war zumindest ein Beinbruch zu erwarten.
So kurz vor dem Gipfel nicht mehr weiter zu kommen war ziemlich enttäuschend. Es wären ja nur noch ein paar Dutzend Meter zu machen gewesen. Wir prüften alle möglichen Optionen und stiegen dazu auch ein Stück in die Westflanke ab. Dieser Umweg schien uns aber etwas zu riskant, denn das Gelände dort ist steil und brüchig. Laut seufzend verlegten wir unsere Gipfelrast nun halt auf den Vorgipfel. Immerhin schien die Sonne.
Nach einer Weile zwangen wir uns zum Eintauchen ins Grau zwecks Abstieg. Diesmal folgten wir dem Grat bis zur Medelserhütte. Nächstes mal würde ich das auch auf dem Hinweg machen. Das letzte Stück bzw. der finale Abstieg direkt zur Hütte würde ich mit T5 bewerten. Alles andere bewegte sich im Bereich von T4.
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