Saisonabschluss auf einen großen Berg!
Nach intensiven Wetterrecherchen landen wir nicht am Fuße des Mont Blanc, den wir eigentlich besteigen wollen, sondern im Virgental in Osttirol.
Unser Plan:
Über die Essen-Rostocker-Hütte starten, den Großen Geiger besteigen und zur Johannishütte wechseln. Von dort über das Defreggerhaus auf den Großvenediger, Abstieg nach Hinterbichl und nach Kals, zum Großglockner gewechselt. Über die Stüdlhütte besteigen wir dann zur Krönung den höchsten Berg Österreichs, den Großglockner, um eine tolle Skitourensaison würdig zu beenden.
Es kommt ein wenig anders!
Bernhard Berger, Hotelier in Hinterbichl und Mitglied der Bergwacht erwartet uns bereits in seinem „Gasthof Islitzer“. Bernhard informiert uns über einen tragischen Unfall am Großvenediger, der 2 Tote und 2 Schwerverletzte forderte.
http://www.bergrettung.at/News-Detail.256.0.html?&cHash=d54ff39095f4042f36714d84a77fff77&tx_ttnews%5Btt_news%5D=2698
Ausführlich beleuchten wir mit ihm die Geschehnisse und erfahren für uns nochmals wichtige Details der Gefahrenminimierung.
Zudem werden wir einmal mehr für das Thema "Alpine Gefahren" nachhaltig sensibilisiert!
Mit Bernhard gemeinsam besprechen wir nochmals unsere Planung und machen uns am Montag dann morgens auf den Weg zur Rostocker Hütte. Mit der Materialbahn gelangt das Gepäck hinauf und so bewältigen wir die 2 Stunden Aufstieg leichten Fußes im aperen Gelände.
Wenige Höhenmeter spuren wir dann von der Hütte zum Simonysee hinauf und führen dort eine intensive Lawinenübung durch.
Am nächsten Morgen starten wir mit vollem Gepäck zum Großen Geiger. Nach knapp drei Stunden kehren wir 200 Meter unter dem Gipfel um. Im dichten Whiteout ist weder der Gipfel vertretbar noch können wir gefahrlos den Übergang zur Johannishütte finden.
Nach kurzem Zwischenstopp auf der Rostocker Hütte sitzen wir um 16:30 Uhr wieder beim "ISLITZER" auf der Terrasse und gönnen uns einen leckeren Apfelstrudel mit Vanille.
Zusammen mit Bernhard geplant, bringt uns das Bergtaxi am nächsten Morgen bereits um 05:45 Uhr ins Dorfertal. In 1800 Meter Höhe ist Schluss und die Ski kommen an den Rucksack. Eine Stunde später klicken bei 2050 Meter die Tourenbindungen und wir spuren ein schmales Schneefeld hinauf, der Zopetspitze entgegen. Knapp drei Stunden später erreichen wir den Grat bei 3050 Meter, nördlich der Zopetspitze und haben bis hier einige Tragepassagen im steilen Wiesengras hinter uns gebracht.
Auch Petrus verwöhnt uns heute nicht; keine Sonne, starke Bewölkung, nass und kalt ist das Wetter und ein paar Schneeflocken tauen auf unserer Haut.
Für die Abfahrt finden wir dann eine andere Spur und können ohne abzuschnallen bis zum Startpunkt abfahren. Meist in tollem Firn genießen wir die bis zu 35 Grad steilen Rinnen hinab ins Dorfertal.
Zu Fuß geht es dann in weiteren 90 Minuten zurück auf die herrliche Gasthofterrasse und zum leckeren Apfelstrudel.
Am Donnerstag weckt uns die Sonne. Unglaublich, das Wetter bessert sich und wir sitzen hier im Tal! Schnell ist disponiert und im nahen Laden Proviant gekauft.
Unsere Idee:
Wieder ins Dorfertal, zur Johannishütte, weiter hinauf zum Defreggerhaus und dort in den Winterraum. Hier selbst versorgt, geschlafen und am Freitag dann 700 Meter rauf auf den Großvenediger und wenigsten diesen tollen Berg bei gutem Wetter bestiegen.
Laut Wetterbericht soll uns ein kurzes Sonnenfenster am Freitagvormittag die Tour möglich machen!
Gesagt – getan!
Bei bestem Wetter steigen wir um 10:45 Uhr im Dorfertal bei 1800 Meter aus dem Bergtaxi. Schwer bepackt, Ski und Schuhe am und Verpflegung im Rucksack, marschieren wir zur Johannishütte. Nach einer Stunde lassen wir auf der Sonneterrasse dieser schönen –aber derzeit geschlossenen- Hütte die schweren Rucksäcke von den Schultern gleiten. Unsere Wanderschuhe verstecken wir im Holzlager, steigen in die Ski und spuren durch den weichen Sulz dem Mulwitzaderl entgegen.
Gut zwei Stunden später stehen wir 100 Meter unter dem Defregger Haus.
Unter dem Mullwitzköpfle geht die Spur durch einen steilen Osthang. Dieser ist völlig aufgeweicht und einige kleine Rutschen zeugen von seiner Lawinenträchtigkeit!
Wir schneiden den Hang auf vorhandener Spur im oberen Teil und spurten keuchend hindurch! Wir sind uns der Gefahr von kleinen Nassschneerutschen bewusst, verlieren keine Zeit und sind darauf gefasst, mit einem sulzigen Rutsch die wenigen Höhenmeter in den Talgrund zu fahren bzw. zu rutschen!
Ohne Zwischenfälle erreichen wir direkt nach diesem kritischen Hang die Hütte.
Wir inspizieren den Übergang auf den Gletscher und erkunden den morgigen Weg zum Gipfel des prächtigen Großvenedigers.
Anschließend geht es im Winterraum an die Arbeit. Holz wird gehackt und Feuer geschürt. Der Ofen ist eine echte Herausforderung; nebelt er doch die Hütte völlig ein! Der Abzug zieht nicht! Aus allen Ritzen qualmt der Ofen und die Hütte gleicht einer Räucherkammer! Wir brauchen über eine Stunde um den Ofen und seinen Abzug auf Temperatur zu bringen. Langsam zieht er und wir können den Winterraum lüften. Behaglichkeit stellt sich jedoch zu keiner Zeit ein; dieser Winterraum ist völlig verkommen, verdreckt, zerlumpt, ungepflegt und verlebt! Mir kommt der Begriff „Drecksloch“ über die Lippen!
Da müssen wir einfach durch; also Schnee schmelzen, Wasser filtern und dann 4 Liter Nudeltopf kochen …Lecker! Dann zwei Stunden lang Tee kochen und jeder trinkt 2 Liter bei dem abendlichen Schwätzchen! Um 22:30 Uhr dann ab ins Lager; auf zerrissenen Matratzen und unter gammelige Decken!
Es wird kalt; sehr kalt, Saukalt, echt eisig!
Die Nacht ist eine echte Prüfung, wir zittern uns durch und begrüßen durchfroren einen sonnigen Tag!
Der Gipfeltag:
Wir kommen langsam in Schwung; Dirk versprüht echten Optimismus und motiviert uns auf seine ureigene morgendlich-freudliche Art! Der Ofen ist jetzt schneller heiß und Wasser kocht für den Kaffee und unseren Marschtee. Um 08:00 Uhr –super Zeit für Frühlingsalpinisten- spuren wir zum Übergang, etwas oberhalb des Defregger Hauses, queren die Mulwitzaderl bei ca. 3120 m und erreichen den Gletscher (Rainerkees). Dieser ist frisch gepudert, Spuren sind kaum zu erkennen und er macht einen absolut friedlichen Eindruck. Dennoch, wir binden uns zu viert ins Seil; der sonntägliche Unfall ist uns nachdrücklich in Erinnerung!
Nach einigen hundert Metern erreichen wir den südliche Sporn des Rainerhorns und queren hier eine offenen Spalte. Diese ist nur ca. 50 cm breit und lässt sich mit Ski bequem überwinden. Wir halten uns an Bernhards Tipp und bleiben immer im Schatten des Rainerhorns. Bald haben wir die sonntägliche Unfallstelle erreicht. Der aufgeworfene Schnee und die schmale Spalte läßt keinen Zweifel; 50 Meter links von uns nahm das Schiksal seinen Lauf.
Wir bleiben rechts, nahe am Rainerhorn und erreichen schnell das Rainertörl und die hier unweit stehende Markierungsstange mit Windspiel und Richtungsangaben!
Die Bergwacht hat diese Stange vor einigen Jahren aufgebaut, um den Bergsteigern im Whiteout Orientierung zu geben!
Auch wir stehen jetzt im Nebel. Wir beraten kurz und gehen dann langsam weiter. Der Wetterbericht hat eine Wetterverschlechterung avisiert, dabei aber auf einige Wolkenfenster in Aussicht gestellt.
Die Nebeldecke schiebt sich höher und die Sonne kommt zaghaft zum Vorschein. Erst werden die Konturen wieder sichtbar und letztendlich reißt das Wolkenmeer hier und da auf.
In mystischer Atmosphäre erreichen wir den Gipfel, die letzten Meter zu Fuß.
Wir genießen den Aufenthalt am Gipfel; wir sind alleine und immer wieder durchbricht die Sonne die Nebelschicht. Auf eine Fernsicht müssen wir allerdings verzichten, dazu hat es halt doch kein Wetter!
Die Abfahrt gestaltet sich anfangs zögerlich, die Sicht ist zu beschränkt. Etwas tiefer reißt es dann auf und wir ziehen unsere Spuren in den freien und weiten Gipfelhang. Bei der Signalstange ist die freie Fahrt zu Ende, wir gehen nun auch für die Abfahrt ans Seil!
Bernhard hat uns eine gute Methode empfohlen; jeweils zu zweit ans Seil, ca. 10 bis 15 m Distanz und dann schräg versetzt gemeinsam abgefahren.
Mit Gerwald bilde ich ein Team und Andreas und Dirk versuchen uns zu folgen!
Die Methode bewährt sich; wir kommen prima voran und können trotz Seil großzügig schwingen und haben viel Spaß; und dies mit einer großen Portion Sicherheit.
Wieder passieren wir die Unfallstelle, die offenen Spalte am Südsporn des Rainerhorns und erreichen in leicht fallender Schrägfahrt den Ausstieg aus dem Gletscher. Mit einem kurzen Gegenanstieg sind wir wieder auf der Schwarzen Ader und schnell beim Defregger Haus.
Hier richten wir den unzumutbaren Winterraum wieder her und machen uns dann auf die Abfahrt zur Johannishütte. Im tiefen Sulz kann einfach keine Freude mehr aufkommen. Lediglich im letzten Teil, im Tobel des Zettalunitzbaches wird es noch mal spannend. Gekonnt muss die Schrägfahrt 20 Meter oberhalb des reißenden Bergbaches absolviert werden. Den Ausgang aus dem Tobel erreichen wir schlussendlich zu Fuß, über schmalen Pfad mit Blick in den unter uns schäumenden Bergbach.
Bei der Johannishütte verschnaufen wir, rüsten unsere Rucksäcke wieder für den Fußmarsch und schreiten dann dem Taxipointe entgegen, den wir 45 Minuten später völlig relaxt erreichen.
Nochmals 30 Minuten später sitzen wir beim "ISLITZER" auf der Terrasse und genießen den Apfelstrudel mit Cappuccino und eine leckere Schorle.
Die Woche ist rum und wir beenden damit unfallfrei die Skitourensaison 2011/2012.
Im Dezember 2012 geht es in Sachen Winteraktivitäten weiter….
Bis dahin schauen wir mal, was der Sommer so zu bieten hat!
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