Tour des Grisons - Von Malans nach Nufenen
Inspiration und Grundlage für die Tour war das Buch Grenzschlängeln aus dem Rotpunktverlag.
Prolog
War eigentlich nicht vorgesehen aber der Tourenpartner eines Bekannten hatte abgesagt und wir sprangen spontan ein.
03.07.
Basel - Brig - Blatten b. Naters - Massaschlucht - Riederalp, Villa Cassel
Abwechslungsreicher Weg durch die Schlucht, mühsamer Aufstieg zur Riederfurka
04.07.
Aletschwald - Märjele-"see"
Nebel und Schnee-Regen, dazwischen einige Aufhellungen, weshalb wir uns den geplanten Aufstieg zum Eggishorn schenken. Unser Kolleege hat zwar eine - total zerdrückte - Banane dabei aber Handschuhe und Mütze befanden sich nicht in seiner Ausrüstung! Wurde der Märjelensee früher noch vom Gletscher gestaut, befindet sich der Gletscher mittlerweile gut 50-100m tiefer unten das Ausmass des ehemalige See kann nur noch anhand von Vergleichen mit Fotos in der sehr zugigen Märjelenhütte erahnt werden.
05.07
Fiescheralp - Fiesch - Furka - Oberalp - Chur - Malans
Da es immer noch total verhangen ist, durchschreiten wir den ca. 1km langen Tunnel unter dem Tälligrat durch und sind schon bald auf der Fiescheralp, von wir per Luftseil- und Furka-Oberalp-Rh-Bahn zum eigentlichen Tour-Start transferieren.
***
Tour des Grisons
06.07.
Älplibahn - Schesaplanahütte
Die abenteuerliche Fahrt im ehemaligen Militärluftseilbähnlein war ein Test für mein Vertigo. Danach konnten wir die Schönheit der Gegend leider nicht mehr richtig geniessen, da es regnete und regnete. Je nässer wir wurden (Schuhe, Füsse) desto anstrengender wurde die Etappe. Wir sind froh als wir in der Hütte ankommen.
07.07.
Gamsluggen - Totalphütte (A)
Wir wer-weissten noch, wieso die Strecke blau-weiss markierte ist. Die kurze kettengesicherte Traverse vor der Gamslugge beantwortet dann aber alle unsere Fragen! Der Weiterweg dann zwar steil aber gefahrlos. Im Karrengelände machen wir Rast, geniessen das nun schöne Wetter und versuchen unsere noch von gestern nassen Schuhe und Socken zu trocknen.
Bei der Hütte dann der Kulturschock. Laut plärrt Bum-Bum-Musik aus einem halben Dutzend Lautsprechern, die Terrasse ist rappelvoll mit Tagestouristen, die literweise Bier und Schnapps in sich hineinleeren. Widerlich. Auch unser Versuch uns der Ballermann-Atmosphäre zu entziehen, indem wir früh zu Bett gehen, hilft wenig, der Lärm dringt bis in die engen Schlafräume, welche noch enger werden, als die sturzbetrunkenen "Berggänger" sich laut schnarrchend in die engen Stockbetten zwängen.
08.07.
Gafalljoch - Carschinahütte
Um 07.00 fliehen wir ohne Frühstück von der Totalp. Das Wetter ist leider ein wenig aprilmässig, Regen, Sonne, Wind. Wir bauen aus dem Poncho einen Wetterschutz unter dem wir geruhsam unser Z'morgen aus dem Rucksack essen.
Der letzte Teil zur Hütte ist dann heiss, führt aber durch eine wunderschöne Landschaft mit Steinblöcken und Blumen. Ganz im Gegensatz zu gestern, ist dies eine richtige, gemütliche SAC-Hütte ohne Lärm und Hektik. Wir schlafen tief und fest.
09.07.
St. Antönien - Klosters
Der Wetterbericht verheisst nichts gutes: Kaltfront, Schnee bis 1600m, 70cm auf 3000m. Wir entscheiden uns auf schnellstem Weg nach St. Antönien abzusteigen. Noch ist es nicht speziell nass oder kalt, nur arg neblig, erst als wir fast das Dorf erreicht haben, blitzt und donnert es und schon hagelt es. Wir schaffen's gerade noch bis zu einer kleinen Scheune, wo wir unter dem Vordach unterstehen können.
Im Dorf gibt's erst einmal eine heisse Schoggi, bevor wir mit Bus, dann Zug nach Klosters runterfahren. Wir haben Glück, für Fr. 61.- pP/N bekommen wir ein Studio mit eigener Küche. Kleider waschen, essen, fernsehen, während es draussen in Strömen regnete.
10.07.
Wetterbedingter Ruhetag. Es regnete den ganzen Tag.
Ausschlafen, Z'morgen im Bett. Danach dank GA Touri-Programm: Davos-Filisur-Thusis und zurück. Abends dann Plannung für Morgen, wie und wo weiter, telefonieren, Ziel: Engadin und Sonne. Der Hütten-Chef auf der Vereina-Hütte meint, es habe wohl nicht viel Schnee auf dem Vereina-Pass, er sei sicher gut machbar ...
11.07.
Vereinahaus - Vereinapass - Lavin - Ramosch
Mit dem Kleinbus zum Vereinahaus. Abmarsch über die noch grünen aber tropfnassen Weiden. Schon bald der erste Schnee. Aufgrund der gewaltigen Wassermassen ist an der Stelle, an der üblicherweise der Bergbach gequert wird, an ein solches Vorhaben nicht zu denken. Wir folgen dem Bachlauf in der Hoffnung eine geeigneter Stelle zu finden. Schlussendlich stehen wir knietief im Neuschnee und die Nebeldecke verringert die Sichtdistanz auf knapp 10m.
Nur dank Karte und vorallem Kompass finden wir schlussendlich doch noch die Passhöhe. Ironischerweise lüftet sich genau da der Nebel und die weisse Pracht blendet uns im grellen Sonnenlicht. Abwechslungsreicher Abstieg nach Lavin, vorallem das verkehrt montierte Tritt-Gitter an der Schlüsselstelle, sorgt noch einmal für ein wenig Spannung.
Mit Zug und Bus nach Ramosch, wo wir im Hotel Post noch ein Zimmer fanden und uns der Wirt schliesslich auch noch ein Znacht-Essen zubereitete.
12.07.
Scuol - S-charl
Mit dem Bus nach Scuol. Dann gemütliche Halbtageswanderung durch die geologisch äusserst aufschlussreiche Clemgia-Schlucht nach S-charl. Übernachtung im Massenlager, sehr feines 3-gängiges Nachtessen zusammen mit den normalen Hotelgästen u.a. einer Gruppe Velofahrer mit Gepäcktransport und wie man sieht Abendgarderobe!
13.07.
Tamangur - Lü - Sta. Maria
Gemächlicher Aufstieg durch den höchsten (?) Arvenwald der Alpen zum Pass da Costainas. Über halboffene Waldweiden nach Lü hinunter. Mit dem Postauto nach Sta. Maria.
14.07.
Punt la Drossa - Spöl - Murter - Chamanna Cluozza
Mit dem Bus über den Ofenpass. Einsamer Abstieg zum Punt Perio, dann immer etwa auf selber Höhe der Spöl entlang. Als wir dann schon allmählich genug haben für heute, folgt das wirkliche Pièce de Résistance; die kanpp 1000m Aufstieg auf den Murter, die obersten zwei drittel in der prallen Sonne.
Als Entschädigung sehen wir von der Passhöhe aus unsere ersten Hirsch. Zwar weit entfernt aber deutlich als Hirsche erkennbar. Der steile Abstieg wäre wohl verkraftbarer gewesen, wenn in der Parkhütte nicht das absolute Chaos geherrscht hätte. Obwohl zig Hilfskräfte herumeierten, hatte niemand wirklich einen Plan.
15.07.
Zernez - S-chanf - Parkhütte Varusch
Eigentlich wollten wir ja über die Fuorcla Val Sassa aber der Schnee, die Anstrengungen des gestrigen Tages und die überhaupt nicht geruhsame Nacht liess uns für die Route "unten" rum entscheiden.
16.07.
Val Chaschauna - Fuorcla Chaschauna - Val Lavirun - Val Chamuera - Alp Prünella
Nun folgte eines der schönsten Teile der gesamten Wanderung: die karge aber äusserst faszinierende Schuttebene der Fuorcla Chaschauna. Im Gegensatz zum perfekt markierten Aufstieg, scheinen im Abstieg sämtliche Markierungen zu fehlen. Da die allgemeine Richtung aber gegeben ist, finden wir eben unsere eigenen Wege auf den weiten Alpweiden.
Zuerst wollten wir eigentlich irgendwo "wild" biwakieren aber das, für uns, damals noch völlig unbekannte, Wolkenbild eines Föhnfischs machte uns recht unsicher und so fragten wir bei der Alp Prünella, ob wir nicht dort neben dem Stall unser Tarp aufstellen dürften. "Nichts da" meinte der Älpler in gebrochenem italienisch-deutsch "ihr schlaft im Stall im Heu."
Es wurde eine erlebnisreiche Nacht, unter uns raschelten die Mäuse durchs Heu, neben uns rülpste ein junges Kalb alle halbe Stunde geräuschvoll vor sich hin. Irgendwann schliefen wir dann aber doch noch ein.
17.07.
Fuorcla Chamuera - Val da Fain - Bernina Suot - Pontresina
Nach dem gestrigen Höhepunkt, heute einer der zwei Tiefstpunkte der Tour. Zuerst der steile Passsaufstieg in feinstem, an Sand grenzendem, Schutt. Auf den letzten paar Meter rutschte man pro Schritt vorwärts, einen halben zurück.
Eigentlich war geplant via La Stretta und Passo di Livigno zum Ref. Saoseo zu wandern aber als wir bei der Alp la Stretta ankamen waren wir so etwas von fix und fertig, dass wir nur noch runter wollten. Leider hiess dies das öde und nicht enden wollende Val da Fain vorlaufen zu müssen. Wir schafften es.
Mit dem Zug nach Pontresina, wo das einzige Kriterium für die Übernachtung war: ein Zimmer mit Badewanne. In einem ehemaligen Luxushotel, das seinen Zenit, ohne ihn je erreicht zu haben, schon lange überschritten hatte wurden wir fündig und erst noch zu einem Spottpreis! Pontresina ist ein Ort zum Vergessen.
18.07.
Passo del Bernina - Cavaglia - Sfazu - Rif. Saoseo
Mit dem Bernina-Express nach Cavaglia, dann alles mehr oder weniger auf der Höhe um den/*das Corn de Prairol herum nach Sfazu und auf der linken Talseite das Val da Camp hinauf.
19.07.
Munt da San Franzesch - Poschiavo
Einfach, im Abstieg, aufgrund der zunehmenden Hitze, dann doch noch anstrengende Wanderung ins Val Pschiavo. Nachtessen mit artishokka.
20.07.
Ruhetag im altehrwürdigen Hotel Albrici in Poschiavo. Sehr zu empfehlen!
21.07.
Selva - Pass da Cancian - Lago die Campo Moro (I)
Mit dem Taxi fahren wir nach Selva. Zu Beginn ereignislose Wanderung zur Landesgrenze auf 2464m. Danach spektakuläre von Gletscherschliff geprägte Landschaft mit milchig-grauen Bächen und tiefblauen eiskalten Seelein inmitten lichter Bergföhrenbeständen.
22.07.
Lago Palù - Alpe Sasso Nero - Rif. Longoni CAI (I)
Zuerst auf Trampelpfaden durch riesige schon lange überwachsene Bergsturztrümmer. Danach auf einer öden zu dieser Jahreszeit gründ-braunen Skipisten zum kleinen Passübergang Boccel de Torno. Die konditionell, wie auch technisch fordernde Traverse des riesiges Blockschuttgeländes unterhalb des Sasso Nero bringt uns an die Grenze unserer Kräfte. Wir haben den Zeitbedarf komplett unterschätzt.
Um aufzuholen nehmen wir die markierte Direttissima von der ehemaligen Militärstrasse zum Rifugio. Aufgrund des rutschig-steilen Geländes kommen wir nicht schneller voran, im Gegenteil, entkräftet müssen wir alle paar Meter eine Pause einlegen. Aber auch hier, wir schaffen es.
Im Rifugio gibts dann eine gute Portion Fleisch und ein paar Gläser billigen Rotwein. Wir sind die einzigen Gäste. Es ist kühl und wir beziehen bald ein Mal unsere dreistöckigen Schlafkojen.
23.07.
A. Fora - A. dell' Oro - Passo dell Muretto - Lagh da Cavloc - Maloja (CH)
Nach einem leicht trüben Tagesanbruch, folgt bald strahlender Sonnenschein, als wir, mit herrlich blühenden Blumen bedeckte, nun vergandende, ehemaligen Alpweiden entlang wandern. Welch Unterschied zu den steril grünen subventionierten Fettwiesen auf Schweizer Seite. Bei einer Alp kaufen wir noch ein Pfund Frischkäse.
Auf einer weiteren damals von Mussollini forcierten, komplett unnützen, Militärstrasse geht es passwärts. Beim Abstieg leisten wir uns noch einen Verhauer und müssen ca. 100 Höhenmeter aufsteigen, bevor es am richtigen Ort hinuntergeht.
Auch wenn der Himmel voll mit Regenwolken ist, so haben wir Glück im Unglück und finden eine Bleibe in einem jämmerlichen Hotel (dessen Name wir aus unserem Gedächtnis gelöscht haben), bevor sich der Himmel entleert.
24.07.
Ruhetag
Mit dem Bus fahren wir bei strömendem Regen nach Sils-Maria ins herrlich heisse Hallenbad. In der Crêperie gibts anschliessend auch noch etwas für den Magen.
25.07.
Pass Lunghin - Septimerpass - Bivio
Bei wieder klarem Wetter schliessen wir uns den anderen Touristen an und strömen mit ihnen zur 3-fachen Wasserscheide oder was auch immer genau ihr Grund für diese Tour ist.
Auf dem schon von den Römern benutzten Septimerpass begutachten wir noch die Befestigungsbauten aus der nicht ganz so langen Vergangenheit an.
26.07.
Geologie-Rundwanderung: Bivio - Julierpass - Val d'Agnel - Fuorcla dil Leget - Val da Natons - Bivio
Quasi als Abschiedstour: Mit dem Postauto auf den Julierpass, dann zum dunkelblauen Badeseeli mitten in der Mondlandschaft der Fuorcla dil Leget und durch wilden Guet da Beiva zurück nach Bivio. Das Geologie-Set inklusvie Hammer und Karte kann beim Tourist-Info in Bivio bezogen werden.
27.07.
Stallerberg - Juf - Ausserferrera
Heute heisst es Abschied nehmen. lemon muss zurück zur Arbeit. kopfsalat darf/muss alleine weiter. Ob der Auf- und Abstieg wohl deshalb eher ereignislos war? ich weiss es nicht mehr.
Auf die Frage, wo man hier übernachten könne, verweist man mich auf eine Gruppenunterkunft in Ausserferrera. So nehme ich das Postauto dorthin.
28.07.
Alp Nursera - Val Niemet - Pass da Niemet - Stuetta
Steiler Aufstieg mit teilweise anspruchsvoller Wegfindung. Oben ist die Richtung dann gegeben auch wenn die Wege deshalb nicht klarer sind. Im Val Niemet dann zusammen mit ein paar Mountain-Bikern zum Grenzpass. Das Rif. Bertacchi ist leider schon voll, so wandere ich eben auf gut ausgebautem Weg nach Stuetta hinunter.
Mit der Polenta hätte man problemlos eine Staumauer bauen können und der gebeitzte Hirsch war zu Lebzeiten wohl eher eine Kuh aber ansonsten war die Pension ganz ok, wenn man vom durchhängenden Zwergenbett absieht. Sogar eine Dusche mit warm Wasser gab es.
29.07.
Monte Spluga - Splügenpass - Tamboalp - Areuapass - Alp de Rog - Nufenen - Chur - Basel
Der (wenn auch nur temporäre) Abschied von lemon liess mich nicht los. Zu lange waren wir gemeinsam unterwegs. Lustlos machte ich mich auf den Weg zum Splügenpass. In mir rumorte es mental: Jetzt wo ich schon mal hier bin, sollte ich es doch ausnützen und geniessen. Aber der Genuss wollte sich nicht einstellen. Ich gab mir noch einmal einen Schupf: "Bis San Bernardino schaffst du es noch!"
Nachdem ich im Abstieg vom Areuapass aufgrund der nur mangelhaften Markierungen einen kräftezehrenden Fehler beging und gut 100 Höhenmeter in ein Bachbett ohne Weiterweg abstieg, war mein Entschluss klar. Ich hatte genug, heute Abend gehts nach Hause.
Durch die Areuaschlucht und über den Hinterrhein hinauf nach Nufenen, wo das Express-Postauto Bellinzona-San Bernardino-Chur mich mitnimmt.
Fazit: Nie mehr eine Tour gemeinsam beginnen und sich dann unterwegs trennen.
Bonus: der Weiterweg rund um's Tessin und dem Wallis entlang bis an den Genfersee, sowie die Etappe von St. Antönien bis Samnaun, sind schon pfannenfertig geplant und müssen nur aus der Schublade gezogen werden.
Prolog
War eigentlich nicht vorgesehen aber der Tourenpartner eines Bekannten hatte abgesagt und wir sprangen spontan ein.
03.07.
Basel - Brig - Blatten b. Naters - Massaschlucht - Riederalp, Villa Cassel
Abwechslungsreicher Weg durch die Schlucht, mühsamer Aufstieg zur Riederfurka
04.07.
Aletschwald - Märjele-"see"
Nebel und Schnee-Regen, dazwischen einige Aufhellungen, weshalb wir uns den geplanten Aufstieg zum Eggishorn schenken. Unser Kolleege hat zwar eine - total zerdrückte - Banane dabei aber Handschuhe und Mütze befanden sich nicht in seiner Ausrüstung! Wurde der Märjelensee früher noch vom Gletscher gestaut, befindet sich der Gletscher mittlerweile gut 50-100m tiefer unten das Ausmass des ehemalige See kann nur noch anhand von Vergleichen mit Fotos in der sehr zugigen Märjelenhütte erahnt werden.
05.07
Fiescheralp - Fiesch - Furka - Oberalp - Chur - Malans
Da es immer noch total verhangen ist, durchschreiten wir den ca. 1km langen Tunnel unter dem Tälligrat durch und sind schon bald auf der Fiescheralp, von wir per Luftseil- und Furka-Oberalp-Rh-Bahn zum eigentlichen Tour-Start transferieren.
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Tour des Grisons
06.07.
Älplibahn - Schesaplanahütte
Die abenteuerliche Fahrt im ehemaligen Militärluftseilbähnlein war ein Test für mein Vertigo. Danach konnten wir die Schönheit der Gegend leider nicht mehr richtig geniessen, da es regnete und regnete. Je nässer wir wurden (Schuhe, Füsse) desto anstrengender wurde die Etappe. Wir sind froh als wir in der Hütte ankommen.
07.07.
Gamsluggen - Totalphütte (A)
Wir wer-weissten noch, wieso die Strecke blau-weiss markierte ist. Die kurze kettengesicherte Traverse vor der Gamslugge beantwortet dann aber alle unsere Fragen! Der Weiterweg dann zwar steil aber gefahrlos. Im Karrengelände machen wir Rast, geniessen das nun schöne Wetter und versuchen unsere noch von gestern nassen Schuhe und Socken zu trocknen.
Bei der Hütte dann der Kulturschock. Laut plärrt Bum-Bum-Musik aus einem halben Dutzend Lautsprechern, die Terrasse ist rappelvoll mit Tagestouristen, die literweise Bier und Schnapps in sich hineinleeren. Widerlich. Auch unser Versuch uns der Ballermann-Atmosphäre zu entziehen, indem wir früh zu Bett gehen, hilft wenig, der Lärm dringt bis in die engen Schlafräume, welche noch enger werden, als die sturzbetrunkenen "Berggänger" sich laut schnarrchend in die engen Stockbetten zwängen.
08.07.
Gafalljoch - Carschinahütte
Um 07.00 fliehen wir ohne Frühstück von der Totalp. Das Wetter ist leider ein wenig aprilmässig, Regen, Sonne, Wind. Wir bauen aus dem Poncho einen Wetterschutz unter dem wir geruhsam unser Z'morgen aus dem Rucksack essen.
Der letzte Teil zur Hütte ist dann heiss, führt aber durch eine wunderschöne Landschaft mit Steinblöcken und Blumen. Ganz im Gegensatz zu gestern, ist dies eine richtige, gemütliche SAC-Hütte ohne Lärm und Hektik. Wir schlafen tief und fest.
09.07.
St. Antönien - Klosters
Der Wetterbericht verheisst nichts gutes: Kaltfront, Schnee bis 1600m, 70cm auf 3000m. Wir entscheiden uns auf schnellstem Weg nach St. Antönien abzusteigen. Noch ist es nicht speziell nass oder kalt, nur arg neblig, erst als wir fast das Dorf erreicht haben, blitzt und donnert es und schon hagelt es. Wir schaffen's gerade noch bis zu einer kleinen Scheune, wo wir unter dem Vordach unterstehen können.
Im Dorf gibt's erst einmal eine heisse Schoggi, bevor wir mit Bus, dann Zug nach Klosters runterfahren. Wir haben Glück, für Fr. 61.- pP/N bekommen wir ein Studio mit eigener Küche. Kleider waschen, essen, fernsehen, während es draussen in Strömen regnete.
10.07.
Wetterbedingter Ruhetag. Es regnete den ganzen Tag.
Ausschlafen, Z'morgen im Bett. Danach dank GA Touri-Programm: Davos-Filisur-Thusis und zurück. Abends dann Plannung für Morgen, wie und wo weiter, telefonieren, Ziel: Engadin und Sonne. Der Hütten-Chef auf der Vereina-Hütte meint, es habe wohl nicht viel Schnee auf dem Vereina-Pass, er sei sicher gut machbar ...
11.07.
Vereinahaus - Vereinapass - Lavin - Ramosch
Mit dem Kleinbus zum Vereinahaus. Abmarsch über die noch grünen aber tropfnassen Weiden. Schon bald der erste Schnee. Aufgrund der gewaltigen Wassermassen ist an der Stelle, an der üblicherweise der Bergbach gequert wird, an ein solches Vorhaben nicht zu denken. Wir folgen dem Bachlauf in der Hoffnung eine geeigneter Stelle zu finden. Schlussendlich stehen wir knietief im Neuschnee und die Nebeldecke verringert die Sichtdistanz auf knapp 10m.
Nur dank Karte und vorallem Kompass finden wir schlussendlich doch noch die Passhöhe. Ironischerweise lüftet sich genau da der Nebel und die weisse Pracht blendet uns im grellen Sonnenlicht. Abwechslungsreicher Abstieg nach Lavin, vorallem das verkehrt montierte Tritt-Gitter an der Schlüsselstelle, sorgt noch einmal für ein wenig Spannung.
Mit Zug und Bus nach Ramosch, wo wir im Hotel Post noch ein Zimmer fanden und uns der Wirt schliesslich auch noch ein Znacht-Essen zubereitete.
12.07.
Scuol - S-charl
Mit dem Bus nach Scuol. Dann gemütliche Halbtageswanderung durch die geologisch äusserst aufschlussreiche Clemgia-Schlucht nach S-charl. Übernachtung im Massenlager, sehr feines 3-gängiges Nachtessen zusammen mit den normalen Hotelgästen u.a. einer Gruppe Velofahrer mit Gepäcktransport und wie man sieht Abendgarderobe!
13.07.
Tamangur - Lü - Sta. Maria
Gemächlicher Aufstieg durch den höchsten (?) Arvenwald der Alpen zum Pass da Costainas. Über halboffene Waldweiden nach Lü hinunter. Mit dem Postauto nach Sta. Maria.
14.07.
Punt la Drossa - Spöl - Murter - Chamanna Cluozza
Mit dem Bus über den Ofenpass. Einsamer Abstieg zum Punt Perio, dann immer etwa auf selber Höhe der Spöl entlang. Als wir dann schon allmählich genug haben für heute, folgt das wirkliche Pièce de Résistance; die kanpp 1000m Aufstieg auf den Murter, die obersten zwei drittel in der prallen Sonne.
Als Entschädigung sehen wir von der Passhöhe aus unsere ersten Hirsch. Zwar weit entfernt aber deutlich als Hirsche erkennbar. Der steile Abstieg wäre wohl verkraftbarer gewesen, wenn in der Parkhütte nicht das absolute Chaos geherrscht hätte. Obwohl zig Hilfskräfte herumeierten, hatte niemand wirklich einen Plan.
15.07.
Zernez - S-chanf - Parkhütte Varusch
Eigentlich wollten wir ja über die Fuorcla Val Sassa aber der Schnee, die Anstrengungen des gestrigen Tages und die überhaupt nicht geruhsame Nacht liess uns für die Route "unten" rum entscheiden.
16.07.
Val Chaschauna - Fuorcla Chaschauna - Val Lavirun - Val Chamuera - Alp Prünella
Nun folgte eines der schönsten Teile der gesamten Wanderung: die karge aber äusserst faszinierende Schuttebene der Fuorcla Chaschauna. Im Gegensatz zum perfekt markierten Aufstieg, scheinen im Abstieg sämtliche Markierungen zu fehlen. Da die allgemeine Richtung aber gegeben ist, finden wir eben unsere eigenen Wege auf den weiten Alpweiden.
Zuerst wollten wir eigentlich irgendwo "wild" biwakieren aber das, für uns, damals noch völlig unbekannte, Wolkenbild eines Föhnfischs machte uns recht unsicher und so fragten wir bei der Alp Prünella, ob wir nicht dort neben dem Stall unser Tarp aufstellen dürften. "Nichts da" meinte der Älpler in gebrochenem italienisch-deutsch "ihr schlaft im Stall im Heu."
Es wurde eine erlebnisreiche Nacht, unter uns raschelten die Mäuse durchs Heu, neben uns rülpste ein junges Kalb alle halbe Stunde geräuschvoll vor sich hin. Irgendwann schliefen wir dann aber doch noch ein.
17.07.
Fuorcla Chamuera - Val da Fain - Bernina Suot - Pontresina
Nach dem gestrigen Höhepunkt, heute einer der zwei Tiefstpunkte der Tour. Zuerst der steile Passsaufstieg in feinstem, an Sand grenzendem, Schutt. Auf den letzten paar Meter rutschte man pro Schritt vorwärts, einen halben zurück.
Eigentlich war geplant via La Stretta und Passo di Livigno zum Ref. Saoseo zu wandern aber als wir bei der Alp la Stretta ankamen waren wir so etwas von fix und fertig, dass wir nur noch runter wollten. Leider hiess dies das öde und nicht enden wollende Val da Fain vorlaufen zu müssen. Wir schafften es.
Mit dem Zug nach Pontresina, wo das einzige Kriterium für die Übernachtung war: ein Zimmer mit Badewanne. In einem ehemaligen Luxushotel, das seinen Zenit, ohne ihn je erreicht zu haben, schon lange überschritten hatte wurden wir fündig und erst noch zu einem Spottpreis! Pontresina ist ein Ort zum Vergessen.
18.07.
Passo del Bernina - Cavaglia - Sfazu - Rif. Saoseo
Mit dem Bernina-Express nach Cavaglia, dann alles mehr oder weniger auf der Höhe um den/*das Corn de Prairol herum nach Sfazu und auf der linken Talseite das Val da Camp hinauf.
19.07.
Munt da San Franzesch - Poschiavo
Einfach, im Abstieg, aufgrund der zunehmenden Hitze, dann doch noch anstrengende Wanderung ins Val Pschiavo. Nachtessen mit artishokka.
20.07.
Ruhetag im altehrwürdigen Hotel Albrici in Poschiavo. Sehr zu empfehlen!
21.07.
Selva - Pass da Cancian - Lago die Campo Moro (I)
Mit dem Taxi fahren wir nach Selva. Zu Beginn ereignislose Wanderung zur Landesgrenze auf 2464m. Danach spektakuläre von Gletscherschliff geprägte Landschaft mit milchig-grauen Bächen und tiefblauen eiskalten Seelein inmitten lichter Bergföhrenbeständen.
22.07.
Lago Palù - Alpe Sasso Nero - Rif. Longoni CAI (I)
Zuerst auf Trampelpfaden durch riesige schon lange überwachsene Bergsturztrümmer. Danach auf einer öden zu dieser Jahreszeit gründ-braunen Skipisten zum kleinen Passübergang Boccel de Torno. Die konditionell, wie auch technisch fordernde Traverse des riesiges Blockschuttgeländes unterhalb des Sasso Nero bringt uns an die Grenze unserer Kräfte. Wir haben den Zeitbedarf komplett unterschätzt.
Um aufzuholen nehmen wir die markierte Direttissima von der ehemaligen Militärstrasse zum Rifugio. Aufgrund des rutschig-steilen Geländes kommen wir nicht schneller voran, im Gegenteil, entkräftet müssen wir alle paar Meter eine Pause einlegen. Aber auch hier, wir schaffen es.
Im Rifugio gibts dann eine gute Portion Fleisch und ein paar Gläser billigen Rotwein. Wir sind die einzigen Gäste. Es ist kühl und wir beziehen bald ein Mal unsere dreistöckigen Schlafkojen.
23.07.
A. Fora - A. dell' Oro - Passo dell Muretto - Lagh da Cavloc - Maloja (CH)
Nach einem leicht trüben Tagesanbruch, folgt bald strahlender Sonnenschein, als wir, mit herrlich blühenden Blumen bedeckte, nun vergandende, ehemaligen Alpweiden entlang wandern. Welch Unterschied zu den steril grünen subventionierten Fettwiesen auf Schweizer Seite. Bei einer Alp kaufen wir noch ein Pfund Frischkäse.
Auf einer weiteren damals von Mussollini forcierten, komplett unnützen, Militärstrasse geht es passwärts. Beim Abstieg leisten wir uns noch einen Verhauer und müssen ca. 100 Höhenmeter aufsteigen, bevor es am richtigen Ort hinuntergeht.
Auch wenn der Himmel voll mit Regenwolken ist, so haben wir Glück im Unglück und finden eine Bleibe in einem jämmerlichen Hotel (dessen Name wir aus unserem Gedächtnis gelöscht haben), bevor sich der Himmel entleert.
24.07.
Ruhetag
Mit dem Bus fahren wir bei strömendem Regen nach Sils-Maria ins herrlich heisse Hallenbad. In der Crêperie gibts anschliessend auch noch etwas für den Magen.
25.07.
Pass Lunghin - Septimerpass - Bivio
Bei wieder klarem Wetter schliessen wir uns den anderen Touristen an und strömen mit ihnen zur 3-fachen Wasserscheide oder was auch immer genau ihr Grund für diese Tour ist.
Auf dem schon von den Römern benutzten Septimerpass begutachten wir noch die Befestigungsbauten aus der nicht ganz so langen Vergangenheit an.
26.07.
Geologie-Rundwanderung: Bivio - Julierpass - Val d'Agnel - Fuorcla dil Leget - Val da Natons - Bivio
Quasi als Abschiedstour: Mit dem Postauto auf den Julierpass, dann zum dunkelblauen Badeseeli mitten in der Mondlandschaft der Fuorcla dil Leget und durch wilden Guet da Beiva zurück nach Bivio. Das Geologie-Set inklusvie Hammer und Karte kann beim Tourist-Info in Bivio bezogen werden.
27.07.
Stallerberg - Juf - Ausserferrera
Heute heisst es Abschied nehmen. lemon muss zurück zur Arbeit. kopfsalat darf/muss alleine weiter. Ob der Auf- und Abstieg wohl deshalb eher ereignislos war? ich weiss es nicht mehr.
Auf die Frage, wo man hier übernachten könne, verweist man mich auf eine Gruppenunterkunft in Ausserferrera. So nehme ich das Postauto dorthin.
28.07.
Alp Nursera - Val Niemet - Pass da Niemet - Stuetta
Steiler Aufstieg mit teilweise anspruchsvoller Wegfindung. Oben ist die Richtung dann gegeben auch wenn die Wege deshalb nicht klarer sind. Im Val Niemet dann zusammen mit ein paar Mountain-Bikern zum Grenzpass. Das Rif. Bertacchi ist leider schon voll, so wandere ich eben auf gut ausgebautem Weg nach Stuetta hinunter.
Mit der Polenta hätte man problemlos eine Staumauer bauen können und der gebeitzte Hirsch war zu Lebzeiten wohl eher eine Kuh aber ansonsten war die Pension ganz ok, wenn man vom durchhängenden Zwergenbett absieht. Sogar eine Dusche mit warm Wasser gab es.
29.07.
Monte Spluga - Splügenpass - Tamboalp - Areuapass - Alp de Rog - Nufenen - Chur - Basel
Der (wenn auch nur temporäre) Abschied von lemon liess mich nicht los. Zu lange waren wir gemeinsam unterwegs. Lustlos machte ich mich auf den Weg zum Splügenpass. In mir rumorte es mental: Jetzt wo ich schon mal hier bin, sollte ich es doch ausnützen und geniessen. Aber der Genuss wollte sich nicht einstellen. Ich gab mir noch einmal einen Schupf: "Bis San Bernardino schaffst du es noch!"
Nachdem ich im Abstieg vom Areuapass aufgrund der nur mangelhaften Markierungen einen kräftezehrenden Fehler beging und gut 100 Höhenmeter in ein Bachbett ohne Weiterweg abstieg, war mein Entschluss klar. Ich hatte genug, heute Abend gehts nach Hause.
Durch die Areuaschlucht und über den Hinterrhein hinauf nach Nufenen, wo das Express-Postauto Bellinzona-San Bernardino-Chur mich mitnimmt.
Fazit: Nie mehr eine Tour gemeinsam beginnen und sich dann unterwegs trennen.
Bonus: der Weiterweg rund um's Tessin und dem Wallis entlang bis an den Genfersee, sowie die Etappe von St. Antönien bis Samnaun, sind schon pfannenfertig geplant und müssen nur aus der Schublade gezogen werden.
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