Indemini ist recht bekannt in der Schweiz. Der Rest des weitläufigen Valle di Veddasca jedoch kaum. Und der Markt von Luino kennt man von den Busfahrten. Jeden Mittwoch. Ein Besuch des Valle Veddasca lohnt sich alleweil. Auch wenn die italienischen Busse mal einfach eine angesagte Fahrt nicht durchführen, die Turm-Uhren notorisch defekt sind und der Billetautomat der Eisenbahn ohne Vorwarnung den Geist aufgibt. Italianità! Da könnten wir überperfekte Deutschschweizer einiges Lernen.
Könnte ja mit dem Auto gehen. Aber nein: Ö.V. ist angesagt. So kann ich um zehn Uhr in Indemini 979m starten. Ich suche den alten Weg durch die Schlucht hindurch. Gleich bei der Kirche – hinter dem Friedhof – sticht er hinunter zur Schweizergrenze. Einige Ruinen sind wohl in der LK eingezeichnet, doch ist die Führung des Weges eine andere. Ich erreiche Valle del Ri (Schweizergrenze) 800m und finde auf Anhieb am Gegenhang das schmale Wegband, welches mit Trockensteinmauern kunstvoll verbreitert wurde. Der Zahn der Zeit hat eine grosse Bresche hinterlassen. Der Weg ist unterbrochen und ein heikles Manöver wäre angesagt. Ich blase zum Rückzug und erreiche wieder meinen Ausgangspunkt Indemini 979m.
Auf der Strasse wandere ich im schönsten Sonnenschein hemdsärmelig, in der Summe beinahe waagrecht, nach Biegno 915m, die Schlucht oben durch umgehend. Schweizer Zoll. Italienischer Zoll. Das waren noch Zeiten, als diese besetzt waren! Heutzutage ist nicht einmal der Vorplatz gewischt. Diese Strasse wurde 1969 fertig erstellt und war die letzte Etappe des Ausbaus der Fahrstrasse von Maccagno nach Biegno/Indemini, welche 1919 begonnen wurde. Diese Dörfer liegen an den Hang geklebt wie "d’Hüener uf em Stengeli“. Bis Graglio alle beinahe auf gleicher Höhe. Es scheint, dass die ehemalige Haupterschliessung über das auf der Talsohle liegende Piero (Ponte di Piero) vertikal erfolgt war. Zu unwegsam waren die Flanken.
Der alte Weg von Biegno nach Lozzo 874m geht weit oberhalb der Fahrstrasse hindurch (Pt. 975). Ich sehe den Einstieg und bin mir nicht sicher, ob der Weg durchgehend ist. Keine Markierung. Erstaunt bin ich dann weiter unten, einen Wegweiser „Sentiero antico“ zu sehen. Lozzo ist recht gut im Schuss und ein kleines Paradies.
Nun weiter – wie gesagt beinahe horizontal – nach Armio 896m, dem Hauptort der Veddasca. Ebenfalls schön ausgebaut und durchgehend bewohnt. Man sieht auch von hier den Lago Maggiore nicht. Restaurant. Ich konsultiere den Bus-Fahrplan. LETZTER BUS AN WERKTAGEN (FERALE) UM 13 40 Uhr. Schulbus um 15 20 Uhr. Da wart ich mal den Bus ab und lass mich nach Maccagno chauffieren. Um zwei Uhr erkundige ich mich bei netten Passanten. Kommt schon. Und hin und her bis eine kompetente Auskunft erfolgt: Der 13 40 Uhr-Bus fährt nicht. Aha!
So entschliesse ich mich für eine weitere Etappe zum nächsten Dorf: Graglio 860m. Nach ein paar Metern zweigt eine Strasse gegen Forcora hinauf ab. Wintersportgebiet und der Lago Delio. Noch ein kleines Stück Strasse und der alte Weg beginnt hangwärts, um parallel zur Fahrstrasse in den Dorfkern von Graglio einzumünden. Graglio ist das letzte Dorf der horizontalen Serie. Nachher windet sich die Strasse 200 Höhenmeter nach Cadero hinab. Doch für heute reicht‘s.
Tatsächlich kommt der Bus. Und pünktlich um 15 20 Uhr.
Pünktlich nach knapp 2 Stunden.
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