Einsamer Alpstein (Stoss, 2110 m)
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Wenn der Sprecher von Meteo Schweiz fürs Wochenende "ideales Berg- und Wanderwetter" ankündigt, dann ist damit zu rechnen, dass sich halbe Städte entleeren und in die "Hauptverkehrsachsen" rund um den Säntis ergiessen. Wer an solchen Tagen dennoch abseits des Menschenstroms im Alpstein wandern möchte, findet auf dieser Tour so gut wie sicher die gewünschte Ruhe und die einsame Natur. Auf der ganzen Strecke zwischen Unterwasser und Tierwies bin ich an diesem Samstag, abgesehen von vielleicht einem Dutzend, mit Bergseilen bepackten Personen, die dem Klettergarten zustrebten, höchst selten einer Menschenseele begegnet. Zu erwähnen sind noch die beiden Hirten bei der Alp Trosen, die sorgsam die letzten Kuhfladen einsammelten. Welch ein Kontrast zu unserer Wegwerfgesellschaft!
Zu dieser Tour inspiriert worden bin ich übrigens durch die verschiedenen Berichte auf dieser Seite, die als Vorbereitung wertvolle Dienste leisten. Namentlich die stets präzisen und vertrauenswürdigen Berichte von Alpstein, dem an dieser Stelle besonders auch für die anschaulichen Hinweise zur Besteigung des Stoss gedankt sei.
Wer ohne Auto unterwegs ist, hat zwar den Nachteil, auf den Fahrplan der öffentlichen Verkehrsmittel achten zu müssen, braucht dafür aber nicht unbedingt zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Aus diesem Grund bin ich frühmorgens mit der Bahn nach Unterwasser (906 m) gefahren und beginne den Aufstieg beim riesigen Hauptwegweiser mit den teils verwirrenden Zeitangaben. Der Stoss (2110 m) ist dort nicht einmal aufgeführt, so dass jemand gar nicht spontan auf die Idee kommen könnte, ihn als Ziel auszuwählen. Angegeben ist dafür der Silberplatten, der in rekordverdächtigen 3 h 55 min zu erklimmern sei. Genauer gesagt von Lauchwis (1830 m und 3 h 10 min laut Wegweiser) in 45 Minuten auf den Silberplatten-Gipfel (2158 m), samt rund 100 Höhenmeter Abstieg nach dem Stosssattel und anschliessendem Wiederaufstieg! Nur nebenbei bemerkt: Wer sich darauf einlässt, sucht nachher auf dem ganzen Weg vergeblich nach weiteren Hinweisen, wie er zum Silberplatten kommt...
Da ich wohl oder übel auch den Weg bis zum Parkplatz Laui unter die Füsse nehmen muss, mache ich zum Auftakt noch einen Abstecher zu den Thurfällen, die auch bei Niedrigwasser (wie zu dieser Jahreszeit) ein bezauberndes Naturschauspiel bieten. Ab Alpli ist der Weg bereits weiss-rot-weiss markiert. In Wirklichkeit bewegt man sich bis zur Alp Trosen auf einem Fahrweg, erst ab etwa 1400 m Höhe wird der Pfad etwas rauher und verdient die Charakterisierung T2. Die Orientierung ist denkbar einfach: Man braucht bloss den zahlreichen Markierungen zur Alp Schrenit (1646 m) zu folgen. Dort kann ich statt Gemsen ein paar Kletterer beobachten, die sich in den Felsen der Stoss-Südwand (Mittagwand) vergnügen. Der Weg steigt weiter an zur Lauchwis und anschliessend auf den abgegrasten Weiden Richtung Stosssattel. Die Sonne brennt die ganze Zeit noch immer spätsommerlich heiss, gar nicht herbstlich mild. Angenehm bemerkbar macht sich dafür ab einer bestimmten Höhe die "Klimaanlage der Natur" mit einem kühlen Lüftchen aus Nordwest. Inzwischen habe ich seit Beginn gut tausend Höhenmeter zurückgelegt, bin rund vier Stunden unterwegs, davon etwa dreieinhalb reine Marschzeit, und der Magen knurrt. An der Gratkante finde ich ein paar Felsen, die zur Mittagsrast einladen und eine prächtige Rundsicht bieten.
Frisch gestärkt mache ich mich wieder auf zum Stosssattel. Bald einmal ein abrupter Wechsel auf die Schattenseite hinüber, wo die letzten Neuschneeresten vermutlich eben erst weggeschmolzen sind. Der Weg führt jetzt auch durch teilweise abschüssiges Gelände (T3) und sollte darum mit der entsprechenden Vorsicht begangen werden. Vom Stosssattel (2044 m) bis zum Gipfel hat es keine Markierungen mehr, so dass man sich - nebst den vorzüglichen Berichten auf hikr.org - auf die Wegspuren und den eigenen Orientierungssinn verlassen muss. So gehe auch ich auf den (leider durchnässten) Spuren im Gras bis unter die Felsen des Vorgipfels, dann diesen entlang zum Grat, auf dem ein Maschendrahtzaun an geeigneter Stelle überstiegen werden kann. Von hier sind die Gipfelfelsen bereits gut erkennbar und in greifbarer Nähe. Die Wegspur führt horizontal durch eine steile, aber trockene Grasflanke in eine schattige, rutschige Rinne, in der es hinaufgeht. So bin ich froh, als ich die Gipfelfelsen erreiche, an denen ich mich festhalten kann. Wenige, gut gestufte Meter, die es zu erklettern gilt, dann steht man auf dem einsamen Gipfel des Stoss. Anstelle eines Kreuzes schmückt ihn eine schicke Windfahne aus rostfreiem Stahlblech. Daran befestigt ist auch die Schatulle mit dem Gipfelbuch - erst Band 7 seit 1923! Die Rundsicht ist von unbeschreiblicher Schönheit, nur ab und zu zerreisst das Knattern eines Helikopters die grandiose Stille.
Der Abstieg ist, abgesehen von der rutschigen Rinne, so problemlos wie der Aufstieg. Das Stück vom Stosssattel zum Gipfel und zurück darf zu Recht als T4 (die schattigen und rutschigen Stellen als T4+) eingestuft werden. Die gut markierte Fortsetzung verläuft über weite Strecken im Geröll und über holprige Karren. Zuerst geht es rund 100 Höhenmeter hinab, unter den Silberplattenköpfen durch, dann alles wieder hinauf zum Silberplattensattel. Anschliessend führt der Weg vergleichsweise sanft, immer wieder leicht auf und ab, hinüber zur Tierwis (2085 m). Dort überlege ich mir, während ich mich im Berggasthaus stärke, den Abschluss der Tour: Hinab zur Schwägalp oder hinauf zur Stütze II der Säntisbahn, die in einer guten halben Stunde bequem erreichbar ist? Angesichts der vorgerückten Stunde entscheide ich mich für die zweite Variante. Auf dem Wegstück dorthin kreuze ich zahlreiche Wanderer mit Stöcken und ohne, beobachte einen Jogger, der möglicherweise für den nächsten Bergmarathon trainiert, ausserdem treffe ich auf zwei Montainbiker, die soeben den Bergweg heruntergerast sind. Kurzum, ich befinde mich auf einer der erwähnten "Hauptverkehrsachsen". Als ich später an der Stütze II die Seilbahn betrete, geht ein Raunen durch die Reihen: "Ah, wenn wir das gewusst hätten..."
Eigentlich hätte ich an diesem Tag gerne auch noch den Silberplatten besucht. Doch nach dem Abstieg vom Stoss und dem anschliessenden Wiederaufstieg war ich bereits unterhalb des Silberplattensattels hundemüde, hatte beide Trinkflaschen bis auf den letzten Tropfen geleert und spürte meine Gelenke. Mich unter solchen Umständen zum Gipfelkreuz hinaufzuschleppen, hätte wenig Freude gemacht. Nach Speis und Trank in der Tierwis ging es wieder besser. Vielleicht lasse ich mich ein nächstes Mal für den Besuch des Silberplatten faul bis zur Stütze II hinaufchauffieren, mache eine richtige Genusstour und kehre anschliessend wieder dorthin zurück. ;-)
Zu dieser Tour inspiriert worden bin ich übrigens durch die verschiedenen Berichte auf dieser Seite, die als Vorbereitung wertvolle Dienste leisten. Namentlich die stets präzisen und vertrauenswürdigen Berichte von Alpstein, dem an dieser Stelle besonders auch für die anschaulichen Hinweise zur Besteigung des Stoss gedankt sei.
Wer ohne Auto unterwegs ist, hat zwar den Nachteil, auf den Fahrplan der öffentlichen Verkehrsmittel achten zu müssen, braucht dafür aber nicht unbedingt zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Aus diesem Grund bin ich frühmorgens mit der Bahn nach Unterwasser (906 m) gefahren und beginne den Aufstieg beim riesigen Hauptwegweiser mit den teils verwirrenden Zeitangaben. Der Stoss (2110 m) ist dort nicht einmal aufgeführt, so dass jemand gar nicht spontan auf die Idee kommen könnte, ihn als Ziel auszuwählen. Angegeben ist dafür der Silberplatten, der in rekordverdächtigen 3 h 55 min zu erklimmern sei. Genauer gesagt von Lauchwis (1830 m und 3 h 10 min laut Wegweiser) in 45 Minuten auf den Silberplatten-Gipfel (2158 m), samt rund 100 Höhenmeter Abstieg nach dem Stosssattel und anschliessendem Wiederaufstieg! Nur nebenbei bemerkt: Wer sich darauf einlässt, sucht nachher auf dem ganzen Weg vergeblich nach weiteren Hinweisen, wie er zum Silberplatten kommt...
Da ich wohl oder übel auch den Weg bis zum Parkplatz Laui unter die Füsse nehmen muss, mache ich zum Auftakt noch einen Abstecher zu den Thurfällen, die auch bei Niedrigwasser (wie zu dieser Jahreszeit) ein bezauberndes Naturschauspiel bieten. Ab Alpli ist der Weg bereits weiss-rot-weiss markiert. In Wirklichkeit bewegt man sich bis zur Alp Trosen auf einem Fahrweg, erst ab etwa 1400 m Höhe wird der Pfad etwas rauher und verdient die Charakterisierung T2. Die Orientierung ist denkbar einfach: Man braucht bloss den zahlreichen Markierungen zur Alp Schrenit (1646 m) zu folgen. Dort kann ich statt Gemsen ein paar Kletterer beobachten, die sich in den Felsen der Stoss-Südwand (Mittagwand) vergnügen. Der Weg steigt weiter an zur Lauchwis und anschliessend auf den abgegrasten Weiden Richtung Stosssattel. Die Sonne brennt die ganze Zeit noch immer spätsommerlich heiss, gar nicht herbstlich mild. Angenehm bemerkbar macht sich dafür ab einer bestimmten Höhe die "Klimaanlage der Natur" mit einem kühlen Lüftchen aus Nordwest. Inzwischen habe ich seit Beginn gut tausend Höhenmeter zurückgelegt, bin rund vier Stunden unterwegs, davon etwa dreieinhalb reine Marschzeit, und der Magen knurrt. An der Gratkante finde ich ein paar Felsen, die zur Mittagsrast einladen und eine prächtige Rundsicht bieten.
Frisch gestärkt mache ich mich wieder auf zum Stosssattel. Bald einmal ein abrupter Wechsel auf die Schattenseite hinüber, wo die letzten Neuschneeresten vermutlich eben erst weggeschmolzen sind. Der Weg führt jetzt auch durch teilweise abschüssiges Gelände (T3) und sollte darum mit der entsprechenden Vorsicht begangen werden. Vom Stosssattel (2044 m) bis zum Gipfel hat es keine Markierungen mehr, so dass man sich - nebst den vorzüglichen Berichten auf hikr.org - auf die Wegspuren und den eigenen Orientierungssinn verlassen muss. So gehe auch ich auf den (leider durchnässten) Spuren im Gras bis unter die Felsen des Vorgipfels, dann diesen entlang zum Grat, auf dem ein Maschendrahtzaun an geeigneter Stelle überstiegen werden kann. Von hier sind die Gipfelfelsen bereits gut erkennbar und in greifbarer Nähe. Die Wegspur führt horizontal durch eine steile, aber trockene Grasflanke in eine schattige, rutschige Rinne, in der es hinaufgeht. So bin ich froh, als ich die Gipfelfelsen erreiche, an denen ich mich festhalten kann. Wenige, gut gestufte Meter, die es zu erklettern gilt, dann steht man auf dem einsamen Gipfel des Stoss. Anstelle eines Kreuzes schmückt ihn eine schicke Windfahne aus rostfreiem Stahlblech. Daran befestigt ist auch die Schatulle mit dem Gipfelbuch - erst Band 7 seit 1923! Die Rundsicht ist von unbeschreiblicher Schönheit, nur ab und zu zerreisst das Knattern eines Helikopters die grandiose Stille.
Der Abstieg ist, abgesehen von der rutschigen Rinne, so problemlos wie der Aufstieg. Das Stück vom Stosssattel zum Gipfel und zurück darf zu Recht als T4 (die schattigen und rutschigen Stellen als T4+) eingestuft werden. Die gut markierte Fortsetzung verläuft über weite Strecken im Geröll und über holprige Karren. Zuerst geht es rund 100 Höhenmeter hinab, unter den Silberplattenköpfen durch, dann alles wieder hinauf zum Silberplattensattel. Anschliessend führt der Weg vergleichsweise sanft, immer wieder leicht auf und ab, hinüber zur Tierwis (2085 m). Dort überlege ich mir, während ich mich im Berggasthaus stärke, den Abschluss der Tour: Hinab zur Schwägalp oder hinauf zur Stütze II der Säntisbahn, die in einer guten halben Stunde bequem erreichbar ist? Angesichts der vorgerückten Stunde entscheide ich mich für die zweite Variante. Auf dem Wegstück dorthin kreuze ich zahlreiche Wanderer mit Stöcken und ohne, beobachte einen Jogger, der möglicherweise für den nächsten Bergmarathon trainiert, ausserdem treffe ich auf zwei Montainbiker, die soeben den Bergweg heruntergerast sind. Kurzum, ich befinde mich auf einer der erwähnten "Hauptverkehrsachsen". Als ich später an der Stütze II die Seilbahn betrete, geht ein Raunen durch die Reihen: "Ah, wenn wir das gewusst hätten..."
Eigentlich hätte ich an diesem Tag gerne auch noch den Silberplatten besucht. Doch nach dem Abstieg vom Stoss und dem anschliessenden Wiederaufstieg war ich bereits unterhalb des Silberplattensattels hundemüde, hatte beide Trinkflaschen bis auf den letzten Tropfen geleert und spürte meine Gelenke. Mich unter solchen Umständen zum Gipfelkreuz hinaufzuschleppen, hätte wenig Freude gemacht. Nach Speis und Trank in der Tierwis ging es wieder besser. Vielleicht lasse ich mich ein nächstes Mal für den Besuch des Silberplatten faul bis zur Stütze II hinaufchauffieren, mache eine richtige Genusstour und kehre anschliessend wieder dorthin zurück. ;-)
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