Die ganze Woche hatte ich mich bereits auf den Freitag gefreut, denn dieser versprach Spätsommerwetter der prächtigsten Sorte. Nachdem ich aber am Dienstag einen ersten, eher unschönen Salto vom Velo veranstaltet hatte und einen Tag später noch von einem Auto über den Haufen gefahren wurde, zogen dunkle Wolken über meinen Freitagsplänen auf. So wusste ich bis am späten Donnerstagabend dann nicht recht, wohin die Reise führen sollte. Eine anstrengende, aber nicht allzu schwierige Tour sollte es sein, da ich noch einiges an Prellungen, Schürfungen und vor allem ein ziemlich kaputtes Handgelenk zu beklagen hatte. Zudem sollte die Reise nicht allzu weit gehen, aber doch noch einmal relativ hoch hinaus, bevor am Sonntag der Schnee fallen würde. Meine Wahl fiel schliesslich auf eine lange Tour vom Melchtal nach Engelberg mit Huetstock, Zahm Geissberg und Nünalphorn. Wie sich herausstellen sollte eine hervorragende Entscheidung.
Mit der frühesten ÖV-Verbindung landete ich bereits um kurz nach 7 Uhr nach Melchtal. Auf sehr gut ausgeschildertem Weg gelangte ich durch den Wald zur Alp Turren. Fortan ging es etwas flacher weiter und bald war die Fomatt erreicht. Nun wurde die Sache langsam steiler, doch ich kam schnell voran. Vor und nach der Unter Wend blieb ich ein paar Mal stehen, um die herumlungernden Gemsen zu begutachten. Unterhalb der Vorstegg dann die ersten Sonnenstrahlen und nach dem Znüni ging's weiter zu P. 2217. Die Abzweigung zum Zahm Geissberg bzw. zum Huetstock war nicht zu verfehlen. Auf dem Grat stieg der Weg steil an. Markierungen gab's fortan keine mehr, aber der Weg wies den Weg (welch gelungene Formulierung...!). Kurz vor zehn Uhr, also 2h 40min kam ich auf dem Zahm Geissberg an.
Der Aufstieg zum Huetstock lag noch im Schatten, die Flanke schien steil und von weitem war mir die Route nicht wirklich klar. Zweifel kamen auf, ob das wohl eine gute Idee sein würde angesichts meiner eingeschränkten Kraxelfähigkeiten. Nach meinen beiden Unfällen in dieser Woche regierte auch eine etwas übertriebene, wenn auch nachvollziehbare Übervorsicht: ein drittes Mal wollte ich nicht den Boden küssen. Naja, am Besten war's wohl, die Sache mal aus der Nähe zu anzuschauen, denn meine Informationen über den Huetstock besagten ja, dass der Aufstieg keinerlei wirklichen Probleme bieten sollte.
Und prompt: Die halbe Stunde, welche ich auf den Gipfel brauchte, war ein Genuss. Stets etwas rechts unterhalb des Grates haltend, führten die Wegspuren in die Westflanke. Die Hände galt es nur an wenigen Stellen einzusetzen. Kurz bevor's wirklich aufwärts ging, führte der Pfad in eine enge Felsgasse, welche wohl keine 40cm breit war. Etwas unterhalb des Gipfels wurde es kurz etwas rutschiger und danach stand eine letzte, kurze und einfache Kraxelei auf das Gipfelplateau an. Der Weg war nirgends ausgesetzt und deutlich einfacher, als ich es mir auf dem Zahm Geissberg noch ausgedacht hatte.
Um 10.30 Uhr stand ich mutterseelenalleine auf dem Huetstock. Das Wetter und die Sicht hätten besser kaum sein können. „Hecher uifä wär ä Seich“, schrieb jemand ein paar Tage zuvor ins Gipfelbuch. Besser hätte man es wirklich nicht formulieren können...
Nach ausgiebiger Rast begab ich mich in den Abstieg. Es stand ja noch das Nünalphorn auf dem Programm und der Weg nach Engelberg schien lang. Vorsichtig, um nicht auf mein Handgelenk zu fallen, lief ich zurück zu P. 2217 hinunter. Bei nassen Bedingungen ist der Weg wohl nicht allzu angenehm, denn er verläuft meist in steilem Gras und die felsige Unterlage ist ziemlich speckig. Von P. 2217 ging's wieder rot-weiss markiert weiter zum Juchlipasss. Die 200 Höhenmeter auf das formschöne Nünalphorn waren schnell bewältigt und 1h 20min nach Abmarsch auf dem Huetstock stand ich auf dem Gipfel.
Hier war's nun nicht mehr ganz so einsam und bald stieg ich zum Juchli ab. Engelberg schien noch weit – und erwies sich als weit. Und vor allem als mühsam. Nach dem Juchli ging's nämlich zuerst durch sehr rutschiges Gelände steil hinunter. Das Geröll eignete sich nicht zum Surfen und so kam in dieser Passage nirgends wirklich Freude auf. Nach einem grasigen Zwischenstück begann ab der Haltenhütte schliesslich der Asphalt, welcher mich auf dem Weg via Unter Trüebsee fortan meist begleitete. Das einzig wirklich schöne am Abstieg war das wunderbare Panorama. Kurz nach 15 Uhr, d.h. ziemlich genau 8h nach Abmarsch in Melchtal, erreichte ich den Bahnhof von Engelberg. Bei einem allfälligen nächsten Mal werde ich aber eher nach Melchtal absteigen oder gleich noch den Widderfeldstock anhängen.
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