Das Matterhorn des Valsertals - Zervreilahorn mit 3000-er Zugabe
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Der Anblick des Zervreilahorns von Nordosten ist ein Klassiker einer schönen Berggestalt und ist wohl der Grund, warum es den Beinamen "Matterhorn des Valsertals" bekommen hat. Obwohl es aus dieser Perspektive für Nichtkletterer unbesteigbar aussieht, gibt es über den Südgrat eine für Alpinwanderer machbare Kraxelroute. Als Tagestour mit Anreise nach Zervreila sollte es gut machbar sein, wer aber auch noch das nahe gelegene Furggeltihorn anhängt, muss sich bei einem öV Zeitfenster von knapp 7 1/2h doch etwas beeilen.
So schlecht wie heute war ich schon lange nicht mehr auf eine Tour vorbereitet. Eine grobe Idee über dessen Verlauf hatte ich mir zwar schon seit längerem zurechtgelegt, aber dabei blieb es denn auch. Insbesondere was den schwierigsten Teil den Zervreilahorn-Südgrat und dessen Zustieg anbelangt, hatte ich keine Details im Sack. Als ich mir am Vorabend ebensoclhe Details noch zu Gemüte führen wollte, scheiterte dies erstens an einem Bündner SAC Führer, der "missing in action" war und daran, dass die entsprechenden hikr-Berichte keine genaueren Routenbeschreibungen preisgeben ("Der Abstieg vom Südgipfel erfolgt ohne Schwierigkeiten in den südlich gelegenen Sattel", "Südgrat: Stellen II, einige Bohrhaken vorhanden" oder (wohl falsch) "in anspruchsvollem Alpinwandern über den SW-Grat". Nun denn, so dachte ich mir, wenn es schon keine detailierte Beschreibungen gibt, wird das Ganze wohl offensichtlich sein.
Von der Endstation Zervreila laufe ich zuerst zur Kapelle und weiter zur Canalbrücke (Auch hier macht sich die schlechte Planung bemerkbar, denn da ja beide Punkte auf Stauseehöhe sind, habe ich auf der Karte übersehen, dass man bei dieser Strecke sowohl beim Hin- wie auch Rückweg etwa 150Hm überwinden muss). Zügig laufe ich von der Canalbrücke dem gut markierten Wanderweg entlang nach Ober Butz und muss immer wieder innehalten, um das Zervreilahorn aus dieser Perspektive zu bestaunen. Bei der Ober Butz schaue ich mal die Wand hoch zu den beiden Gipfeln des Zervreilahorns und frage mich, ob ich wohl schon hier hoch zum Südgrat kann/muss.
Da das Ganze einigermassen gangbar dreinschaut, entschliesse ich hier Richtung der grossen Scharte zwischen den beiden Gipfeln auf einem mässig steilen, sich verengenden Grashang hochzugehen. Dieser überwindet den ersten Felsriegel in der Flanke und ich gelange zum nächsten etwas flacheren Stück. Dort wende ich mich nun nach links und laufe entlang einer immer steiler werdenden Rampe, dicht dem nächsten Abbruch folgend Richtung Westen zum Südgrat, welchen ich auf einem kleinen Absatz auf ca. 2800m problemlos erreiche (bis hier T4).
Hier nun stelle ich fest, dass der Normalzustieg zum Südgrat wohl weiter südlich verlaufen würde, denn von meinem Standpunkt sehe ich leicht westlich des Grates deutliche Pfadspuren, welche vom tiefsten Punkt zwischen P. 2821 und Zervreilahorn hier hoch führen. Der Rest des Südgrates bis zum Gipfel bietet dann anregende, zum Teil recht ausgesetzte Gratkletterei im zweiten Grad und ist immer bestens mit Steinmannli markiert, Bohrhaken zur Sicherung wären auch vorhanden. Die Inspektion des Gipfelbuches verrät mir dann, dass dieser Berg erstaunlich wenig besucht wird. Zwar füllt sich das Buch langsam, aber es liegt immerhin schon seit den 90-er Jahren hier oben.
Nach (anstatt vor) einer ausgiebigen Pause mache ich mir nun Gedanken über meinen weiteren Routenverlauf. Reicht die Zeit noch um dem Furggeltihorn auch noch einen Besuch abzustatten? Ich rechne und komme zum Schluss, dass wenn ich vor 15h auf dessen Gipfel stehe und anschliessend bis etwa 2600m die "geröll-surf-fähig ausschaunende" Nordflanke abrutschen kann, sollte dies einigermassen passen. Also nichts wie los.
Das Abklettern des obersten Teil des Zervreilahorn Südgrates ist wie gesagt zum Teil relativ luftig und erfordert die nötige Vorsicht. Der Abschnitt von meinem Einstiegspunkt zum Sattel nördlich von P. 2821 ist jedoch schon fast Gehgelände. Da mir der Abbruch nach P. 2821 den Eindruck macht, dass er nicht abkletterbar ist, umgehe ich diesen östlich unter möglichst geringem Höhenverlust (ca. 2650m) und gelange so zum Furggelti. Von dort nun geht es in etwas mühsamen (und deshalb weniger schnell als erwartet...) Blockgeröll dem Nordgrat folgend hoch zum Furggeltihorn (T3), welches ich kurz vor 15h erreiche. Von hier nun eröffnet sich ein schöner Ausblick zum Güferhorn/-gletscher und natürlich zur Adula.
Da ich schon etwas knapp an der Zeit bin, mache ich keine grosse Flausen mehr, sondern steche schon bald in die Nordflanke. Diese entpuppt sich zu meinem Unmut nicht als "absurfbar", sondern als ziemlich mühsame Geröllwüste mit einem bunten Gemisch aus losen, festen, grossen und kleinen Gesteinsbrocken. Nichts desto trotz gebe ich mir Mühe den lezten Bus (17:05h) zu erwischen. 40 Minuten vor dessen Abfahrt stehe ich unten am Zervreilasee auf der Kiesstrasse. Dort hat es einen "neckischen Wegweiser", welcher behauptet: "Zervreila 1 1/2 Std". Ui, das könnte knapp werden... Also gebe ich nochmals etwas Gas und "geniesse" die Gegensteigung zur Kapelle hoch in der heissen Nachmittagssonne und die Teerstrasse hinunter zur Restaurant Zervreila, wo ich auch tatsächlich gerade noch rechtzeitig eintreffe.
Fazit:
- Trotz mangelnder Tourenvorbereitung habe ich den Südaufstieg zum Zervreilahorn gut gefunden, wohl aber mit einem - im Vergleich zur Führerliteratur - alternativem Zustieg.
- Ein öV Zeitfenster von 7 1/2 Stunden für die Kombination Zervreilahorn/Furggeltihorn ist etwas knapp, ein Gipfel alleine wäre deutlich gemütlicher!
- Als Alternative zum letzten Bus um 17:05h ab Zervreila böte sich die Abfahrt vom Restaurant Zervreila mit einem gemieteten Trottinet nach Vals, Post an. Dort fährt nämlich der letzte Bus ins Unterland erst um 19:15h.
Tourengänger:
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