"hikr-Erstbesteigung": An einem traumhaften Frühlingsnachmittag auf das Brucker Hölzle
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Es war im August 2024: Das Sommerloch bei der "Eßlinger Zeitung" musste wohl mit einem regionalen Thema für die Zwangs-Daheimgebliebenen gestopft werden. So kam also das Brucker Hölzle, die höchste Erhebung und gleichzeitig höchster Punkt des Landkreises Esslingen, zu unvermuteten medialen Ehren.
Der unscheinbare, albtypisch abgerundete Waldgupf mit einer Schartenhöhe von knapp 40 Höhenmetern, der selbst bei kahlen Bäumen in der Vor- und Nachsaison keinerlei Aussicht bietet, jwd liegt und auf den nicht einmal ein Pfad führt, ist selbstredend das kompromisslose Gegenteil eines Touristenmagneten. Nachdem allerdings im selben Atemzug zutreffend erwähnt wurde, der Hügel sei zugleich der höchste Punkt der "Region Stuttgart" (zu der neben Stuttgart noch die Landkreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Rems-Murr und Ludwigsburg gehören), ist meine Reizschwelle erreicht, auch wenn ich hier ohnehin regelmäßig unterwegs bin. Als Local muss ich das jetzt mal posten, bevor es andere machen. Heute wird ja jeder Gupf ins Netz gestellt. Ich erinnere mich an das Jahr 2012, als ich den Wegpunkt "Kleine Höfats" gesetzt habe. Das waren noch Pioniertaten...
Ja, und seit letzter Woche ist Stuttgart ohnehin wieder groß im Kommen. Der Einzug ins DFB-Pokalfinale, dazu mit besten Chancen, den Pott seit 1997, damals übrigens auch gegen einen Drittligisten, wieder ins Ländle zu holen, hat doch eine gewisse Euphorie in diesen tristen Zeiten entfacht. Da ist man doch endlich wieder selbstbewusst in der Heimat unterwegs.
Schon die Anfahrt ist ein Erlebnis. "Das Schönste an Stuttgart": So bezeichnete vor genau 30 Jahren ein gewisser Thomas Strunz die Autobahn A8 nach München. Seit wenigen Jahren stehen bei Mühlhausen und am Beginn des Drackensteiner Hangs zwei braune Hinweisschilder im Retro-Look, auf denen ein Pärchen im offenen Cabrio über eine selbstverständlich leere Autobahn in idyllischer Lage fährt, wegen der Gleichberechtigung einmal er, einmal sie am Steuer: "Schönste Autobahnstrecke Deutschlands". Wow. Hatte der Mann doch recht? Moment mal. Was erlauben Struuunz? Wer fährt schon mit Genuss auf dieser chronisch überfüllten Strecke? Ein paar Besoffskis vom Wasen zur Wiesn oder windige Geschäftsleute, die ihren überdimensionierten Dienstwagen "ausfahren" wollen und die Anfang Februar 2020 das Coronavirus in Nullkommanix von München herbrachten und schnell wieder von der Bildfläche verschwanden, aber ansonsten? Und die viele Zwangsarbeit im Dritten Reich, etwa am Lämmerbuckeltunnel, sollte man vielleicht auch ausblenden.
Die Strecke nimmt jedenfalls von Jahr zu Jahr mehr Zeit in Anspruch. Die legendäre Baustelle am Drackensteiner Hang aus den 80ern ist präsent wie eh und je, wenn sich der Verkehr mal wieder scheinbar grundlos staut. So einsam wie auf den Hinweisschildern war es aber auch vorher schon nicht. Dann noch der Blick auf die vielen Baustellen im Zuge von S 21. Richtig schön. Naja, bald kommt das Jahr 2032, und dann soll das Nadelöhr sechsspurig sein. Noch schöner...
Kurzum: Wer die Natur wirklich liebt, biegt so bald wie möglich in Richtung Allgäu oder zum Albtrauf ab. Und damit zurück zum Genuss.
Für öV-Anreisende gibt es eine direkte S-Bahn-Verbindung nach Kirchheim. Von dort fahren dann die Linien 175/176 zur Haltestelle "See, Bissingen" nahe des Wanderparkplatzes am See. Von dort erfordert die Zuwegung zum Beginn des abwechslungsreichen und lohnenden Premiumwanderweges "hochgehadelt" nahe des Schützenhauses einen 0,8 Kilometer langen Fußmarsch. Die Route ist eine der anspruchsvollsten von 22 Schwäbische Alb-"hochgehberge"-Touren, die vom Deutschen Wanderinstitut zertifiziert wurden.
Anschließend geht es bestens markiert zunächst durch das Bissinger Tal. Der kurze Abstecher zum Bleichehäusle entschädigt mit einer schönen Aussicht, bevor es über steile Wiesen zum Segelfluggelände auf dem Hörnle geht. Am Parkplatz vorbei und auf der monotonen Zufahrtsstraße hinauf zum Abzweig Burg Teck, 744m, und in wenigen Minuten zur Burg und zur Sibyllenhöhle. Während des Anstiegs mündet der HW1 ein, der bis zum Breitenstein den Wegverlauf vorgibt. Die Außengastronomie an der Burg ist bereits geöffnet, so dass ich mir eine längere Pause gönne. Heute ist ohnehin mein sportlicher Ruhetag, die Sicht ist besser als gestern, die Tage sind nach der Zeitumstellung "länger" und die Rückfahrt überschaubar. Die 78 Stufen auf den Turm hinauf müssen dennoch sein.
An den Resten der ehemaligen Flughalle vorbei zum "Gelben Fels", ein weiterer Aussichtspunkt mit Blickrichtung West, dann auf einem schmalen Weg unterhalb der Grathöhe in langgezogenem Gefälle zum Sattelbogenpass. Jenseits steiler Aufstieg zur Ruine Rauber, wobei die Holzbrücke zur Festung nicht mehr den allerstabilsten Eindruck macht. Hinter dem historischen Friedhof von Diepoldsburg verläuft der Pfad knapp unter der Albtraufkante und erfordert Trittsicherheit und gute Verhältnisse. Heute ist der Weg sehr gut abgetrocknet, daher bleibt die Schwierigkeit bei T2. Vom Wanderparkplatz Rauberweide verläuft der Weg glücklicherweise nicht auf, sondern, durch Schutzplanke getrennt von dieser, neben der Straße. Diese wird trotzdem einmal überquert. Ein abgesperrtes Weidegelände muss umwandert werden, dann steht der kurze, mir bisher unbekannte "Gipfelanstieg" durch das Unterholz auf die baumbestandene Hochfläche des Brucker (auch Bruckener) Hölzles an, wegen der Zeckengefahr mit Vorteil in langer Hose. "Irgendwo im nirgendwo" schreibt die Zeitung, und wie so oft auf den Höhen der Alb ist auch hier ein eindeutiger Kulminationspunkt nicht zu bestimmen.
Nicht zu verwechseln ist das Brucker Hölzle mit dem jenseits des Lenninger Tals liegenden Aussichtspunkt Brucker Fels am Nordostrand des "Bassgeige" genannten Höhenrückens, über den ebenfalls eine "Hochgehtour" führt.
Die auf dem Top of Esslingen fehlenden Panoramablicke gibt es allerdings kurz darauf, zunächst noch wohldosiert auf dem Bühl, und nach Durchwandern des wenige Hundert Einwohner zählenden Ochsenwang vor allem auf dem Breitenstein, der für seine phänomenalen Sonnenuntergänge auch heute zahlreich besucht wird. Hier wird gerne die Picknickdecke ausgebreitet, auch eine Erinnerung an längst vergangene Zeiten. 50 Hm unterhalb des Gipfels trennt sich der Premiumweg vom HW1 und verläuft in erstaunlich moderatem Gefälle mittels zahlreicher Kehren, zuletzt wesentlich steiler durch Wiesengelände, zurück zum Schützenhaus.
Fazit: Eine sehr lohnende Feierabendrunde im klassischen Stuttgarter Naherholungsgebiet, auch zum Genießen ganzjährig perfekt geeignet.
Der unscheinbare, albtypisch abgerundete Waldgupf mit einer Schartenhöhe von knapp 40 Höhenmetern, der selbst bei kahlen Bäumen in der Vor- und Nachsaison keinerlei Aussicht bietet, jwd liegt und auf den nicht einmal ein Pfad führt, ist selbstredend das kompromisslose Gegenteil eines Touristenmagneten. Nachdem allerdings im selben Atemzug zutreffend erwähnt wurde, der Hügel sei zugleich der höchste Punkt der "Region Stuttgart" (zu der neben Stuttgart noch die Landkreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Rems-Murr und Ludwigsburg gehören), ist meine Reizschwelle erreicht, auch wenn ich hier ohnehin regelmäßig unterwegs bin. Als Local muss ich das jetzt mal posten, bevor es andere machen. Heute wird ja jeder Gupf ins Netz gestellt. Ich erinnere mich an das Jahr 2012, als ich den Wegpunkt "Kleine Höfats" gesetzt habe. Das waren noch Pioniertaten...
Ja, und seit letzter Woche ist Stuttgart ohnehin wieder groß im Kommen. Der Einzug ins DFB-Pokalfinale, dazu mit besten Chancen, den Pott seit 1997, damals übrigens auch gegen einen Drittligisten, wieder ins Ländle zu holen, hat doch eine gewisse Euphorie in diesen tristen Zeiten entfacht. Da ist man doch endlich wieder selbstbewusst in der Heimat unterwegs.
Schon die Anfahrt ist ein Erlebnis. "Das Schönste an Stuttgart": So bezeichnete vor genau 30 Jahren ein gewisser Thomas Strunz die Autobahn A8 nach München. Seit wenigen Jahren stehen bei Mühlhausen und am Beginn des Drackensteiner Hangs zwei braune Hinweisschilder im Retro-Look, auf denen ein Pärchen im offenen Cabrio über eine selbstverständlich leere Autobahn in idyllischer Lage fährt, wegen der Gleichberechtigung einmal er, einmal sie am Steuer: "Schönste Autobahnstrecke Deutschlands". Wow. Hatte der Mann doch recht? Moment mal. Was erlauben Struuunz? Wer fährt schon mit Genuss auf dieser chronisch überfüllten Strecke? Ein paar Besoffskis vom Wasen zur Wiesn oder windige Geschäftsleute, die ihren überdimensionierten Dienstwagen "ausfahren" wollen und die Anfang Februar 2020 das Coronavirus in Nullkommanix von München herbrachten und schnell wieder von der Bildfläche verschwanden, aber ansonsten? Und die viele Zwangsarbeit im Dritten Reich, etwa am Lämmerbuckeltunnel, sollte man vielleicht auch ausblenden.
Die Strecke nimmt jedenfalls von Jahr zu Jahr mehr Zeit in Anspruch. Die legendäre Baustelle am Drackensteiner Hang aus den 80ern ist präsent wie eh und je, wenn sich der Verkehr mal wieder scheinbar grundlos staut. So einsam wie auf den Hinweisschildern war es aber auch vorher schon nicht. Dann noch der Blick auf die vielen Baustellen im Zuge von S 21. Richtig schön. Naja, bald kommt das Jahr 2032, und dann soll das Nadelöhr sechsspurig sein. Noch schöner...
Kurzum: Wer die Natur wirklich liebt, biegt so bald wie möglich in Richtung Allgäu oder zum Albtrauf ab. Und damit zurück zum Genuss.
Für öV-Anreisende gibt es eine direkte S-Bahn-Verbindung nach Kirchheim. Von dort fahren dann die Linien 175/176 zur Haltestelle "See, Bissingen" nahe des Wanderparkplatzes am See. Von dort erfordert die Zuwegung zum Beginn des abwechslungsreichen und lohnenden Premiumwanderweges "hochgehadelt" nahe des Schützenhauses einen 0,8 Kilometer langen Fußmarsch. Die Route ist eine der anspruchsvollsten von 22 Schwäbische Alb-"hochgehberge"-Touren, die vom Deutschen Wanderinstitut zertifiziert wurden.
Anschließend geht es bestens markiert zunächst durch das Bissinger Tal. Der kurze Abstecher zum Bleichehäusle entschädigt mit einer schönen Aussicht, bevor es über steile Wiesen zum Segelfluggelände auf dem Hörnle geht. Am Parkplatz vorbei und auf der monotonen Zufahrtsstraße hinauf zum Abzweig Burg Teck, 744m, und in wenigen Minuten zur Burg und zur Sibyllenhöhle. Während des Anstiegs mündet der HW1 ein, der bis zum Breitenstein den Wegverlauf vorgibt. Die Außengastronomie an der Burg ist bereits geöffnet, so dass ich mir eine längere Pause gönne. Heute ist ohnehin mein sportlicher Ruhetag, die Sicht ist besser als gestern, die Tage sind nach der Zeitumstellung "länger" und die Rückfahrt überschaubar. Die 78 Stufen auf den Turm hinauf müssen dennoch sein.
An den Resten der ehemaligen Flughalle vorbei zum "Gelben Fels", ein weiterer Aussichtspunkt mit Blickrichtung West, dann auf einem schmalen Weg unterhalb der Grathöhe in langgezogenem Gefälle zum Sattelbogenpass. Jenseits steiler Aufstieg zur Ruine Rauber, wobei die Holzbrücke zur Festung nicht mehr den allerstabilsten Eindruck macht. Hinter dem historischen Friedhof von Diepoldsburg verläuft der Pfad knapp unter der Albtraufkante und erfordert Trittsicherheit und gute Verhältnisse. Heute ist der Weg sehr gut abgetrocknet, daher bleibt die Schwierigkeit bei T2. Vom Wanderparkplatz Rauberweide verläuft der Weg glücklicherweise nicht auf, sondern, durch Schutzplanke getrennt von dieser, neben der Straße. Diese wird trotzdem einmal überquert. Ein abgesperrtes Weidegelände muss umwandert werden, dann steht der kurze, mir bisher unbekannte "Gipfelanstieg" durch das Unterholz auf die baumbestandene Hochfläche des Brucker (auch Bruckener) Hölzles an, wegen der Zeckengefahr mit Vorteil in langer Hose. "Irgendwo im nirgendwo" schreibt die Zeitung, und wie so oft auf den Höhen der Alb ist auch hier ein eindeutiger Kulminationspunkt nicht zu bestimmen.
Nicht zu verwechseln ist das Brucker Hölzle mit dem jenseits des Lenninger Tals liegenden Aussichtspunkt Brucker Fels am Nordostrand des "Bassgeige" genannten Höhenrückens, über den ebenfalls eine "Hochgehtour" führt.
Die auf dem Top of Esslingen fehlenden Panoramablicke gibt es allerdings kurz darauf, zunächst noch wohldosiert auf dem Bühl, und nach Durchwandern des wenige Hundert Einwohner zählenden Ochsenwang vor allem auf dem Breitenstein, der für seine phänomenalen Sonnenuntergänge auch heute zahlreich besucht wird. Hier wird gerne die Picknickdecke ausgebreitet, auch eine Erinnerung an längst vergangene Zeiten. 50 Hm unterhalb des Gipfels trennt sich der Premiumweg vom HW1 und verläuft in erstaunlich moderatem Gefälle mittels zahlreicher Kehren, zuletzt wesentlich steiler durch Wiesengelände, zurück zum Schützenhaus.
Fazit: Eine sehr lohnende Feierabendrunde im klassischen Stuttgarter Naherholungsgebiet, auch zum Genießen ganzjährig perfekt geeignet.
Tourengänger:
quacamozza

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