Wannig (2493 m) via "Normalweg" über Nassereither Alm


Publiziert von TheSwabian , 4. November 2024 um 13:53.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
Tour Datum:21 Oktober 2024
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1460 m
Abstieg: 1460 m
Strecke:19 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Parkplatz Rasthaus "Zugspitzblick" an der Fernpassstraße
Kartennummer:KOMPASS Wanderkarte 5 - Wettersteingebirge, Zugspitzgebiet

Heute soll es am Montag, dem 21. Oktober 2024, einem wunderschönen Berg-Herbsttag mit warmer Föhn-Wetterlage, auf den beeindruckenden Steinklotz des Wannig (auch bekannt als „Hochwannig“ und nicht zu verwechseln mit dem nur unweit entfernt in Sichtweite liegenden Hochwanner im Wettersteingebirge!) gehen. Der Wannig (2493 m) ist der westliche felsige Eckpfeiler der imposanten Mieminger Kette, die sich mit Gipfeln im Höhenbereich über 2700 m (Hochplattig, 2768 m; Östliche Griesspitze,  2747 m) und der Hohen Munde (2659 m) im Osten anschließt und vom Wannig-Gipfel schön überblickt werden kann. Geologisch wird der Wannig, wie die weiteren Gipfel der Mieminger Kette, im Wesentlichen durch den (für Bergsteiger und -wanderer ominösen) Wettersteinkalk aufgebaut. Lokal wurde oberhalb von Nassereith früher Blei- und Zinkerz abgebaut. Angesichts der exponierten Lage hoch über dem Fernpass, dem Ehrwalder Becken, dem Gurgltal sowie dem Inntal ist vom Gipfel des Wannig bei entsprechendem Wetter eine hervorragende Aussicht zu erwarten. Ich sollte am Ende auch nicht enttäuscht werden!

Zunächst aber noch ein paar Worte zu meiner Person, die vielleicht nicht das typische Klischeebild eines Bergwanderers abgibt. Zwar war ich seit meiner Kindheit, als Student und auch später schon sehr oft in den Alpen unterwegs, unter anderem auf Gipfeln deutlich über 3000 m und auf Touren mit mehr als 2000 Aufstiegs-Höhenmetern in einem Tag. Dennoch trage ich derzeit eine Plauze mit mir herum, die idealerweise gute 20 kg leichter sein sollte – mit häufigerer Aktivität im Gebirge soll sich das nun auch wieder bald ändern. Mit anderen Worten: dieser Bericht ist aus der Perspektive eines durchaus etwas übergewichtigen Gelegenheitsgehers geschrieben (das hier ist dieses Jahr meine dritte und wohl letzte Bergtour in den Tiroler Bergen), der nicht unbedingt die Fitness eines regelmäßig aktiven Alpinisten mitbringt. Für Euch, die hier sind, über den einfachen Normalweg auf den Wannig zu lesen, könnte dieser Umstand also indirekt schon von Relevanz sein wenn es darum geht: „Schaffe ich das?“, oder „Wie schwer ist dieser Normalweg überhaupt?“. Sicherlich sind andere Berggeher auch (deutlich) schneller als ich – auf das Tempo kommt es mir nicht an, sondern auf das Erlebnis. Mit der alpinen Erfahrung aus der Vergangenheit war mir schon im Vorfeld einigermaßen klar: Der Wannig ist sicherlich kein technisch schwieriger Berg. Er ist ein klassischer „Gehberg“, stellt aber durchaus eine gewisse Anforderung an Kondition und Geduld bzw. Durchhaltevermögen und Gehdisziplin im Gelände. Auch sollte man die Zeit für eine Tour auf den Wannig nicht unterschätzen und früh genug starten. Ein weiterer Grund, diese Zusammenfassung zu schreiben, ist auch der, dass der Wannig zwar öfters als schöne Grat-Überschreitung in Verbindung mit der Handschuhspitze auf hikr.org zu finden ist (laut hikr.org oberes T3-Gelände), allerdings nicht als „Standalone“ mit Ausgangspunkt im Fernpassgebiet und über die Nassereither Alm. Dieser „Normalweg“, der für die meisten wohl nur als Abstiegsoption dient, ist in den Kompass-Wanderkarten mit der Nr. 96 verzeichnet und erklimmt den Gipfel auf dessen Westseite. Auch, wenn die Beschilderung am Berg weder Zeit- noch Schwierigkeitsangaben zeigt (da steht i.d.R. nur „Wannig“ drauf), so würde ich sagen, dass es sich um einen typischen roten Bergweg im Schwierigkeitsbereich T3 handelt. Dementsprechend ist der Weg auf der Kompasskarte auch gestrichelt und nicht gepunktet dargestellt. Stahlseile oder andere Hilfen gibt es auf der gesamten Strecke keine.

Ausgangspunkt ist der Wanderparkplatz am Rasthaus „Zugspitzblick“ (ca. 1200 m) kurz nach 5 Uhr morgens mit Stirnlampe – es ist noch stockfinster, Orion mit Rigel und Beteigeuze strahlen hell, Wannig, Ehrwalder Sonnenspitze und Zugspitze scheinen fahl im Mondeslicht. Der sog. „Schöne-Aussicht-Weg“ führt jenseits der Fernpassstraße bei der benachbarten Bushaltestelle sogleich im stets ansteigenden Zickzack und über teils ausgebrochene Wurzeln (etwas Vorsicht ist gleich zu Beginn geboten) durch unregelmäßiges, bewaldetes Bergsturzgelände. Strecke ca. 1,8 km, etwa 130 Höhenmeter im Anstieg (Hm+), ca. 60 Höhenmeter im Abstieg (Hm-). Im Bereich „Eleni Platzle“ und unter Strommasten trifft man bei der „Schönen Aussicht“ mit Infotafeln zur Geschichte des Fernpasses, die bis in die Römerzeit reicht („Via Claudia Augusta“), die Forststraße zur Nassereither Alm (letztere kann auch manchmal als "Muthenau-Alm" ausgeschildert sein). Die „Schöne Aussicht“ zum Fernpassgebiet ist meiner Ansicht nach gar nicht so schön, da sie massiv von einer Stromleitung gestört wird – das ist aber nur meine persönliche Meinung. Stellenweise ist der Blick durch die Bäume nordostwärts zur Zugspitze wesentlich beeindruckender.

Die folgenden ca. 4,5 km führt der Weg auf der Forststraße unschwierig zur Nassereither Alm auf 1735 m. Auch, wenn es vorwiegend durch Wald geht, ist der Blick zum Fernpassgebiet und zur Zugspitze insbesondere in den Nordost-Kehren doch atemberaubend, besonders im Herbst. Auf diese Weise werden ungefähr 460 Hm+ zurückgelegt. Gegen 6:45 Uhr bin ich an der Nassereither Alm, es dämmert, ich liege gut in meinem persönlichen Zeitplan, der „langweiligere“ Teil ist geschafft. Derweil baut sich im Bereich der Nassereither Alm die Nordwestflanke des Wannig auf. Der spätere Anstieg wird, von hier aus unsichtbar, knapp hinter dem rechten Rand des Berges erfolgen.

In einer kurzen, ca. 500 m langen Forstweg-/Almweg-Schleife folgen rund 30 Hm+ bis zur Abzweigung des Wanderpfads linkerhand, also in Richtung Südsüdwest. Der rund 800 m lange Wanderpfad (eingetragen als Nr. 96 auf der Kompass-Karte) führt mit geringem An- und Abstieg durch welliges Gelände mit teils umgestürzten Bäumen und über kleine Fließgewässer mit Holzbrücken wieder zur Forststraße. Schuhe und Hosen freuen sich auf der feuchten, anmoorigen Hochfläche über ordentlich Matsch, der hier und da umgangen werden will. Für die Wegfindung sollte man sich insbesondere bei Dunkelheit immer wieder kurz orientieren. Alternativ kann man auch ab der Nassereither Alm auf dem Forstweg Richtung „Schnahnggekopf“ weiterwandern, dieser ist dann 1 km länger als der Wanderweg Nr. 96 und sicherlich auch weniger reizvoll.

Ungefähr beim Zusammentreffen des Wegs Nr. 96 mit der Forststraße zeigt sich auch zum ersten Mal imposant der markante Acherkogel (3008 m) in den Stubaier Alpen – ein Vorbote des immer weiter wachsenden Panoramas. Hier zweigt auf ca. 1780 m ein guter Steig links (ostwärts) ab; die Abzweigung ist auch auf einem Gatter und Schildern unmissverständlich mit "Wannig" angeschrieben. Zunächst führt der Weg wurzeldurchsetzt, vorbei an einem Bildstöckl am Baum, durch den Bergwald. Mittlerweile ist es schon hinreichend hell und ich kann die Stirnlampe abnehmen. Bis zum Wannig-Gipfel sind es ab hier noch etwas über 700 Hm+, und das bei einer zurückzulegenden Distanz von etwas weniger als 2 km – es geht also gezwungenermaßen recht knackig bergan, und es sollen auch nur stellenweise etwas flachere, hangparallele oder gar leicht absteigende Passagen folgen. Die durchschnittliche Steigung an der Wannig-Westflanke beträgt praktisch durchgehend zwischen 30% und 45%, erst kurz vor dem Gipfel wird das Gelände auf der weitläufigen, steinigen Gipfelkuppe des Berges wieder flacher.

Für den Wannig-Gipfel habe ich mir eine persönliche Zeitmarke von spätestens 11:00 Uhr gesetzt – das sollte mich nicht unter unnötigen Zeitdruck setzten, so dass ich die Tour auch entsprechend genießen kann. Fortan führt der Steig bis in eine Höhe von ca. 1940 m durch wunderschönen Bergwald durchsetzt mit zahlreichen goldgelben Lärchen, anschließend bis ca. 2200 m durch den angrenzenden Latschengürtel. Die alpinen Vegetationszonen sind am Wannig sehr beispielhaft ausgebildet. Etwa im Übergangsbereich zwischen Wald und Latschen zeigen sich mir die gegenüberliegenden Lechtaler Alpen mit ihrem schönsten Morgen-Alpenglühen – eine kurze Pause ist also Pflicht. Rauchberg (2480 m), die respekteinflößende Heiterwand (2639 m) und der Loreakopf (2471 m) leuchten intensiv gold-orange! Ich bin froh, es bis zu diesem Naturschauspiel über den Wald hinaus geschafft zu haben.

An dieser Stelle sind vielleicht ein paar Worte zu den zwei bis drei "Schlüsselstellen" des Wannig-Normalwegs angebracht – wenn man sie denn überhaupt so nennen kann. Sie liegen allesamt in dieser bewachsenen Zone des Wannig. Im Wald muss der ursprüngliche Weg zunächst wegen eines umgestürzten Baums verlassen werden; die Wegfindung ist hier nicht ganz einfach. Nordwärts überwinde ich dazu einen mit Ästen und Wurzeln verwachsenen Graben, woraufhin ich schnell wieder auf den markierten Weg komme. Etwas leichte Kraxelei an der Grabenflanke ist an dieser Stelle nötig.

Im Latschengürtel müssen etwas oberhalb 2000 m innerhalb weniger Minuten zwei leicht exponierte, felsige Steilstufen überwunden werden, für die ich meine Hände an den Fels lege. Auch das sind aber m.E. bestenfalls Stellen mit leichter Kraxelei im Einser-Bereich (I). In der Folge kommt eigentlich bis hinauf zum Gipfelkreuz keine weitere besonders technisch nennenswerte Stelle mehr. Allerdings führt der Weg, bereits im Latschengürtel beginnend, oft steil, mitunter in der Falllinie, durch Geröllrinnen von lockerem, unsortiertem und kantengerundetem Wettersteinkalk – vielen Berggehern wird dieser Begriff bekannt sein. Der Kalkschutt tendiert gern dazu, unter dem Schuh nachzurutschen, was den Aufstieg insgesamt mühsam und den Abstieg etwas rutschig gestaltet. Auch, wenn es auf dieser Tour generell nicht oder nur sehr selten durch "Absturzgelände" geht, sind hier eine gewisse Vorsicht, vorausschauende Wegsuche und Trittsicherheit gefragt. Der Einsatz von Wanderstöcken empfiehlt sich. Auch größere Steine geraten mitunter leicht in Bewegung. Die Markierungen sind allesamt weiterhin gut zu finden.

Ab ca. 2300 m, der Gipfel rückt näher, beginnt eine faszinierende felsige Mondlandschaft mit unzähligen zackigen Graten und bizarren Felstürmen, in der sich Gämsen sehr wohl fühlen. Ich treffe einige beim Aufstieg und bin zugegeben etwas neidisch auf deren Präzision und Tempo in diesem blockig-schuttigen Gelände. Derweil zieht sich der Weg weiter steil an Felswänden entlang, bis sich kurz unterhalb des Gipfelbereichs bei Altschneefeldern vom Wintereinbruch im September, die den warmen Oktober überlebt haben, der Weg teilt. Welche Variante hier gewählt wird, ist eigentlich egal. Ich wähle die linke (nördliche) Variante und bin wenige Minuten später am Gipfelkreuz.

Ich finde es erwähnenswert, dass der Wannig zwar ein markantes Gipfelkreuz besitzt, das 2020 erneuert wurde, aber tatsächlich eher aus einem weitläufigen „Gesteinsdom“ mit mehreren, mindestens drei, Gipfelchen und felsigen Randrippen besteht. Während das Kreuz („Wannig 2493 m“) mit Buch auf dem südlichen Gipfelpunkt steht, befinden sich trigonometrische Punkte auf einer zentralen Erhebung und eine Wetterstation auf einer wiederum nördlich vorgelagerten Erhebung. Vom mittleren Gipfel sieht man den Gipfelaufbau mit dem Kreuz besonders schön. Überhaupt lohnt es sich ungemein – und das soll hier eine wärmste Empfehlung sein – den Gipfelbereich des Wannig auch auf den gut begehbaren Felsrippen zu den Rändern hin ein wenig zu erkunden. Gegen Norden bietet sich ein dramatischer Tiefblick auf den Blindsee mit dem Gasthof Zugspitzblick und dem Parkplatz, ich kann sogar gut mein Auto am Ausgangspunkt erkennen! Das Türkisblau des Sees mit der kleinen Halbinsel auf seiner Ostseite erinnert ein wenig an die „Bayerische Karibik“ am Eibsee, der von hier aus gesehen hinter der Zugspitze auf deutscher Seite liegt. Auch die Fernpassstraße, Ehrwald und Biberwier liegen weit unten in der Tiefe.

Aber bleiben wir eine Weile am Gipfelkreuz, wo wohl die meisten Gipfelbezwinger länger verweilen wollen. Ich erreiche es ca. 10:15 Uhr, bin also doch noch deutlich in meinem gutmütigen Zeitplan. Dementsprechend verweile ich satte 40 Minuten lang mit einer Brotzeit bei einem unglaublichen Bergpanorama, einem Meer von namhaften und weniger bekannten Gipfeln.

Beginnen wir am höchsten Punkt Deutschlands und der vierhundertfünfthöchsten Erhebung Österreichs: Ziemlich haargenau im Nordosten steht steil aufragend die Zugspitze (2963 m) im massigen Wetterstein, davor die formschöne Ehrwalder Sonnenspitze (2417 m), die bereits zu den Miemingern gehört. Dazwischen erstreckt sich das Gaistal zwischen Ehrwald und der Leutasch. Hinter Wamperter Schrofen (2520 m) und Grünstein (2661 m) lugt im Wetterstein noch der eingangs erwähnte Hochwanner (2744 m), Deutschlands zweithöchster eigenständiger Berg, hervor. Über den scharfen Grat zur Handschuhspitze (2319 m), Hochplattig (2768 m) und Hohe Munde (2662 m) geht der Blick im Uhrzeigersinn bis ins Karwendel zu Bettelwurf (2725 m) und Großem Solstein (2541 m), der – fun fact – deutlich niedriger ist als der benachbarte Kleine Solstein (2637 m). Der weiß leuchtende Berg direkt neben dem Solstein ist das Große Wiesbachhorn (3564 m) in der Glocknergruppe der Hohen Tauern, in einer Entfernung von 144 km. Über dem abgerundeten Kirchbergköpfl, das sich über dem flachen Inntal (der Talboden erreicht hier nur rund 600 m Seehöhe) erhebt, thronen am Horizont zwei der höchsten Österreicher in den Hohen Tauern, Großglockner (3798 m) und Großvenediger (3657 m). Dreiherrnspitze (3499 m) und Rötspitze (3495) in der Venedigergruppe schließen die Tauern nach Westen hin ab. Weiter im Uhrzeigersinn zeigen sich einige der höchsten Gipfel der Tuxer Voralpen, des Tuxer Kamms und des Zillertaler Hauptkamms, darunter Lizumer Reckner (2886 m, ich war vor über zehn Jahren schon mal oben), Hoher Riffler (3231 m), Großer Löffler (3379 m), Olperer (3476 m) und Großer Möseler (3480 m). Gegen Südosten und Ostsüdosten folgen mit Hocheder  (2796 m) und Rietzer Grieskogel (2884 m) die Sellrainer Berge, dahinter gesellen sich mit Ruderhofspitze (3474 m), Schrankogel (3496 m) und Wilder Leck (3359 m) auch die Stubaier Alpen hinzu. Unmittelbar neben letzterer steht wiederum der Acherkogel (3008) prominent im Bild und leitet die Gipfelschau der Ötztaler Alpen ein. Neben Hochfirst (3405 m) und Liebenerspitze (3399 m) bilden der Hintere Seelenkogel (3470 m) und der Große Ramolkogel (3549 m) die Umrandung von Obergurgl (1930 m) im hintersten Ötztal, dem höchstgelegenen Kirchdorfs Europas. Nun rücken sich fast genau im Süden Fundusfeiler (3079 m) und Wildspitze (3768 m) ins Bild – und damit der höchste Gipfel Nordtirols. Fast unbemerkt versteckt sich etwas rechts der Wildspitze auch der Hintere Brochkogel (3628 m), ebenso einer der höchsten Berge Österreichs. Die auffällige Rofelewand (3359 m), die bullige Watzespitze (3532 m) und die elegante Weißkugel (3738 m) bilden noch einmal einen Höhepunkt der Ötztaler Eisriesen, bevor diese mit dem Glockturm (3353 m) von Tschirgant (2370) im Mittelgrund und den Bergen um den Piz Sesvenna (3204 m) in der Ferne im Panorama abgelöst werden. Im Südwesten stehen mit Piz Mundin (3146 m), Muttler (3294 m) und Furgler (3004 m) die Samnauner Berge, es folgen im Uhrzeigersinn die Gipfel der Silvretta mit dem im Jahr 2023 teilweise abgegangenen Fluchthorn (3399 m), dem Piz Buin (3312 m), sowie Verstanclahorn (3298 m) und Silvrettahorn (3244 m). Ein echtes Weitblick-Schmankerl steckt im Panoramaausschnitt zwischen Piz S-chalambert Dadaint (3031 m) und Piz Mundin: ganz hinten am Horizont scheinen, 129 km entfernt auf der Grenze zwischen der Schweiz und Italien, der Piz Palü (3900) und Piz Zupò (3996 m) in der Berninagruppe hervor! Der Blick auf einen echten Viertausender bleibt aber leider verwehrt, weil sich der Piz Bernina (4049 m) genau hinter dem Piz Alpetta (2975 m) im Mundin-Massiv versteckt. Mit dem Hohen Riffler (3168 m) ist auch das Verwall in der Gipfelschau vertreten. Direkt daneben ragt mit der Parseierspitze (3036 m) der höchste Berg und einzige Dreitausender der Lechtaler Alpen in den Himmel. Große Schlenkerspitze (2827 m), Imster Muttekopf (2777 m) und Holzgauer Wetterspitze (2895 m) runden den Reigen prominenter Lechtaler ab. Neben der bereits genannten Heiterwand (2639 m) und dem Loreakopf (2471 m) erheben sich im Vordergrund gegen Westen und Nordwesten auch Roter Stein (2366 m) und Gartner Wand (2377 m), etwas versetzt hinter letzterer genau im Nordwesten der Thaneller (2341 m) – ebenso ein fantastischer und leicht erwanderbarer Aussichtsgipfel (ich habe ihn erst am 22. September 2024 mit reichlich Schnee bei ähnlich gutem Panoramawetter besucht). Am Horizont hinter der Heiterwand zeigt sich mit der Braunarlspitze (2649 m) auch eine Vertreterin des Lechquellengebirges. Im Westen stehen mit Hohem Licht (2651 m) und Großem Krottenkopf (2656 m) die höchsten Berge der Allgäuer Alpen, die gegen Nordwesten auch den freistehenden, immer leicht erkennbaren Hochvogel (2594 m) und den breiten Großen Daumen (2280 m) umfassen. Rauhhorn (2240 m), Gaishorn (2247 m) und Köllenspitz (2238 m) als die höchsten Tannheimer schließen die Allgäuer Alpen gegen Osten hin ab, bevor die Ammergauer Alpen mit Säuling (2047 m), Ammergauer Hochplatte (2082 m), Daniel (2340 m), Kreuzspitze (2185 m) und Kramer (1985) die 360°-Schau wieder an die steilen Westabbrüche der Zugspitze heranführen. Zwanzig verschiedene Gebirgsgruppen sind von hier aus zu überblicken. Welche Gipfel man genau von hier oben aus sieht, fasst Ulrich Deuschles Alpenpanorama-Generator in diesem Panorama zusammen.

Kurzum, der Wannig bietet ein Wahnsinns-Panorama von Großglockner und Großvenediger bis zur Bernina, von den vergletscherten Ötztaler Alpen bis hinein ins Allgäu. Angesichts eines Herbst-Montags, ich habe extra frei genommen, habe ich den gesamten Berg mitsamt Ausblick heute für mich allein, wahrlich ein Luxus; erst deutlich unterhalb der Nassereither Alm sollte ich beim Abstieg ein paar Radfahrer bei der „Schönen Aussicht“ antreffen. Aber auch sonst scheint der Wannig ob der Länge des Zustiegs und angesichts der weitgehenden technischen Anspruchslosigkeit nicht gerade überlaufen zu sein – mindestens vier Stunden bergauf sollte man sicherlich schon rechnen, ich war ganz entspannt in etwas über fünf Stunden oben. An den Taja- und Drachenköpfen im Umfeld des Seebensees und der Coburger Hütte etwas weiter nordöstlich geht es da sicher deutlich belebter zu.

Der Rückweg erfolgt genau wie der Aufstieg, auf Abrutschen muss im steilen, gerölligen Wettersteinkalkgelände geachtet werden, gerade dann, wenn man vom Aufstieg vielleicht noch etwas müde ist und die Beine schwer sind. Ab dem Punkt 1780 am Wannig-Zustieg eignet sich die Alm-Forststraße hervorragend für ein wenig „Trailrunning“, im Vergleich zum Dunkel und Halbdunkel des frühen Morgens bietet sich mit den gelb leuchtenden Lärchen ein ganz neues, intensives Farbspiel. Die Blicke auf den Blindsee und zur Zugspitze sind ein echtes finales Highlight. Nach etwa neun Stunden, Pausen nicht mit eingerechnet, erreiche ich gegen 14:30 Uhr wieder den Parkplatz beim „Zugspitzblick“. Der Blick geht unweigerlich wieder hoch zum herbstlich umkleideten Wannig-Gipfel.

Ich gebe der Tour trotz des etwas monotonen Gehens und derselben Auf- und Abstiegsroute 5 von 5 Punkten. Das landschaftliche Erlebnis in den verschiedenen Vegetationszonen und in der felsigen Mondlandschaft am Gipfel sowie insbesondere das umfassende Panorama mit frappierenden Tiefblicken sind jeden einzelnen Schritt wert.

 


Tourengänger: TheSwabian


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Kommentare (2)


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Nyn hat gesagt: Hallo Schwaben-Kollege
Gesendet am 4. November 2024 um 18:27
Herzlich Willkommen auf hikr.
Sehr ausführlicher und toll bebilderter Bericht.

VG, Nyn

TheSwabian hat gesagt: RE:Hallo Schwaben-Kollege
Gesendet am 4. November 2024 um 19:35
Hallole und ganz herzlichen Dank - freut mich, wenn er angeschaut wird! :)
VG, TheSwabian


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