Parseierspitze (3036 m) - höchster Schutthaufen der nördlichen Kalkalpen


Publiziert von cardamine , 8. September 2024 um 23:32.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechtaler Alpen
Tour Datum: 7 September 2024
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 11:30
Aufstieg: 2400 m
Abstieg: 2400 m
Strecke:20 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Grins, Parkplatz hinter dem Schwimmbad
Unterkunftmöglichkeiten:Augsburger Hütte

Zum Sommerfinale muss man eine besondere Bergtour machen. Der einzige 3000er der nördlichen Kalkalpen, höchster Gipfel der Lechtaler Alpen, schien ein würdiges Ziel. Und damit der letzte warme und stabile Tag vollends ausgenutzt wird, bin ich die Parseierspitze als 2000-Höhenmeter-Tagestour von Grins angegangen. Wobei meine Garmin-Uhr am Ende meinte, es wären sogar 2400 geworden, anscheind gabs auf dem Rückweg noch ein paar Gegenanstiege. Leider hat die Parseierspitze meine Erwartungen nicht ganz erfüllt - statt schöner Kalkkraxelei - wie man es von den nördlichen Kalkalpen kennt - wartet der Gipfel mit bröseligem Mergel auf. Vor kurzem habe ich noch zum *Grand Muveran geschrieben "Schutthaufen hab’ ich schon schlimmere erlebt" - et voilà die Parseierspitze ist definitiv einer der grössten Schutthaufen, der mir bislang untergekommen ist. Wobei der Schutt ohne die Leute noch ertragbar wäre. Aber was da alles kreucht und fleucht lässt einen in permanenter Angst vor Steinschlag die 200 Höhenmeter hohe Gipfelwand auf- und absteigen. Spass ist anders.

Vom Parkplatz beim Schwimmbad Grins zur Augsburger Hütte brauchte ich auf dem gut ausgebauten Weg 2,15 h. Also definitiv die richtige Entscheidung, die Hüttenübernachtung durch ein bequemes Hotel zu ersetzen. An der Hütte wollte man mir um 9 Uhr morgens schon einen Bergrüssungsschnaps andrehen - ich lehnte dankend ab und machte mich auf den Weg zum Gatschkopf. Dieser bietet kurzweilige Ier Kraxelei (definitiv besser im Aufstieg zu machen) und nach 1,5 h war auch schon der erste Gipfel erreicht. Der Abstieg vom Gatschkopf zur Patrolscharte erfolgt bequem über feinen Schutt.

Der Erfolg am *Cresta Tre Corni letzte Woche liess mich in Versuchung geraten, mir den Parseierspitze-Ostgrat genauer anzusehen. Die erste 3er Stelle sollte gleich zu Anfang kommen, weshalb ein Umdrehen noch problemlos möglich wäre. Gleich in der ersten Kraxelstelle hatte ich schon einen Wackelkandidaten in der Hand, nicht sehr ermutigend. Die Einstiegs 3 war mir dann definitiv zu heikel für ein Free Solo, wenn man da einen Fehler macht, landet man 150 Meter tiefer. Später habe ich mir ein Video vom Ostgrat angesehen und bin froh, dass ich es nicht gemacht habe, der Grat sieht genauso brüchig wie der Normalweg aus, nix verpasst.

Ich stieg also von der Patrolscharte auf den Überrest des Grinner Ferners ab, der schneebedeckt gut ohne Steigeisen zu queren war. Den Einstieg zur Wand findet man leicht, da dort ein Fixseil herunterhängt. Vom "Gletscher" zum Fels musst man sich durch loses Geröll hochkämpfen, je nach Verhältnissen braucht man Steigeisen. Dann geht es eine glatte senkrechte Wand hoch, wobei man auch den Fels nutzen muss, es gibt nur vereinzelt Trittbügel. Gar nicht so einfach! Klettersteighandschuhe habe ich dort sehr vermisst (beim Abstieg noch mehr). Darüber hilft ein weiteres Drahtseil einen steilen Schutthang hoch. Dann beginnt die "freie Kraxelei". Immer den roten Punkten nach und aufpassen, dass man keinen Stein lostritt. Der gesamte Aufstieg verläuft leider in Schusslinie... Das Gebrösel bessert sich erst 50 Höhenmeter unter dem Gipfel, dort wechselt die Gesteinsart. Kaum hat man das rötliche Radiolaritband überquert, findet man sich in festem Aptychenkalk, der immerhin für die letzten Höhenmeter so etwas wie Kraxelspass aufkommen lässt. Am Gipfel war ich nun, um halb 1 fast alleine, alle Hüttenschläfer waren natürlich schon längst weg.

Der Abstieg erfolgte mit allerhöchster Vorsicht, das Gelände ist wirklich sehr ausgesetzt und ein Fehltritt nicht mehr aufzufangen. Es gäbe sogar einige Haken, einen hat tatsächlich eine Gruppe an der II+ Schlüsselstelle zum Abseilen genutzt. 

Der Abstieg in die Gasillschlucht beginnt mit leichtem Abklettern, dann folgt ein gesicherter Steig, der durch einen engen Canyon führt, dann helfen Trittbügel in das Geröllkar hinunter. Der Weg durch das Geröllkar war erstaunlich gut zu gehen, der wäre auch im Aufstieg nicht zu schlimm. Für den wohlverdiente Strudel querte ich wieder zurück zur Augsburger Hütte, ohnehin wollte ich danach über Hummelleiter und Ochsenberg absteigen. Dieser Weg ist zwar länger, aber ich mag eben Rundwege. 

Die Hummelleiter und der folgende mit Seil gesicherte Steilhang erfordern nochmals Vorsicht, dann quert der Weg durch Latschen zur Alp Ochsenberg. Man könnte auch vorher schon einen Abzweig nach Grins nehmen, der Weg führt aber die ganze Zeit durch Latschendickicht, der Weg von Ochsenberg ist landschaftlich abwechslungsreicher. Und die Alp ist ein wirklich idyllisches Fleckchen. Mein Abstieg endete an der Wildbad-Heilquelle, anscheinend ist was dran, gegen den Muskelkater am nächsten Tag hats geholfen ;-) 

Tourengänger: cardamine


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Kommentare (2)


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F3ttmull hat gesagt: Ostgrat und Augsburger Höhenweg
Gesendet am 9. September 2024 um 11:38
Wir sind letztes Jahr auch auf die Parseierspitze über den Ostgrat und über Normalweg zurück zur Augsi. Den Ostgrat haben wir ohne Seil gemacht, die Kraxelstellen sind ziemlich luftig und eine Stelle muss man sich ganz schön hochziehen, da war ich froh, dass mein "Vorsteiger" mich da hochgehievt hat. Am nächsten Tag gings dann zum Augsburger Höhenweg, auch sehr lohnenswert. Am Besten hat mir aber die urige Hütte und die tolle Atmosphäre dort gefallen, Schnaps inklusive ;)

cardamine hat gesagt: RE:Ostgrat und Augsburger Höhenweg
Gesendet am 9. September 2024 um 18:52
Laut den Instagrammern auf der Augsi soll der Augsburger Höhenweg ja fast wie der Mittellegigrat aussehen, da hab ich wohl was verpasst ;-)


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