Laliderer Falk - Westanstieg aus dem oberen Falkenkar


Publiziert von Herr_Hase , 30. August 2024 um 14:31.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:29 August 2024
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1480 m
Abstieg: 1480 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Auto, dem Rad oder dem Bergsteigerbus zum Parkplatz P4 ca. 2,5 bis 3 km östlich von Hinterriss

Das obere Falkenkar bekommt meist Besuch, wenn jemand auf dem Normalweg zum Risser Falk unterwegs ist. Ich weiß noch, wie ich vor rund zwei Jahren erstmals die Engstelle zwischen unterem und oberem Falkenkar durchstiegen habe und wie mir neben dem steilen, sehr mühsamen Schutt vor allem die beeindruckenden Wände (scheinbar fast rundum) und der damals nahezu kontinuierliche Steinschlag in der Südostecke in Erinnerung geblieben sind. Da war es regelrecht erlösend, die grüne Rinne als Ausweg aus diesem unwirtlichen Schattenloch zu entdecken. Dass es einen weiteren (nach oben) geben könnte, hätte ich nicht vermutet.

Umso erstaunter war ich, als ich letztes Jahr in einem alten Alpenvereinsführer las, dass es aus dem oberen Falkenkar eine mit III- bewertete Kletterroute auf den Laliderer Falk geben soll. Am liebsten hätte ich das sofort ausprobiert, musste mich aber in Geduld üben - es war schon Ende November - und einstweilen mit der Suche nach Bildmaterial zufrieden geben.

Gestern zog ich dann los. Aus dem AVF in Erinnerung hatte ich den "obersten dunklen Winkel" des Falkenkares als Startpunkt, so dass man die obere Schicht der "Allgäudecke" hinaufklettern würde (die Allgäudecke ist jene stark begrünte Gesteinsschicht, die sich vom westlichen Rand der Sprungrinne ins obere Falkenkar hinabzieht, dort im Schutt vorübergehend ab- und jenseits als "grüne Rinne" wieder auftaucht.) Weiter oben war von "moosigen Leisten" die Rede. Vom Startpunkt verfolgte ich die zwei untersten Rinnen immer ein Stück weit und wechselte dann jeweils in die im Aufstiegssinn linke Nachbarrinne. Das Gelände ist dort relativ unangenehm. Nach rund 100 Höhenmetern wurde es mir zu wild, da wäre ich zwar über eine plattige Stelle hinauf, aber nicht sicher wieder hinunter gekommen. Also drehte ich um und versuchte mein Glück eine Etage tiefer in der unteren Schicht der Allgäudecke.

Hier klappte der Aufstieg wesentlich einfacher und ich fand eine Route auf den Laliderer Falk, die ich mit "I, Stellen II" bewerten würde - von III- keine Spur und auch nicht von moosigen Leisten. Die Kletterei ist kein besonderes Highlight und der Schutt im oberen Falkenkar wahrlich kein Vergnügen, aber die Orientierung ist wesentlich einfacher als beim Anstieg in der Flanke von Toten- und Turmfalk sowie anschließend zwischen Vor- und Hauptgipfel des LF. Zudem bewegt man sich - sehr angenehm - fast die ganze Zeit im Schatten (trifft vielleicht im Hochsommer nicht ganz zu, aber jetzt Ende August).

Nun der obligatorische Kommentar: unmarkierte Tour in steilem, brüchigem Felsgelände (Ich habe nur ca. 10 relativ kleine Steinmänner aufgestellt). Alpine Erfahrung, sehr gute Trittsicherheit und sehr gutes Orientierungsvermögen erforderlich. Eine Tour nur für sicher trockenes Wetter. Allein schon der untere Teil des Weges durch das Falkenkar ist in nassem Zustand ziemlich unangenehm, und bis man im Abstieg wieder dort ankommt, ist die Konzentration oft nicht mehr die beste. Beschreibung nach bestem Wissen und Gewissen, Wiederholung auf eigene Gefahr!

Wegbeschreibung:

Vom Parkplatz P4 über die Brücke und dahinter links dem Fahrweg folgen. Nach ein paar hundert Metern beginnt dieser anzusteigen. Bei einer Y-Kreuzung hält man sich rechts, weiter bergauf. Unter einem markanten Jägersitz folgt man dem Weg weiter geradeaus unbeschildert ins Falkenkar, rechts ginge es ins Johannestal, beschildert mit "Karwendelhaus / Falkenhütte". Bald biegt der Weg nach rechts / Süden und der Blick ins Falkenkar wird frei. Einen auffallenden Pfad lässt man rechts liegen, dieser führt nur zu zwei versteckten Jägersitzen. Man quert die Talsohle auf dem Fahrweg und zweigt unmittelbar danach rechts auf einen weiteren Fahrweg ab. An dessen Ende hält man sich halbrechts durch hohes Gras und zwischen großen Baumstammresten hindurch, die wohl den Eindruck erwecken sollen, hier ginge es nicht weiter. 


Nach ca. 40 m am Bachbett entlang beginnt ein tief schottriger Pfad links den Hang hinauf. Ca. 50 hm weiter oben wendet er sich allmählich nach rechts / Süden und quert mehr oder weniger waagrecht zwei Rinnen, bevor er auf einer Felsrippe nochmals etwas Höhe gewinnt und schließlich nach rechts in die große Mulde unterhalb des Wasserfalls leitet. Auf der gegenüberliegenden Seite verläuft er rechts weiter aufwärts und leitet über die folgenden ca. 500 hm hinauf ins Falkenkar, meist gut mit Steinmännern markiert und von Latschen flankiert. Seit Herbst 2023 ist der Weg sogar frisch ausgeschnitten, nachdem ich zuvor gewohnt war, vielfach unter Latschen hindurchturnen zu müssen.

Wenn sich oben im Kar die Latschen allmählich lichten, folgt man weiter geradeaus dem mit Steinmännern markierten Weg. Bereits vor der Engstelle zum oberen Falkenkar wird der Schutt ordentlich steil und mühsam und die Wegspur verliert sich. Die Engstelle selbst lässt sich ostseitig über Platten umgehen, danach folgt man entweder geradeaus einer Art Sporn oder macht einen Bogen nach Westen, um stets über die flachsten Stellen des Kares aufzusteigen, wo man noch am leichtesten Halt findet. Wenn sich zur Linken der Anblick wie in Bild 4 bietet, quert man die Rinne links des Sporns und erreicht den obersten Rand des Schutts unterhalb der Felswand, die die Grenze zwischen unterer und oberer Schicht der Allgäudecke darstellt.

Entlang der Felswand aufwärts, später halblinks über die Platten hinauf zu einem Grat. Hier wird der Blick ins untere Falkenkar wieder frei. Auf dem Grat ein Stück aufwärts zu dem "optisch ansprechendsten" der vielen Bänder, die von hier leicht ansteigend nach Osten ziehen. Erkennbar ist es auch daran, dass es am anderen Ende im flachsten Teil der Nah-Horizontlinie mündet. Am Anfang befindet sich eine etwas unangenehmere Stelle (schräger, grüner Splitterschutt), aber hier gibt es oberhalb schöne Griffleisten und zudem die Möglichkeit, das Ganze 3 m höher zu überklettern.

Auf der nächsten Rippe (vorherige Nah-Horizontlinie) angekommen, steigt man ca. 4 m zum nächsten Band auf und folgt diesem weiter in Richtung des Laliderer Falken. Wenige Meter nach der nächsten Geländeecke beginnt man schräg aufwärts zu steigen und peilt so ein grünes Band an, das als bequemster Anstieg durch das folgende Schrofengelände erscheint. Es mündet schließlich auf einem Graskopf, ab dem man sich rechts aufwärts über Rippen in Richtung der Scharte der Sprungrinne hält. Jenseits der Scharte über Platten und Schutt in wenigen Minuten linkshaltend zum Gipfel.

Das üppige Grün im Bereich der Allgäudecke hat freilich einen Nachteil: Selbst hier oben noch turnen im Sommer die Gemsen herum, siehe Bild. Einen Helm zu tragen, kann also nicht schaden. Als ich auf dem Graskopf ankam, beobachtete mich eine Gams vom oberen Ende der folgenden Rippen. Ich überquerte daher die nördliche Sprungrinne und stieg im gegenüberliegenden Kalkstein geradliniger auf den Gipfel zu. Das ist allerdings schwieriger als der Aufstieg über die Rippen.


Abstieg

Bitte unbedingt beachten: In der Engstelle zwischen unterem und oberem Falkenkar liegt in der Regel bis Mitte Juli ungefähr Schnee, vielleicht auch mal länger. Ich habe noch nie probiert, wie dann der Auf- oder Abstieg durch dieses Steilgelände klappt, stelle ihn mir aber sehr gefährlich vor. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte die hier beschriebene Route also nur als Abstieg wählen, wenn der Schnee bereits geschmolzen ist!

Vom Gipfel sind deutlich die beiden begrünten Schichten der "Allgäudecke" erkennbar, die sich auf der Nordseite des Westgrates nach Westen ziehen. Die obere ist deutlich stärker begrünt. Durch sie vollzieht sich der erste Teil des Abstiegs. Gegen Ende des vom Gipfel zu überblickenden Bereichs muss man sie aber nach unten verlassen, d. h. die untere Schicht betreten, um den Abstieg in dem Richtung Westen dort einfacheren Gelände fortsetzen zu können.

Die Schwierigkeiten erreichen nur stellenweise den II. Grad. Oft bewegt man sich im Gehgelände. Die brüchige Anmutung des Gesteins lässt eine Hand oft zur Sicherheit noch an den Fels greifen. Zum Glück täuscht sie weitgehend, es ist alles deutlich fester, als es aussieht. Das Gelände ist nirgendwo besonders ausgesetzt. Nicht unterschätzen sollte man allerdings den steilen Schutt im oberen Falkenkar. Wer hier an der falschen Stelle stehenbleibt, bewegt sich mitsamt dem selbst ausgelösten Steinlawinchen talwärts. Es geht also darum, immer einen etwas flacheren Bereich oder einen großen Block als "Zielpunkt" zu wählen und auf dem Weg dahin darauf gefasst zu sein, mit den Füßen ein wenig "rudern" zu müssen.

Wegbeschreibung abwärts

Vom Gipfel in südwestlicher Richtung in die Scharte absteigen. Hier kommt von Süden die Sprungrinne hinauf und setzt sich nach Norden fort. Man folgt ihr auf der Nordseite ca. 7 m abwärts, bis man links auf eine Felsrippe ausqueren kann. Wenn diese zu steil wird, wechselt man durch eine Rinne nochmals nach links auf eine begrünte Rippe, der man hinab bis auf eine kleine Schulter folgt (Steinmann). Hier halblinks halten in eine Rinne, die in ein breites Wiesenband übergeht. Beide hinunter, nach einer Ecke geht das Band in eine begrünte Rippe über. Dieser folgen, bis sie abbricht, dann nach links in die Rinne und diese queren. Von der nächsten Rippe (Steinmann) zunächst waagrecht bis leicht fallend weiter queren, bis durch eine seichte Rinne auf die Schuttterrasse unterhalb abgestiegen werden kann. Man hält sich am oberen Rand der Terrasse und gleich geht es wieder etwas um die Ecke, wo man dem obersten Band folgt. Auf der nächsten Rippe ca. 4 m absteigen auf das nächste Band. Diesem Band recht lange folgen, bis es auf einer weiteren Gratrippe endet. Hier wird der Blick ins obere Falkenkar frei. Kurz vorher ist eine kurze etwas unangenehmere Querung über vielleicht 2 m Wegstrecke, allerdings mit super Griffleisten oberhalb. Die Stelle ließe sich 3 m oberhalb auch umgehen. Dem Grat ein Stück folgen, dann aber links auf die begrünte Rippe abbiegen (10 m tiefer Steinmann, geradeaus Platten) Der Rippe bis ca. 15 m unter den Steinmann folgen, dann in die Rinne links davon hineinsteigen und dieser folgen, bis ein angedeutetes Band links auf eine kleine Schulter hinausführt. Weiter nach links unter die Wände halten und so schließlich den oberen Rand des Schutts erreichen. 

Viel Spaß!

Stefan


P.S.: Über Verbesserungsvorschläge und Rückmeldungen generell freu' ich mich!

Tourengänger: Herr_Hase


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Kommentare (4)


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kardirk hat gesagt:
Gesendet am 31. August 2024 um 13:59
Sehr innovative Route.
Habe ich auch schon lange im Auge, bin aber bisher noch nicht dazu gekommen. Gäb ne schöne Runde mit dem „Normal“Weg aus dem Falkenkar. Super Beschreibung.Mal sehn ob das meine Physis und Psyche noch hergibt, man wird ja nicht jünger.
Herzliche Grüße
Dirk

Herr_Hase hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. September 2024 um 14:22
Danke Dir, Dirk!
Nicht nur für das Lob, sondern auch für Deine zahlreichen Berichte, die mich schon oft inspiriert haben und noch viele Inspirationen bereithalten.
Wünsche Dir gesundheitlich alles Gute!
Herzliche Grüße zurück
Stefan

TobiasG hat gesagt:
Gesendet am 4. September 2024 um 14:55
Servus,
coole Runde, die Falken scheinen es dir wirklich angetan zu haben. Die Berichte sind echt super. So ganz ohne Wege haben sie schon einen besonderen Reiz.
Wollte dieses Jahr mal rauf, aber hat bisher noch nicht geklappt, aber die Saision hat ja noch ein paar Tage. Deine Berichte werde ich davor auf jeden Fall ausgiebig studieren!

Hast du schon über die Falkenkarumrahmung nachgedacht?
Gruß Tobi

Herr_Hase hat gesagt: RE:
Gesendet am 4. September 2024 um 19:43
Servus Tobi,

danke Dir für das Lob! Freut mich, wenn die Berichte weiterhelfen, so wie mir schon viele andere weitergeholfen haben.

Du siehst das ganz richtig, in die Falken (und den Guffert) bin ich aktuell ein bisschen vernarrt. Und die Falkenkarumrahmung steht ziemlich weit oben auf meinem Wunschzettel. Hab mir letztes Jahr im Juli den Westgrat vom Laliderer Falk angeschaut. Nur der Aufstieg am Ende hat damals nicht geklappt. Ansonsten fehlt mir noch der Verbindungsgrat vom Kleinen Falk zum Risser Falk, da sollte allerdings dank exzellenter Beschreibung auf spitzentreffen.at wenig schiefgehen. Wer weiß, vielleicht begegnen wir uns ja demnächst im Falkenkar, wenn Du zum LF unterwegs bist und ich zur Umrahmung :-)

Hab gerade mal in Deinen Berichten gestöbert... toll! Wenn ich mit den Falken fertig bin, werd ich mich mal genauer einlesen.

Grüße

Stefan


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