Katzen würden Absinth saufen
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...entdeckten wir auf einem grossen Messingschild an der Strasse, an der die Destillerie La société La Valote Sàrl (a obtenu la concession pour la production professionnelle d'absinthe en date du 26 avril 2005 à la suite d'une demande faite immédiatement après la libéralisation officielle de l'absinthe le 1er mars 2005) liegt, kurz nachdem wir der S-Bahn in Môtiers entstiegen, der wie fast alle Bahnhöfe, die ausschliesslich durch S-Bahnen bedient werden, doch eher unscheinbar und verlassen wirkte. Auf dem Bahnhofsplatz steht eine Info-Tafel, die auf eine alte Verbindung nach Frankreich hinweist: http://www.travers-info.ch/tourisme/voy_vdt08.shtml. Wir starteten, dort wo Zaza seinen Bericht über das Val Travers enden lässt, in Môtiers: einem schönen Dorf, in dem mich vor allem die breite und lange Grande Rue mit ihren grossen Brunnen jedes Mal wieder fasziniert. Doch bevor wir in die Höhe steigen, setzten wir uns ins Bistro des Hotel des Six-Communes – an einem Langtisch uns gegenüber sassen bereits kurz nach neun die ersten Einheimischen, die Köpfe zusammengerückt – sie wirkten vertraut und begrüssten uns neu Eingetretene. Wir tranken einen sehr günstigen Milchkaffee (3.40) und sahen von unserem Tisch aus hinaus auf die langgezogene Dorfstrasse, im Hintergrund wie eine Barriere der Höhenzug, der den Creux du Van mit dem Chasseron verbindet - Ziel unserer TuT-Wanderung: Mittagessen in der Bergwirtschaft La Ronde-Noire, die antizyklisch geöffnet hat, nämlich von Mitte Oktober bis Ende April. Bevor wir das Dorf Richtung Schloss (ehemaliges Frauengefängnis) verliessen, fragten wir einen gerade strassenwischenden Einheimischen, welche Bewandtnis es hat, dass Môtiers sich durch diese sehr breite Dorfstrasse auszeichnet – er konnte es uns nicht sagen. Einige Schritte später biegen wir ein in die Rue Jean-Jacques Rousseau, der hier von 1762 bis 1765 gelebt und gewirkt hat...allein dieses Faktum reicht aus, dem Ort etwas Spezielles abzugewinnen, ist es der wache, zur Natur geöffnete Geist, der durch diese Dorfstrassen zu wehen scheint oder ist es die grüne Fee, für das Môtiers auch steht. Wir empfehlen einen Besuch schon allein deswegen! Ausserhalb des teils grosszügig restaurierten Dorfbildes die erste Steigung zum Schloss – von hier sehen wir hin zu einem weitern landschaftlichen Höhepunkt: Le Chapeau de Napoléon est situé sur la partie est de la montagne se terminant à Saint-Sulpice en Suisse. Sa situation en surplomb offre la vue panoramique sur tout le Val-de-Travers depuis 1894.Diese Felsformation, die sich wie ein Drachenrücken vom Talboden hinaufzieht, müsste eigentlich begehbar sein, meint Zaza, und denkt in den Kategorien Alpin Rise oder Ossi...
Das Schloss wirkt unzugänglich, ich packe noch kurz meinen Rucksack um (und habe wieder viel zu viel dabei) und entledige mich meiner Fleece-Jacke, nur im Hemd und mit Schal um den Hals kann es nun beginnen. Zaza kramt unterdessen sein Handy hervor, um in Erfahrung zu bekommen, ob wir uns bei der geplanten Ankunft in Mauborget auf den PubliCar verlassen können – wir können nicht, denn der Service steht nicht zur Verfügung (Saftladen!)! Somit planen wir dann fortlaufend, zumindesten vertrauen wir auf allfällige PWs auf La Ronde Noire – wir werden sehen. Der Weg steigt sanft hinan, wir befinden uns auf einer Krete, die Sonne hat nicht die Kraft durch die Wolken zu treten, es ist ein wenig luftig. Wir folgen den Markierungen in die Gorges de la Poëta Raisse, der Weg fällt ein wenig ab und bleibt dann mit wenig Steigung gleichbleibend bis wir die Talsohle und den ersten „Sturz“ erreichen: Ein Waldweg führt zur eigentlichen Schlucht mit den beiden hohen Felsstufen, die seit dem Jahr 1857 begehbar ist. Lange Zeit nur über Leitern; seit 126 Jahren ist die tiefe Schlucht auch nicht schwindelfreien Wanderern zugänglich. Genau hier führt auch die Kantonsgrenze hindurch – deren Grenzsteine oder Markierungen wir nicht erkennen bzw. finden, doch die Karte macht es deutlich. Im Bieler Tagblatt findet sich diese Beschreibung zum Schluchtweg durch die Poëta Raisse – Auszüge daraus:
Ein steiniger Pfad führt der Schluchtwand entlang zur ersten Felsstufe; wegen des Morgentaus sind die Steine schlüpfrig, der Weg fordert etwas Konzentration. Viel zu selten schweift der Blick über das üppige Grün und das in Jahrmillionen erodierte Kalkgestein. Wasserfälle schiessen über die erste Stufe, der Bach rauscht schäumend von Becken zu Becken in die Tiefe. Schmale Holzbrücken und in den Fels gehauene Treppen helfen, 20 Höhenmeter zu überwinden, exponierte Stellen sind mit Geländern und Seilen gut gesichert. Die Schlucht wird tief und tiefer, die Felswände rücken immer näher zusammen. Gut 50 Meter hoch ist die zweite Stufe, wir steigen um eine Felsnase herum in schwindelerregende Höhe. Eine wilde Welt, die ohne den in Fels gehauenen Weg den Gämsen gehören würde. Der Pfad führt durch Geröllhalden und zeigt vom Wasser ausgewaschene Höhlen aus immer neuen Perspektiven. Diese Schlucht steckt voller Poesie, man möchte stundenlang in ihr herumklettern. Nur leider ist sie viel zu kurz und endet abrupt in einem blühenden Flachmoor.
Hier erfasst uns der Wind und bläst heftig ins Gesicht – Handschuhe und Wollmütze aus dem Rucksack hervorgezupft, Fleece-Jacke an, steigen wir querfeldein , an knorrigen Föhren und windzerzausten Tannen vorbei, schon mal vereinzelte Silberdisteln lachen uns an. Der Boden wirkt gefroren, kleine Pfützen sind mit einer dünnen Eisschicht bedeckt – wir hören und sehen keinen einzigen Vogel, nicht mal Krähen. Die Sonne mit einem halo-ähnlichen Kreis schafft es nicht bis zu uns – der Wind kühlt aus, wir nähern uns dem chalet d’alpage situé sur le balcon du Jura vaudois au milieu des pâturages, treten ein in dieses warme Cocon, werden zu den am Vorabend reservierten Plätzen gelotst und nehmen berührt Platz, werden still und schauen uns um. Es ist Viertel-vor-Zwölf – innert einer Viertelstunde ist die Bergerie bis auf den letzten Platz belegt, die Speisekarten verteilt. Bestellten Wein und Süssmost, dazu ein Karaffe mit Zisternenwasser (!) und kurze Zeit später standen die dampfenden Teller vor uns: Kartoffelgratin, Rippli und Bohnen. Zum Nachtisch wurde der gerühmte hausgemachte Kuchen gereicht: La Ronde-Noire est connue loin à la ronde pour son armoire à tartes, de toutes sortes, qui contient parfois jusqu’à 20 specimen précieusement préparés par la maîtresse de maison dans le four à bois – wir sind wie in einer andern Welt, die Menschen, die sich an unseren Tisch setzen, sprechen eine andere Sprache, leuchten aus ihren Augen, strahlen etwas Warmes aus – wir finden einstimmig, das ist nicht ganz so oft bei uns anzutreffen, liegen wir damit wirklich richtig? Schliesslich bezahlen wir und staunen nochmals – für gerade mal 50 Franken haben wir zu Zweit gegessen!
Wir treten hinaus in den Wind, obligates Fotoshooting mit Katze (!) – noch hat die Sonne nicht die Kraft, die Wolken zu zerreissen. Nach Süden glauben wir einzelne Berge zu erahnen, die weite Hochfläche dürfte im Winter eine reizvolle Tour abgeben, wir behalten dies im Hinterkopf. Wandern querfeldein, vorbei an Holzstümpfen und Trockenmauern, die für den Jura so typisch sind, danach ist etwas Akrobatik erforderlich, zwischen gefällten Bäumen und weichem Astwerk sich einen Weg nach unten zu bahnen: mit schwerem Material wird hier geholzt, tiefe Spuren hinterlassend. Plötzlich raschelt es hinter mir, ich drehe mich um und etwas behändes Schwarzes rast aus dem Gebüsch – eine Wildsau!
Später beratschlagen wir den weitern Weg nach unten – auf Zazas Karten sind die neuen Wege nicht eingezeichnet, nur eine Spur hilfreicher meine Ausdrucke von
http://map.wanderland.ch/
http://map.wanderland.ch/
Wir sind am oberen Ende der Cascade de Môtiers angelangt – über eine fast 100 Meter hohe Stufe fällt das Wasser in die Tiefe, ihr entlang kann über einen laubbedeckten Weg im Zick-Zack nach unten gefolgt werden – eine Tafel informiert über Fledermaus-Kolonien, die hier in den Felsen hausen sollen. In Môtiers angekommen, begegnen wir erneut einer Katze (siehe Foto). Wir spazieren durch die eingangs schon erwähnte breite Dorfstrasse hinab zum Hotel Six-Communes. Die verbleibenden 40 Minuten setzen wir uns erneut ins Bistro, Zaza blättert in einer Broschüre der lokalen SAC-Gruppe und ich schaue mir das Interieur des Hotelbaus ein wenig näher an. Im selben Abteil, im selben Zug fahren wir nach Neuchâtel zurück – unterwegs erfahre ich aus kundiger Quelle über die am Horizont sich im fahlen Nachmittagslicht erhebenden Bergspitzen dies und das. Next Destination TuT: Lessoc...oder Chambrelien...oder Onnens...oder Chironico - il mondo dei golosi!
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