Wenn die Heide blüht...


Publiziert von Nik Brückner , 28. August 2024 um 13:44. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Sonstige Höhenzüge und Talgebiete
Tour Datum:25 August 2024
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Zeitbedarf: 1:00
Aufstieg: 10 m
Abstieg: 10 m
Strecke:3 Kilometer

...ist der Titel eines zum Glück längst vergessenen Films aus dem Jahr 1960, nach Motiven von Hermann Löns. Die Hauptrollen in dieser heidschnuckeligen Weltfluchtfantasie spielten Joachim Hansen, Veronika Bayer, Walter Richter, Gardy Granass und Peter Carsten, heute dürften eher die damaligen Nebendarsteller Heidi Kabel und Willy Fritsch noch bekannt sein.
 
Der film-dienst sah in "Wenn die Heide blüht" einen "anspruchslosen Heimatfilm mit einigen Schlagern und Volksliedern, viel Heidelandschaft, einem rührseligen Flüchtlingsgeburtstag, einer Heidekönigin und vielen Heidschnucken.“ Die großartigen Schlagertitel umfassten "Ich weine in mein Bier" - ein Titel, wie ihn heute viel zu wenige Songs tragen.


Lüneburg ist zu weit weg, aber Heide hat es dort, wo man sie findet. Zum Beispiel in den eiszeitlichen Wanderdünen des Dossenwalds.

Hm? Eiszeit? Dünen? Wanderdünen?

Yep, im Rheintal, mitten in Deutschland. "Hirschacker und Dossenwald" heißt ein Natur- bzw. Landschaftsschutzgebiet zwischen Mannheim und Schwetzingen. Es umfasst eines der bedeutendsten Flugsandgebiete in Baden-Württemberg. Der Dünenzug besitzt bis zu 13 Meter hohe, nach Osten steil abfallende, kalkhaltige Dünen. Im Westen befindet sich das Flugsandfeld und im Osten der Neckarschwemmfächer.



Start für Quentin, die Waldelfe und mich war am Parkplatz Dossenwald (106 m).

Der Name "Dossenwald" ist von "Dosse", einem alten Wort für die Kiefer, abgeleitet. Es ist fast komplett bewaldet, vorwiegend mit Kiefern aber auch mit Robinien- und Laubmischwäldern.


Wir wanderten auf dem breiten Waldweg genau nach Westen, bis nach knapp 200 Metern ein schmaler Pfad links abzweigt. Dem folgten wir Richtung Südwesten. Eine Gabelung muss nicht jucken, beide Varianten kommen nach kurzer Zeit wieder zusammen.

Die flachen Hügel hier sind Sanddünen, die sich während der letzten Eiszeit (von ca. 8.000 bis 6.000 v. Chr.) durch Flugsande des Rheintals gebildet haben: Der Rhein und seine stark mäandrierenden Seitenarme durchdrangen nahezu die gesamte Region. Westliche Winde wirbelten feinkörnige Partikel aus den trockenliegenden Schotterflächen und Sandbänken des Flusses auf und lagerten sie im Osten des Rheintals als Binnendünen wieder ab. Das durch sie geprägte Gebiet erstreckte sich einst von der Gegend um das heutige Karlsruhe bis hinauf in die Gegend um das heutige Mainz.


Der schmale Pfad führt durch satt grünen Wald, links und rechts vom Weg stehen große Dossen.

Damals war diese Landschaft eine Art Steppe, und es wanderten Pflanzen aus dem Mittelmeerraum wie auch aus den Steppengebieten im Osten ein. Danach setzte nach und nach die Bewaldung ein: Die Sanddünen wurden zwischenzeitlich wohl komplett überwaldet, offene Sandflächen entstanden erst wieder nach den verschiedenen Rodungsphasen/Nutzungsversuchen im Mittelalter.

Man hat auf verschiedene Weisen versucht, die Sandgebiete landwirtschaftlich zu nutzen: Weinbau funktionierte nicht recht, Tabak und Spargel dagegen wächst heute noch in der Umgebung der Dünen. Die größten Flächen aber bilden heute Kiefernwälder.


In der Nähe einer Hütte erreichten wir in offenem Gelände einen Zaun. Von der Hütte weg ein paar Schritte im staubigen Sand nach links, dann biegt ein breiter Weg rechts in offenes Gelände ab. Ca. 800 Meter weit wandert man nun durch offenes Gelände westwärts.

Und hier war es dann, wo uns das Heidekraut mit seiner typischen lila Blüte überraschte. Wobei - das lag an uns, eigentlich wissen wir, wann das blüht, wir wussten aber nicht, dass hier so viel davon wächst. Herrlich ist's, wenn die Heide blüht!


Nach 800 Metern endet der Weg an einem Querweg.

Wegen einer früheren militärischen Nutzung sind hier noch große Lichtungen. Hier wachsen Kreuz-Enzian, Sandrasen mit Silbergras und Sand-Strohblume und Zwergstrauchheide mit Heidekraut. Typische Sandbewohner sind Blauflügelige Ödlandschrecke, Ameisenlöwe, Dünen-Sandlaufkäfer und Kreiselwespe.


Wir folgten der Umzäunung nach links (Süden) und gleich wieder links (Osten), wieder durch das offene Gelände. Auch hier sind die Bereiche links und rechts des Weges wieder abgezäunt.

Durch die Zeiten hindurch hat die Dünenlandschaft am Rhein ihren Charakter mehrfach gewandelt. Heute ist nur an wenigen Stellen der ursprüngliche Dünencharakter erhalten. An diesen Stellen konnte sich die typische Steppenvegetation erhalten oder wieder einstellen, heute gilt sie als botanische Rarität. Gleiches gilt natürlich für die entsprechende Fauna. Nach einer Kartierung aus den 80er Jahren des 20 Jh. stehen etwa 20 – 25% der Pflanzenarten auf den Sandrasenflächen auf der so genannten Roten Liste der bedrohten Arten. Deshalb stehen die Dünen unter Schutz. Daher sind manche Bereiche umzäunt und nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.

Aufgrund zunehmender Störungen durch Besucher hat das Regierungspräsidium Karlsruhe zum Schutz störungssensibler Tiere und Pflanzen Anfang 2020 eine teilweise Absperrung durch Einzäunung vorgenommen und auf einer Länge von insgesamt 1200 Metern hölzerne Geländer zur Besucherlenkung aufgestellt.


Am Ende der großen Lichtung ging es nun erneut nach links, zurück zur Hütte. Von dort aus kehrten wir auf unserem Hinweg zurück zum Parkplatz Dossenwald (106 m).



Fazit:

Herrliche kleine Runde, und eine sehr interessante dazu! Mehr Heidekraut gibt's in der Mehlinger Heide. Und wer noch mehr Dünen braucht, der kann ganz in der Nähe noch den Glockenbuckel von Viernheim erwandern, oder die Wanderdünen zwischen Oftersheim und Sandhausen.

Tourengänger: Nik Brückner, Waldelfe


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