Granatspitze (3086m) und Stubacher Sonnblick - ein spannender alternativer Anstieg


Publiziert von BigE17 , 1. August 2024 um 15:42.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Granatspitzgruppe
Tour Datum:26 Juli 2024
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 1900 m
Abstieg: 1900 m
Strecke:21 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Matrei in Osttirol fährt man entlang der Felbertauernstraße bis zur Abzweigung Raneburg. Dann folgt man ihr noch gut 3 km bis zu einer Bushaltestelle (ca. 1400m). Daneben beginnt ein Schotterweg, einige Wegweiser sind hier zu sehen. Hier können einige wenige Autos direkt neben der Felbertauernstraße parken. Hierher auch von Mittersill durch den Felbertauerntunnel.
Unterkunftmöglichkeiten:Keine

Obwohl die Granatspitze bei weitem nicht der höchste Gipfel in der Granatspitzgruppe ist (selbst der benachbarte Stubacher Sonnblick ist 2 Meter höher), ist die gesamte Gruppe nach ihr benannt. Das liegt wohl an ihrer spektakulären Erscheinung: Ein steiler Felsgipfel mit 3 steilen Graten. Der Stubacher Sonnblick nördlich der Granatspitze ist ein deutlich flacherer Gipfel, sieht aber mit seinen Gletschern ebenfalls sehr schön aus. Beide Gipfel (besonders der Sonnblick) sind überaus beliebte Skihochtouren. Im Sommer werden sie ebenfalls viel bestiegen - häufig im Rahmen von Gletscherkursen auf der Rudolfshütte. Was viele nicht wissen: Von der Osttiroler Seite aus können beide Gipfel bereits ohne Gletscherausrüstung bestiegen werden, weil das Prägratkees westlich der Granatscharte in diesem Abschnitt abgeschmolzen ist. Ich und 3 Tourenpartner wollten diese beiden Gipfel deshalb ohne Hochtourenausrüstung besteigen.

Wir starteten um 5:30 mit den E-Bikes an der Felbertauernstraße. Bei der ersten Abzweigung wählten wir den linken Weg, bei der zweiten den rechten. So erreichten wir die Landeckalm. Ab nun führte der Weg flach ins Landecktal hinein, erst gegen Ende wurde er wieder ein wenig steiler. Schließlich gelangten wir zu einem Wasserhaus, wo der Schotterweg endete. Hier deponierten wir die Räder. Nur kurz folgten wir dem Steig weiter ins Tal hinein, schon bald begannen wir, rechts einen steilen Grashang emporzusteigen. Dieser war um einiges länger, als er von unten ausgesehen hatte, dafür war er wirklich angemehm zu begehen. Im stellenweise bis zu 40 Grad steilen Gelände (meist war es aber flacher) stiegen wir geradewegs nach oben, bis das Gelände auf ca. 2600m flach wurde.

Einer von uns schlug nun vor, nicht über die Granatscharte zur Granatspitze aufzusteigen, sondern über die Untere Keeswinkelscharte und den Südgrat. Daher steuerten wir die ab nun sichtbare Scharte an. Dazu mussten wir im rechten Winkel zu den Gletscherschliffen mit geschickter Routenführung aufsteigen. Zwischendurch trafen wir auch auf flache Schneefelder, diese waren brutal hart gefroren, trotz 10 Grad Neigung kamen wir gerade noch so ohne Steigeisen durch. So gelangten wir an den Rand des in diesem Bereich noch existierenden Prägratkeeses. Über eine blanke, ca. 20 Grad steile Stufe stiegen wir mit Steigeisen auf. Oberhalb stiegen wir wenige Meter über einen spaltenfreien firnbedeckten Teil zu einem Sporn auf.

Hier zogen wir die Steigeisen wieder aus. In kurzer Kletterei kletterten wir kurz um den Sporn herum (I-II). Diesen umgingen wir wegen ein paar kleinen verdeckten Spalten nicht am Gletscher. Dahinter stiegen wir am Fels kurz am Sporn nach oben, dann begannen wir, nach rechts Richtung Scharte zu queren. Dabei war eine kurze Umgehung eines Felsblockes ein wenig ausgesetzt (II), der Rest der Querung war steiles Gehgelände. Nun standen wir unterhalb der Scharte. Der erste Aufschwung war über steile Blöcke mit guten Griffen noch nicht allzu wild (II), der zweite Aufschwung war schwieriger. Einer von uns kletterte vor und ließ ein Seil runterhängen. Immer in Griffnähe zum Seil kletterte ich die ca.12 Meter frei nach oben, leicht war das aber nicht (III+). Nun befanden wir uns in der Scharte.

Wir kletterten ein paar Meter ostseitig ab (I), dann gelangten wir zum Granatspitzkees. Im obersten Teil mussten wir ganz kurz den Gletscher queren (wirklich nur der oberste Bereich ist hier spaltenfrei!). Wegen 35 Grad Neigung tat ich das trotz leicht aufgeweichtem Firn mit Steigeisen. Danach folgte eine schuttige Flanke, durch die wir zum Grat aufstiegen. In Gratnähe trafen wir wieder auf Blockkletterstellen (II). Auf ca. 3000m erreichten wir den Südgrat, den wir nun nicht mehr verließen. Wir folgten dem Blockgrat, wobei einige größere Blöcke die größten Hinternisse waren (II), der Rest war leichter zu begehen (I). Auch die kurze Hangelkante war zwar luftig, aber leicht (I). So erreichten wir schließlich den Gipfel der Granatspitze.

Das Wetter war heute fantastisch, deshalb hatten wir ein tolles Panorama. Im Osten sind die hohen Gipfel der Glocknergruppe, im Süden die restliche Granatspitzgruppe, im Westen die Venedigergruppe. Im Norden liegt der leicht höhere Stubacher Sonnblick, unser nächstes Ziel. Nach einer längeren Rast stiegen wir über den Normalweg, den Ostgrat, ab. Meist hielten wir uns in der südlichen Flanke auf, wobei einige kurze Rinnen und kleine Blöcke abgestiegen werden mussten (Stellen II-, großteils I). Im unteren Teil stiegen wir wieder zum Grat zurück und betraten das firnbedeckte Eisfeld nördlich des Ostgrates.

Anstelle nun zum unteren Teil des Nordgrates zu queren, entschieden wir uns, das apere Sonnblickkees zu queren. Wir querten aber zuerst das kleine, spaltenfreie Eisfeld bis zu Gletscherschliffen. Über diese stiegen wir kurz zum Sonnblickkees ab. Den in diesem Bereich aperen Gletscher querten wir ohne Probleme, weil er flach war. Lediglich um 2 kleine Löcher mussten wir herumgehen. So gelangten wir auf einen plattigen Rücken. Über diesen stiegen wir weiter auf, bis zu einer Geröllflanke. Mühsam stiegen wir durch die Flanke auf und wir erreichten den Südgrat des Stubacher Sonnblicks auf deutlich über 3000m. Gleich mussten wir eine kleine Felsstufe über Leisten abklettern (II), der restliche Grat über flache Platten war sehr angenehm zu gehen, nur noch ein kurzer Abstieg verlangte Kletterei (I). So erreichten wir das schöne Gipfelkreuz vom Stubacher Sonnblick.

Nach einer weiteren längeren Gipfelrast mit einem genauso tollen Parorama wie auf der Granatspitze begannen wir wieder mit dem Abstieg. Während die anderen direkt durch die Ostflanke abstiegen und dann am firnbedeckten Gletscher zur Granatscharte querten, war mir der Südgrat lieber. Die 2-er-Stelle war in diese Richtung ein wenig angenehmer zu klettern. Diesmal bestieg ich auch den unteren Teil des Grates. Dort wartete zwischendurch noch eine steilere Platte mit einer kurzen Stufe (I-II), der Rest war unschwierig. In der Scharte trafen wir uns dann wieder. Von der Scharte stiegen wir südwestseitig über ein Schneefeld ab. So konnten wir den langwierigeren Abstieg über flache Gletscherschliffe meiden. Am Ende des Schneefeldes stiegen wir durch unschwieriges Geröll und ein paar flache Platten Richtung Süden zurück zum Aufstiegsweg. Entlang von diesem stiegen wir wieder den sehr langen Grashang ab und erreichten die Fahrräder. Die Abfahrt war problemlos und wir erreichten um 15:00 die Autos.

Erwähnenswertes:

1. Der Aufstieg über den Südgrat zur Granatspitze kann sowohl vom Landecktal, als auch vom Kalser Dorfertal aus erreicht werden. Vom Dorfertal muss ein spaltiger Gletscher gequert werden, vom Landecktal (unsere Route) eine Stelle III+ bezwungen werden. Der Grat selbst ist dann kein großes Hindernis mehr (ein paar Stellen II).

2. Leichter erreicht man die Granatspitze über den Ostgrat (II- bzw. T5). Dieser kann von der Rudolfshütte auf 2 Wegen erreicht werden: Entweder über das Sonnblickkees (nur am Seil), oder über den Kalser Tauern und dann eine steile Schuttflanke neben dem Granatspitzkees (gletscherfrei und deswegen leichter). Vom Landecktal aus kann man diesen erreichen, indem man entweder das Sonnblickkees quert (nur am aperen Gletscher seilfrei mögich), oder man klettert den unteren Nordgrat der Granatspitze (vermutlich II) und quert das spaltenfreie Eisfeld. Der unterste Aufschwung muss unter Umständen umgangen werden.

3. Der gesamte Nordgrat der Granatspitze ist anspruchsvoll (mindestens III) und der Fels sieht nicht sehr vertrauenserweckend aus.

4. Der Anstieg vom Landecktal zur Granatscharte zwischen Stubacher Sonnblick und Granatspitze benötigt wegen des Gletscherrückgangs keine Gletscherausrüstung mehr, man muss allerdings wissen, wo genau der Gletscher genug abgeschmolzen ist (zu weit im Norden gibt es doch noch Spalten!).

5. Der Stubacher Sonnblick kann über den Südgrat (1 Stelle II, T5), oder nach einer kurzen Gletscherberührung durch die Ostflanke bestiegen werden (Gletscher und mühsames Geröll, T4).

6. Der Stubacher Sonnblick ist von der Rudolfshütte aus - im Gegensatz zum Osttiroler Anstieg - nur mit Gletscherausrüstung besteigbar. Die einzige Ausnahme ist, wenn der Gletscher ausgeapert ist. Da dieser jedoch unten steiler ist, muss man mit Steigeisen gehen.

7. Alle anspruchsvolleren Kletterstellen können gut mit einem Seil gesichert werden. Die meisten Bergsteiger schaffen diese allerdings auch seilfrei (außer den schwierigen Anstieg in die Untere Keeswinkelscharte). An manchen Stellen kann ein Sturz allerdings schlimme Folgen haben.

8. Im Winter sind beide Berge von der Rudolfshütte als Skihochtouren erreichbar. Die Anstiege von der Osttiroler Seite sind wegen der Länge und Steilheit im Winter wenig empfehlenswert.

9. Das Landecktal ist ein sehr einsames, schönes Seitental des Tauerntales. Da man mit einem E-Bike sehr weit hinauffahren kann, ist die Tour zur Granatspitze und zum Stubacher Sonnblick nur wenig länger, als der Anstieg über die Rudolfshütte. Das Panorama auf den Gipfeln ist wegen der hohen Nachbargipfel im Westen und Osten bei gutem Wetter fantastisch. Diese Route ist definitiv ein Geheimtipp, um diese beiden Gipfel zu erreichen.

Tourengänger: BigE17


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