Piz Grialetsch (3131m) via Nordgrat


Publiziert von Raphy , 15. Juli 2024 um 13:16.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Davos
Tour Datum:14 Juli 2024
Hochtouren Schwierigkeit: ZS+
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 2 Tage

Wie so oft stöberte ich auf Swisstopo nach interessant aussehenden Regionen und stiess dabei auf die Grialetsch Region. Ein kurzer Blick in das geliebte Routenarchiv vom SAC zeigte schnell die vielen interessanten Routen am Piz Grialetsch und dem Piz Vadret. Wie üblich legte ich mir schnell einen groben Plan zurecht, erst den Grialetsch via Nordgrat, dann den Vadret via Nordwestgrat. Klar, viele werden jetzt sagen man sollte sich gut vorbereiten, doch trifft es meiner Meinung nach den «alten Geist» des Bergsteigen besser, wenn nicht alles durchgeplant ist. So ist eine Tour auch wirklich noch ein Abenteuer. Doch bedeutet dies auch eine höhere Wahrscheinlichkeit des Scheiterns. Wobei mit scheitern nicht der Tod, sondern der Abbruch einer Tour gemeint ist.. ;)

Also fuhr ich am Samstag mit Bahn und Bus zum Flüelapass, eine fünfstündige Reise, gottseidank gibt es Hörbücher. An der Haltestelle Susch, Abzw. Schwarzhorn ging es dann zu Fuss weiter. In gemütlichem Tempo wanderte ich über die Fuorcla Radönt zur Grialetschhütte, wobei schon das erste schief ging, denn bei meinem rechten Schuh zerfledderte der Schnürsenkel. Meine Aequilibrium Speed von La Sportiva sind mit einer festen Gamasche ausgestattet, wodurch ich die Beschädigung zuhause nicht bemerkt hatte. So lief ich ab der Fuorcla nun mit einem nicht gebundenem Schuh, der glücklicherweise Dank der Gamasche noch einigermassen am Fuss hielt bis zur Hütte, wo ich mir einen Meter Schnur holte, den ich unter erheblichem Aufwand (die Gamasche stört dabei sehr) einfädelte. Tour nochmal gerettet. Von der Hütte ging es dann gleich weiter zu p.2666m, wo ich mir einen Platz für mein Zelt suchte und nach einer warmen Mahlzeit früh schlafen ging.
Kurz vor fünf am nächsten morgen startete ich mein kleine Abenteuer. Der Nordgrat am Grialetsch wird im Routenarchiv als äusserst brüchig beschrieben, was auch zutrifft. Ich stieg als erstes zu P.2862m auf, auf dem ein grosser Steinmann steht, der schon von der Hütte aus sichtbar ist. Dieser markiert den Anfang eines kleinen Grates, der von Nordosten her zum P.3027m und dem Anfang des Nordgrats führt. Wie versprochen war hier alles lose und somit Vorsicht geboten. Beim Steinmann legte ich erstmal eine Frühstückspause zum Sonnenaufgang ein.

Vom P.3027m geht es über viele Zacken auf und abwärts weiter, diesen Teil könnte man auf dem Scalettagletscher umgehen, was aber eindeutig nicht so viel Spass machen würde. Der Fels wird hier besser, auch wenn noch immer Vorsicht geboten ist. Am Ende dieses Zwischenstücks geht es steil nach oben. Den Anfang markiert ein ziemlich glatter Fels, der durch einen Spalt auf der rechten Seite erklommen wird. Der fest wirkende Fels entpuppte sich dann leider als nicht ganz so fest, als ich in luftiger höhe plötzlich eine Platte in der grösse meines Oberkörpers in der Hand hielt. Ein kurzer Fluch und weiter geht’s, da ich darauf vorbereitet war, dass der Fels brüchig ist, brach die Platte beim austesten ab, verfehlte jedoch beim fallen meinen Fuss nur um Zentimeter. Ein kurzer Fluch und ein paar tiefe Atemzüge und weiter geht’s. Nach dieser luftigen Schlüsselstelle geht es in schöner Gratkletterei bis nach oben auf den Nordöstlichen Vorgipfel und von da gemütlich wandernd auf den Hauptgipfel. Insgesamt habe ich mit Pausen etwa drei Stunden gebraucht. Die Schwierigkeit würde ich mit ZS+/III+ angeben, aufgrund des brüchigen Felses.

Kurze Pause, etwas essen, ein paar Fotos und weiter. Der Abstieg durch die Südwand ist wirklich sehr leicht. Dazu brauch ich nichts zu sagen, einfach den Wegspuren folgen. Unten traf ich dann auch auf zwei Seilschaften die den Normalweg aufstiegen. Wozu sie die Seile dabei hatten weis ich aber echt nicht.

Nun wollte ich ja noch zum Piz Vadret, doch machte mir das Ding schon beim anschauen Angst. Auf dem Papier wirkte die Route machbar, doch in Realität sah alles anders aus. Der Nordwestgrat liegt zwar definitiv innerhalb meiner Fähigkeiten, doch das Nordwandcouloir, welches ich für den Abstieg auserkoren hatte bestand nur noch aus Fels und war somit nicht begehbar. Für einen Abstieg zurück über den Grat fehlte mir ein Seil, um allfällige Schwierigkeiten zu entschärfen. So sah ich mir den Grat von unten an, kletterte noch bis zur ersten Schlüsselstelle und drehte dann wieder um.
Schlitternd, hüpfend und rennend machte ich mich fröhlich über die restlichen Schneefelter an den Rückweg zum Zelt. Der Himmel war Blau, die Sonne schien und es war einfach ein wunderschöner Tag. Vom Zelt stieg ich dann via Fuorcla da Grialetsch ab bis nach Davos, anstatt wie geplant von Dürrboden aus den Bus zu nehmen, schliesslich muss man in diesem Sommer jedes bisschen schönes Wetter ausnutzen.

Fazit: Der Nordgrat am Piz Grialetsch ist nur für Verrückte.
Und ich komme mit Seil wieder um den Vadret anzugehen, ein wirklich eindrucksvoller Berg.

Tourengänger: Raphy


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