Leuchtturm Arngast


Publiziert von Bergmax , 25. Mai 2024 um 18:22.

Region: Welt » Deutschland » Norddeutsches Tiefland
Tour Datum:13 Mai 2024
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Wegpunkte:
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 25 m
Abstieg: 25 m
Strecke:Dangast - durchs Watt in den Jadebusen - Leuchtturm Arngast - und gleich wieder zurück (ca fünf Kilometer pro Strecke im Watt)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto nach Dangast. Reichlich Parkplätze ("Strandparkplatz"), die aber auch mal überfüllt sein könnten. € 3 / Tag.
Kartennummer:eine Seekarten-App (z. B. Navionics Boating) ist hilfreich

Schlick muss man nicht lieben, aber es erleichtert diese Unternehmung ungemein...

So, nachdem die ersten Ausflüge ins Watt erfolgreich abgeschlossen sind, darf es auch mal etwas anspruchsvoller sein. Aber was bedeutet eigentlich anspruchsvoll? - Ein freundlicher Hikr hat bereits einen witzigen Vorschlag für eine Schwierigkeitsskala gemacht, die auf die Wassertiefe basiert. Dafür verdient er Lob, denn meines Wissens ist er der erste, der sowas formuliert.
Ganz klar - ein tiefer Priel ist nicht selten die Schlüsselstelle einer Durchquerung und muss bei der Planung berücksichtigt werden. Dass es aber noch andere Hindernisse gibt, wird beim Fußweg zum Leuchtturm Arngbast sehr schön deutlich.

Leuchttürme! Sie sind faszinierend, ganz klar und hier bei mir in der Nähe -  in und an der Nordsee - stehen einige richtige Prachtexemplare. Sogar in meinem Badezimmer ist sowas zu finden (nein, nicht so ein rot-weißes Ungetüm, sondern das Modell einer Fahrwassertonne vor Helgoland, ganz in grün).
Einer der ganz großen, aber auch der ganz wichtigen ist der Leuchtturm Arngast, der sich relativ zentral im Jadebusen befindet. Diese große Bucht südöstlich von Wilhemshaven hat nicht nur eine spannende Geschichte, sondern für das Wattenmeer auch einen sehr großen Tidenhub (fast vier Meter im Mittel). Wer es bequem mag, der kann den Leuchtturm mit dem Boot erreichen. Wer es unbequem mag, der kann auch hin- (und zurück)laufen, wenn das Wasser gerade weg ist...

Diese Wattwanderung beginnt in Dangast am Südwestufer des Jedebusens. Ich stehe zeitig auf und parke meinen Wagen kurz nach sieben Uhr auf dem ausgewiesenen Strandparkplatz, der um diese Zeit natürlich alles andere als voll belegt ist.

Zuerst stellt sich die Frage, wo genau ich eigentlich das Watt betreten sollte. Soweit ich herausfinden konnte, beginnen geführte Touren wohl mit einem Spaziergang am Deich in Richtung Südost, um dann "irgendwo" auf kleinen Pfaden durch die Schutzzone 1 ans Watt zu gehen. Mit ist es jedoch nicht gelungen, diese Route auf einer Karte oder einem Luftbild klar nachzuvollziehen und planlos möchte ich nicht durch die Salzwiesen krauchen. Das nervt und ist nicht gut für die Natur. Also halte ich mich an einen holländischen Bericht, in dem der Campingplatz überquert und das Watt an der kleinen Spitze betreten wird, die am weitesten nach Norden reicht.

Um niemenden zu verschrecken, gehe ich am frühen Morgen nicht direkt durch den eingezäunten Campingplatz, sondern im Grenzbereich zwischen Salzwiese und Watt entlang bis zu dem genannten Punkt. Dorthin führt auch ein schmaler Pfad aus dem Campingplatz heraus und rechts von ihm mündet so ein Wässerchen, das aus den Salzwiesen kommt.
Dreieinhalb Stunden vor Niedrigwasser setze ich den ersten Schritt ins Dangaster Watt.
Und sinke ein.
Bis zum Knöchel...
Bis zum Knie...
Bis zum... STOP - so geht es nicht! Das ist doch kein normaler Schlick mehr! Tatsächlich bin ich in eine Art Treibsand reingelaufen. Letztens noch über den albernen Wikihow-Artikel zu diesem Thema gelacht. Aber wie ging das doch gleich? Ruhe bewahren, nicht hektisch bewegen, langsam umkehren und notfalls durch den Moder "schwimmen".
Ganz so schlimm wird es dann nicht, aber so wie ich jetzt aussehe, kann ich mich nirgends mehr blicken lassen - außer im Watt. Missmutig stehe ich wieder am Ufer. Ich muss weiter nach Osten, also ein Stückchen in das Schutzgebiet rein, wie auch die geführten Touren. Dazu ist zuerst einmal dieses Wässerchen zu überqueren. Aber die Probe mit dem Wanderstock zeigt, dass dessen Boden auch aus dem Treibsand besteht. Da gehe ich nicht nochmal rein! Erst etwa 200 m im Landesinneren kann ich den Graben und das Wässerchen überqueren. Parallel zum Wässerchen - nur eben auf der anderen Seite - wandere ich wieder bis an die Küstenlinie. Dort liegt natürlich auch Schlick, doch der Test mit dem Stock ist schon etwas vielversprechender. Also gehe ich endlich los.

Der erste halbe Kilometer setzt gleich den Tarif.Bei jedem Schritt geht der Schlick bis an den Unterschenkel, aber immerhin nicht noch weiter. Die grobe Richtung ist Nordost, Sicht und Temperatur sind ideal und der Leuchtturm lockt und lockt. Nach etwa zwei Kilometern - also knapp auf halber Strecke - beginnt gemäß Luftbild ein Prielsystem. Erfreulicherweise wird der Untergrund auf dem Weg dorthin zunächst etwas angenehmer begehbar. Zwar immer noch schlickig, aber nur noch bis zum Knöchel.
Vor den Prielen stelle ich fest, dass ich etwas zu weit nach Westen gekommen bin, was mich zunächst nicht weiter stört. Aber irgendwann beginnt das Watt sehr glatt auszusehen. Und prompt sinkt man auch wieder tiefer ein. Nicht unbedingt überall, aber unvermittelt kommen "Löcher" - zwar nicht so schlimm wie ganz am Anfang - aber das gefällt mir nicht.
Außerdem wandere ich direkt auf einen breiten Priel zu. Das ist auch nicht gut. Ich muss weiter nach Osten, sonst werde ich in eine Sackgasse laufen. Etwas östlich befindet sich ein anderer, nur mittelgroßer Priel, an dessen Ufer ich einen Bogen mache, bis ich fast wieder nach Süden gehe. Ich muss eine Weile suchen, bevor ich endlich queren kann. Nicht wegen der Wassertiefe. Sondern weil am Ufer des Priels fiese Schlicklöcher sind.

Jenseits des mittelgroßen Priels stapfe ich nur kurz durch en Schlick, ehe ich am Ufer eines größeren Priels stehe - dem tiefsten der Tour. Auch diesmal hilft es, ein wenig nach Osten zu queren. Die Überquerung ist dann eigentlich erstaunlich einfach, auch wenn mir das Wasser fast bis zur Hüfte geht. Immerhin ist in den nennenswerten Prielen der Tour der Untergrund stets fest - die Strömung hat eben auch etwas Gutes.

Jetzt habe ich etwa die Hälfte der Strecke geschafft und inklusive der Wegsuche eineinhalb Stunden benötigt. Also wird in zwei Stunden Niedrigwasser sein. Klingt reichlich? Nun ja, man weiß ja nie, was einen noch erwartet. Deshalb nehme ich mir vor, nach einer weiteren Stunde umzukehren, um spätestens zu Niedrigwasser wieder an dem tiefen  Priel zu sein.

Ich peile so, dass ich stets etwas östlich der Luiftlinie bleibe, weil ich hoffe, dadurch auf den Arngastsand zu kommen. Ganz früher einmal war das eine bewohnte Insel, dann eine Sandbank, die erst vor hundert Jahren untergegengen ist. Um dorthin zu gelangen, muss ich erstmal einige weitere Priele überqueren, die aber alle eher unproblematisch sind. Schlick hats freilich durchgehend.
Im Endeffekt finde ich die Reste von dem Arngastsand nicht. Der Leuchtturm kommt näher und näher, aber der Schlick wird nur vorübergehend etwas leichter. Dafür auf dem letzten Kilometer eher wieder zäher, zumindest bis ich eine Art Leitdamm erreiche. Nun ist es gar nicht mehr weit und die allerletzten fünf Minuten laufe ich dann tatsächlich über festes Sandwatt.

Am Leuchtturm Arngast wird gerade gebaut. Normalerweise könnte man üpber eine Leiter und eine Treppe auf eine Art Terrasse steigen, aber das geht heute nicht. Doch die 8-Meter-Leiter lasse ich mir nicht nehmen: senkrecht, sauber und eine nette Abwechslung zu dem ganzen Moder.

Ich mache nur kurz eine Pause und beginne wie geplant eine Stunde vor Niedrigwasser mit dem Rückweg. Der ist ganz einfach zu finden, weil ich einfach nur meinen eigenen Fußstapfen folgen muss, die sich überdeutlich im Schlick abzeichnen. Als ich nach einer Stunde wieder an dem breiten Priel bin, überrascht mich, wie wenig Wasser nur noch drin ist. Kein Vergleich zu dem breiten Strom auf dem Hinweg.
Das Ufer wirkt bereits recht nah, aber tatsächlich zieht sich der Rückweg ganz schön in die Länge. Die Versuchung ist groß, etwas Gas zu geben, aber dabei kann man leicht stolpern, was einem Schlammbad gleichkommen würde. Also lieber Schritt für Schritt und ohne Eile...
Natürlich habe ich das Treibsandfeld nicht vergessen und gehe lieber etwas weiter östlich ans Ufer und wandere im Grenzbereich zwischen Salzwiese und Watt bis an den Graben, den ich an der selben Stelle wie hinwärts überquere. Danach habe ich nur noch zehn Minuten Fußweg über den Campingplatz bis zum Auto vor mir, wo ich das schlammige Zeug wechseln kann. Schuhe und Hose werden wohl nie mehr ganz sauber werden, aber fürs Watt werden sie wohl noch eine Weile taugen.


Diese Wattwanderung ist ziemlich anstrengend und erfordert schon ein bisschen Erfahrung. Die größte Gefahr dürften die Schlick- bzw. Treibsandlöcher sein, in die man besser nicht hineingeraten sollte. Der Hauptpriel auf etwa halber Strecke muss hin und zurück durchquert werden, sodass man besonders auf einen guten Zeitplan achten muss. Generell braucht es eine adäquate Vorbereitung (Gezeiten, Wetter, Zeitmanagement) und eine angemessene Ausrüstung (Karte, Kompass, Navi, sinnvolle Kleidung, Schuhe, Wanderstock).
Insgesamt wäre es sicher nicht unvernünftig, sich einer geführten Tour anzuschließen.

Fazit - Schlick macht schon Spaß - aber dennoch freue ich mich jetzt besonders auf eine zünftige Bergtour zur Abwechslung!

Tourengänger: Bergmax


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Kommentare (1)


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WolfgangM hat gesagt:
Gesendet am 27. Mai 2024 um 11:22
Die im Text genannte vorgeschlagene Schwierigkeitsskale für Wattwanderungen ist:

W1 = trocken
W2 = nasse Füße
W3 = nasse Beine
W4 = nasser Hintern
W5 = nur der Kopf guckt noch raus
W6 = ganz unter Wasser
:-)


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