In den Tälern des Solukhumbu II
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Teil II - nach Gokyo und über den Renjo La
Zwei Optionen haben wir für die Fortsetzung unserer Tour zur spontanen Entscheidung offengelassen: hinüber nach Gokyo über den alpinen Pass Cho La (5330 m), wobei mit Dzonglha (4830 m und evtl. Thangnak (4700 m) weitere hohe Übernachtungen hinzukommen, bevor in Gokyo (4790 m) ohnehin nochmals hoch genächtigt wird.,
Zwei Optionen haben wir für die Fortsetzung unserer Tour zur spontanen Entscheidung offengelassen: hinüber nach Gokyo über den alpinen Pass Cho La (5330 m), wobei mit Dzonglha (4830 m und evtl. Thangnak (4700 m) weitere hohe Übernachtungen hinzukommen, bevor in Gokyo (4790 m) ohnehin nochmals hoch genächtigt wird.,
Oder aber absteigen bis zu einem Übernachtungsort unter 4000 und mit moderater Ziwschenübernachtung In Thare (4390 m) durch das obere Dudh-Koshi-Tal nach Gokyo hinaufsteigen. Die Entscheidung fällt zugusten des Letzteren, da die Übernachtungen in großen Höhen bei meinen Freunden aufgrund der verursachenden Schlafstörungen inzwischen sehr unpopulär geworden sind ;-).
26.03.2024
Der Aussichtpunkt Kala Patthar "Schwarzer Fels", 5550 m) ist eine felsige Erhebung im Südgrat des mächtigen Pumori (7165 m). Letzterer ist der Berg, welcher hier allen anderen die Show stiehlt, und zwar schon während des Aufstiegs. Kala Patthar ist das Highlight des Everest-Treks, mehr noch als das EBC. An keiner anderen Stelle der Standardroute wird man ein solch gewaltiges Panorama haben, wie von dieser Anhöhe aus.. Insbesondere jetzt im Frühjahr sollte der Aufstieg aber zeitig erfolgen, um wirklich Chancen auf gute Sicht zu wahren.
Wir starten zu unterschiedlichen Zeiten, ich um 5.10 h, noch im Dunkeln. Es ist schweinekalt etwa minus 20, mit Wind. Selbst in meinen Fäustlingen bekomme ich kalte Finger, ebenso die Zehen. Auch die bislang unbenutzte Sturmhaube kommt jetzt zum Einsatz. Vermutlch aufgrund meiner guten Verträglichkeit für große Höhen fiel mir unser Trekking bislang nicht sonderlich schwer, doch der Anstieg zum Kala Patthar macht mich fast platt. Kurz vor dem Gipfel muss ich allerdings Roland ermutigen, der wegen der Kälte so nah am Ziel umdrehen will.
Soeben wird der Gipfel von einer Gruppe verlassen. Für das allerletzte Stück ist ein kurzer, leicht ausgesetzter Zweier-Kletterzug nötig. Um 7.20 h bin ich oben. Über eine Stunde verbringe ich auf oder direkt unter dem Gipfel, denn mit der inzwischen aufgegangenen Sonne wird es klimatisch wieder erträglich. Schließlich trifft auch Haydar ein, der nach mir aufgebrochen war. Das legendäre Panorama hält, was es verspricht, uind stellt tatsächlich alle bisherien Aussichten dieser Reise in den Schatten. Hoch über den pünktchenhaften Zelten des EBC ragen riesige Eisgiganten zu allen Seiten in den Morgenhimmel. Einziges Manko: der Everest-Gipfel hat sich inzwischen, nachdem er im Morgengrauen noch komplett wolkenfrei war, eine weiße Mütze über seinen Gipfel gestülpt. Wir steigen ab, das Frühstück wartet. Inzwischen ist auch Vladi da, auch er wird den Gipfel für für sich haben, denn weitere nachfolgende Gruppen befinden sich noch recht weit unten.
Nach opulentem Frühstück schultern wir gegen 11 unsere Rucksäcke, denn wir wollen heute noch weit nach unten kommen. Bekanntlich vollzieht sich der Abstieg in großen Höhen ungleich schneller und einfacher, als der Aufstieg. Allerdings muss zwischen Gorak Shep und demThoklapass das "Wellbelch" wieder überwunden werden, dennoch sind wir bald schon in Dughla. Dort gönnen wir uns eine Mahlzeit.. Roland ist verschwunden und wir wissen aktuell nicht, ober er vor, oder hinter uns ist. Nicht so schlimm, wir sind alle selbständige und langerfahrene Bergsteiger, jeder hat eine Karte mit, wir werden uns ganz sicher wieder finden. Es ist so abgemacht, dass wir nur in gefährlichem oder orientierungsmäßig problematischem Gelände zwingend zusammenbleiben werden.
Anstatt über Dingboche, nehmen wir jetzt den Weg über Pheriche (4270 m), welcher in der Talsohle verläuft und neue Eindrücke bringt. So befinden sich in dieser weiten Ebene mehrere traditionelle Sennhütten, die man anderswo an der Hauptroute kaum zu sehen bekommt. Es pfeift ein kräftiger Wind durchs Tal und es ziehen Wolken hinein. Mir scheint dieses Ambiente gerade schaurig-schön. Bei einer Brücke wird der Lobuche Khola überquert, dann steigen wir hinauf zum Pherichepass (4270 m). Seit unserem Aufbruch in Dughla ist es ruhig geworden, wir sind um diese Uhrzeit wohl antizyklisch unterwegs, und die Mehrheit der Trekker scheint die Dingboche-route vorzuziehen. Schließlich mündet der Pfad in die "Normalroute" und nach einem kürzeren Wegstück ist um 18 Uhr Pangboche (3930 m) erreicht. Dank WIFI (praktisch überall auf dem Trek erhältlich) ist auch Roland schnell aufgespürt. Er hat sich allerdings schon in einer anderen Lodge einquartiert und wir verabreden uns für morgen nach dem Frühstück. Bäume und Sträucher statt karger Hochgebirgslandschaft, Sauerstoff zum atmen, weitaus weniger kalt - irgendwie tut es schon gut, wieder mal weiter unten zu sein.
27.03.2024
Das Kloster von Pangboche habe ich auf dem Hinweg ja verpasst. Heute führt unser Weg obligatorisch daran vorbei, im noch sehr autenthisch erscheinenden Ortsteil Upper-Pangboche. Leise und zurückhaltend gesellen Rolland und ich uns zur Puja, die von einem Mönch für einge Gruppe von Everest-uides zelebriert wird. Es wird um sicheres Geleit am Berg gebeten. Ganz witzig, wie da ein halbes Dutzend typischer Baseballmützen mit den draufgesetzten Sonnenbrillen am Eingang aufgereiht sind.
Das antike Kloster ist ein wahres Juwel. Alles erscheint und riecht förmlich nach alt, farbenfrohe Gemälde und die kunstvoll geschnitzten Masken im Gebetsraum sind kostbare Sehenswürdigkeiten.
Die Wegfortsetzung bietet uns wiederum prächtige Fernsichten. Ama Dablan, Lotse, oder das Kloster Tengboche nun direkt auf der gegenüberliegenden Seite der tief eingeschnittenen Schlucht. Der kaum frequentierte Pfad nimmt einen spektakulären Verlauf durch die steile Talflanke. Das ständige Auf und Ab wird mittels toll angelegter Steintreppen überwunden, ein wahres Meisterwerk des Wegebaus. Phortse (3810 m) liegt malerisch auf einem von Kartoffel- und Buchweizenfeldern überzogenen Plateau, von oben her kommend ein faszinierender Anblick. Im Gegensatz zu den noch brach liegenden, Parzellen der höher gelegenen Siedlungen grünt es hier schon wunderbar. Wir wandern weiter.. Der Weg zieht sich, mit reichlich Auf und Ab. Thulang und Kohanar erscheinen wie Geisterdörfer, doch offensichtlich werden zumindest einige Häuser noch von den Viehbauern benutzt.
Derweil ist wieder Nebel aufgezogen, doch trotz der nun fehlenden Aussichten ist es die fast schon mystische Abgeschiedenheit, welche uns hier in ihren Bann zieht. Unerwartet lang dauert es, bis wir in Thore (4390 m) eintreffen (Anm.: Thore und Thare wurden in der Karte verwechselt). Wir quartieren uns in der vorderen der beiden Lodges ein. Diese Lodge unterscheidet sich merklich von unseren bisherigen Unterkünften. Hier finden wir die rurale Schlichtheit wie ich es sonst auf anderen Himalayareisen durch weniger bekannte Gebiete, wie etwa Spiti, schätzen und kennengelernt habe. Die beiden Bauersleute empfangen uns herzlichst auf Landesart. Sie sprechen nur ein rudimentäres Englisch, aber immerhin. Noch ein weiterer Gast ist anwesend: Uwe, der seit 9 Jahren mit dem Fahrrad in der Weltgeschichte unterwegs ist. Wir verbringen einen sehr unterhaltsamen Abend, viele spannende Geschichten und Erlebnisse werden ausgetauscht.
28.03.2024
Der Weg durch das obere Dudh-Koshi-Valley nach Gokyo ist ja beileibe nicht unbekannt. Nur wird er fast ausschiließlich über die in Aufstiegsrichtung linke Talseite gemacht, wo sich eine Kette von Siedlungen mit zahlreichen Unterkunftsmöglichkeiten aneinanderreiht. Wir jedoch setzen unseren gestern begonnenen Weg über die rechte Talseite fort, in derselben abgelegenen und verlassenen Weise, wie wir dies schon am Vortag erleben durften.Die Sichten sind heute überwiegend gut, und so zeigt sich uns mit dem Cho Oyu (8188 m) der sechsthöchste Berg der Welt, auf den wir nun direkt zuwandern. Tsom Ten, Tsom Og, Chhamtyang (4590 m) und Chharchung (4590 m) heißen die Ortschaften am Weg, allesamt authentische Bergbauerndörfer ohne Unterkunft oder sonstige Fassilitäten für Touristen. Erst in Thangnag (4700 m) treffen wir wieder auf die gewohnte Infrastruktur, denn hier trifft von Osten her kommend die Cho-La-Route ein. In einer Lodge lassen wir uns ein gutes Mittagessen angedeihen und ziehen danach weiter, denn wir wollen heute noch Gokyo erreichen.
Hierzu muss der schuttbedeckte Ngozumpa-Gletscher überquert werden, ein Unterfangen, welches bei schlechter Sicht durchaus Schwierigkeiten bereiten kann. Nun ist zwar inzwischen schon wieder der typische Nachmittagsnebel aufgezogen, zunächst jedoch als Hochnebel über unseren Köpfen, und die Sicht über den Gletscher hinweg ist vorerst gewährleistet. Wir peilen eine Gebetsfahne auf der Moräne an, wo sich prompt ein zunächst gut ausgeprägter, mit Steinmännchen markierter Pfad offeriert. Dieser schlängelt sich recht eigenwillig zwischen mächtigen, schuttbedeckten Eiswulsten hindurch oder über diese hinweg. Viele kleine und größere Gletschseen säumen den Weg, die steilen Abbrüche zeigen nacktes Eis. Der Pfad ist bisweilen nicht immer ganz klar, deshalb mein Hinweis, den Gletscher bei schlechter Sicht besser zu meiden. Prekär ist dann der Ausstieg über den steilen Moränenrand des jenseitigen Gletscherufers. Diese Passage ist äußerst steinschlagträchtig, und da es inzwischen wieder in gut 4700 m Höhe sehr steil hinaufgeht, wird man diese wohl kaum in der gebotenen Eile bewerkstelligen können. Am besten stets die Augen offenhalten und die Ohren gespitzt! Schließlich ist es geschafft, wir sind droben und stolpern die letzten paar hundert Meter im inzwischen herabgesenkten Nebel der Ortschaft Gokyo entgegen. Der Ort hat eine prächtige Lage am Ufer des Bergsees Dudh Pokhari, welcher derzeit noch fast komplett zugefrohren ist. Die Welt ist klein, das alte Lied. So treffen wir in unserer Lodge eine Gruppe vom Summitclub, der auch zwei Leute aus unserem Nachbarort Gottmadingen angehören.
29.03.2024
Ursprünglich sollte von Gokyo aus mit dem Gokyo Ri ein, wie Kala Patthar, weiterer legendärer Aussichtshügel bestiegen werden, doch die Summitclub-Gruppe hat uns etwas viel besseres gesteckt. den Gang über den 5360 m hohen Renjo La (La=Pass).
Doch zunächst sieht es danach aus, als ob weder das Eine, noch das Andere heute Sinn machen würde, denn frühmorgens steckt alles noch im dichten Nebel. Doch der Nebel lichtet sich fast schlagartig und das Wetter wird traumhaft! Schon gleich zum Aufbruch grüßt schneeweiß der Cho Oyu. Rückblick auf Gokyo. Seltsam,aus der Entfernung besehen könnte das fast auch ein Ort irgendwo im Norden Skandinaviens sein.
Der Renjo La ist kein technisch schwieriger Pass, unter normalen Umständen eine alpine Bergwanderung T3. Allerdings fordernd, denn der Aufstieg auf 5360 m zieht sich und die Luft wird nochmal gehörig dünn. Im Übrigen deckt sich die Höhe haargenau mit der des Gokyo Ri, welcher als brauner Bergrücken uns gegenübersteht und erahnen lässt, dass man hüben wie drüben in etwa die gleiche Aussicht hat. Und die hat es in sich ... Der Everest ist jetzt zwar distanzierter, als vom Kala Patthar, doch erhebt er sich hier in voller Größe und erscheint nun auch in der richtigen Relation zu seinen Nachbarn. Lotse, Nuptse etc., Makalu weiter hinten. Besonders dominant treten hier jedoch einige weniger bekannte Gipfel auf, wie etwa der Cholatse. Direkt uns gegenüber steht der Pharilapche (6017 m). Unter dessen Flanke wird zur Passhöhe durchgewandert Seine steiilen Gipfelzacken und der strotzende Eiswulst (laut Vladis Intuiition in der Form eines Krokodils), lassen uns den ohnehin schon schweren Atem stocken.
Die Passhöhe macht heute augenscheinlich die Wetterscheide, denn zur gegenüberliegenden Seite hin ist es weitgehend dicht. Und so vollzieht sich unser Abstieg ins Bhote-Koshi-Tal unter mehr oder weniger zwielichtigen Sichtbedingungen. In Lumde (4368 m) kehren wir ein zu einem stärkenden Mittagessen, Roland ist gerade wieder mal verloren gegangen. Wir wollen heute noch bis Thame weitermarschieren, und nachdem wir Roland in einer Lodge am Weg Richtung Marulung wieder aufgegabelt haben, beschließen wir, unter den gegebenen Umständen mit dem zudem hier nicht immer eindeutigen Weg zusammenzubleiben. Das Tal ist sehr ursprünglich und wenig frequentiert,. Schade nur wegen des Nebels. Dennoch schön, direkt neben uns tost unablässig der Bhote Koshi.
Wohl eine Stunde lang brennen schon unsere Stirnlampen bis wir endlich Thame erreichen. Unter uns leuchtet bald stimmungsvoll eine Stupa, das Ortszentrum mit den Lodges ist erreicht. Thame ist uns von unserer Akklimatisationstour ab Namche her bekannt. Auf Empfehlung kommen wir im gemütlichen Yak Hotel unter.
30.03.2024
Die Idee, von Thame aus über Kongde (4250 m) nach Pakding zu wandern, wird wieder verworfen. Die Unterkunft in Kongde soll ein Luxuxhotel mit horrenden Preisen sein. Zudem soll laut unserem Lodgewirt die Wegfindung problematisch sein. Im Nachhinein sollen wir noch feststellen, dass die vielen Tobel in der Flanke, durch welche der Pfad zieht, immer noch vereist sind. Grödeln hätten wir zwar dabei, aber es wäre sicherlich beschwerlich geworden, mit einem regen Wechsel von die Dinger an und wieder aus.
So ziehen wir ein weiteres Mal durch das untere Bhote-Koshi-Tal, erfreuen uns an den vielen buddhistischen Kleinoden und netten Bergdörfern, und genießen heute das schöne Wetter,was uns beim letzten mal hier nicht vergönnt war. Nach gut 3 Stunden erreichen wir Namche Bazaar. Seit Beginn unseres Trekkings sind wir ohne Ruhetag unterwegs, Jetzt den Wandertag hier in Namche vorzeitig beschließen, da werden wir uns alle schnell einig. In unserem Hotel Yak wird nach Ankunft eine heiße Dusche fällig, in den kalten Orten weiter oben vergeht einem die Lust darauf von selbst. Den Rest des Tages verbringen wir mit Cafébesuchen und Ladenbummeln. Mit uns sind nur mal ein halbes Dutzend weitere Gäste in der Lodge, doch unsere Gastgeber erwarten noch 40 Personen, die wohl frühestens erst morgen eintreffen werden. Aufgrund des Windes sind die vergangenen zwei Tage angeblich wieder mal alle Luklaflüge gestrichen worden
Tourengänger:
Günter Joos (gringo)
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