Wandermarathon RemstalWeg: Mögglingen-Kirneck/Hohenlinde


Publiziert von quacamozza , 24. April 2024 um 17:58.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Sonstige Höhenzüge und Talgebiete
Tour Datum:26 März 2024
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1720 m
Abstieg: 1685 m
Strecke:56,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:MEX Stuttgart-Aalen nach Mögglingen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Bus 931/ X93 (Göppingen-Lorch) "Kirneck B297/Hohe Linde"
Kartennummer:LGL 1:25 000 W220 (Welzheim) und W 221 (Schwäbisch Gmünd)

Langstreckenwandern wird immer beliebter. Von kommerziellen Anbietern werden schwerpunktmäßig die 50(km)/12(Std)- und 100(km)/24(Std)-Varianten angeboten, wobei oft darauf geachtet wird, die Wanderung mindestens als Erlebnistour, wenn nicht als Abenteuer oder gar persönliche Grenzerfahrung zu vermarkten. Das kommt bei immer mehr Hobbywanderern gut an. Zudem entdecken Sponsoren diesen Markt, und so sprießen neue Anbieter wie Pilze aus dem Boden.


Während beispielsweise bei der Remstal-12-Stunden-Wanderung bereits in den beiden vergangenen Jahren zunächst 1200 und dann 1400 Teilnehmer mitmachten, ist die Kapazitätsobergrenze von 1500 Wanderern in diesem Jahr trotz drastisch gestiegener Kosten schon Wochen vor dem Starttermin erreicht.

Eine Mammut-, Monster-, oder Mega-Aufgabe ist ein solches Event für die Veranstalter aus organisatorischer Sicht bereits, bevor der erste Wanderkilometer vom Feld in Angriff genommen wird. Ausschilderung, Verpflegungsstationen, medizinische Betreuung, Shuttle...und natürlich eine dem Rahmen angemessene Streckenführung mit nicht übermäßig vielen Höhenmetern oder allzu heiklen Wegabschnitten zur Minimierung der Unfallgefahr. Der Tipp der Woche aus dem Netz: Einfach mal Danke sagen an der Verpflegungsstation.

Für das Wanderpublikum wiederum existieren viele Unwägbarkeiten. Blasen, Krämpfe, scheuernde oder drückende Rucksackgurte, Sonnenbrände, Insektenstiche, Einbruch der Dunkelheit oder der berüchtigte "Mann mit dem Hammer" ...die Liste der Risiken ist unendlich lang. Man muss im Zweifel mit allem rechnen. Dennoch: Wer regelmäßig länger unterwegs ist, weiß natürlich, was einen erwartet und kann die Risiken wenigstens auf ein vertretbares Maß reduzieren. Aus einer Bierlaune heraus mitzulaufen, ist dagegen keine gute Idee. Zu einer seriösen Vorbereitung auf Marathonwanderungen gehört ein entsprechendes Trainingsprogramm, allein schon deshalb, um die orthopädische Stabilität des eigenen Körpers realistisch einschätzen zu können.

Die Teilnehmer werden normalerweise vorab mit GPX-Track, Tipps und Hinweisen zur Strecke informiert. Manchmal nehmen die Rahmenbedingungen aber auch bizarre Züge an. Auf einer Seite habe ich gelesen, dass Wanderer, die mit mehr als 7,5 km/h unterwegs sind, aus dem "Rennen" genommen werden. Ja, wir wollen überwacht und bestraft werden (wie am Arbeitsplatz, so in der Freizeit, mag man fast sagen), und wenn man dann noch unterwegs wie eine Viehherde oder wie in der Kaserne behandelt wird, umso besser. Selbst bei einem moderaten Veranstalter liest man in den Teilnahmevoraussetzungen unter anderem, dass "Powerwandern nicht erwünscht" sei. Was auch immer das heißen mag. Vielleicht wird man unfreundlich angeschaut, wenn man die Verpflegungsstelle zu früh erreicht?
Gelegentlich problematisch ist auch das Nahrungsangebot: Schweinebraten, Pommes, Alkohol und Co. passen einfach nicht zu ambitionierten körperlichen Leistungen, RB und Cola auf den letzten Kilometern dagegen schon. Andererseits gibt es den einen oder anderen, der sich bereits bei der Begrüßung durch den Oberbürgermeister kurz vor dem Startschuss auf ein opulentes Essen freut (um dann die Wanderung an einer Verpflegungsstation vorzeitig zu beenden). 


Bei einem individuellen Wandermarathon bekommt man von der Landschaft mehr mit als in der Gruppe, aber das Solowandern über lange Zeit passt nicht für jeden, und es braucht Organisationstalent. Als konditionelle Saisonvorbereitung im frühen Jahr eignen sich lange Touren aber durchaus. Wichtig: Es darf nicht zu heiß sein.  

Der zur Remstal-Gartenschau 2019 mit geänderter Wegführung angelegte RemstalWeg ist ein 215 Kilometer langer Weitwanderweg dies- und jenseits der Rems, der sich mit seinem Mittelgebirgsprofil bestens als Trainingstour für größere Aufgaben, ob wandernd, walkend, joggend oder als Intervalltraining, eignet. Profis nehmen in verschärftem Tempo sogar hin und wieder den gesamten oder auch halben Weg auf einmal unter die Füße. Offiziell dagegen werden 11 Etappen zwischen 12 und 24 Kilometern vorgeschlagen.

Ich nehme die goldene Mitte und mache aus der Gesamttour vier Wandertage mit 46,6 / 62,5 / 56,5 und 54,6 Kilometern inklusive einiger Varianten. Schöne Aussichtspunkte wie das Bargauer Horn oder der Pfaffensturz lohnen bei entsprechendem Wetter die zusätzlichen Höhen- und Kilometer. Dabei begrenze ich meinen Zeitrahmen auf jeweils 12 Brutto-Stunden und verbiete mir jegliche High-Impact-Bewegung, auch wenn mich schnurgerade, ewig lang erscheinende Forstwege immer wieder zum Traben auffordern. Heute ist die Tour für mich allerdings selbst mit einigen längeren Pausen schon nach (alles in allem kurzweiligen) knapp 10 Brutto-Stunden vorbei. 

Der dritte Tag ist, abgesehen von einzelnen Stellen im sonstigen Verlauf, der anspruchsvollste Teil der Gesamtstrecke, denn hier werden nicht nur die höchsten Punkte des Weges erwandert, sondern es geht zeitweise auf steilen und schmalen Pfaden, die schon bei trockenem Untergrund Trittsicherheit erfordern, zur Sache.

Essingen ist ein sympathischer Ort, der erste, durch den die junge Rems fließt. Es ist ruhig hier, aber nicht ausgestorben. Modern, aber trotzdem ländlich. Man kommt an einem Supermarkt und an einer Bäckerei vorbei. Der Rathausplatz lädt zu einer ersten Pause ein. Im Schlosspark und auf dem Weg zur Remsquelle werden die Grünanlagen, Beete und Blumen so gepflegt, dass man glauben könnte, die Gartenschau läuft aktuell immer noch. Das Neubaugebiet fügt sich recht gut in die Landschaft ein. 

Empfehlenswert ist drei Kilometer hinter Essingen der 0,5 km lange Abstecher zur Remsquelle, von der es wiederum nur ein kurzer Gang über die Straße bis zur markanten Treppe ist. Die Treppe ist eine der 16 Architekturstationen, die anlässlich der Gartenschau 2019 durch bekannte Architekten entworfen wurden und als Element die Gemeinden des Remstals künstlerisch verbinden (sollen).  

Vom 0,3 Kilometer vom Hauptweg entfernten Gipfelkreuz des Pfaffensturzes bietet sich ein interessanter Blick hinunter nach Lautern und auf die Felswände der Rosenstein-Ostseite. Leider wuchert die Sicht immer weiter zu, so dass sich ein Besuch vor allem im frühen Jahr aufdrängt. 

Der Lärmfels nahe der Burgruine Rosenstein ist der schönste Aussichtspunkt am Rosenstein. Im Westen ist ein Großteil des mittleren Remstals mit der markanten Waldkuppe des Hohbergkopfes bei Plüderhausen zu sehen. Außerdem sind in der Ferne die Buocher Höhe auf der rechten und der Kernen auf der linken Talseite zu erkennen. Die Sicht soll im Idealfall sogar noch weiter bis zum Stuttgarter Fernsehturm und zu den Höhen des Nordschwarzwaldes reichen. Gegenüber ragt der Scheuelberg über Heubach und Bargau auf. 

Während der RemstalWeg am Beurener Kreuz rechts Richtung Weiler abzweigt, wandere ich weiter geradeaus auf dem HW 1 zum Bargauer Kreuz. Hier treffe ich auf die Heubacher Sieben-Berge-Tour "WEG 4" und verfolge diesen Weg in kaum noch wahrnehmbarer Steigung über das bewaldete Bargauer Horn zum Aussichtspunkt am Bargauer Horn mit schöner Sicht auf die Drei-Kaiser-Berge. Im Gegensatz zum Lärmfels (Nomen est omen) geht es hier deutlich weniger trubelig zu. Oft darf man die tolle Aussicht nach Westen allein genießen. Bei guter Sicht bevorzuge ich fast immer diesen 1,5 Kilometer langen Umweg gegenüber der Originalroute, die unspektakulär nördlich auf einem Schotterweg unter dem Bargauer Horn entlangführt.  

Kurz vor Erreichen der Straßdorfer Marienkapelle bietet sich beim Kunstwerk "Der Wallfahrer" ein schöner Blick auf Schwäbisch Gmünd, die größte Stadt des Remstals, mit dem turmlosen Münster. Kurz zuvor lohnt sich am Ende des steilen Anstiegs nahe des Hauses der Straßdorfer Gartenfreunde ein Rückblick auf die bisher bestiegenen, schon recht weit entfernt liegenden Gipfel.  

Gut pausieren lässt sich am Kastellbad Schirenhof, das Teil eines 100 Meter entfernt liegenden römischen Kohortenkastells ist und das man gut 2 Kilometer nach der Marienkapelle erreicht.

Das Gasthaus Hohenlinde hat den gastronomischen Betrieb vor einigen Jahren eingestellt. Eine Übernachtung ohne Verpflegung ist nach Voranmeldung zwar noch möglich. Dabei ist jedoch zu beachten, dass es in fußläufigem Umfeld des Gasthauses weder eine Einkaufs- noch eine Einkehrmöglichkeit gibt. Dafür ist die Busverbindung in beide Richtungen so gut, dass sich dieser Punkt trotz allem als Etappenziel anbietet. 
 


Tourengänger: quacamozza


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Kommentare (2)


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ABoehlen hat gesagt:
Gesendet am 25. April 2024 um 06:55
Spannender Bericht und Gratulation zu deiner Leistung. Ich bin heuer noch nicht über 30 km am Stück herausgekommen, aber das Jahr dauert ja noch eine Weile. Danke vor allem für das aufschlussreiche Intro, das ich mit Interesse gelesen habe. Es hat mir wieder mal bestätigt, warum ich um organisierte Wanderanlässe seit jeher einen grossen Bogen mache:

> Ja, wir wollen überwacht und bestraft werden (wie am Arbeitsplatz, so in der Freizeit, mag man fast sagen)
Beispielsweise genau darum!

> dass "Powerwandern nicht erwünscht" sei.
Ich nenne es «Sprintwandern», aber vermutlich würde das auch nicht goutiert ;-)

> das Solowandern über lange Zeit passt nicht für jeden
Für mich schon

> Wichtig: Es darf nicht zu heiß sein.
Kann es schon, jedenfalls solange die Tour nicht wesentlich länger als 12 Stunden dauert. Startet man beispielsweise zwischen 21:00 – 22:00 Uhr, ist man dann am Folgetag, wenn es heiss zu werden beginnt, bereits am Ziel. Bei noch längeren Touren ist dieses Vorgehen natürlich nicht mehr möglich.

Weiterhin gutes Weitwandern!
LG, Adrian

quacamozza hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. April 2024 um 20:18
Hallo Adrian,

vielen Dank für Deine Nachricht.

Ja, im Sommer macht es durchaus Sinn, nachts und in den Tagesrandzeiten zu laufen. Meine persönliche Erfahrung ist aber die, dass es im Sommer oft schon bald nach Sonnenaufgang anstrengend wird. Dafür geht aufgrund des Klimawandels und damit verbundener schneearmer Winter die Saison immer früher los. Im Schwarzwald etwa konnte man schon ab Januar ohne Unterbrechung fleißig Kilometer zu Fuß sammeln.

In weiter nördlich gelegenen Mittelgebirgen wird es ja auch im Hochsommer selten mal heiß, aber für lange Weinwanderwege wartet man vielleicht doch besser auf den Herbst.

Ich muss bei solchen Touren auch oft an trainman und seine Berichte denken.

Alles Gute und eine erfolgreiche (Weit-)Wandersaison!

Ulf







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