Val Gronda - Obersaxen - Graubünden


Publiziert von lynx , 28. September 2023 um 23:08.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Surselva
Tour Datum:25 September 2023
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 1000 m

Eine lange nicht mehr besuchte Gegend des Bündnerlands steht heute auf dem Program. In Obersaxen liegt das langgezogene Tal Val Gronda. Eigentlich wollten wir zum Blausee und von dort über den Piz Val Gronda zu den beiden kleinen Seen "Bi de Seeli". Je höher wir kamen stellten wir fest, dass bereits recht viel, inzwischen, nasser Schnee lag. Bei P. 2425 oberhalb des Blausee besprechen wir die Situation und beschliessen den Piz Val Gronda auszulassen und stattdessen zum Blausee abzusteigen und auf dessen gegenüberliegenden Seite zum Sattel hoch zu steigen unseren Biwakplatz einzurichten und einfach zu chillen. 

Zur Zeit ist es am Tag recht warm und mild in den höheren Lagen. Anders sieht es bei Nacht aus. Die Temperaturen sinken massiv in den Minusbereich. Dafür herrscht sternenklarer Himmel und bis ca. 03.00 Uhr sorgt der Mond für eine helle Nacht. Danach haben die Sterne ihre Glanzzeit.

Im westlich gelegenen Tal Val Zavragia lebt heute ein Wolfsrudel. Vom Piz Val Gronda habe ich vor bald 30 Jahren einmal mit dem Feldstecher einen einsamen Wolf während langer Zeit beobachten können. Da wir nicht über den Piz Val Gronda gehen konnten und somit unseren Biwakplatz nicht bei den Seen unterhalb des Piz Zavragia, respektive zwischen Piz Val Gronda und Piz Zavragia installieren konnten hatten wir diese Möglichkeit nicht Wölfe zu beobachten.

In diesen Weiten oberhalb des Val Grondas begegnet uns während den zwei Tagen kein Berggänger, Im Aufstieg auf ca. 1900 Meter spreche ich noch mit einem Älpler der am aufräumen und die Hütte am Einwintern ist. Am nächsten Tag beim Abstieg über die Alp Gren begegnen wir oberhalb Oberhitta (2154 Meter) noch einmal einem Älpler welcher ebenfalls aufräumt, die Wasserzisternen für den Winter in Ordnung bringt und die Hütte dicht macht. 

So schön und mild wie der Tag so kalt und schrecklich wurde die Nacht. Nicht der Kälte wegen. Wir hatten gutes Equipment dabei, so, dass niemand frieren musste. Meine Augen fühlten sich an wie wenn tausend Sandkörner an meinen Augen klebten. Später fingen sie an zu brennen und ununterbrochen triefte Tränenwasser. Als ich auf'sHandy schaute merkte ich, dass ich fast nichts mehr sehen konnte. Ich nehme meine Kontaktlinsen aus den Augen. Die lasse ich immer drin über Nacht wenn ich in der Pamapas Nächtige. Aber auch diese Aktion bringt keine Linderung. Langsam dämmerte mir, dass ich wahrscheinlich eine Schneeblende (Photokeratitis) habe. Ich bin seit 40 Jahren im Gebirge unterwegs und ich brauchte nie eine Sonnenbrille. Ich hatte nie Probleme aber jetzt hat es mich voll erwischt. Ich realisiere, dass ich in dem Zustand, falls es am Morgen nicht besser sein sollte, den Abstieg nicht machen kann.
Mein Kollege sagte: Scheisse Mann! Ruf die REGA. Ich sage ihm, dass es übertrieben sei jetzt eine nächtliche Bergungsaktion anzufordern. Wir warten den Morgen ab. Er lässt nicht locker. Also ruf ich an und schildere die Situation. Wir werden sie von Erstfeld oder von Untervaz her holen sagt der Mann am Telefon. Wir besprechen die Details. Am Ende vereinbaren wir, dass ich am Morgen wieder anrufe falls es nicht besser ist. 
Kurz bevor die Sonne aufgeht montiere ich die Kontaktlinsen und sehe einigermassen klar die Umwelt. Aber die Augen laufen und tränen weiter. Ich wecke Matthias und sage ihm: Aufstehen und packen. Wir gehen bevor die Sonne zu stark scheint.
Wir steigen ab bis unter die Schneegrenze, dort ist auch der restliche Weg nur noch T1 und T2. Hier rufe ich wieder der REGA an und teile ihnen mit, dass wir am Absteigen sind und ich es schaffen werde bis zum Auto. Der Herr bedankt sich, dass ich angerufen habe. Er wünscht uns einen guten Rest des Abstiegs.

Der Älpler von Oberhitta erzählt mir dann, dass ihm das gleiche auch schon passiert sei und dass eine Schneeblende deutlich heftiger sei als eine Schweissblende. Er hätte damals sogar eine Sonnenbrille getragen. Anschliessend aber eine bessere gekauft.

Die Heimfahrt war eine echte Herausforderung in dem Zustand. Zu Hause angekommen trinke ich eine halbe Flasche Rotwein und schmeisse 6 mg Lexotanil rein. Dies knallt mich nach 3/4 Stunden ins Coma und ich kann 16 Stunden schlafen. Als ich aufwache ist alles deutlich besser. 

Abgesehen von den Widerwärtigkeiten mit den Augen war diese Tour ein weiteres herrliches Abenteuer in den einsamen Gegenden der Schweizer Alpen.


Tourengänger: lynx


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