Entlebucher Grate: Schwändiliflue - Grönflue - Baumgarteflue - Fürstei - Chli Fürstei


Publiziert von Nik Brückner , 29. September 2023 um 12:26.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Emmental
Tour Datum:25 September 2023
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Entlebucherflühe - Fürstein   CH-LU   CH-OW 
Zeitbedarf: 6:15
Aufstieg: 1150 m
Abstieg: 1150 m
Strecke:13,5 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auf der asphaltierten Straße zur Alpwirtschaft Stäldeli.
Unterkunftmöglichkeiten:Im Tal

Eine Tour war noch offengeblieben, bei meinem letzten, wetterbedingt kurzen Besuch in den Emmentaler Alpen: Die Überschreitung der Grönflue. Damals war ich bei wackeligem Wetter auf der schmalen Kante von der Torflue über die Äbnistettefluen zur Schafmatt gewandert, nun, Ende September, konnte ich den südlichen Teil der Kette nachholen.
 

Frühmorgens fuhr ich mit Igorrrs "Hallelujah" im Player hinauf zur Alpwirtschaft Stäldeli (1373 m), an der man, obwohl sie immer noch geschlossen ist (ein Pächter wird gesucht - irgendjemand?), parkieren kann. Dann ging's ein paar Meter über den Parkplatz zurück und gleich rechts hinunter auf der Fahrstraße Richtung Guggene. Hier ist die Schwändiliflue angeschrieben, mein erstes Gipfelchen für heute.

Die Straße führt genau nach Norden und wird bald in einer Linkskurve verlasen: Auf einem markierten Pfad wandert man hinauf zu ein paar Gebäuden. Dort stößt man erneut auf die Straße, folgt ihr noch ein Stück in nordwestlicher Richtung und verlässt sie gleich wieder nach links. In der Folge verlieren sich die Wegspuren mehrfach auf Wiesen, bei guter Sicht ist die Orientierung aber kein Problem. Man folgt einfach den rot-weiss markierten Pflöcken. Es geht in den Wald hinein und bald über einen Bach. Drüben tritt man wieder auf eine Wiese hinaus. Hier knickt der Wanderweg nach links, hinauf zur Alp Guggene (1503 m).

Die Markierung führt kurz auf einem breiten Weg nach Westen, danach geht es halblinks über einen Grashang hinauf. Auch dort kann man die Wegspur leicht verlieren. Die dürftigen Markierungen führen danach bald im Wald hinauf, wobei unterwegs schon eine erste kleine Einserstelle zu überwinden ist. Es geht zu Pt. 1658 am Bergrücken, wo der Weg aus dem Ruchiloch heraufkommt.

Von hier an folgt der weiterhin markierte Wanderweg weitgehend dem Grat, mal links, mal rechts der Höhe.

Beim ersten Besuch steigt man dabei ebenso versehentlich wie unweigerlich auf den südlichen Vorgipfel (1778 m) der Schwändiliflue - nur um oben zu erkennen, dass man wieder umkehren muss: Das Gipfelchen fällt auf der anderen Seite mit senkrechten Felswänden ab.

Kurze Zeit später führt der Wanderweg dann endgültig aus dem Wald hinaus und hinauf auf den Südgipfel (1797 m) der Schwändiliflue - jenen Gipfel, der seit dem Stäldeli als Schwändiliflue angeschrieben ist.

Stäldeli - Schwändiliflue Südgipfel: markierte Wanderwege, T3 und leichter, eine Stelle I, 1,5h


Ich legte hier eine erste kurze Pause ein, bevor ich mich an den Weiterweg machte. Der Wanderweg wird ab hier wohl nicht oft begangen, weshalb er eher anhand der (guten) Markierungen als anhand einer deutlichen Wegspur zu verfolgen ist. Hin und wieder wird's felsig und der Osthang, den man nun quert, ist ab und zu auch recht steil

Nach einem Sattel führt die Spur halbrechts durch ein Geröllfeld. Hat man dieses durchquert, führt der Weg weiter zu einer wenig ausgeprägten, von hohen Bäumen bestandenen Grasrippe, hinter der sich ein weiteres Geröllfeld ankündigt.

Schwändiliflue Südgipfel - Rippe: markierter Wanderweg, T3, 20 Minuten


Hier verließ ich den Weg und stieg links die mäßig steile Rippe hinauf. Oben stieß ich dann auf eine deutliche Wegruine, die mich nach links, Richtung Westen, zum Grat hinauf brachte. Kurz davor führen dann Begehungsspuren (die allerdings wahrscheinlich von Tieren stammen) nach Norden weiter. 

In der Karte sind hier oben zwei Punkte kotiert: Pt. 1831 (1831 m) habe ich überschritten (dabei ist ein kleiner Klemmblock am Grat zu überwinden, unproblematisch), Pt. 1872 (1872 m) vielleicht auch, vermutlich bin ich aber eher ostseitig im Hang dran vorbeigelaufen. Ein letzter Felsaufbau am Grat vor der Grönflue wird ebenfalls ostseitig umgangen, dann steht man in dem grünen Sattel direkt vor der Grönflue.

Auch hier legte ich nochmal eine Pause ein, dann startete ich in den spannendsten Teil der Tour: den Aufstieg zur Grönflue. 

Tierspuren führen nach rechts, hinaus auf ein grünes Grassims in der ansonsten weitgehend senkrechten Ostflanke der Grönflue. Bald übersteigt man eine felsige Rippe, hinter der man in einen großen Trichter hinuntersteigt.

Auf der anderen Seite des Trichters befindet sich das Südostcouloir, durch das es weiter Richtung Gipfel geht.

Spuren führen im Trichter nach links, eine Felsstufe wird an einer deutlichen Schwachstelle erstiegen, dann geht es ins Couloir hinein.

Spätestens hier heißt es: Helm auf! Die Rinne ist steinschlaggefährdet.

Die Rinne ist naturgemäß mit ordentlich Schotter gefüllt. Man kann aber immer ein wenig rechts oder links davon bleiben, sodass man mir diesem Schotter kaum in Berührung kommt.

Das nächste Highlight ist ein vielleicht acht Meter hohes Felsenfenster auf der anderen Seite der Rinne, durch das man einen herrlichen Blick zum Pilatus hat. Definitiv eines der schönsten Felsenfenster, die ich kenne!

In der Rinne hat es nun drei Stufen, an denen das Gelände ein wenig steiler wird. Die unterste ist die kleinste.

Nur an diesen Stufen ist Kraxelei gefragt - schwieriger als I wird es aber nirgends. Das Gehgelände dazwischen würde ich als T4 einstufen, sodass ich auf eine Bewertung mit T4/I komme. Wer die Kletterschwierigkeiten gern in die Wanderschwierigkeiten integriert, kommt auf T5 - aber auch dann würde ich hier maximal ein unteres T5 vergeben: T5-.

Die dritte Stufe ist die höchste. Oberhalb davon führten mich Spuren nach rechts hinauf, wo ich dann bald auf den von den Leitere herkommenden Normalweg stieß: eine schwach ausgeprägte, unmarkierte Wegspur.

Keine Viertelstunde habe ich für das Couloir gebraucht. Das hätte ruhig ein bisschen länger dauern dürfen - hat nämlich viel Spaß gemacht. Und: war leichter als erwartet.

Dieser Wegspur folgte ich nun nach links Richtung Gipfel.

Man hat in dieser Passage zwei Möglichkeiten: entweder man folgt der deutlicher ausgeprägten Variante im Hang, dabei muss man sich an einigen Bäumchen vorbeiquetschen, was angesichts der Steilheit des Geländes ein bisschen unangenehm werden kann. Oder man folgt der Gratkante hinauf. Hier hat es keine Bäumchen, es ist dafür ausgesetzter.

An einem Schartl kommen beide Varianten wieder zusammen. Von hier aus sind es dann nur noch wenige Schritte auf dem schmalen, ausgesetzten Grat bis zum Gipfel der Grönflue (1946 m).

Rippe - Grönflue: weglose Gratwanderung, T4/I bzw. T5-, 1h


Schön ist's hier! Ein schmaler Gipfel mit einem kleinen Kreuz - ideal für die nächste Pause.

Ich machte mich dann auf den Rückweg zu der Stelle, an der ich aus dem Couloir heraufgekommen war.

Und freute mich auf zwei, drei weitere T5-Passagen, die mir in Hikr-Berichten versprochen worden waren. Die blieben allerdings aus - die deutlichen Spuren, denen ich nun ganz brav bis zum Pass Leitere folgte, führten mich jedenfalls nicht in T5-Gelände. Der Weg ist T3 - maximal.

Man quert zunächst den oberen Teil eines weiteren Trichters. Es geht hinunter zu einem stacheldrahtbewehrten Viehzaun, dessen Übersteigung die technisch anspruchsvollste Stelle des Grönfluh-Normalweg ist. Lange, sehr lange Beine mitbringen! Danach geht es hinauf zu einem Graskopf, und drüben wieder hinunter. Etwas nach links hinausgeschoben befindet sich der wenig markante Grasgupf der Baumgarteflue (1920 m).

Die Spuren führen ein wenig rechts unterhalb der Baumgarteflue vorbei, dann wandert man durch eine kleine Senke weiter. An deren Ende steigt man eine felsige Rinne hinunter.

Von hier aus könnte man ohne weiteres rechts vom Grat hinuntersteigen. An der Alp Hurbele käme man herunter.

Unten wird der Grat schmal und scharf, hier wechselt man mit Vorteil in die linke, grasige Flanke. Danach führt die Spur rechts an einem Zacken vorbei und schließlich weitgehend auf der Kante weiter bis zum Pass Leitere (1829 m), wo der Wanderweg von der Alp Baumgarte heraufkommt.

Grönflue - Leitere: unmarkierte Wegspur, T3, 1h
 

Eineinhalb Stunden wären es gewesen, zurück zum Auto. Und ich war deutlich früher dran als gedacht. Was tun? Ich warf einen Blick auf die Karte, und beschloss, meine Tour zu einer Runde auszubauen, mit dem Fürstei und seinen südlichen Ausläufern. Vom Chli Fürstei aus würde ich mir meinen Weg durch den Wald dann halt suchen müssen, aber das sollte auf jeden Fall noch in meinen Tag passen.

Und so wanderte ich hinunter zur Wasserfallenegg (1731 m) und von dort aus hinüber zum Fuß des Feuersteins - wie man den Namen wohl übersetzen müsste - richtig?

Hier gibt es einen Normalweg, der zuerst nach Osten ausholt, und einen steilen Direktanstieg, für den ich mich nun entschied. Eine schöne Route entlang der steilen Nordwestkante.

Wäre hier kein Weg, wäre das eine schöne Steilgrasroute!
 
Oben auf dem Fürstei(n) (2040 m) angekommen, kam ich mit drei netten Leuten aus dem Aargau ins Gespräch. Wir tauschten uns aus, über die Gegend, ihre Gipfel und die Aussicht.

Leitere - Fürstei(n): markierter Wanderweg, T3, 1h


Der höchste Gipfel in der Region des Glaubenbergpasses und der höchste Punkt meiner Tour! Mein Blick fiel zuerst nach Norden. In den Vogesen sind Grand und Petit Ballon zu sehen, im Schwarzwald Belchen und Feldberg. Im Nordosten zeigen sich Schimberig und Pilatus. Weiter Richtung Osten folgen Säntis und Altmann, Glärnisch, Tödi und Titlis.

Richtung Südosten zeigen sich dann Sustenhorn, Gwächtenhorn, Dammastock und Ritzlihorn. 

Im Süden folgt die ganz große Prominenz: Rosenhorn, Wetterhorn, Schreckhorn, Eiger, Mönch und Jungfrau. Dann Breithorn, Tschingelhorn, Gspaltenhorn, Blüemlisalphorn und Doldenhorn. Davor erstreckt sich fast der gesamte Brienzergrat.

Im Südwesten zeigt sich die Schrattenfluh, dahinter der Hohgant mit dem Furggegütsch und der Sigriswiler Grat. Im Südwesten schließlich runden Nüschlete, Stockhorn, Dent de BrenleireNünenefluh und Gantrisch die Aussicht ab.



Danach machte ich mich wieder auf die Socken. Ich folgte dem Wanderweg nach Süden, hinunter in einen Sattel und hinauf zum Nordgipfel des Chli Fürstei (1994 m). Hier werden die Wegspuren dürftig, sie führen weiter zum 94 Meter niedrigeren (!) Hauptgipfel des Chli Fürstei(n) (1900 m).

Fürstei(n) - Chli Fürstei(n): Wanderweg, T3, 25 Minuten


Und hier endet der Weg. Da ich aber nicht mehr zurück wollte, rief ich die Swisstopo-App auf, lud das Satellitenbild, und folgte nun dem blauen Punkt durch die auf dem Bild deutlich erkennbaren Schneisen. Das war zwar trotzdem noch ein ziemliches Gestolpere, aber ich kam immerhin ohne Orientierungsprobleme wieder auf dem Wegenetz an, ziemlich genau an einer Stelle, die ich vom Vormittag schon kannte.

Chli Fürstei(n) - Wanderweg: wegloser Abstieg im Wald, T4, 45 Minuten


Von dort aus waren es dann nur noch wenige Minuten zurück zum Stäldeli (1373 m).

Zurück zum Stäldeli: markierte Wanderwege, T1, 15 Minuten


Fazit:

Großartige Tour rund um ein wunderschönes Hochtal. Die Änggelauenerunde? Wäre ein schöner Name. Highlights sind der Grat der Schwändiliflue, der (überraschend kurze und unproblematische) Aufstieg zur Grönflue und der Weg über den Fürstein. Die Tour über die Schwändiliflue lässt sich aber auch wunderbar mit der Fortsetzung von der Torflue über die Äbnistettefluen zur Schafmatt zu einer langen Gratüberschreitung kombinieren.

Tourengänger: Nik Brückner


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