Beliebig zum Gipfel - Die obere Nordwand des Gr. Bettelwurf
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1200 Meter über dem Vomper Loch erhebt sich der Große Bettelwurf. Auf dem Hochkanzelgipfel sitzend mit Blick auf die Nordwand in seiner vollen Ausdehnung erzählte mir Bergfreund Georg vor Jahren von seiner Durchsteigung der sog. "Alten Nordwand" (IV). Besonders eingeprägt hat sich mir damals das Zitat aus dem Alpenvereinsführer, in dem von einer nahezu "1 km" langen Querung in der Wand und von "zahllosen Wandstufen, Rinnen und Bändern" die Rede ist, über die man "beliebig" zum Gipfel steigen kann. Sehr hilfreiche Infos, oder?...
Vorweg
Um Missverständnissen vorzubeugen, im folgenden Text beschreibe ich die Begehung der Route "Großer Bettelwurf von Norden aus dem Bockkarl" (Teilweise III) Die Route ist ab Beginn besagter ca. 1 km langen Querung im oberen Wandteil gleichlaufend mit der Route "Alte Nordwand".
Aufstieg zur Hallerangeralm
Von vornherein ist für mich klar gewesen, dass die Tour als Tagestour von Scharnitz oder gar aus dem Inntal, Startpunkt Karwendelrast, nicht sinnvoll zu machen ist. Deswegen reise ich am Vortag mit Bus und Bahn nach Scharnitz und radle bis zur Kastenalm. Seit der Tour mit Sebastian wenige Tage zuvor, Gamskarlspitze bis Hochkanzel, habe ich beschlossen nicht oder sogar nie wieder mit dem Rad zum Halleranger zu fahren. Erst schieben und auf der Rückfahrt eine greißlige, viel zu gache Abfahrt mit hohem Sturzpotenzial. Nicht mit mir! :-)
Deswegen deponiere ich also mein Rad an der Kastenalm und wandere stressfrei zur Hallerangeralm hinauf. Mit dem Wissen, heute nicht mehr heim zu müssen, kann ich die ganze Strecke von Scharnitz bis zur Alm viel entspannter angehen als bei einer Tagestour. Die spätsommerliche Atmosphäre zieht mich voll und ganz in ihren Bann.
Bockkarlgraben - Obere Nordwand Gr. Bettelwurf
Am nächsten Morgen werde ich um 5 Uhr von einem Wecker geweckt. Es ist nicht meiner, sondern der von meiner Matratzenlagernachbarin, die heute früh zur Sunntigerspitze steigen möchte. Der angenehm dunkle Schlafraum verleitet sie, sich nochmal umzudrehen. Jedenfalls ist sie bald wieder eingeschlafen. Eigentlich wollte ich erst mit dem ersten Tageslicht aufstehen, aber da ich schon mal wach bin, entscheide ich mich gleich loszugehen. Ohne Frühstück und Stirnlampe breche ich auf und folge bei Sternenlicht dem Ziehweg zum Überschalljoch.
Ab dem Abzweig zum Brantl- oder Knappenhüttl leitet der Steig abwärts zum jungen Vomperbach und führt nach 600 hm am verfallenen Lochhüttl vorbei. Gegenüber muss irgendwo der Einstieg der "Alten Nordwand" sein. Wo genau erschließt sich mir nicht ganz. Aber um das herauszufinden, bin ich heute nicht hier. Bei einer unverkennbaren Schuttreise, dem Geschiebe aus dem Bockkarl, kurz vor Erreichen des Jagdhauses in der Au, verlasse ich den markierten Weg und wende mich nach rechts (Süden).
Auf dem flachen Schuttbett bewege ich mich in Richtung der Mündung des Bockkarlgraben. Deutlich vor dieser halte ich mich schräg links den noch freien Hang hoch und betrete dann nach rechts die Latschenzone. Der Morgentau ist noch nicht verdampft; Latschen und Fels sind noch feucht.
Annähernd parallel zu einem weiteren Graben östlich des Bockkarlgrabens steige ich gerade empor. Rinnen und dichte Latschenabschnitte wechseln sich ab.
Schließlich erreiche ich den östlichen Bereich des kleinen Bockkarls. In der rechten Ecke des Kares vermute ich den "inneren Karwinkel" (O-Ton AVF) Da hier nicht wie angekündigt Schrofen anschließen, kann das nicht der Einstieg in die Route sein.
Suchend steige ich am westlichen Karrand ein gutes Stück abwärts bis sich links (westlich) eine Schrofenflanke auftut. Hier steige ich ein und stoße auf einen nach Süden ziehenden Grat, der locker mit Latschen bestanden ist. Ich folge dem Grat (II. Grad).
Als er oben nach Westen umschwenkt und sich zu einem Turm aufsteilt, verlasse ich ihn nach Süden tief in einen parallelen, breiten Graben absteigend. Rückblickend hätte ich wohl auch am Grat bleiben können (vermutlich III. Grad, siehe Bilder 46 und 54), aber nachher ist man immer schlauer. Der Graben zieht in gleichmäßiger Steigung westlich hinauf bis er an einem Sattel oberhalb der Latschengrenze endet.
Querung zur oberen Nordwand des Bettelwurf und Gipfelaufstieg
Der Sattel stellt einen guten Orientierungspunkt dar, da hier dreierlei kulminiert (siehe die sehr gute AV-Karte):
Am Sattel beginnt die fast 1 km lange Querung nach Westen. Über Schuttbänder nahe an den Felsen entlang geht es unschwierig dahin (höchstens I. Schwierigkeitsgrad und Gehgelände)
Dann, als ich mich erkennbar der Gipfelfalllinie nähere, öffnet sich links ein Rinnensystem. Hier beginnt der Wegabschnitt "über zahllose Wandstellen, Rinnen und Bänder beliebig zum Gipfel".
Die starke Bänderung der Wand war bei der Tour auf die Hochkanzel schon gut zu erkennen, ebenso wie die Rampe, die hier ansetzt und in eine Scharte östlich des Bettelwurf-Ostecks zieht. Zunächst geht es in annehmbarer Steigung in der Nähe der Rampe über mehrere gutmütige Wandstellen und Bänder. Das Gelände ist im Prinzip überall gangbar, ohne dabei den III. Grad zu überschreiten.
Zum Schluss steilt die Wand nochmal auf und ich halte mich schräg links aufwärts zu besagter Scharte. Theoretisch hätte ich mich auch weiter rechts halten können, um direkt am Gipfel herauszukommen, aber da wäre das Gelände noch steiler gewesen und ich wollte es mir bei meiner "Erstbegehung" nicht schwerer als nötig machen. So erreiche ich den Hauptgrat nebst den Fallbachkartürmen und steige am Grat, gelegentlich von Steinmännern geleitet, zum Osteck und Hauptgipfel hinauf.
Der Rest der Tour folgt gebahnten (aber langen) Wegen. Nach der Gipfelrast steige ich zur Bettelwurfhütte hinab und folge dann dem schönen Steig zum Lafatscher Joch. Gegen 18:00 Uhr komme ich bei der Hallerangeralm an, wo mich die Hüttenwirtin, die von meiner Begehung weiß, erleichtert erwartet.
Fazit: Abenteuerliche Tour durch unerschlossenes, wohl kaum begangenes Gelände.
Ich schätze mal grob, dass die Tour in dieser Weise vielleicht höchstens alle 20 Jahre gemacht wird. Auf der Route durch die Wand gibt es keine Steinmänner oder sonstige zivilisatorische Zeichen. Schwierigkeitsgrad: Stellen III. in der oberen Nordwand, ansonsten II.
Gute Orientierungsgabe ist erforderlich, wobei hier ausdrücklich nochmal die gute AV-Karte mit ihrer hervorragenden Felsdarstellung gelobt sei. Mit einer Karte im Stile/ Qualität der BY-Reihe wäre einem nicht geholfen..
Vorweg
Um Missverständnissen vorzubeugen, im folgenden Text beschreibe ich die Begehung der Route "Großer Bettelwurf von Norden aus dem Bockkarl" (Teilweise III) Die Route ist ab Beginn besagter ca. 1 km langen Querung im oberen Wandteil gleichlaufend mit der Route "Alte Nordwand".
Aufstieg zur Hallerangeralm
Von vornherein ist für mich klar gewesen, dass die Tour als Tagestour von Scharnitz oder gar aus dem Inntal, Startpunkt Karwendelrast, nicht sinnvoll zu machen ist. Deswegen reise ich am Vortag mit Bus und Bahn nach Scharnitz und radle bis zur Kastenalm. Seit der Tour mit Sebastian wenige Tage zuvor, Gamskarlspitze bis Hochkanzel, habe ich beschlossen nicht oder sogar nie wieder mit dem Rad zum Halleranger zu fahren. Erst schieben und auf der Rückfahrt eine greißlige, viel zu gache Abfahrt mit hohem Sturzpotenzial. Nicht mit mir! :-)
Deswegen deponiere ich also mein Rad an der Kastenalm und wandere stressfrei zur Hallerangeralm hinauf. Mit dem Wissen, heute nicht mehr heim zu müssen, kann ich die ganze Strecke von Scharnitz bis zur Alm viel entspannter angehen als bei einer Tagestour. Die spätsommerliche Atmosphäre zieht mich voll und ganz in ihren Bann.
Bockkarlgraben - Obere Nordwand Gr. Bettelwurf
Am nächsten Morgen werde ich um 5 Uhr von einem Wecker geweckt. Es ist nicht meiner, sondern der von meiner Matratzenlagernachbarin, die heute früh zur Sunntigerspitze steigen möchte. Der angenehm dunkle Schlafraum verleitet sie, sich nochmal umzudrehen. Jedenfalls ist sie bald wieder eingeschlafen. Eigentlich wollte ich erst mit dem ersten Tageslicht aufstehen, aber da ich schon mal wach bin, entscheide ich mich gleich loszugehen. Ohne Frühstück und Stirnlampe breche ich auf und folge bei Sternenlicht dem Ziehweg zum Überschalljoch.
Ab dem Abzweig zum Brantl- oder Knappenhüttl leitet der Steig abwärts zum jungen Vomperbach und führt nach 600 hm am verfallenen Lochhüttl vorbei. Gegenüber muss irgendwo der Einstieg der "Alten Nordwand" sein. Wo genau erschließt sich mir nicht ganz. Aber um das herauszufinden, bin ich heute nicht hier. Bei einer unverkennbaren Schuttreise, dem Geschiebe aus dem Bockkarl, kurz vor Erreichen des Jagdhauses in der Au, verlasse ich den markierten Weg und wende mich nach rechts (Süden).
Auf dem flachen Schuttbett bewege ich mich in Richtung der Mündung des Bockkarlgraben. Deutlich vor dieser halte ich mich schräg links den noch freien Hang hoch und betrete dann nach rechts die Latschenzone. Der Morgentau ist noch nicht verdampft; Latschen und Fels sind noch feucht.
Annähernd parallel zu einem weiteren Graben östlich des Bockkarlgrabens steige ich gerade empor. Rinnen und dichte Latschenabschnitte wechseln sich ab.
Schließlich erreiche ich den östlichen Bereich des kleinen Bockkarls. In der rechten Ecke des Kares vermute ich den "inneren Karwinkel" (O-Ton AVF) Da hier nicht wie angekündigt Schrofen anschließen, kann das nicht der Einstieg in die Route sein.
Suchend steige ich am westlichen Karrand ein gutes Stück abwärts bis sich links (westlich) eine Schrofenflanke auftut. Hier steige ich ein und stoße auf einen nach Süden ziehenden Grat, der locker mit Latschen bestanden ist. Ich folge dem Grat (II. Grad).
Als er oben nach Westen umschwenkt und sich zu einem Turm aufsteilt, verlasse ich ihn nach Süden tief in einen parallelen, breiten Graben absteigend. Rückblickend hätte ich wohl auch am Grat bleiben können (vermutlich III. Grad, siehe Bilder 46 und 54), aber nachher ist man immer schlauer. Der Graben zieht in gleichmäßiger Steigung westlich hinauf bis er an einem Sattel oberhalb der Latschengrenze endet.
Querung zur oberen Nordwand des Bettelwurf und Gipfelaufstieg
Der Sattel stellt einen guten Orientierungspunkt dar, da hier dreierlei kulminiert (siehe die sehr gute AV-Karte):
- Der vorerwähnte, östlich ins Bockkarl hinabführende Graben
- Der parallel zu diesem verlaufende Grat
- Und zu guter Letzt setzt sich der Grat oberhalb des Sattels nach Süden fort und endet am östlichen Fallbachkarturm
Am Sattel beginnt die fast 1 km lange Querung nach Westen. Über Schuttbänder nahe an den Felsen entlang geht es unschwierig dahin (höchstens I. Schwierigkeitsgrad und Gehgelände)
Dann, als ich mich erkennbar der Gipfelfalllinie nähere, öffnet sich links ein Rinnensystem. Hier beginnt der Wegabschnitt "über zahllose Wandstellen, Rinnen und Bänder beliebig zum Gipfel".
Die starke Bänderung der Wand war bei der Tour auf die Hochkanzel schon gut zu erkennen, ebenso wie die Rampe, die hier ansetzt und in eine Scharte östlich des Bettelwurf-Ostecks zieht. Zunächst geht es in annehmbarer Steigung in der Nähe der Rampe über mehrere gutmütige Wandstellen und Bänder. Das Gelände ist im Prinzip überall gangbar, ohne dabei den III. Grad zu überschreiten.
Zum Schluss steilt die Wand nochmal auf und ich halte mich schräg links aufwärts zu besagter Scharte. Theoretisch hätte ich mich auch weiter rechts halten können, um direkt am Gipfel herauszukommen, aber da wäre das Gelände noch steiler gewesen und ich wollte es mir bei meiner "Erstbegehung" nicht schwerer als nötig machen. So erreiche ich den Hauptgrat nebst den Fallbachkartürmen und steige am Grat, gelegentlich von Steinmännern geleitet, zum Osteck und Hauptgipfel hinauf.
Der Rest der Tour folgt gebahnten (aber langen) Wegen. Nach der Gipfelrast steige ich zur Bettelwurfhütte hinab und folge dann dem schönen Steig zum Lafatscher Joch. Gegen 18:00 Uhr komme ich bei der Hallerangeralm an, wo mich die Hüttenwirtin, die von meiner Begehung weiß, erleichtert erwartet.
Fazit: Abenteuerliche Tour durch unerschlossenes, wohl kaum begangenes Gelände.
Ich schätze mal grob, dass die Tour in dieser Weise vielleicht höchstens alle 20 Jahre gemacht wird. Auf der Route durch die Wand gibt es keine Steinmänner oder sonstige zivilisatorische Zeichen. Schwierigkeitsgrad: Stellen III. in der oberen Nordwand, ansonsten II.
Gute Orientierungsgabe ist erforderlich, wobei hier ausdrücklich nochmal die gute AV-Karte mit ihrer hervorragenden Felsdarstellung gelobt sei. Mit einer Karte im Stile/ Qualität der BY-Reihe wäre einem nicht geholfen..
Tourengänger:
Wagemut

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