Großvenediger (3657 m) - Venedigerkrone extended


Publiziert von Stirml , 30. Mai 2024 um 18:21.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Venedigergruppe
Tour Datum:14 Juli 2023
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 2 Tage

Großvenediger und Venedigerkrone (die Überschreitung des Venedigergletscherdachs vom Großvenediger über Rainerhorn und Schwarzer Wand bis zum Hohen Zaun) sind Klassiker für Ostalpenbergsteiger. Und so habe ich diese Tour auch schon vor Jahren gemacht. Was beim Kartenstudium allerdings auffällt, ist, dass das Gletscherdach am Anfang und am Ende noch zwei weitere Gipfel bereithält: Kristallwand und Kleinvenediger. Zudem liegt auf dem Weg noch das Hohe Aderl, das mittlerweile als eigenständiger 3000er gilt. Diese drei 3000er fehlten noch in der Gipfelsammlung. So entstand die Idee (sicher war ich nicht der erste damit) zur ‚Venedigerkrone extended‘. Der Plan war folgender:

- Erster Tag: Start am Matreier Tauernhaus und Aufstieg zur Neuen Prager Hütte.

- Zweiter Tag: Überschreitung von Kleinvenediger, Großvenediger, Hohes Aderl, Rainerhorn, Schwarze Wand, Hoher Zaun und Kristallwand mit Abstieg zur Badener Hütte.

 - Dritter Tag: Querung von der Badener Hütte zum Wildenkogel und Abstieg über den Wildenkogelsteig zurück zum Matreier Tauernhaus.

Insgesamt acht 3000er und von der Routenführung her im wörtlichen Sinn "a runde Sach' "  - perfekt.

Die Hütten waren frühzeitig gebucht. Je näher jedoch der Starttag kam, umso schlechter wurde das Wetter: für den Aufstiegstag zur Neuen Prager Hütte war ganztätig Regen mit Gewittern vorhergesagt. Also was tun? Alternative eins: Die Tour um einen Tag zu verschieben versprach grandioses Wetter, allerdings war so kurzfristig eine Übernachtungsmöglichkeit auf der Neuen Prager Hütte nicht mehr zu haben. Zweite und von uns dann durchgeführte Alternative: Die Tour um einen Tag verschieben und andersherum durchführen und sich so den verlorenen Tag wieder reinholen. Also vom Matreier Tauernhaus über den Wildenkogel zur Badener Hütte. Am nächsten Tag die Venedigerkrone extended und an der Neuen Prager Hütte vorbei in einem Rutsch hinunter zum Matreier Tauernhaus und Rückfahrt in die Heimat. 

Matreier Tauernhaus - Wildenkogelsteig - Badener Hütte

Dass der Wildenkogelsteig nicht oft gemacht wird, merkten wir schnell: Anfangs muss man schon etwas schauen, wo der Steig hinter dem Matreier Tauernhaus beginnt. Ist der "Einstieg" aber mal gefunden, steht der einsamen Wanderung durch das Wildental zur Wildenkogelscharte nichts mehr im Wege. Anfangs durch Bergwald, später über mehrere Geländestufen mit dem eingelagerten Löbbensee und dem Wildensee zieht der Wildenkogelsteig abseits der Venediger-Standardrouten hoch zur Wildenkogelscharte - insgesamt ca. 1300 Höhenmeter. Die letzten Höhenmeter führen über Geröllfelder, die bei uns mit weichen Schneefeldern garniert waren – häufig brachen wir durch die Schneedecke. An der Wildenkogelscharte wurde der Blick nach Westen frei zum weiteren Tagesprogramm: hinüber zum Löbbentörl und weiter zur bereits sichtbaren Badener Hütte.

Vor der Querung zur Badener Hütte wartete aber noch das Gipfelziel des Tages: der Wildenkogel. Bald nach der Wildenkogelscharte zeigt ein Wegweiser den Abzweig zum Wildenkogel an. Wir entledigten uns hier der Rucksäcke und gingen den wenig ausgeprägten und nur sehr spärlich markierten Schlussanstieg (rund 200 Höhenmeter) zum Wildenkogel an. Der kreuzlose Gipfel bietet ein grandioses Panorama, nicht zuletzt auch auf das Programm des folgenden Tages: von der Badener Hütte über die Venedigerkrone zur Neuen Prager Hütte. Und im Süden, der von hier sehr schneidig aussehende Dabernitzkogel. 

Der Weiterweg zur Badener Hütte führt dann meist über sehr schönes grünes Gelände, überwiegend auf gleicher Höhe mit nur wenigen und kurzen Gegenanstiegen unter dem Löbbentörl durch zur Badener Hütte. Zum Ende zog es sich dann doch etwas. Dass dieser "Hüttenzustieg" zur Badener Hütte ab und an unterschätzt wird, bestätigte uns die Hüttenwirtin: nicht selten erreichen Wanderer die Hütte über diesen Zustieg erst nach dem Abendessen. Und so haben auch wir knapp 8 Stunden gebraucht. Abends erfahren wir von der Hüttenwirtin noch, dass sich heute nur eine Seilschaft zum Großvenediger aufgemacht hatte, diese aber am Rainerhorn umgekehrt wäre.

Badener Hütte - Venedigerkrone - Neue Prager Hütte - Matreier Tauernhaus

Am nächsten Morgen verließen wir nach einem Thermosfrühstück als einzige Gäste bei dämmernden Tag die Hütte. Es war angenehm warm und ich hoffte, dass der Gletscher weiter oben trotzdem über die Nacht angefroren wäre. Die Hoffnung zerschlug sich aber gleich auf den ersten Metern des Frosnitzkees‘: weicher, nasser Schnee, zu Beginn auch noch gerippt, lag auf dem Gletscher. Die Spur der Seilschaft des Vortages war auch nur selten noch vorhanden bzw. zu wenig ausgetreten, so dass auf den ersten Metern schnell klar wurde: das wird heute anstrengend. Zumindest das Wetter war tadellos und sollte auch den gesamten Tag so bleiben: wolkenlos, klar und überhaupt nicht diesig. 

Wir steuerten die wenig ausgeprägte Scharte ziemlich in der Mitte zwischen Weißspitze und Kristallwand an und wendeten uns nach Osten. Über den ebenen Gletscher - ohne jegliche Wegspuren - erreichten wir den Westgrat der Kristallwand, der uns unproblematisch zum Gipfel führte. Wetter top, Aussicht grandios und keine Menschenseele - was sollte man sich mehr wünschen? Nun, man könnte sich einen durchgefrorenen Gletscher oder eine ausgetretene Spur wünschen. Aber auch hier oben am Weiterweg zum Großvenediger war der Gletscher mit einer nicht durchgefrorenen Nassschneeschicht bedeckt. Manchmal trug der Schnee, oft trug er nur kurz, um dann doch einzubrechen, meist aber sank ich gleich tief ein - grauenhaft zu gehen!

Hilft alles nichts, jetzt müssen wir da durch. Am Anstieg zum Rainerhorn sanken wir knietief in den nassen Schnee ein. Zwar war die steile Flanke von Rainerhorn hinab zum Rainertörl hart bzw. eisig; auf den letzten flachen Metern zum Rainertörl war es nochmal äußerst mühsam und kräftezehrend. Ab der hier dazukommenden Spur vom Defregger Haus ließ es sich zwar deutlich besser gehen, gleichwohl erkannte ich dem Hohen Aderl seinen Gipfelstatus wieder ab, um es guten Gewissens links liegen lassen zu können und direkt auf den Großvenediger zuzusteuern. Beim Anstieg zum Großvenediger kam uns noch der auf Gletschern immer häufiger anzutreffende freudestrahlende Einzelgänger mit kurzen Hosen und Trailrunningschuhen entgegen - Einheimische kennen anscheinend alle Gletscherspalten auch bei tief verschneiten und nicht durchgefrorenen Gletschern und sind wohl mit ihnen per Du. 

Am Gipfel war endlich der anstrengendste Teil der Tour erledigt und wir genossen die grandiose Aussicht: bis in die Dolomiten klarste Sicht. Absteigend und mit Spur war der Weiterweg zur Neuen Prager Hütte - trotz des weichen Schnees - nunmehr ein Genuss. Überflüssig zu erwähnen, dass wir auch den Kleinvenediger ausgelassen haben -  das Genusspotenzial hinüber zu ihm wäre bei den heutigen Verhältnissen und ohne Spur sicher bei Null gelegen. 

Der Abschnitt nach dem Gletscher durch Geröll und Fels zur Prager Hütte war wegen der eingelagerten Schneefelder nochmal unübersichtlich und zeitraubend. Der Rückblick von der Neuen Prager Hütte auf Wildenkogel, Kristallwand, mit seiner für die Ostalpen eindrücklichen Nordwand, Hoher Zaun, Schwarze Wand und Kleinvenediger sowie unten der abschmelzenden Zunge des Schlatenkees' entschädigte aber für die zurückliegenden Mühen und für die noch kommenden, letzten Mühen des Tages, den Abstieg bis Innergschlöß. Dort nahmen wir guten Gewissens das Taxi zum Matreier Tauernhaus.
 
Resumee

Fordernde, aber grandiose 2-Tages-Tour mit moderaten Schwierigkeiten, die an beiden Tagen sowohl an Höhenmetern als auch an Strecke einiges an Engagement erfordert. Der erste Tag über den Wildenkogel zur Badener Hütte bietet Einsamkeit, ein tolles Panorama auf den Routenverlauf des folgenden Tages und eine gemütliche Hütte, abseits des Trubels auf den Anstiegen zum Großvenediger über Defreggerhaus, Kürsinger Hütte und Neuer Prager Hütte. Der zweite Tag über die Venedigerkrone bietet eine einmalige aber lange Panorama-Gletschertour, die bis zum Rainertörl abseits des Großvenediger-Betriebs erfolgt. Etwas weniger fordernd wird die Tour, wenn man sie andersherum macht, auf drei Tage verteilt und auf der Neuen Prager Hütte zusätzlich übernachtet.  

Tourengänger: Stirml


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