Mit Schwieger, Schwager und Swagger: Buddhatour im Odenwald


Publiziert von Nik Brückner , 3. Juli 2023 um 15:28. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Odenwald
Tour Datum: 2 Juli 2023
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 400 m
Abstieg: 400 m
Strecke:13 Kilometer

Kennt Ihr die Buchreihe "Mystische Pfade"? Ja, ich bis dato auch nur vom Regal im Bücherladen. Aber jetzt hab ich mir doch eins gekauft, weil der Waldelfe und mir der Odenwald unbekannter ist als er nah ist. Diese hier war unsere dritte Tour aus diesem Buch.

Hm. Eine Tour aus einem Buch? Ob ich das kann? Ich hab nämlich großen Spaß daran, meine Touren selbst zusammenzustellen. Ich gehe ganz selten mal nach Buch. Na, mal sehen, was für Wege der Autor herausgesucht hat. Und ich muss zugeben, ich hab an der Route ein wenig herumgeschraubt. Sie ist nicht vollkommen identisch mit der Beschreibung im Buch.


Das Debütalbum von Torre Dell'Alchimista im Player dübelten wir hinauf nach Sidelsbrunn, einem Ort, der sowohl in der Nähe von Straßburg als auch in der Nähe von Korsika liegt. Mit dabei: Unsere Schwiegereltern und Schwager Julian, mit dem wir auch schon auf dem Karlsruher Grat und im südlichen Pfälzerwald unterwegs gewesen waren.


Die Tour startet also in Siedelsbrunn (496 m). Der Ort gewinnt keinen Schönheitspreis, darum schnell weg. Es geht von der Brunnenstraße aus in den Boschweg und an dessen Ende auf einem kleinen Privatweg zwischen den letzten Häusern hinaus auf eine Wiese. Der Weg knickt nach rechts, und man wandert hinüber zu einer Pferdekoppel. Die Pferde waren leider ein wenig lethargisch, trotz des angenehm kühlen Wetters.

Dahinter betritt man erstmals den Wald. Gleich hier am Waldrand biegt der Weg erneut nach rechts, und es geht hinunter ins Eiterbachtal. Für die nächsten eineinhalb Kilometer bleibt man einfach auf der Nordseite des Bachs, stets parallel zum Waldrand. Dabei passiert man die Feuerwehrbrücke (404 m), die über den Bach führt, bleibt aber auch hier auf der nördlichen Seite.

Der Eiterbach ist ein hübsches, relativ kurzes Gewässer, er fließt schon nach etwa neun Kilometern in Heiligkreuzsteinach in die Steinach. Sein Tal ist seit 1983 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Es besteht aus zwei Teilen: zum einen aus der Aue um einen 200 Meter kurzen Quellbach bei Siedelsbrunn sowie aus der rund zweieinhalb Kilometer langen Bachaue zwischen Siedelsbrunn und der Landesgrenze zu Baden-Württemberg.

Geschützt sind dort Erlen- und Eschenwälder am Uferstreifen, Hochstaudenfluren, Feuchtwiesenflächen und zahlreiche Quellbereiche. Zu den zahlreichen botanische Besonderheiten gehören: Wald-Geißbart, Gelber Eisenhut, Bach-Nelkenwurz, Sumpf-Pippau, Kohl-Kratzdistel, Hohe Schlüsselblume und Sumpf-Schwertlilie, in Flutmulden auch das kleine Laichkraut. In den Wald-Innensäumen finden sich das Schwertblättrige Waldvöglein, Heidekraut und Trauben-Gamander. Auch trifft man hier auf den anderswo selten gewordenen Steinkrebs.

Wir wanderten weiter zum Zusammenfluss mit dem vom Krötenbrunnen heranfließenden Bach, und folgten nun diesem ostwärts. In der Nähe des Krötenbrunnens (400 m) kann man den Bach auf einem dünnen, von fast fraushohen Farnen überwachsenen Pfad überqueren. Vorsicht, das kleine Brückerl ist unter dem Farn kaum zu erkennen.

Auf der anderen Talseite ging es nun zurück. Wir folgten erneut dem Zufluss bzw. dann dem Eiterbach, wieder parallel zu Bach und Waldrand, nach Süden zum Wanderparkplatz St. Maria Lichtenklingen (343 m). Hier überquerten wir den Eiterbach und folgten nun dem Klingenbach nach Nordwesten hinauf zur Kirchenruine St. Maria in Lichterklingen (426 m).

Die Ruine einer Marienkultstätte liegt oberhalb einer Quelle im Talschluss zwischen Hardberg und Stiefelhöhe. Die mit einem Lauftrog gefasste Quelle soll auf ein germanisches oder keltisches Quellheiligtum zurückgehen, das allerdings ist eine Erfindung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, motiviert durch romantische bzw. politische Vorstellungen. Belege dafür (z. B. germanische oder keltische Funde) gibt es nicht.

Der Kirchenbau erfolgte wohl nach 1200, möglicherweise aber auch schon im 11. oder erst im 13. Jahrhundert. Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Kapelle um 1387.

Nach der Reformation setzte ihr Verfall ein und im späten 16. Jahrhundert kam es zur Nutzung des Gebäudes als Steinbruch.

Dann werden aber 1786 erstmals Wallfahrten zur Lichtenklinger Kapelle erwähnt. Ausgrabungen und Konservierungsarbeiten wurden ab 1910 durchgeführt, 1953 erfolgten weitere Konservierungsarbeiten. 1980 kam es zur Wiederaufnahme der jährlichen Muttergottes-Wallfahrten.


Der einschiffige, rechteckige Sakralbau hatte eine Länge von etwa 15 Metern und eine Breite von ca. 8 Metern. Daran angefügt sind ein quadratischer Chor von etwa 7,5 Metern Seitenlänge und eine vermutlich im 14. Jahrhundert angebaute Sakristei von 5 Metern Seitenlänge. Das aufgehende Mauerwerk vermittelt einen guten Eindruck vom ursprünglichen Aussehen. Älteren Besiedlungsspuren, die hier vermutet wurden, konnten bislang nicht archäologisch nachgewiesen werden.


Der Legende nach wurde im Zuge der Aufgabe von St. Maria in Lichtenklingen eine Marienfigur von dort in die Kapelle nach Unter-Abtsteinach verbracht. Auf ungeklärte Weise kehrte die Figur daraufhin dreimal nach Lichtenklingen zurück, bevor man sie in der Kapelle beließ, wo sie auch heute noch steht. Naja.

Ab hier wird's kompliziert. Wenige Meter westlich St. Maria zwogen wir vom breiten Waldweg ab und nahmen den schönen Pfad, der hier in mehreren Windungen westwärts den Hang hinaufführt. Man überquert einen ersten Waldweg auf ca. 455 Metern Höhe und folgt danach, auf etwa 475 Metern, einem weiteren nach links, hinauf zum Rentnerweg.

Ich weiß.

Wir folgten dem Rentnerweg nach links, bis zu einer scharfen Rechtskurve kurz vor der Äswiese. (Wer mag, kann hier zur Äswiese abkürzen.) Hier verließen wir den Rentnerweg, und wanderten nach Südosten in den Wald hinein. Bald geht es durch den ehemaligen Steinbruch Stiefelhöhe (568 m).

Die natürlichen Sandsteinvorkommen des Überwaldes wurden schon im späten Mittelalter gebrochen, zur Herstellung von Gebrauchsgegenständen. Damals gab es nur einen kleinen Kreis von Fachleuten, die die Kunst der Steinbearbeitung beherrschten. Die einheimischen Steinhauer verbesserten ihre Fertigkeiten schnell: Schon im 17. und 18. Jahrhundert waren sie in der Lage, allerlei Gegenstände für den bäuerlichen Alltag herzustellen.

Um 1830 setzte im Überwald eine noch stärkere Nachfrage nach behauenen Sandsteinen ein. Im aufkommenden Industriezeitalter wurden von zahlungskräftigen Kunden aus den Rheintalstädten große Mengen vorbehauener Natursteine benötigt. Die Steinhauer der Region hatten die Chance erkannt und es begann in den umliegenden Wäldern eine rege Steinbruchtätigkeit.

Südlich des Steinbruchs muss man erneut achtgeben. An einer Gabelung geht es links im spitzen Winkel hinunter zu einer weiteren Gabelung. Hier spitz nach rechts und weiter zur Steinernen Bank (528 m).

Die Steinerne Bank stammt aus dem angrenzenden ehemaligen Steinbruch und wurde 1905 von Andreas Lammer, einem Steinhauer aus Ober-Abtsteinach, errichtet. Sie bot einst einen schönen Ausblick in das Eiterbachtal - der heute leider zugewachsen ist.

Nach weiteren 400 Metern Richtung Westen langt man an der Stiefelhütte (508 m) an.

Hier, in einem ehemaligen Steinbruch, befindet sich die ganzjährig (aber nicht täglich) bewirtschaftete Stiefelhütte, die aus einer Unterkunft für die Steinbrucharbeiter hervorgegangen ist. Der aufgelassene Steinbruch "Stiefelberg" wird auch gerne als Kletterareal genutzt.

Wir wanderten kurz vor dem Areal von Hütte und Steinbruch steil rechts hinauf, erneut Querwege ignorierend, auf dem Gipfel der Stiefelhöhe (589 m), unseren höchsten Punkt für heute. Von dort aus führt ein wunderbarer Weg nach Norden zur Äswiese (550 m).

Hinter der Wiese führen drei Wege auf dem Bergrücken nach Norden. Wir nahmen den schönen Weg links, der uns nun, stets ein bisschen im Hang unterhalb der Höhe, zum Aussichtspunkt Pfalzblick (579 m) brachte. Abzweige ins Tal oder auf die Höhe hinauf haben wir dabei ignoriert.

Am Pfalzblick führt ein zunächst etwas undeutlicher Pfad rechts hinauf zum Hardberg-Sender (583 m).

Der Hardberg ist mit 593 Metern Höhe der dritthöchste Berg im Odenwald. Auf dem Nordteil der Gipfelregion steht ein 1988 errichteter, 135 Meter hoher Turm mit Sendeanlagen des Hessischen Rundfunks für UKW-Rundfunk und Richtfunk.

Der Pfad, den man auch in der Folge ein wenig suchen muss, führt auf der Ostseite auf eine Freifläche hinaus: Das oberste Ende der Hardbergpiste.

Auf der 900 m langen Hardbergpiste, besteht die Möglichkeit zum Wintersport. Nur schneien tut es hier so gut wie gar nicht mehr. Daran ist der Klimawandel schuld.

Wir folgten der Piste talwärts zu einem Hüttl und bogen dort nach links in den Wald. Am Bacherlenfeld vorbei stießen wir zunächst auf einen hübschen Platz, an dem man mit Holz und Steinen Waldmusik machen kann, einige dutzend Meter weiter im Norden befindet sich dann das Areal des buddhistischen Klosters Buddhas Weg (531 m).

Hier, auf dem nördlichen Ausläufer des Hardbergs, befand sich bis 2008 die psychotherapeutische Fachklinik am Hardberg. Das Gebäude dient seit 2010 als buddhistisches Kloster. Sehenswert ist der frei betretbare Garten, in dem sich zahlreiche Skulpturen befinden. Eine schöne Gelegenheit am Ende dieser Tour, sich von den (hier fast) 13 Kilometern Strecke zu erholen.

An einem Sportplatz vorbei, und dabei stets die breiten Wege meidend, gelangten wir schließlich wieder zurück nach Siedelsbrunn (496 m), wo wir unsere Runde schlossen.


Fazit:

Na, wer sagt's denn. Wieder mal eine schöne Tour aus dem Buch. auf vielen, für den Odenwald überraschend vielen schmalen, wilden Weglein! Das beste daran war aber etwas anderes. Zwei Dinge: Das kühle Wetter, ideal zum Wandern, und dankbar angenommen, nach endlosen bullenheißen Wochen. Und die nette Runde, mit der wir unterwegs waren. Allesamt gut aufgelegt, haben wir eine fröhliche Runde in den Odenwald gelegt. Leute, des mammer wieder.

Tourengänger: Nik Brückner, Waldelfe


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