Sämtliche Klettersteige in Kobern-Gondorf
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kletterkiki:
"Das ist doch kein Klettersteig, oder?"
Markus13:
"Eindeutig nein. nur ein vielleicht schöner wanderweg. aber das schlagwort "klettersteig" musste wohl auf biegen und brechen untergebracht werden.
genauso lächerlich, wie die koblenzer mit ihren dreisprachig aufgelisteten anforderungen.
...begehung auf eigene gefahr
...schwindelfreiheit
...genug zu trinken mitnehmen
...trittsicherheit
...gehzeit 0,5-1h
...für kinder unter 8 jahren ungeeignet"
kletterkiki:
"Ok... dachte ich mir fast. Wurde uns als Team von einem User als Klettersteig gemeldet. Ich lege ihn nicht an..."
Puh! Gerade nochmal gutgegangen. Jetzt hatte ich schon befürchtet, ich hätte bei meiner Sammlung aller acht Klettersteige an der Mosel an einem Tag welche übersehen...
Andererseits: Die Klettersteige Niederburg und Grittebasje in Kobern-Gondorf unterscheiden sich nun auch nicht wirklich von den anderen Wegen an der Mosel, die Wanderern als Klettersteige verkauft werden. Na, dann gibt's jetzt halt keine acht, sondern zehn. Und wer immer alle Klettersteige an der Mosel gehen möchte, muss Niederburg und Grittebasje mit ins Programm nehmen.
Schnell das Album "Ulisse l'Alfiere Nero" von Progenesi eingelegt, Start ist in Kobern-Gondorf (82 m). Gruß an Henry!
Ist ganz hübsch hier. Der

Weiter in die Kirchstraße.
Hier, in der Kirchstraße, steht ein gotisches Fachwerkhaus. Es handelt sich um einen ehemaligen Hof des Klosters Sankt Marien. Aus Untersuchungen des zum Bau verwendeten Holzes lässt sich darauf schließen, dass dieses Haus bereits in den Jahren 1320/21 erbaut wurde. Damit ist es eines der ältesten erhaltenen Fachwerkhäuser in Rheinland-Pfalz.
Wir wanderten durch die Burgstraße hinauf, auf den Alten Kirchturm zu, der die Straße überragt. Zwischen zwei Häusern auf der rechten Seite beginnt der erste Klettersteig, der Klettersteig Niederburg (Hinweisschild). Ein schotteriges Weglein zwischen den Häusern und an einer Mauer entlang führt sodann hinauf zum Alten Kirchturm (99 m).
Am unteren Ausläufer des Bergsporns, den es in der Folge hinaufgehen wird, ragt ein allein stehender Turm auf. Er diente der ersten Koberner Pfarrkirche, die aus dem 12. Jahrhundert stammte und in der Nähe des heutigen Friedhofs stand, als Glockenturm. Diese Funktion erfüllt der Turm heute noch - für die neue Pfarrkirche.
Der Klettersteig zickzackt dann den von Weinbergmauern durchzogenen, felsigen Hang hinauf. Klettern muss man an keiner Stelle, einzig das (leicht) ausgesetzte Gefühl, das man auch den schmalen, in die Mauern eingelassenen Schiefertreppchen hat, mag manch unerfahrene*r Begeher*in mit richtigen Klettersteigen assoziieren. An der einen oder anderen Stelle geht's tatsächlich ordentlich runter.
Der Pfad schließt sich mit einer anderen Aufstiegsvariante zusammen, dann wendet er sich in die linke Flanke. Dort hilft eine kurze, sehr flache Leiter das nächste Mäuerchen hinauf. Bemäntelte Mittvierzigerinnen geben uns das Gefühl, dass Jeans und Straßenschuhe als Ausrüstung vollkommen ausreichend sind (um Gottes WIllen nicht nachmachen!!!) und wir steigen beherzt hinterher.
Den krönenden Abschluss findet der Klettersteig mit einer waschechten Feuerleiter.... die die Burgmauer der Niederburg (150 m) ersteigen hilft. Umgehbar, linkswärts entlang der Mauer. Die Mittvierzigerinnen haben das vorgezogen, ihre Kiddies nicht, wir haben beides ausprobiert.
Die Niederburg wurde Mitte des 12. Jahrhunderts gegründet, erstmals erwähnt 1195, als der damalige Burgherr sie mitsamt der Oberburg dem Trierer Erzbischof als Lehen auftrug. Die Besitzer, die Herren von Isenburg-Kobern, starben dann im 13. Jahrhundert in weiblicher Linie aus. Über die Erbtochter Cecilia gelangten die Burg zusammen mit der Oberburg und der gesamten Herrschaft an Friedrich II. von Neuerburg. 1309 starb dann auch diese Linie aus. Danach wurden Burg und Herrschaft an den Trierer Erzbischof verkauft. Die Burg wurde schließlich im Zuge des Pfälzischen Erbfolgekriegs 1688 zerstört.
Die Burg hat einen mandelförmigen Grundriss. Neben dem 20 Meter hohen, dreigeschossigen Bergfried ragen noch die Reste des zweigeschossigen spätgotischen Palas auf. Auch ein Mauerturm und die Zisterne sind gut erhalten. Abgesehen davon prägen vor allem Teile der Außenmauern das heutige Erscheinungsbild der Burganlage. Sie war durch eine Ringmauer mit einer Zwingeranlage Richtung Westen und nach Norden durch einen Halsgraben geschützt.
Das obere Drittel des Bergfrieds und die Zinnen wurden bereits im 19. Jahrhundert rekonstruiert. Die staatliche Schlösserverwaltung rekonstruierte und ergänzte zwischen 1976 und 1978 auch den Palas und die zwischen Turm und Palas liegende Zisterne.
Wir verließen die Burg nordwärts, indem wir in den Halsgraben hinunterstiegen. Dann ging's über den felsigen Bergrücken hinauf zu einem bekreuzten Aussichtspunkt (176 m), von dem aus man eine ebensolche hat. Von hier aus sind es nur noch wenige Meter zur Oberburg (200 m).
Am höchsten Punkt des Bergrückens befand sich einst die Oberburg. Auch sie stammt aus dem 12. Jahrhundert, wurde aber auf keltischen Befestigungsanlagen errichtet. Wie auch die Niederburg wurde sie 1195 erstmals erwähnt, als der damalige Burgherr dei beiden Anlagen dem Trierer Erzbischof als Lehen auftrug.
Die Herren von Isenburg-Kobern besaßen die Burg bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Danach wurde sie an den Trierer Erzbischof verkauft und verfiel.
Die Burganlage hat einen rechteckigen Grundriss und misst etwa 110 mal 40 Meter. Erhalten sind heute noch der mittelalterliche Bergfried und die etwa 1220/40 errichtete Matthiaskapelle. Erd- und Obergeschoss des etwa neun mal neun Meter messenden quadratischen Bergfrieds sind gewölbt. Zum zweiten Obergeschoss gelangt man durch einen im Mauerwerk hochgeführten Treppenlauf. Der Turm wurde 1989 im Zuge der Errichtung des benachbarten Restaurants erhöht und mit einem neuen Dach versehen. Abgesehen davon sind heute nur noch wenige Reste der Ringmauer erhalten.
Das eigentliche Highlight hier heroben ist aber die Matthiaskapelle (203 m) - einer der schönsten Räume, die die romanische Architektur jemals hervorgebracht hat.
Die Matthiaskapelle wurde ca. 1220/40 von Heinrich II. von Isenburg erbaut. Er hatte - aufgepasst - das Haupt des Apostels Matthias von einem Kreuzzug mitgebracht. Und aus diesem Anlass stiftete er die Kapelle.
Der jüdische Schriftgelehrte Matthias († um 63) war als Ersatzmann für Judas Iskariot einer der Jünger Jesu. Er gilt deshalb als zwölfter Apostel, ein Rang, der allerdings ikonographisch auch dem Paulus von Tarsus zugesprochen wird.
Die Matthiaskapelle ist ein sechseckiger Zentralbau von etwa 11 Metern Durchmesser, mit einem Chor, der vermutlich von einem nicht vollendeten Vorgängerbau übernommen wurde. Der Chor erhebt sich auf einem Dreiviertelkreis-Grundriss. Er ist etwa 4,30 m breit und einschließlich der Stufen 5,40 m tief.
Das Mauerwerk besteht wie in der gesamten Gegend über viele Jahrhunderte hinweg üblich, aus Schieferbruchstein, teilweise mit Tuffstein durchsetzt. Die Säulen im Innenraum sind aus Basaltlava, Schiefer und Sandstein.
Sechs Stützengruppen aus je fünf Säulen tragen einen 14 Meter hohen Mittelbau mit sechseckigem Rippengewölbe. Zwischen diesem und den Außenmauern verläuft ein Umgang, der von einem 24-teiligen Rippengewölbe überspannt wird.
Die sechs Konsolen der Säulen im oberen Teil des Mittelbaus tragen Symbole der vier Evangelisten, die Darstellung eines Jünglings und nicht zu deutende Figuren auf der sechsten Konsole. Auffällig ist der Adler an Stelle des Löwen als Symbol des Evangelisten Markus, vielleicht ein Fehler der Restaurierung von 1894.
Ein großes, vielfiguriges Sandsteinrelief an der Wand zeigt die Enthauptung des heiligen Matthias. Es ist ein Werk aus dem Jahr 1630, das allerdings im Laufe der Jahrhunderte ergänzt worden sein dürfte.
A propos Matthias! Sein Kopf ist nicht hier. Was ist mit dem geschehen?
1347 brachte Graf Johann von Sayn den Kopf auf die Burg Sayn, später nach Hachenburg. Von dort kam er 1381 auf den Ehrenbreitstein und um 1420 in den Trierer Dom. Seit 1927 wird die Reliquie in der Benediktinerabtei St. Matthias von Trier aufbewahrt.
Dort befinden sich seit alters her auch Matthias' - nun ja - anderen sterbliche Überreste. Der Legende nach sollen seine Gebeine mehr als 250 Jahre nach seinem Tod im Auftrag der Kaiserin Helena (der Mutter des römischen Kaisers Konstantin I.) in Palästina aufgefunden und vom Trierer Bischof Agritius dorthin überführt worden sein. Wo sie dann verschollen sind.
Im Jahr 1127 wurden menschliche Gebeine, die in der Benediktinerabtei St. Matthias in Trier aufgefunden wurden, zu den jahrhundertelang verschollenen Reliquien des Apostels erklärt. Sie werden seitdem in der Abteikirche von Pilgern verehrt.
Und die Matthiaskapelle? Zu Matthias' Kopf war gepilgert worden, und diese Wallfahrten hielten auch nach seinem Umzug noch ein Weilchen an. Etwa ab dem 15. Jahrhundert unterstand die Kapelle dann dem St.-Kastor-Stift in Koblenz. Um 1725 musste das Dach des Chors erneuert werden, um 1770 betrauten die Stiftsherren einen nebenan im Bergfried lebenden Einsiedler mit der Aufsicht über die Kapelle. Nach der Säkularisation sollte sie dann abgerissen werden, wurde jedoch Eigentum der Pfarrei Kobern. Die sie wiederum 1819 an Preußen verkaufte. Ein Glück, denn 1836 veranlasste der spätere König Friedrich Wilhelm IV. eine völlige Wiederherstellung des verfallenden Gebäudes. Aus dieser Zeit stammt der Mosaikfußboden, der nach einem im Chor erhaltenen Originalteil eingesetzt wurde.
In den Jahren 1892 bis 1894 wurde die Kapelle dann erneut restauriert, einzelne Gesimsstücke, Fensterrahmen und Ähnliches wurden 1929, 1932 und 1934 ausgebessert, die letzte Renovierung fand in den Jahren 1985 bis 1998 statt.
Die Matthiaskapelle kann in den Sommermonaten an Wochenenden besichtigt werden. Am Besten informiert man sich bei der Matthiasbruderschaft Kobern-Gondorf.
Durch die Oberburg verließen wir die Anlage wieder, und wanderten hinunter zum Aussichtspunkt (176 m). Dann ging es den Aufstiegsweg weiter hinunter, bis noch vor der Niederburg in einer kleinen Einsattelung der Klettersteig Grittebasje links abzweigt. Erneut "Begehen auf eigene Gefahr" - erst recht mit Straßenschuhen. Geht schon. Eine senkrechte Leiter hat's hier nicht, aber felsigen Untergrund, landschaftlich bedingt Schiefer, den meine glatten Sohlen nicht sehr mochten. Aufgelockert wird das durch die kleinen flachgeschrägten Leiterchen und schotterige Querungen zwischen Felswänden oder Weinbergmauern zur einen und Wein zur anderen Seite. Nicht schwer, aber recht schön. Zusammen mit dem Niederburgsteig sicherlich der schönste Weg am Berg. Zuletzt erreicht man Kobern-Gondorf (82 m) an der Unterstraße, wo der Einstieg in den Klettersteig (75 m) seltsamerweise nicht üppig beschildert ist. Naja.
Fazit:
Ihr habt es gemerkt: Wir waren wegen der Matthiaskapelle dort, nicht wegen der Klettersteige. Die Kapelle ist ein absolutes Muss an der Mosel, wie gesagt, einer der schönsten Räume der Romanik überhaupt. Wer sich für Architektur, das Mittelalter oder, ja, warum nicht, Matthias interessiert, sollte sie unbedingt besuchen.
Die Klettersteige sind, wie die meisten an Rhein und Mosel, ein Gag, mehr nicht, und auf keinen Fall richtige Klettersteige. Wir sind sie mit Jeans und Straßenschuhen gegangen. Das ist zwar nicht empfehlenswert, aber möglich. Mittelgebirgshalbschuhe sind besser (und ausreichend, gute sollten's halt sein. Es gibt welche mit B-Sohle. Ein Klettersteigset ist auf keinem der Klettersteige erforderlich.
Die Klettersteige sind gut markiert. An den vier Ein- und Ausstiegen (es gibt für keinen Klettersteig eine vorgeschriebene Begehungsrichtung) stehen Infotafeln.
Wer sich für die anderen Klettersteige an der Mosel interessiert, kann hier nachlesen. Und hier.


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