Ich war noch niemals in .. - Piz Umbrail und Piz Cotschen/Rötlspitz


Publiziert von PStraub , 18. Oktober 2022 um 20:12.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Val Müstair
Tour Datum:18 Oktober 2022
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Münstertaler Berge   I 
Aufstieg: 960 m
Abstieg: 960 m

Als Fortsetzung unseres Aufenthalts in Müstair besuchte ich heute die beiden Berge über dem Umbrailpass. Erst fuhr ich bis zum Schweizer Zoll und folgte dann dem markierten Weg zum Piz Umbrail. Eigentlich gibt es zwei markierte Wege, den "Schweizer-" und den "Italiener-"Weg.
Sie sind kaum zu verwechseln, der italienische ist in den Landesfarben markiert, allerdings etwas kurios, von oben gesehen weiss-grün-rot. Er folgt nach P. 2729 ziemlich genau der Grenze und ist etwas schwieriger als der gemäss CH-Norm weiss-rot-weiss-markierte. Ich wählte für den Aufstieg den Italiener- und für den Abstieg den Schweizerweg.

Unterwegs trifft man immer wieder auf Zeugnisse der Grenzbesetzung 1914-1918. Es gibt auch Infotafeln, die auf diese Zeit verweisen. Tatsächlich war diese Region und der Pruntruter Zipfel die wahrscheinlichsten Orte, wo die Schweiz hätte vom Krieg betroffen werden können. An beiden Orten endeten Frontlinien an der Schweizer Grenze. Und da es an beiden Fronten zu einem Stellungskrieg gekommen war, brauchte es nicht viel Phantasie für die Annahme, eine der kriegführenden Mächte könnte einen Umgehungsangriff via CH-Territorium versuchen.

Die Stellungen der Schweizer Armee wurden übrigens zu einem schönen Teil vom Glarner Bataillon 85 gehalten. Denn die Glarner Füsel waren grossmehrheitlich Bauernsöhne. Die waren sich (damals) von der Arbeit auf den Alpen gewohnt, mit schweren Lasten stundenlang zu gehen.

Die Sicht war nicht mehr so gut wie gestern, im Verlauf des Tages zogen auch die angekündigten hohen Wolken auf.

Zurück beim Auto fuhr ich weiter bis zum Stilfserjoch und bestieg den Piz Cotschen/Rötlspitz. Auch hier gibt es zwei Wege, beide sind "Österreichisch" (= rot-weiss-rot) markiert. Auch hier sind wir an der damaligen Kriegsfront, ein Plateau über der Passhöhe heisst zutreffend Piz da las Trais Linguas/Dreisprachenspitze. Nicht nur drei Sprachen, im 1. Weltkrieg trafen hier auch drei Länder aufeinander: Südtirol als Teil von Kakanien, das italienische Veltlin und das Münstertal.  
Keine Ahnung, warum dieser - hässlich überbaute - Platz jetzt Cima Garibaldi heisst; ich kann mir nur schwer vorstellen, dass der neapolitanische Räuberhauptmann je hier oben war.

Zwischen Vor- und Hauptgipfel hat es eine krasse Spalte, diese lässt sich westlich recht gut umgehen. Der Rötlspitz scheint zu den SOTA-Bergen zu gehören, jedenfalls waren 2m-Antennen und eine Station auf dem Vorgipfel zu sehen/hören.

Ungewohnt: Am Piz Umbrail traf ich sieben Personen, und zwischen Passhöhe und Rötlspitz unzählige. Dabei reicht mein Grüezi-Vorrat für maximal zwei ..

Während mich auf der Bergfahrt genau zwei Fahrzeuge kreuzten, war es beim Hinunterfahren deutlich mehr - vorwiegend solche auf zwei (motorisierten) Rädern.

Der obere Teil des Waldes im Val Muraunza ist ein reiner Lärchenbestand. Das sieht jetzt einfach traumhaft schön aus.

Am  11.10. war ich auf einem Piz Cotschen, gestern war ich auf einem Piz Cotschen und heute schon wieder. Letzterer verdient diesen Namen (Rotstock) wenigstens, er besteht aus einem eisenhaltigen Stein.

Im Titel steht: "Ich war noch niemals in .." Und zwar deshalb:
Zu den geheiligten Ritualen vor fünfzig und mehr Jahren gehörten die Mittagsnachrichten von Radio Beromünster. Teil davon war der Strassenzustandsbericht, bei welchem der Sprecher die Liste der gesprerrten Alpenpässe herunterratterte. Diese Aufzählung endete unweigerlich mit ".. und Umbrail". Wo das sein könnte, wussten wir Kinder nicht. Dass es so lange dauern würde, bis es mich dorthin verschlägt, war nicht abzusehen.


Bezüglich Strassenzustandsbericht: Ausserhalb Zernez stand auf der Tafel: "Flüelapass gesperrt". Keine Angabe weshalb oder für wie lange. Anscheinend hatte es Steinschlag gegeben. Was das für die Ausweichroute Albula bedeutete, kann sich jeder vorstellen, der diese enge Strasse kennt.

PS: Angaben zu den Gipfeln in den Bildlegenden erfolgten nach bestem (Un-)wissen und Gewissen - allfällige Korrekturen sind willkommen!

Tourengänger: PStraub


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