Klar gescheitert am Sustenspitz


Publiziert von Bergmax , 20. August 2022 um 13:11.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:13 August 2022
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR   CH-BE 
Zeitbedarf: 3:30
Aufstieg: 600 m
Abstieg: 600 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto zum Sustenpass. Großer Parkplatz westlich des Scheiteltunnels. Keine Gebühren.
Kartennummer:map.geo.admin.ch

Es bereitet mir kein sonderliches Vergnügen, über einen Misserfolg zu berichten, aber diesmal tue ich es, weil die Tour noch nicht so üppig dokumentiert ist, obwohl sie durchaus ihre Reize hat...

Der Sustenspitz präsentiert sich meist als Dreikant mit markanten Graten und steilen, abweisend dunklen Wänden. Bei solchen Gipfeln lösen sich die Schwierigkeiten beim Näherkommen oft ganz gut auf. Also eine kurzweilige T5-Tour direkt vom Sustenpass aus? Um das herauszufinden, wage ich einen Versuch über den Nordostgrat, der vom SAC mit WS und 2a klassifiziert wird und als Normalweg gilt.

Zuerst benutze ich den blau-weiß markierten Weg in Richtung Sustenjoch. Die Spuren und Markierungen sind zuerst etwas spärlich, aber das Gelände unproblematisch, sodass ich bald die Terrasse auf ca. 2330 m erreiche, wo der Weg in die Ostflanke des Bockbergs einquert. Ich verlasse den Weg und steige frei Schnauze über Gras und kleine Felsstufen am Nordgrat von P. 2571 hoch. Nach gut 100 Höhenmetern treffe ich auf schwache Wegspuren und einige Steinmänner, die von Nordwesten zu kommen scheinen. Jedenfalls steige ich problemlos hoch zu P. 2571 (bis hier nicht mal ganz T4).

Der eigentliche Nordostgrat des Sustenspitz' beginnt mit einem beeindruckenden Aufschwung hoch zur Schulter P. 2739. Bis zu deren Fuß bleibt das Gelände recht einfach, aber der weitere Anstieg wird aus der Ferne nicht so richtig klar. Natürlich gebe ich so schnell nicht auf und probiere es einfach direkt an der breiten Gratkante. Erstmal drin in dem steilen Gelände ergibt sich dann tatsächlich ein Durchstieg mit moderater und technisch nicht zu schwerer Kraxelei, wobei eine sandige Stelle Vorsicht verlangt. Nach vielleicht 40 Höhenmetern scheint es am Grat nicht mehr weiter zu gehen. Also klettere ich durch eine kurze Verschneidung in die Nordflanke, die dort von Bändern durchzogen ist. Ein Steinmännchen gibt mir den Mut, weiterzumachen. Wieder habe ich Glück und kann mich - recht deutlich unter der Grathöhe - über Bänder und Rinnen in dem nicht ganz harmlosen Gelände emporarbeiten.

Ein Stück westlich von P. 2739 scheint es mir sinnvoll, an den Grat zurückzukehren, denn die Flanke wird noch steiler. Zu meiner Überraschung ist der Grat dort recht breit, fast schon ein gemütlicher Pausenplatz. Habe ich etwa schon das Gröbste hinter mir?
Der nächste Aufschwung am Grat besteht auf aufgestellten Platten - sieht cool aus, aber das kann doch nicht der leichteste Weg sein...? Also schaue ich in die Nordflanke. Dort gibt es zwar sowas wie Bänder, die aber so schmal und gefährlich aussehen, dass ich keine Versuch wage. Südseitig bricht der Grat in einer glatten Wand ab. 

Nach einigen kurzen Erkundungen habe ich den Eindruck, dass man doch über den Grat muss, um zum Gipfel zu kommen. Das traue ich mir definitiv nicht zu - also Rückzug.

Runterwärts muss ich mich ganz schön konzentrieren, um mich nicht in der Steilflanke zu versteigen. Letztlich bin ich ganz froh, wieder heil am Fuß des anspruchsvollen Teil angelangt zu sein. Dieser Gipfel hat mir deutlich meine Grenzen gezeigt.
Ich steige nicht wieder am Grat bis zur blau-weißen Route ab, sondern folge den Spuren und Steinmännern etwa an P. 2403 und einem Steinkreis vorbei zu den kleinen Seen unweit der Passhöhe.

Eigentlich wäre jetzt noch reichlich Zeit, den Heuwbwerg als Trostgipfel mitzunehmen. Aber die Motivation ist weg. Irgendwie will ich lieber heim aufs Sofa und dort ein Frust-Bier trinken. Genau so wird es auch geschehen - hätte schlimmer kommen können...

Fazit - Gipfel und Route haben das gewisse Etwas für Leute, die wissen, was sie tun. Für reine T5-Gänger wie mich scheint am Sustenspitz nichts zu holen zu sein.

Tourengänger: Bergmax


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Kommentare (8)


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singingelk hat gesagt: Wohl zu gerade hoch gegangen
Gesendet am 20. August 2022 um 14:56
Ich war an dem Tag auch da unterwegs. Es scheint mir, dass du da zu weit hoch gestiegen bist. Kann man machen, dann ist man aber wohl eher im T6 Gelände. Man müsste noch etwas weiter hinten auf den Grat

Bergmax hat gesagt: RE:Wohl zu gerade hoch gegangen
Gesendet am 22. August 2022 um 10:25
Danke!

Bist Du bis zum Gipfel unter dem Grat geblieben? Wie weit darunter ungefähr?

Würde mich über diese Infos sehr freuen!

Viele Grüße

Max

ma90in94 hat gesagt:
Gesendet am 20. August 2022 um 16:47
Ich kann den Frust gut verstehen, man hat ein Ziel im Rahmen seines Möglichen und das will man erreichen.
Ich war diesen Sommer auch mal auf dieser Route und meine, man geht immer mehr oder weniger unterhalb des Grates, ganz selten mal am Grat. Es hat fast immer Wegspuren und Steinmänner. Kann sein dass es mal nach keiner Fortsetzung aussieht, es ergibt sich aber doch immer wieder beim näherkommen.
Gruß Günter

Bergmax hat gesagt: RE:
Gesendet am 22. August 2022 um 10:27
Danke Günter.

Vielleicht probiere ich es nochmal, aber wahrscheinlich nicht mehr in diesem Jahr. Gibt ja noch andere tolle Berge.

Viele Grüße

Max

Roald hat gesagt:
Gesendet am 20. August 2022 um 17:25
Hallo Bergmax
Lieber umkehren wenn man ein ungutes Gefühl hat, als das etwas passiert! Und diesmal waren es ja nicht so viele "verlorene" Höhenmeter Aufstieg:-)
Ich finde es übrigens auch gut Berichte zu lesen wo es beschrieben ist was nicht möglich war.
Gruss, Roald

Bergmax hat gesagt: RE:
Gesendet am 22. August 2022 um 10:30
Danke Roald.

Ich lese auch ganz gerne mal Berichte über einen Misserfolg, weil die Infos wertvoll sein können. Nur das Schreiben macht halt nicht so viel Spaß...

Viele Grüße

Max

Nyn hat gesagt: Wegsuche
Gesendet am 20. August 2022 um 19:16
Ich bin recht wenig in der Schweiz und kaum im Granit unterwegs - aber ich meine, dass die meisten halbwegs gängigen "Normalwege" -auch schwerere- dort eigentlich sonst recht gut bezeichnet, bemandelt oder mit Steighilfen versehen sind. Bei der Sustenspitze scheint das trotz sehr guter Erreichbarkeit weniger der Fall zu sein, oder Du liessest Dich durch die Namensgebung "NO-Grat" verleiten, ebendem (Grat) folgen zu wollen, obwohl ~Geländestrukturen und/oder Wegspuren in die Flanke wiesen. Aber die hast du dann womöglich nicht "gesehen" (vgl- Bild "https://f.hikr.org/files/3614117.jpg

Umzukehren, wenn Du merkst, Du bist verkehrt, ist dann beileibe keine Schande, sondern nur vernünftig! Auch mir ist das erst neulich "passiert". Bericht dazu folgt noch :D

Bergmax hat gesagt: RE:Wegsuche
Gesendet am 22. August 2022 um 10:34
Danke für das Bild!

Ich glaube, ich habe es vorher schon mal gesehen, aber vor Ort hatte ich es nicht mehr so prägend in Erinnerung. In einem gewissen Grade suche ich mir meinen Weg auch gerne mal selbst. Wie gestern am Pizzo Gallina. War ganz schön gefährlich, ist aber nochmal gut gegangen. Bericht folgt :-).

Viele Grüße

Max


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