Gletschhorn Südgrat, ohne Stau, ohne Leute, mit Steinböcken


Publiziert von simba , 22. Juni 2022 um 10:06.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:14 Juni 2022
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: 4+ (Französische Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Aufstieg: 1080 m
Abstieg: 1080 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:PP Tätsch, 10 CHF Straßengebühr

Einer der Berichte über den Gletschhorn-Südgrat ist eine Quasi-Verkehrsmeldung zur Stausituation am Grat am Wochenende mit Ratschlägen, dies zu vermeiden...das tun wir gern, also gehen wir zu Saisonbeginn und unter der Woche, und waren - was wir selbst nicht erwarteten - den ganzen Tag allein unterwegs.

Zustieg:
Wir wählten vom Tätsch aus im Aufstieg nicht den Weg durch den Kessel unterhalb der Grauen Wand (unser Abstieg), der später im Jahr empfohlen wird, sondern den direkt von unten über den Tiefengletscher. Dieser machte zwar schon Mitte Juni einen schlimmen Eindruck - die untere Steilstufe war ausgeapert. Mit Steigeisen ließ sich dieser Abschnitt aber über Eis, Geröll und Firnzungen recht speditiv bewältigen. Oberhalb war der Gletscher dann noch komplett verfirnt, wie auch der steile, direkte Zustieg zum Einstieg des Südgrats, wobei hier eine kurze vereiste Rinne (~ 45°) den letzten kompletten Durchstieg auf Schnee durch das Felsgelände vermittelte. 

Route:
Über die Route muss man nicht viele Worte verlieren - es ist eine traumhafte Gratkletterei in durchweg bestem Fels mit völlig offensichtlicher Routenführung. Die Absicherung ist an den schwierigen Stellen sehr gut und kann ansonsten problemlos mit Schlingen und Friends ergänzt werden. Auch die für den Nachsteiger nicht anspruchslosen Abkletterstellen in den vorletzten beiden Seillängen lassen sich sehr gut absichern. In der Schlüsselseillänge (schon ein "sehr klassischer Vierer", heute wäre das V) hat man die Qual der Wahl: elegant in der Verschneidung spreizen oder den breiten Riss klemmen und klettern - alles "Skills", die die Kletterer früherer Tage bestens drauf hatten, heute aber in der Kletterhalle keiner mehr als erstes lernt ;)

Abstieg: 
Obschon die Schneelage eher der ersten Juli-Hälfte oder noch später entsprechend war, gestaltete diese den Abstieg als durchaus ernstzunehmendes Hochtourenprogramm. Nach 25m Abseilen vom Gipfel ging es längere Zeit vielfach sogar rückwärts über Firnrinnen und steiles Mixgelände (bis nach dem auffälligen Felsblock, anhaltend ~ 50°) abwärts, wobei gerade die Übergänge Fels / Firn teils vereist und etwas heikel waren. Ohne Steigeisen und Pickel wären wir nicht weit genommen. Zuunterst dreimal 20m abseilen auf das steile Firnfeld am Einstieg.

Nachdem es im vorherigen Abstieg so viel Schnee gegeben hatte und es von oben so aussah, als sei der Abstieg rechts hinunter zum Tiefengletscher komplett verfirnt, wählten wir diesen (im Führer als "Zustieg bei guter Firnlage" beschrieben). Eine veritable Fehlentscheidung, weil zuunterst etwa 25m steile Gletscherschliffplatten unter dem Gletschhorn-Sporn ausgeapert waren! So bedurfte es eines weiteren Abseilers an einem schlechten, flachen Felskopf mit tunlichst nur nach unten zu belastender Abseilstelle an Schlingen. Noch dazu vertrieben wir 3 Steinböcke, die sich auf den Platten sonnten. Kurzum: eine ganz schlechte Wahl.

Im weiteren Abstieg wählten wir dann die Variante vom Tiefengletscher nach Osten auf den mit einem riesigen Steinmann markierten Felssporn und von hier durch den Kessel unterhalb der Grauen Wand in Richtung Hütte. Auch wenn dies für später im Jahr, bei Ausaperung des Tiefengletschers, empfohlen wird, ist mir dies wegen des etwas nervigen Blockgeländes nicht als angenehmer in Erinnerung als der Anstieg über den Gletscher selbst. Ab der Ebene unterhalb der Albert-Heim-Hütte ging es dann ohne weitere Fehlentscheidungen problemlos auf dem Wanderweg ins Tal.

Material:
50m Einfachseil, einige Schlingen, einige Friends, Keile (angenehm, aber verzichtbar), Steigeisen und Pickel (früh im Jahr zwingend!)

Tourengänger: simba, Nala


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Kommentare (2)


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ᴅinu hat gesagt:
Gesendet am 22. Juni 2022 um 12:45
So macht klettern Spass :-) Toll hattet Ihr den Berg für Euch in dieser tollen Natur geniessen können ;-)
Beste Grüsse
Dinu

simba hat gesagt: RE:
Gesendet am 22. Juni 2022 um 20:15
Du triffst es auf den Punkt! Keinen Spaß macht mehr Warten als Klettern ;)
Beste Grüße,
Si


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