Gratkraxeleien im Fliederduft: Der Dossenheimer Grat
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Die Steinbrüche von Dossenheim prägen das Landschaftsbild der Bergstraße nördlich von Heidelberg. Besonders interessant ist dabei eine Stelle, an der man in einen Bergrücken sowohl von Norden als auch von Süden Steinbrüche hineingegraben hat. Dadurch ist ein ziemlich schicker, schmaler Grat entstanden, der von verschiedenen Seiten aus recht reizvoll aussieht. Diesen wollte ich mir gerne mal ansehen - nachdem ich einige Wochen zuvor auf der anderen Seite des Rheintals von einem anderen - ähem - Grat doch ziemlich enttäuscht worden war.
Vier Haupt- und mehrere Nebenbrüche, in denen seit dem 19. Jahrhundert Rhyolith, also Quarzporphyr abgebaut wurde, hat man hier auf einer Länge von knapp zwei Kilometern in den Hohen Nistler, den Kirchberg und den Ölberg gegraben. Ein riesiges Gelände, das bis heute, zwanzig Jahre nach der Einstellung der Steinbrucharbeiten, Ort und Landschaft zutiefst prägt.
Eigentlich war ja geplant, an diesem Tag mit Schubi und Nyn zu dritt diese Tour zu machen. Dann kamen aber leider private Dinge dazwischen, und ich musste in der Heimat bleiben. Und so fuhr ich jenes schönen Tages zu eint nach Dossenheim, das Album "Tributelogy" des Morgaua Quartets im Player, und stellte mein Auto auf den Wanderparkplatz Schauenburg (188m). Hier wandert man direkt in die Steinbrüche hinein.
Wie gesagt: Die Steinbrüche haben die Gemeinde Dossenheim stark geprägt. Kein Wunder, bei 250 Jahren Betriebszeit. Begonnen wurden die Arbeiten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts (Ersterwähnung 1760), die letzten Arbeiten endeten 2002.
Schon hier, auf den ersten Metern der Runde, hat man einen interessanten Einblick in die hohen Felswände, die die Steinbrucharbeiten zurückgelassen haben.
Wer vom Parkplatz aus ins Tal des Mantelbachs hineinwandert, sieht zur Linken den Schlossbruch unter der Ruine Schauenburg, wo die Arbeiten von 1891 bis ca. 1929 andauerten. Rechts befindet sich ein weiterer Steinbruch, in dem von 1896 bis 1926 gearbeitet wurde.
Im Steinbruch zur Rechten hat sich der Verein Lakota Trading Post Dossenheim eingerichtet und einen Handelsposten im amerikanischen Mittelwesten der 1870er/1880er Jahren aufgebaut. Die Liebe zum Wilden Westen hat hier Tradition: schon 1919/1920 wurden auf dem Gelände die ersten Stummfilm-Western gedreht, "Bull Arizona – Der Wüstenadler" und "Bull Arizona – Das Vermächtnis der Prärie". Regie führte Phil Jutzi aus Neustadt, Hauptdarsteller und Produzent war der Ludwigshafener Hermann Basler.
Es geht nun ins Tal hinein, und gleich schon ordentlich bergan. Die Landschaft ist geprägt von herrlichem Fliederduft - und vom leuchtenden Gelb des Rhyoliths.
Diese Schicht ist teilweise über 150 Meter mächtig. Der Rhyolith hier entstand im Perm, also vor rund 290 Millionen Jahren. Die Arbeiter dürfte wenig interessiert haben - die hofften sicherlich eher, dass man mit dem Verkauf gutes Geld verdienen könnte. Porphyr wird als Schotter im Straßen- und Eisenbahnbau verwendet.
Bald passiert man einen Teich, dann führt ein hübscher Weg links hinauf zur Burgruine Schauenburg (247m.)
Die Ruinen der Schauenburg (auch Neu-Schauenburg) stehen auf einem ca. 275 Meter hohen Bergkegel, einem südlichen Ausläufer des Ölbergs. Die Anlage wurde in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts von den Edelfreien von Schauenburg errichtet. Die Familie ist 1130 erstmals urkundlich erwähnt worden und starb schon um 1285 wieder aus; dennoch wurde die Burg weiterhin genutzt und Mitte des 14. Jahrhunderts sogar noch ausgebaut.
Im Zuge des Pfälzisch-Mainzischen Kriegs 1461/1462 wurde die Burg von Kurfürst Friedrich I. fünf Tage lang belagert. Nach der Übergabe wurde sie schließlich geschleift, sodass nur die Außenmauern und Gräben erhalten blieben. Die Schauenburg wurde danach offensichtlich nicht wieder aufgebaut.
Als 1870 der kommerzielle Abbau von Rhyolith begann, wurde auch in den Burgberg hineingegraben. Bald waren die Überreste der Schauenburg selbst bedroht: Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Steinbrucharbeiten derart tief in den Burgberg vorgedrungen, dass die südöstlichen Mauern der Vorburg in die Tiefe stürzten. Dem weiteren Vordringen wurde jedoch Einhalt geboten. Heute finden umfangreiche Sicherungsarbeiten durch die "Arbeitsgemeinschaft Schauenburg" statt, die auch Teile der Burg wieder aufbaut.
Von der Burganlage stehen heute immerhin noch (bzw. wieder) große Teile der Ringmauer und der Schildmauer. Kleinere Teil des Bergfrieds, von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden der Oberburg, sowie die Brückenpfeiler und ein Teil des Halsgrabens sind ebenfalls erhalten.
Lange Zeit betrat man die Anlage an der Westseite. Heute ist der Zugang durch das Haupttor im Nordosten der Anlage durch eine 2009 errichtete Holzbrücke über den Burggraben aber wieder begehbar gemacht.
Betritt man die Anlage über die Brücke, befinden sich linkerhand Reste der Vorburg, rechts auf dem Bergkegel erhebt sich das unregelmäßige Oval der Kernburg mit Resten einer Zwingeranlage.
Der Bergfried erhob sich im nördlichen Winkel der hier rechtwinklig gebrochenen Schildmauer. Der schlanke Turm besaß einen quadratischen Grundriss. Das größte Gebäude der Kernburg war aber ein Saalbau mit einer Fläche von 20 × 8 Meter. Er ist nur im Grundriss erhalten. Ein Abortturm sowie Funde von Fußbodenfliesen und Ziegelsteinen weisen auf eine recht komfortable Ausstattung hin. Außerdem haben sich Teile von Kapitellen und Säulen erhalten, die einfache romanische Formen zeigen.
Von der Ruine aus hat man auch einen schönen Blick hinunter auf Dossenheim.
Der Ort vergrößerte sich im 19. Jahrhundert durch die Steinbruchindustrie rasch: Von etwa 800 Einwohnern im Jahr 1800 vervielfachte sich die Einwohnerzahl Dossenheims auf ca. 3000 im Jahr 1900. Sogar Wanderarbeiter aus Italien, Österreich und der Schweiz zog es hierher. Zur Zeit des Ersten Weltkrieges waren über 400 Menschen in der Steinbruchindustrie tätig, ca. 15% der damaligen Bevölkerung.
Allerdings managte die Gemeinde die Verwaltung des Gesamtbetriebs nicht besonders gut: Die Betriebe veralteten technisch, Innovationen wurden lange Zeit erschwert, die Arbeiter wurden vernachlässigt, und das Verbot von Kinderarbeit, das 1891 erlassen wurde, konnte das Bezirksamt nur durch massiven Druck bei der Gemeinde durchsetzen. So erwuchs den Gemeindebetrieben gegen Ende des 19. Jahrhunderts private Konkurrenz, vor allem durch die Gebrüder Leferenz, die einen moderneren und effizienteren Steinbruch führten.
Der so entstehende Modernisierungsdruck führte dann einerseits zur Erschließung neuer Steinbrüche (unter anderem des Schlossbruchs 1891), andererseits zum Bau neuer Anlagen (Drahtseilbahnen, neue Maschinen in der Verladestation und in den Steinbrüchen). Eine Dampfmaschine versorgte ab 1904 sogar den Ort mit Strom. Das Gemeindewerk machte allerdings weiterhin Schulden. Deshalb wurden die Gemeindesteinbrüche 1908 in staatliche Verwaltung überführt.
Die Steinbrüche erlebten in der darauffolgenden Zeit nochmals einen Aufschwung: 1913 war Dossenheim mit einer Jahresproduktion von 184.000 Kubikmetern das größte Porphyrwerk in Baden, es beschäftigte rund 280 Arbeiter.
Ich verabschiedete mich von der Burg und der schönen Aussicht, und wanderte hinter der Anlage auf einem hübschen Weg im Wald hinauf zum Oberen Ölbergweg, und auf diesem ins Tal des Mantelbachs hinein. An der großen Gabelung nahm ich den Sporenbergweg, der mich schnell zum südwestlichen Ausläufer des Bergs brachte.
Ganz vorn, am vordersten Ausläufer, beginnt der Grat. Man muss beim ersten Besuch ein bisschen suchen. Schadet aber nicht, denn der Tiefblick nach Süden ist atemberaubend.
Man sieht hier in den Vatterbruch (auch "Bruch am Sporenberg" oder "Hauptbruch") hinunter. Das Gelände ist nach dem Unternehmer Hans Vatter benannt, der den seit 1834 betriebenen Steinbruch im frühen 20. Jahrhundert als Pächter übernahm. Im Zuge einer erneuten Modernisierung verringerte er die Arbeiterzahl, die Produktion aber konnte ausgebaut werden, von 142.000 Tonnen 1930 auf etwa 172.000 Tonnen 1950 - allein im Werk Vatter.
Seit den sechziger Jahren stiegen dann allerdings die Verkaufspreise für Porphyr nicht in dem Maße wie die notwendigen Ausgaben. Die Steinbruchindustrie an der Bergstraße verlor an Bedeutung, neue Wirtschaftszweige traten an ihre Stelle. Das Werk Leferenz musste im Jahr 1985 schließen. In den neunziger Jahren erhob sich zudem innerhalb Teile der Bevölkerung Protest gegen den stark voranschreitenden Porphyrabbau. Die Firma Vatter stellte schließlich 2002 ebenfalls die Arbeiten ein.
Das ist der Grund, warum hier trotz der Nähe der Industrieanlagen Ruhe herrscht. Es geht nun weiter nach vorn - wenn der Bergrücken dann schmaler und schmaler wird, ist man richtig. Zuletzt führt ein breiter, zugewachsener Weg zur vordersten Spitze, dann nimmt man einen Trampelpfad links hinauf.
Ein Trampelpfad? Wird der Grat etwa begangen? Dieser kurze Pfad ist recht deutlich ausgeprägt - auf dem Grat selbst sind dann aber keine Spuren mehr auszumachen.
Der Trampelpfad endet an einem dichten Busch. Hier kann man sich die Sache nochmal überlegen (sollte man auch, ich jedenfalls werde gleich von einer Begehung dringend abraten), denn wenn man sich durch den Busch gekämpft hat, ist das Umkehren schwierig: Zu schmal der Grat, zu kräftig die Äste!
Von hier an befindet man sich durchwegs in ausgesetzem, teils extrem ausgesetzem Gelände. Links wie rechts geht es senkrecht, zumindest jedoch gefühlt senkrecht hinunter. Links dürften es 60, 70 Meter sein, rechts deutlich mehr. Zudem ist das Gestein äußerst brüchig (Ryolith!), so dass jeder einzelne Schritt mit Bedacht gewählt sein will. Oder halt gar nicht - was sicherlich die beste Wahl ist.
Immerhin wurde ich auf der gesamten Gratpassage in frühlingshaftem Fliederduft geradezu gebadet! Das hat man nicht überall. Los geht's mit einer kleinen, fast senkrechten Stufe, die vorsichtig abgeklettert wird. Es folgt eine kurze sehr schmale Stelle, dann geht es über größere Klötze auf ein etwas breiteres Köpfl hinauf. Hier kann man den Rest der Route gut überschauen.
Man steigt nun hinunter zu einem deutlichen Absatz, wo es kurz leicht bergan geht. Danach steigt man entweder sehr ausgesetzt eine schmale Kante oder knapp rechts davon in einer brüchigen Rinne hinunter in eine schattige Scharte. Eindrucksvoll hier die glatten Felswände zur Linken, rechts geht es steile Waldhänge hinunter.
Hier folgt das Kernstück des Grats: Die Linie führt links einer Kiefer zu einem ca. zehn Meter hohen Steilaufschwung. Dieser ist erneut äußerst ausgesetzt, allerdings findet man hier auch den besten Fels des Grats vor. Trotzdem bin ich oben erst einmal durch Buschwerk gekrabbelt, bevor ich mich einige Meter weiter getraut habe, auf dem schmalen Grat aufzustehen.
Die letzten Meter zu einem kleinen Gipfelchen sind dann weiterhin ausgesetzt, aber nicht mehr schwierig. Das bestätigt ein (allerdings ziemlich zugewachsener) Gipfelsteinmann, der mir versprach, dass es von hier an leichter sein würde. Na, mal sehen.
Man steigt nun durch einige Bäume, und hat dann den letzten Abschnitt des Grates vor sich: Es geht hinunter zu einer letzten schmalen Passage. Eine erodierte Rinne links zeigt an, dass hier tatsächlich ab und zu Leute heraufsteigen. Ich ging aber noch ganz nach vorne, nur um dort zu erkennen, dass es hier im Steilbruch kein Weiterkommen geben würde. So kehrte ich zurück zu der Erosionsrinne, die sich als überraschend einfach zu begehen entpuppte. An ihrem unteren Ende angekommen, wandte ich mich nach rechts, und stieg in steilem Gelände zwischen Felswand (rechts) und einigen kleinen Bäumen (links) weiter ab. Dann querte ich unter dem Steilabbruch wieder rechts hinüber auf das, was hier vom Grat noch übrig ist: Loser Schotter, Bruch, und schierer Blätterkrokant. An solchen Stellen schreiben wir gerne mal, dass man nichts voll belasten sollte, weil einfach nichts hält, hier stimmt es.
...weshalb ich von der Begehung dieses Grates auch dringend abrate. Das Ganze mag auf den Bildern schön aussehen, ist es aber nicht. Brüchig, gefährlich, Finger weg.
Unten angekommen, war ich daher froh, diesen Grat hinter mir zu haben. Ich wandte mich trotzdem erst einmal nach links, um die Felswand noch von unten zu fotografieren, dann machte ich mich auf den Rückweg zum Auto. Halbwegs entspannt langte ich eine Viertelstunde später wieder am Wanderparkplatz Schauenburg (188m) an.
Fazit:
Schöne Tour, wenn man sie auf die Ruine Schauenburg und die hübschen Wege drumherum beschränkt, Zur Strahlenburg könnte man etwa wandern, oder zum Weißen Stein. Oder alles zu einer hübschen Runde vereinen. Eventuell die Kronenburg noch einbauen - obwohl von der praktisch nichts mehr zu erkennen ist. Der Grat aber ist Bullenwurst. Finger weg. Es geht ebenso wild, aber deutlich weniger gefährlich, ganz in der Nähe.
P. S.:
Ich bin da mehrfach hin, mal von der einen, mal von der anderen Seite. Richtig Sinn macht's aber von keiner.
Vier Haupt- und mehrere Nebenbrüche, in denen seit dem 19. Jahrhundert Rhyolith, also Quarzporphyr abgebaut wurde, hat man hier auf einer Länge von knapp zwei Kilometern in den Hohen Nistler, den Kirchberg und den Ölberg gegraben. Ein riesiges Gelände, das bis heute, zwanzig Jahre nach der Einstellung der Steinbrucharbeiten, Ort und Landschaft zutiefst prägt.
Eigentlich war ja geplant, an diesem Tag mit Schubi und Nyn zu dritt diese Tour zu machen. Dann kamen aber leider private Dinge dazwischen, und ich musste in der Heimat bleiben. Und so fuhr ich jenes schönen Tages zu eint nach Dossenheim, das Album "Tributelogy" des Morgaua Quartets im Player, und stellte mein Auto auf den Wanderparkplatz Schauenburg (188m). Hier wandert man direkt in die Steinbrüche hinein.
Wie gesagt: Die Steinbrüche haben die Gemeinde Dossenheim stark geprägt. Kein Wunder, bei 250 Jahren Betriebszeit. Begonnen wurden die Arbeiten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts (Ersterwähnung 1760), die letzten Arbeiten endeten 2002.
Schon hier, auf den ersten Metern der Runde, hat man einen interessanten Einblick in die hohen Felswände, die die Steinbrucharbeiten zurückgelassen haben.
Wer vom Parkplatz aus ins Tal des Mantelbachs hineinwandert, sieht zur Linken den Schlossbruch unter der Ruine Schauenburg, wo die Arbeiten von 1891 bis ca. 1929 andauerten. Rechts befindet sich ein weiterer Steinbruch, in dem von 1896 bis 1926 gearbeitet wurde.
Im Steinbruch zur Rechten hat sich der Verein Lakota Trading Post Dossenheim eingerichtet und einen Handelsposten im amerikanischen Mittelwesten der 1870er/1880er Jahren aufgebaut. Die Liebe zum Wilden Westen hat hier Tradition: schon 1919/1920 wurden auf dem Gelände die ersten Stummfilm-Western gedreht, "Bull Arizona – Der Wüstenadler" und "Bull Arizona – Das Vermächtnis der Prärie". Regie führte Phil Jutzi aus Neustadt, Hauptdarsteller und Produzent war der Ludwigshafener Hermann Basler.
Es geht nun ins Tal hinein, und gleich schon ordentlich bergan. Die Landschaft ist geprägt von herrlichem Fliederduft - und vom leuchtenden Gelb des Rhyoliths.
Diese Schicht ist teilweise über 150 Meter mächtig. Der Rhyolith hier entstand im Perm, also vor rund 290 Millionen Jahren. Die Arbeiter dürfte wenig interessiert haben - die hofften sicherlich eher, dass man mit dem Verkauf gutes Geld verdienen könnte. Porphyr wird als Schotter im Straßen- und Eisenbahnbau verwendet.
Bald passiert man einen Teich, dann führt ein hübscher Weg links hinauf zur Burgruine Schauenburg (247m.)
Die Ruinen der Schauenburg (auch Neu-Schauenburg) stehen auf einem ca. 275 Meter hohen Bergkegel, einem südlichen Ausläufer des Ölbergs. Die Anlage wurde in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts von den Edelfreien von Schauenburg errichtet. Die Familie ist 1130 erstmals urkundlich erwähnt worden und starb schon um 1285 wieder aus; dennoch wurde die Burg weiterhin genutzt und Mitte des 14. Jahrhunderts sogar noch ausgebaut.
Im Zuge des Pfälzisch-Mainzischen Kriegs 1461/1462 wurde die Burg von Kurfürst Friedrich I. fünf Tage lang belagert. Nach der Übergabe wurde sie schließlich geschleift, sodass nur die Außenmauern und Gräben erhalten blieben. Die Schauenburg wurde danach offensichtlich nicht wieder aufgebaut.
Als 1870 der kommerzielle Abbau von Rhyolith begann, wurde auch in den Burgberg hineingegraben. Bald waren die Überreste der Schauenburg selbst bedroht: Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Steinbrucharbeiten derart tief in den Burgberg vorgedrungen, dass die südöstlichen Mauern der Vorburg in die Tiefe stürzten. Dem weiteren Vordringen wurde jedoch Einhalt geboten. Heute finden umfangreiche Sicherungsarbeiten durch die "Arbeitsgemeinschaft Schauenburg" statt, die auch Teile der Burg wieder aufbaut.
Von der Burganlage stehen heute immerhin noch (bzw. wieder) große Teile der Ringmauer und der Schildmauer. Kleinere Teil des Bergfrieds, von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden der Oberburg, sowie die Brückenpfeiler und ein Teil des Halsgrabens sind ebenfalls erhalten.
Lange Zeit betrat man die Anlage an der Westseite. Heute ist der Zugang durch das Haupttor im Nordosten der Anlage durch eine 2009 errichtete Holzbrücke über den Burggraben aber wieder begehbar gemacht.
Betritt man die Anlage über die Brücke, befinden sich linkerhand Reste der Vorburg, rechts auf dem Bergkegel erhebt sich das unregelmäßige Oval der Kernburg mit Resten einer Zwingeranlage.
Der Bergfried erhob sich im nördlichen Winkel der hier rechtwinklig gebrochenen Schildmauer. Der schlanke Turm besaß einen quadratischen Grundriss. Das größte Gebäude der Kernburg war aber ein Saalbau mit einer Fläche von 20 × 8 Meter. Er ist nur im Grundriss erhalten. Ein Abortturm sowie Funde von Fußbodenfliesen und Ziegelsteinen weisen auf eine recht komfortable Ausstattung hin. Außerdem haben sich Teile von Kapitellen und Säulen erhalten, die einfache romanische Formen zeigen.
Von der Ruine aus hat man auch einen schönen Blick hinunter auf Dossenheim.
Der Ort vergrößerte sich im 19. Jahrhundert durch die Steinbruchindustrie rasch: Von etwa 800 Einwohnern im Jahr 1800 vervielfachte sich die Einwohnerzahl Dossenheims auf ca. 3000 im Jahr 1900. Sogar Wanderarbeiter aus Italien, Österreich und der Schweiz zog es hierher. Zur Zeit des Ersten Weltkrieges waren über 400 Menschen in der Steinbruchindustrie tätig, ca. 15% der damaligen Bevölkerung.
Allerdings managte die Gemeinde die Verwaltung des Gesamtbetriebs nicht besonders gut: Die Betriebe veralteten technisch, Innovationen wurden lange Zeit erschwert, die Arbeiter wurden vernachlässigt, und das Verbot von Kinderarbeit, das 1891 erlassen wurde, konnte das Bezirksamt nur durch massiven Druck bei der Gemeinde durchsetzen. So erwuchs den Gemeindebetrieben gegen Ende des 19. Jahrhunderts private Konkurrenz, vor allem durch die Gebrüder Leferenz, die einen moderneren und effizienteren Steinbruch führten.
Der so entstehende Modernisierungsdruck führte dann einerseits zur Erschließung neuer Steinbrüche (unter anderem des Schlossbruchs 1891), andererseits zum Bau neuer Anlagen (Drahtseilbahnen, neue Maschinen in der Verladestation und in den Steinbrüchen). Eine Dampfmaschine versorgte ab 1904 sogar den Ort mit Strom. Das Gemeindewerk machte allerdings weiterhin Schulden. Deshalb wurden die Gemeindesteinbrüche 1908 in staatliche Verwaltung überführt.
Die Steinbrüche erlebten in der darauffolgenden Zeit nochmals einen Aufschwung: 1913 war Dossenheim mit einer Jahresproduktion von 184.000 Kubikmetern das größte Porphyrwerk in Baden, es beschäftigte rund 280 Arbeiter.
Ich verabschiedete mich von der Burg und der schönen Aussicht, und wanderte hinter der Anlage auf einem hübschen Weg im Wald hinauf zum Oberen Ölbergweg, und auf diesem ins Tal des Mantelbachs hinein. An der großen Gabelung nahm ich den Sporenbergweg, der mich schnell zum südwestlichen Ausläufer des Bergs brachte.
Ganz vorn, am vordersten Ausläufer, beginnt der Grat. Man muss beim ersten Besuch ein bisschen suchen. Schadet aber nicht, denn der Tiefblick nach Süden ist atemberaubend.
Man sieht hier in den Vatterbruch (auch "Bruch am Sporenberg" oder "Hauptbruch") hinunter. Das Gelände ist nach dem Unternehmer Hans Vatter benannt, der den seit 1834 betriebenen Steinbruch im frühen 20. Jahrhundert als Pächter übernahm. Im Zuge einer erneuten Modernisierung verringerte er die Arbeiterzahl, die Produktion aber konnte ausgebaut werden, von 142.000 Tonnen 1930 auf etwa 172.000 Tonnen 1950 - allein im Werk Vatter.
Seit den sechziger Jahren stiegen dann allerdings die Verkaufspreise für Porphyr nicht in dem Maße wie die notwendigen Ausgaben. Die Steinbruchindustrie an der Bergstraße verlor an Bedeutung, neue Wirtschaftszweige traten an ihre Stelle. Das Werk Leferenz musste im Jahr 1985 schließen. In den neunziger Jahren erhob sich zudem innerhalb Teile der Bevölkerung Protest gegen den stark voranschreitenden Porphyrabbau. Die Firma Vatter stellte schließlich 2002 ebenfalls die Arbeiten ein.
Das ist der Grund, warum hier trotz der Nähe der Industrieanlagen Ruhe herrscht. Es geht nun weiter nach vorn - wenn der Bergrücken dann schmaler und schmaler wird, ist man richtig. Zuletzt führt ein breiter, zugewachsener Weg zur vordersten Spitze, dann nimmt man einen Trampelpfad links hinauf.
Ein Trampelpfad? Wird der Grat etwa begangen? Dieser kurze Pfad ist recht deutlich ausgeprägt - auf dem Grat selbst sind dann aber keine Spuren mehr auszumachen.
Der Trampelpfad endet an einem dichten Busch. Hier kann man sich die Sache nochmal überlegen (sollte man auch, ich jedenfalls werde gleich von einer Begehung dringend abraten), denn wenn man sich durch den Busch gekämpft hat, ist das Umkehren schwierig: Zu schmal der Grat, zu kräftig die Äste!
Von hier an befindet man sich durchwegs in ausgesetzem, teils extrem ausgesetzem Gelände. Links wie rechts geht es senkrecht, zumindest jedoch gefühlt senkrecht hinunter. Links dürften es 60, 70 Meter sein, rechts deutlich mehr. Zudem ist das Gestein äußerst brüchig (Ryolith!), so dass jeder einzelne Schritt mit Bedacht gewählt sein will. Oder halt gar nicht - was sicherlich die beste Wahl ist.
Immerhin wurde ich auf der gesamten Gratpassage in frühlingshaftem Fliederduft geradezu gebadet! Das hat man nicht überall. Los geht's mit einer kleinen, fast senkrechten Stufe, die vorsichtig abgeklettert wird. Es folgt eine kurze sehr schmale Stelle, dann geht es über größere Klötze auf ein etwas breiteres Köpfl hinauf. Hier kann man den Rest der Route gut überschauen.
Man steigt nun hinunter zu einem deutlichen Absatz, wo es kurz leicht bergan geht. Danach steigt man entweder sehr ausgesetzt eine schmale Kante oder knapp rechts davon in einer brüchigen Rinne hinunter in eine schattige Scharte. Eindrucksvoll hier die glatten Felswände zur Linken, rechts geht es steile Waldhänge hinunter.
Hier folgt das Kernstück des Grats: Die Linie führt links einer Kiefer zu einem ca. zehn Meter hohen Steilaufschwung. Dieser ist erneut äußerst ausgesetzt, allerdings findet man hier auch den besten Fels des Grats vor. Trotzdem bin ich oben erst einmal durch Buschwerk gekrabbelt, bevor ich mich einige Meter weiter getraut habe, auf dem schmalen Grat aufzustehen.
Die letzten Meter zu einem kleinen Gipfelchen sind dann weiterhin ausgesetzt, aber nicht mehr schwierig. Das bestätigt ein (allerdings ziemlich zugewachsener) Gipfelsteinmann, der mir versprach, dass es von hier an leichter sein würde. Na, mal sehen.
Man steigt nun durch einige Bäume, und hat dann den letzten Abschnitt des Grates vor sich: Es geht hinunter zu einer letzten schmalen Passage. Eine erodierte Rinne links zeigt an, dass hier tatsächlich ab und zu Leute heraufsteigen. Ich ging aber noch ganz nach vorne, nur um dort zu erkennen, dass es hier im Steilbruch kein Weiterkommen geben würde. So kehrte ich zurück zu der Erosionsrinne, die sich als überraschend einfach zu begehen entpuppte. An ihrem unteren Ende angekommen, wandte ich mich nach rechts, und stieg in steilem Gelände zwischen Felswand (rechts) und einigen kleinen Bäumen (links) weiter ab. Dann querte ich unter dem Steilabbruch wieder rechts hinüber auf das, was hier vom Grat noch übrig ist: Loser Schotter, Bruch, und schierer Blätterkrokant. An solchen Stellen schreiben wir gerne mal, dass man nichts voll belasten sollte, weil einfach nichts hält, hier stimmt es.
...weshalb ich von der Begehung dieses Grates auch dringend abrate. Das Ganze mag auf den Bildern schön aussehen, ist es aber nicht. Brüchig, gefährlich, Finger weg.
Unten angekommen, war ich daher froh, diesen Grat hinter mir zu haben. Ich wandte mich trotzdem erst einmal nach links, um die Felswand noch von unten zu fotografieren, dann machte ich mich auf den Rückweg zum Auto. Halbwegs entspannt langte ich eine Viertelstunde später wieder am Wanderparkplatz Schauenburg (188m) an.
Fazit:
Schöne Tour, wenn man sie auf die Ruine Schauenburg und die hübschen Wege drumherum beschränkt, Zur Strahlenburg könnte man etwa wandern, oder zum Weißen Stein. Oder alles zu einer hübschen Runde vereinen. Eventuell die Kronenburg noch einbauen - obwohl von der praktisch nichts mehr zu erkennen ist. Der Grat aber ist Bullenwurst. Finger weg. Es geht ebenso wild, aber deutlich weniger gefährlich, ganz in der Nähe.
P. S.:
Ich bin da mehrfach hin, mal von der einen, mal von der anderen Seite. Richtig Sinn macht's aber von keiner.
Tourengänger:
Nik Brückner
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