Drei Wandertage ohne Gegenverkehr
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Der Sonntagmorgen präsentierte sich wie ein Geschenk der Vortage – als ich Claudia nach ihrer Nacht befragte, meinte sie, hast du die Berge in Gold schon bestaunen können, was ich bejahte. Von ihrem Zimmer aus, das ich zu anderer Zeit auch schon mal hatte, geht der Blick ins arenahafte Val Cramosina hinein, dessen Erhebung der Madom Gröss mit seinen beiden Nebenspitzen (Pizzo di Mezzodi / Pizzo Cramosino) abschliesst. Nach Süden hin gleisste die Sonne schon durch. Noch vor acht sassen wir am Frühstückstisch, mit uns zwei Gartenbauer aus Schaffhausen. Die von Herzen geprägt Gastgeber-Qualität wurde mit dem reichhaltigen Zmorge fortgesetzt – Danke!
Noch vor neun Uhr verabschiedeten wir uns und nahmen den letzten Teil der offiziellen Strada Alta unter die Füsse. Das Schild verhiess 3 h bis nach Biasca – und wieder sei angemerkt, es wurden mehr. Warum Sobrio mit heute 80 Einwohnern am Ende der Dorfstrasse bei Valècc einen grossen Kinderspielplatz auf einer grünen Terrasse eingerichtet hat, entzieht sich meiner Kenntnis, wenn ich aber das Dorfwappen dazu in Erinnerung rufe, ergibt sich daraus eine mögliche Interpretation...hier ist viel Herz vorhanden. Dort beginnt dann auch der Abstieg in die Leventina: zuerst durch die Düsternis einer Monokultur, danach entlang des tiefen Grabens bzw. der Schlucht Vallone und dem romantisch wirkende Holzsteg über den Dragone. Es folgen schmale Passagen, die nur einmal etwas ausgesetzt erlebt werden [ich bin nicht schwindelfrei]. In der Zwischenzeit sind die Wolken verabschiedet worden, drückt schon herrlich die Sonne durch, und erheben sich Myriaden von Insekten gegen das helle Licht.
Bei Bidrè necken uns die Markierungen, doch verlaufen kann man sich nicht – sie sind trotz ebenen Verlauf immer noch als Bergweg ausgewiesen. Man bleibt für eine ganze Weile fast auf einer Höhenlinie (1000 m) bis Diganengo. Wir setzen uns bei der Kapelle für eine kleine Weile in die Sonne und schauen uns den Sonntagsbetrieb an: es wird gerade frisch geschlagenes Holz auf zwei Pick-Ups verladen. Die Weiterwanderung wird mehrfach so empfohlen: Beim Casa forestale beginnt der lange, aber gut angelegte Abstieg durch den Wald, über den Weiler Corecco und hinunter nach Pollegio. Dem ist in der Tat so, uns begegnen schwarze Ziegen, die uns sogar ein paar Meter folgen (weil wir wohl etwas nach Salz riechen). Eher noch gewöhnungsbedürftig sind die teils grossen Abstände zwischen den mächtigen Steinquadern, die seit Jahrhunderten hier als natürliche Treppen fungieren. Zwischenzeitlich drückt der Lärm der Strasse und der Bahn bis an unser Ohr. Claudia bittet um Geduld, Unmengen von Kastanien liegen sammelbereit am Boden: „wir liegen ja gut in der Zeit“! Kurz vor dem Reservoir oberhalb Pollegio geniessen wir die Sonne sitzend und essen was Kleines. Kaum treten wir aus dem Wald, schlägt uns die Tageswärme förmlich ins Gesicht – wow, noch ein wenig Spätsommer. Die letzten Meter auf den Steintreppen sind gut gesichert mit einem rostigen Geländer. Am Ende dann eine Sitzbank und ein Brunnen – wir sind unfallfrei die drei Tage gewandert und sind keinem einzigen Menschen auf dem Sentiero begegnet: drei Wandertage ohne Gegenverkehr! Kaum zu glauben – sind doch schon Ferien in der Deutschschweiz. Hinter der Häuserzeile gehen wir 200 m nach links und gelangen rechts zur Hauptstrasse mit Laden und Restaurant. Wir setzen uns für die verbliebene halbe Stunde bis zur Abfahrt des Poschti am Dorfplatz in die Osteria und geniessen nochmals einen weissen Merlot. 14.18 fährt der InterRegio ohne Umsteigen zu müssen nach Basel.
Claudias nächster Wunsch: Sobrio nach Olivone über den Höhenweg. Aber gerne...
Claudias nächster Wunsch: Sobrio nach Olivone über den Höhenweg. Aber gerne...
Tourengänger:
Henrik
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