Stiegenmarathon bei Schmilka
Stiegen, Stiegen Stiegen! Ich war ein paar Tage ins Elbsandsteingebirge gekommen, um Stiegen zu gehen, zu viele wie möglich. Stiegen sind Routen, die weder Wanderwege noch Kletterrouten sind. Es handelt sich um (z.T. recht alte) Steiganlagen, mit deren Hilfe auch schwindelfreie und trittsichere Wanderer die teilweise recht großen Höhenunterschiede in den Sandsteinfelsen überwinden können. Der Charakter der Stiegen ist dabei sehr unterschiedlich, und reicht von in den Fels geschlagenen Tritten über steile Treppen und schmale Leitern in engen Klüften bis hin zu klettersteigähnlichen Anlagen mit Metallklammern und Sicherungsseilen. Am Vortag hatte ich schon einige Stiegen rund um Rathen kennengelernt, heute wollte ich einige Stiegen rund um Schmilka auskundschaften.
Los ging's also in Schmilka (150m), dem letzten Ort vor der Grenze, wohin mich Kansas' "Point of Know Return live & beyond" begleitete. Dort gibt es einen großen (gebührenpflichtigen) Parkplatz. Ich durchwanderte den hübschen Ort Richtung Norden und lief auf dem Wurzelweg in den bewaldeten Schmilkaer Felsenkessel hinein.
Am Abzweig an der Zwieselhütte führt der Wurzelweg rechts hinauf. Bald erreicht man die ersten Felsen, der Wurzelkopf erhebt sich links. Direkt vor diesem zweigt scharf links ein Kletterzugang ab. Dieser schlängelt sich in der Folge als Unterer Terrassenweg unter den steilen Felswänden hindurch.
Über Millionen von Jahren hinweg haben sich hier Sande abgelagert. Dabei haben sich unterschiedliche, unterschiedlich feste Schichten gebildet, die seither unterschiedlich stark erodieren. So sind die Terrassen entstanden, über die heute der Untere und der Obere Terrassenweg verlaufen.
Auf dem Unteren Terrassenweg wanderte ich zunächst um drei vorgeschobene Felsenriffe herum, und unter dem Kleinen und den dem Großen Gratturm vorbei, weiter zu den Lehnsteinen.
Dort suchte ich die erste Stiege des Tages, Stiege 167 aus dem Klettersteigführer von Michael Bellmann. Aber die Beschreibung im Buch ist derart karg, dass ich den Einstieg nicht gefunden habe. Ich bin trotzdem ein wenig herumgestiegen, zwischen dem Bösen Turm ganz vorn, dem Lärchenturm und den Lehnsteigtürmen (bis II).
Irgendwann gab ich auf, durchkletterte eine Kerbe zwischen den Lehnsteigtürmen, und wanderte auf dem Unteren Terrassenweg weiter. Bald gelangte ich in ein Trümmerfeld unter einem großen Überhang, danach wartet der Weg nahe der Unteren Märchenturmboofe mit einer schmalen, nur Zentimeter breiten Stelle zwischen Abgrund (links) und Felswand (rechts) auf. Darüber ragt der Märchenturm auf. Nachdem ich diese glücklich hinter mich gebracht hatte, näherte ich mich langsam der Rübezahlstiege.
Hinter dem Märchenturm befindet sich rechts ein Einschnitt zwischen Märchenturm und Abendturm. Man passiert diesen in einem Linksbogen.
Unterer Terrassenweg: Stelle I, Stelle T4, meist leichter
Kurz nach dem Scheitelpunkt des Bogens führt die Rübezahlstiege rechts hinauf.
Eine erste Steiganlage existierte hier bereits vor dem Ersten Weltkrieg. Die Rübezahlstiege zählt damit zu den klassischen Anlagen in der Sächsischen Schweiz. Um 1920 wurde die Stiege dann von Hugo Friedrich, einem einheimischen Kletterer und Höhlenforscher, erneuert und ausgebaut. Sein Spitzname Rübezahl ging dabei auf die Stiege über.
1935 wurde die Rübezahlstiege saniert. Bis dato hölzerne Tritthilfen wurden durch Metalltritte und -griffe ersetzt. Eine Inschrift am Einstieg erinnert an diese Erneuerung.
Nur dürftig mit Metallklammern gesichert geht es eine steile, schmale Kluft hinauf. Im oberen Teil zwängt man sich dann durch eine enge Höhle weiter aufwärts. Die Rübezahlstiege gilt heute als eine der schwersten Stiegen in der Sächsischen Schweiz. Ihre Schwierigkeit wird mit B/C bis C/D auf der Klettersteigskala angegeben. Ein Fixseil zur Sicherung gibt es nicht, die Rübezahlstiege muss frei geklettert werden (II). Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind daher unbedingte Voraussetzung für eine Begehung. Ein Topo gibt es hier, ein gutes Video hier.
Start ist an einer knorrigen Buche, dahinter führen zwei Stahlklammern ein Wandl hinauf. Man erreicht ein Felsband, und wandert auf diesem nach links, zwischen Schwarzes Horn (zur Linken) und Abendhorn (zur Rechten). Hier geht es um einen Felssporn herum nach rechts. Ein kurzer Anstieg, dann ist das Kern- und Steilstück der Rübezahlstiege erreicht. Hier geht es in Spalten an einem fast senkrechten Fels hinauf.
Im unteren Abschnitt sind keinerlei Steighilfen angebracht. Sollten hier einst Klammern existiert haben, wurden sie abgesägt. Hier klettert man frei über einige Felsstufen und in einem schmalen Spalt hinauf, auf teils künstlich erweiterten Tritten (II). Erst weiter oben helfen dann einige Metallklammern beim Aufstieg (B/C) entlang einer Kluft. In der Kluft selbst kann man alte, abgenutzte Tritte erkennen. So geht es hinauf zu einem großen, gestuften Absatz unter einem riesigen Klemmblock.
Hat man den ersten, äußerst luftigen Abschnitt hinter sich gebracht, geht es nun hinein in eine Höhle. In dieser klettert man weiter hinauf (II). Hier ist es ziemlich eng, einen allzu großen Rucksack sollte man besser nicht dabeihaben. Eventuell muss man ihn nach oben durchschieben. Im oberen Teil (I bis II) helfen dann einige Eisenbügel (B). Bald quert man einen schmalen Terassenweg. Hier hat man die größten Schwierigkeiten hinter sich. Der Weiterweg führt nun ohne weitere künstliche Steighilfen ein Tälchen hinauf. Dann quert man einen weiteren Weg.
Rübezahlstiege: freie Kletterei, teils mit metallenen Steighilfen, II/BC
Kurz danach, noch bevor man in ebenem Gelände den Reitsteig erreichen würde, zweigte ich links ab, zum Kleinen Kuhstall.
Der Weg führt im Wald hinunter zu einer glatten, passagenweise leicht überhängenden Felswand, der man nun westwärts bis zum Kleinen Kuhstall folgt, einem spektakulären Felsentor, das dem Prebischtor nicht unähnlich ist. Ich wanderte auf der anderen Seite weiter an der Felswand entlang, und stieg bald eine kleine Kerbe im Fels hinauf auf das Plateau, wo ich auf den Reitsteig stieß.
Auf dem breiten Weg nun ein paar Schritte nach links, dann zweigt rechts (nordwärts) der Steig zum Frienstein und zur Idagrotte ab. Wildromantisch geht es auf Holztreppen eine kleine Schlucht hinunter, bis sich der Weg am Friensteinflössel (421m), einer kleinen Quelle, teilt. Rechts geht es hinauf zum Frienstein.
An der beeindruckenden Felswand angekommen, weist ein Weiser den Weg nach links zur Idagrotte, einem der Wanderhighlights in der Sächsischen Schweiz. Unterhalb der glatten Wänden der Felstürme geht es nun über ein breites, von Felsbrocken übersätes Plateau auf die Nordseite. Dort hat man die Wahl, ich stieg durch die enge Spalte zwischen Grottenwart und Frienstein hindurch auf die Ostseite, und balancierte dort auf einem schmalen, ausgesetzten Band, das teils mit Metallgriffen gesichert wurde, zur Idagrotte. Dolomitenfeeling. Video hier.
Die auch als "Friensteinhöhle" bezeichnete Idagrotte ist eine große Kluft- und Schichtfugenhöhle, die heute ein beliebtes Wanderziel darstellt. In der Höhle sind Spuren einer früheren Nutzung als Wohnraum zu erkennen. Einst muss hier zumindest ein hölzerner Verschlag gestanden haben, denn der Frienstein hat eine lange Geschichte: Um 1410 wurde durch die Berken von der Duba auf dem Gipfel eine Burgwarte errichtet. Dort, wo sich einst der Aufstieg befand (in einer großen Nische auf der Westseite, der heutigen Kletterroute "Alter Weg") befinden sich noch in den Fels geschlagene Auflager für Sprossenhölzer und in den Fels gehauene Stufen. Auf der Gipfelfläche sind Spuren der Burgwarte zu entdecken, in Gestalt von Falzen zur Verankerung eines hölzernen Gebäudes.
Der Frienstein war damit Teil eines Netzes von Burgwarten, darunter die auf dem Winterstein, dem Neuen Wildenstein und dem Alten Wildenstein. 1451 gelangte die gesamte Herrschaft der Berken von der Duba, und damit auch der Frienstein, an die Wettiner. Bald nisteten sich allerdings Raubritter hier ein. 1479 gestand einer ihrer Helfershelfer, dass "beym Freynstein ist eyn loch [...,] do man die gefangen eynfurt zu peynigen".
Ach so! Die Grotte! Wer jene Ida war, nach der die Grotte benannt ist, ist leider nicht bekannt. Kritische Stimmen beschwerten sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts, dass der Name nicht unter Einheimischen erwachsen sei. Vielleicht war Ida ja eine hübsche Touristin?
Ich wanderte nun auf dem gleichen Weg wieder zurück zum Friensteinflössel (421m), und hinauf zum Reitsteig. Auf diesem ging's dann nach rechts weiter (Richtung Westen), bis von links die Obere Affensteinpromenade bzw. der Zurückesteig auf den Reitsteig stoßen. Hier wandte ich mich nach links, und gleich nochmal nach links, zur Heiligen Stiege. Diese stieg ich nun hinunter.
Vorläufer dieser und anderer Steiganalgen war vielleicht eine 1698 erwähnte "Steinerne Treppe" im Heringsgrund. Diese wird sich aber wohl woanders befunden haben. Die ersten Stufen und Leitern an der Stelle der heutigen Stiege dürften erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts angebracht worden sein.
Diese erste Heilige Stiege war aus Holz gezimmert, und dürfte deshalb häufiger Erneuerung bedurft haben. Um 1835 wurde sie als "kümmerliche Treppe" bezeichnet. In den 1950er Jahren hielten Dresdner Bergsteiger die Stiege instand, 1969 errichtete der VEB Sächsischer Brücken- und Stahlhochbau Dresden die heutigen stählernen Treppen. Die Heilige Stiege besitzt nicht weniger als 903 Stufen und ist damit die Stiege mit den meisten Stufen in der Sächsischen Schweiz. Ein Video gibt's hier.
Wunderbar ist schon der Hinweg zum eigentlichen Beginn des Treppensteigs, von dem aus man tolle Tiefblicke hat. Dann führt eine Metallbrücke über einen tiefen Spalt, und eine S-Kurve zu drei weiteren kleinen Brücklen. Nach der letzten geht rechts der Obere Terrassenweg ab. Hier beginnt, einer Achterbahn gleich, ein steiler Abstieg auf einer über hundert Stufen zählenden Treppe. Unten kommt man in eine enge Kluft, in die weitere Treppen hineingezwängt wurden. Zuletzt geht es von einem kleinen Podest in der steilen Kluft noch einmal an die 100 Stufen hinunter. Es folgen noch zwei kurze Holztreppen, dann quert der Untere Terrassenweg.
Heilige Stiege: einfache Treppenstiege, T2
Auf diesem ging's nun für mich weiter, und zwar nach rechts.
Der Untere Terrassenweg ist in diesem Abschnitt eine Route über ein Band, das teils recht ausgesetzt in halber Höhe die senkrechten Felswände des Schmilkaer Kessels quert. Es verläuft dabei um Klettertürme wie den Heringsschwanz, das Verborgene Horn und den Stiegenwächter herum.
Zunächst geht es auf dem Band um ein Felseck herum, gleich dahinter wird es schmal und ausgesetzt. Der Weg führt zu der markanten Heringsgrundnadel. Dort wandert man zwischen der Felswand und der Heringsgrundnadel hindurch. Danach hilft ein Brückerl über einen senkrechten Einschnitt im Fels, und auch danach sind mehrere kleine Einschnitte zu überwinden. Danach ist der Untere Terrassenweg ein schmaler Pfad, der allerdings immer noch direkt am Abgrund entlang verläuft. Überhängender Fels zur Rechten erhöht noch das Gefühl der Ausgesetztheit.
Bald ist die vorderste Spitze des Verborgenen Horns erreicht. Von hier aus hat man einen tollen Blick in den Schmilkaer Kessel, ein Stück weiter auch zum Rauschenstein. Weiter geht's unter einander abwechselnden kleineren Überhängen, bis man am Stiegenwächter angekommen ist.
Unterer Terrassenweg: T4, meist leichter
Hier kommt von links die Rotkehlchenstiege aus dem Falkoniergrund herauf.
Die Rotkehlchenstiege ist eine relativ einfache, im oberen Teil steilere Stiege, die aus dem Schluss des Falkoniergrundes auf den Oberen Terrassenweg (Schrammsteinweg) hinaufführt. Sie hat vermutlich schon im 18. Jahrhundert existiert und überwindet heute mit 286 Stufen einen Höhenunterschied von etwa 150 Metern. Im unteren Teil helfen Holztreppen, weiter oben geht es steil im Fels hinauf. Dort geht es ausgesetzt in einer mit weit auseinanderstehenden Klammern spärlich versicherten Rinne hinauf, in der man immerhin einen Ier klettern muss. Auch die Rotkehlchenstiege ist kein klassischer Klettersteig mit Sicherungsseil. Einen guten Eindruck vermittelt dieses Video.
Die Rotkehlchenstiege verläuft nun ein Stück auf der gleichen Trasse wie der Untere Terrassenweg. Zunächst eben geht es zu einer hoch aufragenden, überhängenden Felswand. Hier führt eine lange Stufenfolge zwischen den Felsen hinauf. Hat man den obersten Treppenabsatz erreicht, kann man den oberen Teil der Rotkehlchenstiege gut einsehen: Im spitzen Winkel geht es nach rechts und dort auf alten, ausgetretenen, in den Fels gehauenen Stufen im steilen Fels hinauf. In zwei Passagen helfen Metallgeländer über steile Stellen. Oben angelangt, ginge es nach links auf dem Oberen Terrassenweg Richtung Starke Stiege, nach links Richtung Heilige Stiege.
Rotkehlchenstiege: T3/I
Na, das war vielleicht ein Hallo! Wie schon am Vortag traf ich hier plötzlich das Guatzle und die Susi mit Männern und Freunden! Wir setzten prompt unser Geplauder vom Vortag fort, und stellten fest, dass wir alle zur Starken Stiege wollen. Und so beschlossen wir, uns zusammenzutun.
Gemeinsam stiegen wir nun ein Stück wieder hinunter, und setzten die Route auf dem Unteren Terrassenweg fort. Der nun folgende Abschnitt führt in Form eines schmalen Pfads unter überhängendem Fels zunächst zur Spitze des nächsten Felsmassivs. Dort erheben sich der Große und der Kleine Falknerturm.
Weiter geht's entweder zwischen den beiden Türmen, oder einen Einschnitt weiter, je nach Lust und Laune. Wir entschieden uns für die spannendste Kraxelei (I), und wanderten auf der anderen Seite weiter. An den Falknertürmen wendet sich der Untere Terrassenweg scharf nach Nordwesten. Auf der anderen Seite der Falknertürme ging es nun darum, einen in der Karte eingezeichneten, aber im Gelände kaum zu erkennenden Abstieg in den Rauschengrund zu finden: Man passiert eine erste Boofe nordwestlich der Falknertürme, und steigt dann an einer zweiten links steil hinunter. Der Abstieg erfolgt zunächst weglos im Steilwald über Geländerippen, weiter unten ist der Weg dann deutlich zu sehen.
Wir stiegen also in den Rauschengrund hinunter, und wanderten drüben geradewegs wieder hinauf. Dort gelangten wir an die Wand des Rauschentorwächters, und an das Rauschentor direkt dahinter.
Hier machten wir uns auf die Suche nach dem Aufstieg "Alter Weg" auf den Rauschenstein.
Wir suchten zuerst (vergeblich) auf der Nordseite, entdeckten dabei aber einen schmalen Felsduchgang, die Rauschenhöhle. Dann kehrten wir zurück zum Rauschentor, und wechselten hier auf die Südseite. Dort hielten wir uns stets so links wie möglich, und gelangten bald über Felsen und ein Band zu einem Absatz auf der Westseite des Rauschensteins.
Der Name Rauschenstein (einst auch Reischenstein - der Name leitet sich von "reischen" ab, das die Paarung von Greifvögeln bezeichnete) ist ein etwa 40 Meter hoher Sandsteinfels. Im Mittelalter stand auf dem Gipfelplateau eine Burgwarte.
Der Aufstieg beginnt auf dem kleinen Absatz auf der Westseite. In der Felswand links ziehen zwei schmale Spalten hinauf. In der Wand rechts davon finden sich zwei Nischen im Fels, dabei einige weitere Felszeichnungen. Einen Eindruck von der Route vermittelt dieses Video.
In der linken der beiden Spalten geht es hinauf, zunächst leicht überhängend. Der kleine Überhang ist aber nicht schwierig, und nach ein paar Metern fällt der Aufstieg dann ohnehin leichter. Es geht in der engen, teils feuchten Spalte hinauf, teils helfen alte Sprossenlager beim Klettern. Hier waren Holzsprossen in aus dem Fels herausgeschlagene Auflager gelegt worden, um den Aufstieg zu erleichtern.
1811 legte der Schmilkaer Müller Hänsel im Zuge der touristischen Erschließung einen Aufstieg mit Leitern und Holzbalken an. Dieser Zustieg verlief über die mittelalterliche Aufstiegsroute und wurde bis Ende des 19. Jahrhunderts benutzt. Nach 1890 verfiel der Weg allerdings und wurde seither nicht erneuert. Deshalb kann man heute allenfalls die Auflager der längts nicht mehr vorhandenen Sprossenhölzer noch als Kletterhilfe nutzen.
Nach etwa 15 Metern weitet sich die Kluft. Man erreicht einen Absatz und eine quer verlaufende Kluft. Dort steigt man erst rechts, dann links, dann wieder rechts eine schmale, gestufte Rippe in einer zwei, drei Meter breiten Kluft hinauf. Diese endet oben in einer Scharte. Hier geht's auf der anderen Seite ein paar Meter hinunter zu einem morschen Baum. Mit Hilfe seiner Wurzeln wendet man sich nun 180 Grad rechts herum und steigt in die parallel zur Aufstiegsspalte verlaufende Nachbarkluft hinein. Hier kurz ein Stück hinauf, und gleich die nächste kleine, künstlich verbreiterte Spalte links, die letzten Meter hinauf zum Plateau des Rauschensteins.
Hier könnte sich einst eine Pforte befunden haben die zu der Anfang des 15. Jahrhunderts hier heroben von den Berka von Dubá errichteten Burgwarte geführt haben könnte. Unmittelbar rechts befindet sich dann eine künstliche, rechteckige Vertiefung. Eine Pferdetränke vermutlich (hr, hr).
Der Rauschenstein gehörte zu der 1410 von der Herrschaft Hohnstein abgetrennten Herrschaft Wildenstein. Die Berken verpfändeten den Rauschenstein anschließend anscheinend an die Wartenberger zu Tetschen. Diese wiederum traten den Fels zusammen mit den umliegenden Gebieten und der Nordhälfte des Großen Winterbergs 1492 an Sachsen ab. Laut einem Burgenverzeichnis von 1456 war die Burgwarte allerdings bereits damals schon verfallen. Allenfalls diente sie noch als Schlupfwinkel für Raubritter und Strauchdiebe.
Die einstigen Bauten bestanden aus Holz, so dass auf dem Gipfelplateau nur noch einige Bodenfalze und ein Postenstand sichtbar sind. Erhalten sind zudem einige Balkenfalze im Zustieg und an dem "Rauschentor" genannten Felsdurchgang auf der Nordwestseite, sowie einzelne Felszeichnungen am Einstieg des Alten Wegs.
Der eigentliche Gipfel ist ein drei Meter hoher Knubbel, der noch auf dem Plateau aufsitzt. Hier heißt es nochmal kurz kraxeln (I-II), dann hat man den höchsten Punkt erreicht.
Im Abstieg nahmen wir die kleine, künstlich verbreiterte Spalte, und stiegen hinunter in die große Querspalte. Hier gingen wir allerdings nicht nach rechts zu dem morschen Baum, sondern stiegen in der Querspalte gleich links steil hinunter. Das machte in der engen, dunklen Spalte, auf weiteren alten Tritthilfen links und rechts in den Felswänden, besonders viel Spaß.
Unten angekommen, stiegen wir dann über die Rippe hinunter, die wir auch im Aufstieg benutzt hatten. Weiter unten am Absatz nahmen wir die Aufstiegspalte hinunter zu dem kleinen Überhang, wo wir wieder auf den Absatz hinausgelangten.
Herrlich! Ein wirklich begeisternder Abstecher, und mein persönliches Highlight in diesen Tagen in der Sächsischen Schweiz. Danke Dir, Stefan, dass Du das mitgemacht hast! Ich weiß nicht, ob ich an der einen oder anderen Stelle weitergegangen wäre, wenn ich allein unterwegs gewesen wäre.
Alter Weg auf den Rauschenstein: spaßige Spaltenkletterei, T6/II
Ziemlich gehypet machten wir uns dann an den Weiterweg. Nächster Halt: Starke Stiege. Wir liefen zurück zum Rauschentor, wechselten auf die Nordseite, und wanderten dort ziemlich direkt Richtung Norden, in den hintersten Winkel des Rauschengrunds. Dort, wo sich unser Weg unterhalb der Felsen als Unterer Terrassenweg fortsetzt, gelangten wir an die Starke Stiege.
Die Starke Stiege am Ende des Rauschengrunds ist ein kurzer, aber recht ausgesetzter Steig durch eine fast senkrechte Felswand, der die einzige Schwachstelle des Geländes geschickt ausnutzt. Am Einstieg kann man die Inschrift "Starker Weg 1921-34" entdecken. 1921 verwendete man Holz, um den Aufstieg zu erleichtern, 1934 tauschte man die hölzernen Einbauten durch die heute noch vorhandenen Metallgriffe aus. 1980 installierte man dann ein Sicherungsseil, das aber 2001 wieder abgebaut wurde.
Wieder handelt es sich nicht um einen klassischen Klettersteig mit Sicherungsseil, lediglich einige Klammern helfen hinauf. Die weiten Klammerabstände und das fehlende Sicherungsseil machen die Starke Stiege zu einem ernstzunehmendem Anstieg. Trittsicherheit und ein wenig Kletterfertigkeit sind gefragt: In ausgesetztem Gelände muss ein Ier frei geklettert werden. Einen Eindruck vermittelt dieses Video.
Die Starke Stiege führt nun in einer nahezu senkrechten Wand die Kante einer Felsschuppe hinauf. Am Einstieg gibt es keinerlei Tritthilfen, der Anstieg ist aber dennoch lang nicht so schwierig wie es aussieht. Bald helfen (teils recht weit auseinanderliegende) Griffe beim Kraxeln, und viel zu schnell ist man oben. Eine Felsscheibe im obersten Teil wird rechts umgangen. Die Starke Stiege endet bei einigen kelchförmigen Felsen auf dem Oberen Terrassenweg. Nach links würde man zur Breiten Kluft gelangen, nach rechts geht es Richtung Rotkehlchenstiege.
Starke Stiege: Freie Kletterei mit nur den nötigsten Tritthilfen, I/B
Unsere Wandergruppe löste sich hier auf. Was für ein schöner Zufall war das gewesen, dass wir ein Stück gemeinsam gehen konnten! Wir wünschten einander noch schöne Tage und eine tolle Bergsaison, dann verabschiedeten wir uns.
Ich wandte mich nach rechts, auf den Oberen Terrassenweg.
Der Obere Terrassenweg verläuft, wenig überraschend, parallel und direkt oberhalb des Unteren. Der Charakter ist ganz ähnlich: Ein schmaler Pfad auf einem waagrechten Felsband, hart am Abgrund entlang.
Es geht zunächst an einigen markanten kelchförmigen Felsen vorbei. Mit schönen Aussichtsmöglichkeiten zum Rauschenstein geht es weiter. Am Klettergipfel "Doppelturm" wandert man wie durch ein Felsentor. Dahinter wird das Band so schmal, dass man diese Passage einst mit einem Seil sicherte. Die Stahlhaken sind in der Felswand noch zu sehen - das Seil fehlt allerdings. Darum ist hier größte Vorsicht geboten. Es wird aber auch bald wieder breiter. Ein kleiner Sandsteinbogen zur Linken heißt - mal wieder - Kleiner Kuhstall.
In einem Winkel, wo das Band nach rechts knickt, könnte man bald den folgenden Felssporn abschneiden, schöner ist es aber natürlich, auf dem Band zu bleiben. Der Weg führt hier weiter zum Großvaterstuhl, einem Felsen am Bergsporn, der zu einer doppelten Sitzgelegenheit zurechtgehauen wurde.
Von hier aus hat man nochmal eine schöne Aussicht auf die Rauschentürme, den Rauschenstein und den Großen Winterberg.
Dahinter wird der Obere Terrassenweg noch einmal schmal - und diese Passage ist so richtig was für's Herz. Eine ganze Reihe alter Metallbügel (die teils offenbar noch aus den 20ern stammen) hilft beim Vorankommen, an einer Stelle wurde das Band auch künstlich verbreitert. Bald kann man schon die Rotkehlchenstiege erkennen. Es folgen noch einen ganz wunderbare Passage mit einer Boofe, dann kommt von rechts die Rotkehlchenstiege herauf.
Oberer Terrassenweg: T4, meist leichter
An dieser Stelle wandte ich mich nach links, hinunter in den Wilden Grund. Der Name ließ meine Fantasie Blüten treiben. Der Wilde Grund ist eine kleine Schlucht, in der ein weitgehend naturbelassenes Weglein über Felsen hinunter führt. Schön, romantisch und ein wenig düster - aber im Vergleich zu dem, was ich an diesem Tag schon gesehen hatte, nicht sonderlich spannend. Bei der ersten Möglichkeit, am Wilder-Grund-Turm, verließ ich daher den Wilden Grund, und stieg rechts durch einen noch wilderen Tobel auf Pfadspuren wieder hinauf. Oben gelangte ich auf die Obere Affensteinpromenade, die hier auf einem breiten Absatz in etwa gleicher Höhe um die Affensteine herum verläuft. Hier wandte ich mich nach rechts.
Die Obere Affensteinpromenade führt aus dem dunklen Talschluss heraus nach Westen, wo sie dem Promenadenturm umkurvt. Dahinter führt der Weg nach Osten, auf den Spieß zu. Eine vorgeschobene Bastion wird noch umlaufen, dann steht man am Abzweig des Zurückesteigs.
Hier, zwischen Spieß und Dickwanst, hatte ich dann genug, und entschloss mich, den Zurückesteig zu nehmen, um, nun ja, zurück zu gehen.
Der Zurückesteig ist ein herrlicher, ziemlich abwechslungsreicher Weg, der über die Höhe führt, und den etwa zwei Kilometer langen nordwestlichen Teil der Oberen Affensteinpromenade abkürzt. Erstmals in eine Karte aufgenommen wurde er 1823-26 von Otto von Odeleben, allerdings noch nicht unter seinem heutigen Namen. "Zurückesteig" wurde er erstmals 1908 genannt.
Ich bog also links von der Obere Affensteinpromenade ab. Auf Holzstufen geht es in eine kleine Schlucht hinauf, und hinter einem markanten Felsblock auf einer Metalltreppe weiter. Von hier an wechseln sich Holz- und Metalltreppen ab, es geht weiter die kleine Schlucht hinauf. Hat man ihren höchsten Punkt erreicht, wendet sich der Weg nach links, und auf einer weiteren Metalltreppe geht es hinaus. In der Folge schlängelt sich der Weg durch teils enge Spalten, einmal hilft ein Metallgeländer beim Vorankommen. Schließlich steigt man auf einer weiteren Metalltreppe hinaus und hinauf zu einem markanten, kelchförmigen Felsen. Links führen einige in den Fels gehauene Tritte zu einer Aussicht auf die Schrammsteine, der Hauptweg aber führt hinter dem Kelch nach rechts weiter. In einer engen Spalte geht es voran. Danach verläuft der Weg leicht bergab, bevor es die nächsten Steinstufen hinunter, und die nächsten Holzstufen hinauf geht. Dann geht es nach rechts zum höchsten Punkt des Zurückesteigs, auf ein kleines Felsplateau.
Hier könnte man rechts hinunter zur Bussardboofe und zur Heiligen Stiege gelangen.
Vom Plateau aus geht es nun bergab. Holzstufen und zwei metallene Treppen führen hinunter. Bald passiert man alte Steinstufen und Auflager für Sprossenhölzer. Dann geht es weiter zu einer Wegkreuzung.
Zurückesteig: abwechslungsreicher Weg über die Höhe, T2
Nach links ginge es auf die Obere Affensteinpromenade, geradeaus käme man zum Reitsteig, ich aber stieg rechts hinunter, auf der Heiligen Stiege. Die kannte ich ja schon, und so schlenderte ich nun hinunter in den Heringsgrund und wanderte dort auf dem Wurzelweg zurück nach Schmilka (150 m).
Fazit:
Eine höchst abwechslunsreiche Tour durch eine faszinierende Felsenlandschaft. Herausragend sind natürlich die Stiegen, aber auch die zahlreichen Aussichtsplätze, die Schluchten und die Promenaden machten diese Tour zu einer wunderbaren Wanderung. Und dann sagte mir meine Uhr, dass ich noch ein bissl Zeit hatte! Und ich beschloss, das Prebischtor zu besuchen, das größte natürliche Sandsteintor Europas.
Ich empfehle als Literatur für das Elbsandsteingebirge:
1. den "Stiegen-Wanderführer Sächsische Schweiz" von Peter Rölke
2. die Bände "Klettersteigführer. Steige und Stiegen in der Sächsischen Schweiz" von Michael Bellmann
3. und für die ganz Genauen die Stiegenbücher aus dem Stiegenbuchverlag. Insbesondere Stiegenbuch I-III, Bergpfade I-III und Geheimnisvolle Wege I-III.
Die besten Karten, die ich kenne, sind die Wander- und Radwanderkarten 1: 15 000 von Sachsen Kartographie.


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