Brenleire - Folliéran - Galère
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Der Galèregrat! Eine faszinierende Kante im Kanton Fribourg. Und Galère bedeutet auch noch 'heikle Sache'....
Es muss ein Foto wie dieses gewesen sein, das mich vor ein paar Jahren fasziniert hat. Es zeigt den Tiefblick auf den Grat, den man vom Gipfel der Dent de Folliéran aus hat. Welches Bild das war, und wo ich es gesehen habe, weiß ich leider nicht mehr. Infos über den Grat fand ich nur wenige - jedenfalls Infos in meiner Sprache. Und so fuhr ich eines schönen Morgens, begleitet von Troldhaugens "IDIO+SYNCRASIES", hinauf zum Parkplatz Gros Mont, ohne recht zu wissen, was mich dort erwarten würde. Aber hey, ich hatte am Vortag die Nüneneflue überstanden, schlimmer konnte es nicht werden.
Zwei Gipfel hatte ich dem Galèregrat noch vorgeschaltet: die Dent de Brenleire und die Dent de Folliéran. Die Gipfel sind recht beliebt, zumindest auf den einfacheren Zustiegen. Aber man lasse sich nicht täuschen, auch die sind im T4-Bereich. Offizielle Wanderwege gibt es an diesen Gipfeln nicht.
Vom Parkplatz Gros Mont (1366m) aus lief ich ein paar Meter auf der Zufahrtsstraße zurück, bis zum Waldrand. Hier beginnt scharf links auf der Wiese ein nicht beschilderter, aber mit alten Markierungen ausgewiesener, guter Weg, der nach Brenleire-Dessous (1542m) hinaufführt.
An der Hütte nahm ich den breiten Weg, der weiter nach Gros Croset und Brenleire-Dessus (1705m) hinaufführt. Dort endet dieser Weg.
Gros Mont - Brenleire-Dessus: unbeschilderter Pfad, T2, 45 Minuten
Hinter Brenleire-Dessus wanderte ich nun weglos Richtung Südwesten, über eine Wiese weiter hinauf. Bald stieß ich auf einen Pfad, der mich nun weiter Richtung Südwesten brachte. Im Kar Chaux de Brenleire passiert man unterwegs die Ruine einer Alphütte (ca. 1934m). Der Pfad führt nun hinüber zum Beginn des Süd(ost)grats der Dent de Brenleire, und wendet sich hier rechts hinauf. Von hier aus gibt es nun bis zum Gipfel fast durchwegs eine Wegspur. Im felsigen Mittelteil ist der Anstieg aufgrund der Steilheit vorübergehend ein bisschen anspruchsvoller (T4/kurze Stellen I), darunter und darüber ist's einfacher. Kurz vor dem Gipfel weicht man dann einem Felsaufschwung nach links aus (möglicherweise geht das auch rechts). Von dieser Stelle aus sind es nur noch ein paar Höhenmeter bis zum Gipfel der Dent de Brenleire (2353m)
Brenleire-Dessus - Dent de Brenleire: kurz weglos, dann unmarkierter Pfad, T4/I, 1:40 Minuten
Hier genoss ich erst einmal die fantastische Rundsicht: Im Nordosten gleich Vanil d'Arpille, und die Gipfel der Breccarunde, daneben Kaiseregg und Schafberg, Ochse und Bürglen, der Gantrisch und das Stockhorn natürlich, im Osten die Gastlosenkette mit Zuckerspitz, Dent de Ruth und Dent de Savigny, dahinter die Gipfel des Niesengrats, und wiederum dahinter Eiger, Mönch und Jungfrau. Doldenhorn, Balmhorn und Altels, im Südosten Wildstrubel, Dom, Weisshorn und Wildhorn. Im Süden Oldenhorn und Diablerets, der Mont Blanc natürlich, und im Südwesten Vanil Noir, Mont de Grange, Les Cornettes de Bise und schließlich im Westen die Dent de Lys und der Moleson.
Dann kam ich mit drei Einheimischen ins Gespräch. Die drei Jungs und ich hatten einander im Aufstieg mehrfach im Wechsel überholt, immer dann, wenn einer von aus eine Pause eingelegt oder auch nur etwas aus dem Rucksack geholt hatte. Das Gespräch war nicht toll, weil die Jungs weder deutsch noch englisch sprachen, und mein Französisch ebenfalls recht begrenzt ist (ich denke bis heute, dass Édith Piaf von einem rosaroten Flugzeug gesungen hat). Aber es reichte, um festzustellen, dass wir mit der Dent de Folliéran ein gemeinsames Ziel hatten. Also beschlossen wir, den Übergang gemeinsam anzugehen. Dieser Übergang wird auf (bzw. neben) dem Südwestgrat der Dent de Brenleire und auf (bzw. neben) dem Nordgrat der Dent de Folliéran bewältigt. Meine Hoffnung, die Jungs würden als Einheimische die Route kennen, wurde allerdings enttäuscht: Wir waren alle das erste Mal hier heroben.
Der Abstieg ist steil, aber nicht viel schwieriger als der Aufstieg zur Dent de Brenleire. Zunächst wanderten wir ein paar Meter auf dem Aufstiegsweg zurück, bis der Südwestgrat nach rechts abzweigt. Wir folgten zunächst der grasig-felsigen Gratkante, und stiegen bald größer werdende Felsstufen hinunter. Darunter durchzieht ein felsiger Querriegel die Flanke, der den Grat unterhalb unbegehbar macht. Diesem Riegel weicht man nach links aus, um diese Stufe zu umgehen. Wir halfen uns gegenseitig bei der Wegfindung: Es geht eine grasige Rinne hinunter, parallel zu einer Felsmauer links, die geradewegs in das Kar Entre Roches hinunterzieht. Man steigt hier etwa 100 Höhenmeter ab, bis man auf eine den Hang querenden Wegspur stößt (die vermutlich vom Normalaufstieg herüberkommt). Auf ihr nun nach rechts, zunächst in eine steile Rinne unterhalb des Felsriegels. Auf deren anderer Seite gilt es, plattigen Fels zu überwinden - ist allerdings leichter, als es zunächst aussieht (kurz I).
Jenseits der Rinne führt die hier im Gras gut sichtbare Wegspur zurück zum Grat, wo man nun wieder recht einfach in den Col d'entre Roches (2114m) absteigt. Einige Felszacken und -blöcke sind ganz leicht umgehbar.
Dent de Brenleire - Col d'entre Roches: weglos, T4+/I, 30 Minuten
Es folgt der Aufstieg zur Dent de Folliéran. Ab dem Col d'entre Roches gibt es nun keine richtige Wegspur mehr, dafür helfen rote Punkte bei der Orientierung. Die Route, die unten noch dem Grat folgt, und später nach rechts in die Nordwestflanke ausweicht, ist steil, grasig/moosig und ein wenig brüchig - und damit deutlich anspruchsvoller, als die bisherigen Abschnitte.
Zuerst steigt man über die Kante des Nordgrats hinauf. In Zweifelsfällen helfen die roten Markierungen bei der Orientierung. Es geht auf dem Grat hinauf bis etwa auf die halbe Höhe. Dort steilt der Grat deutlich auf. Von hier aus traversiert man nun zwei Mal in die rechte Flanke.
Bis hierher ist die Routenfindung kein Problem. In den Traversen aber muss man gut aufpassen, um die roten Punkte nicht aus den Augen zu verlieren. Die sind in diesen Passagen nicht gleichermaßen dicht gesetzt, und man muss oft kurz stehenbleiben, und nach der nächsten Markierung genau Ausschau halten. Unnötig zu erwähnen, dass wir uns zweimal verstiegen haben, bis Rufe wie "point rouge!", "là!" oder "à gauche" durch die Wand schallten, mit denen wir einander wieder auf den richtigen Weg brachten.
Die erste Traverse ist nur kurz. Man folgt Punkten und Pfeilen in die rechte Flanke, und dann durch eine Schotterrinne wieder links hinauf zum Nordgrat. Dieser wird kurz darauf sofort wieder verlassen. Bei dieser zweiten, längeren Traverse muss man nun achtgeben, nicht zu weit nach rechts zu gelangen, dort landet man (landeten wir...) in schlechtem Gelände. Leider ist die entscheidende Markierung von unten kaum zu erkennen - von oben dafür umso deutlicher.
An dieser nicht sichtbaren Markierung also geradewegs die Flanke hinauf, bis weiter oben die Markierungen wieder nach rechts führen. Diesmal allerdings quert man recht weit in die Mitte der Flanke hinüber, bis zu einer letzten Markierung, die von der vorletzten aus mehr zu erahnen als zu sehen ist. Die dazwischen befindliche ausgesetzte Stelle mag zur Umkehr verleiten, weil man denkt, dass man hier sicher falsch ist, ist man aber nicht ("par ici, si, vraiment!").
Ab dieser letzten Markierung steigt man dann am Besten in einem S-Bogen nach oben: Zunächst nach links, wieder Richtung Nordgrat, und dann über Gras und Schrofen nach rechts zum Kreuz der Dent de Folliéran (2340m).
Col d'entre Roches - Dent de Folliéran: weglos, teils markierte Schrofenkletterei, T6/II, 45 Minuten
Auf der Dent de Follièran verabschiedete ich mich dann von den drei Jungs. Sie stiegen über den Normalweg nach Südosten ab, während ich mir den Galèregrat ansehen wollte. Von dem hatten die Jungs gehört, der war ihnen dann aber doch ein bisschen zu gruselig. Sie wünschten mit bonne chance, dann verließ ich die drei - und hatte dabei selbst nicht wenig Respekt vor dem Grat.
Zum Galèregrat geht's über den (Süd-)Westgrat hinunter. Der Abstieg ist deutlich einfacher als der Aufstieg (T4/I-II), und eher mit dem Abstieg von der Dent de Brenleire zu vergleichen. Im Unterschied dazu gibt's hier aber Markierungen, gelb und rot, und eine kleine Gedenktafel an einem Felsblock unterhalb des Gipfels hilft ebenfalls bei der Orientierung. Wie an der Dent de Brenleire ist aber auch diese Route wieder steil und grasig, und wieder gibt's auf halber Stecke eine Felsstufe zu überwinden: Eine geneigte Platte (I-II), kurz hinter dem Felsblock mit der Gedenktafel. Die sieht zunächst gruselig aus, ist aber einfacher, als es scheint: Auf einem schmalen Bandl oberhalb der Platte quert man ein paar Meter hinüber zu einem Loch, dort kommt man nah bei der Felswand auf wenigen, aber guten Tritten hinunter.
Eine dünne Wegspur führt hinüber zum Grat, und von hier an hält man sich am besten wieder an die grasige Gratkante. Dort setzen sich die Wegspuren fort. Die letzte Schwierigkeit bildet ein steiler Grasabstieg kurz vor dem Sattel.
Ist das eigentliche Ende des Südwestgrats erreicht, könnte dieser nach links (südwärts) über steiles Gras verlassen werden. Der Weiterweg über den Galèregrat ist deutlich anspruchsvoller, und nur was für Kletterer (Gratkante) oder nervenstarke Alpinwanderer (Umgehungen in der äußerst ausgesetzten rechten Flanke).
Der erste Teil des Galèregrats kann dazu verleiten, die zweite Variante zu wählen: Er besteht aus einer schmalen, brüchigen Felskante, genau das Zeug also, das man gern umgeht. Ich brauchte mehrere Anläufe, links, rechts und auf der Kante, bis ich eine halbwegs begehbare Route fand. Meine verlief letztlich so: Zunächst in der anfangs noch gut begehbaren, aber brüchigen und schotterigen linken Flanke unterhalb der Gratkante entlang, bis zu einer kleinen, markanten Lücke. Hier habe ich ein schmales Mäuerchen überstiegen, um zu Spuren in der rechten Flanke hinüberzugelangen. Diese Spuren hier sind teils recht gut, ich kann mir aber eigentlich nicht vorstellen, dass das hier viel begangen wird. Vermutlich stammen sie eher von Tieren.
Danach ging es direkt an der Felswand entlang wieder auf den Grat, auf dem ich nun zu einigen Platten weiterbalancierte. Jenseits dieser Platten ist ein markanter kleiner Zacken zu sehen, dahinter wiederum ein steiler Felsaufschwung. Die Platten umging ich rechts im Gras. Dann könnte man am Felsaufschwung vermutlich schon wieder auf den Grat zurückkehren, aber ausgerechnet hier ist die Spur im Gras wieder deutlich zu sehen, und verführt dazu, in der rechten Flanke zu bleiben. Mich jedenfalls. Außerdem ist von hier aus ein schmales Kriechband unter überhängendem Fels gut zu erkennen, das mir sehr verlockend aussah. Ich blieb also auf der Spur in der rechten Flanke, die hier ausgesprochen steil ist. In äußerst ausgesetztem Gelände, den Abgrund rechts, den Überhang über mir, kroch und robbte ich nun über das vielleicht 20 Meter lange Band, um mich danach in steilstem Gras wiederzufinden. Hier in der zwischen 60 und 70 Grad geneigten Flanke stieg ich hinauf auf den Grat.
Oben angekommen, hatte ich die Felspassage zwar schon hinter mir, der Grat bleibt aber noch eine ganze Weile äußerst schmal. Irgendwann wird's dann wieder leichter und der Grat zusehends breiter (die Schwierigkeiten nehmen in meiner Begehungsrichtung ab). Der Grat schwingt sich zu Pt. 2143 (Galère) noch einmal auf, kurz vor der Selle des Morteys (2140m) wandert man dann durch einfaches, wenn auch wegloses Gelände.
Dent de Folliéran - Selle des Morteys: Weglose Gratüberschreitung, T6/II, 1,5h
Hier, an der Selle des Morteys, endete mein Abenteuer. Man kann aus diesem Pass rechts hinuntersteigen, auf einem alten Weglein, das durch die auch hier immer noch sehr steilen Grashänge führt, der markierte Weg aber führt links hinunter, vorbei an Les Morteys-Dessus (1970m) zum bewirtschafteten Chalet des Marindes (1865m).
Von dort aus wanderte ich auf dem markierten Weg entlang dem Ruisseau des Morteys hinunter, und wandte mich unten auf der Hochflläche nach links. Über den bequemen Fahrweg gelangt man schliesslich wieder zum Ausgangspunkt Gros Mont (1366m).
Selle des Morteys - Gros Mont: markierte Wanderwege, T2, 1,5h
Fazit:
Fantastische Tour, eine der schönsten, die ich in der Schweiz je unternommen habe. Die beiden Gipfel sind toll; steile, elegante Zacken, die für sich allein schon eine großartige Tour bilden. Der Galèregrat setzt mit seiner anspruchsvollen Passage zu Beginn noch einen drauf, und ist ein echtes Highlight in dieser an scharfen Kanten nicht gerade armen Gegend.
Aber so ganz allein? Zum Glück bekam ich am nächsten Tag Besuch.
Ausrüstung:
C-Schuhe, Stecken, Helm. Einen Pickel sollten man für den Fall der Fälle dabeihaben.
Es muss ein Foto wie dieses gewesen sein, das mich vor ein paar Jahren fasziniert hat. Es zeigt den Tiefblick auf den Grat, den man vom Gipfel der Dent de Folliéran aus hat. Welches Bild das war, und wo ich es gesehen habe, weiß ich leider nicht mehr. Infos über den Grat fand ich nur wenige - jedenfalls Infos in meiner Sprache. Und so fuhr ich eines schönen Morgens, begleitet von Troldhaugens "IDIO+SYNCRASIES", hinauf zum Parkplatz Gros Mont, ohne recht zu wissen, was mich dort erwarten würde. Aber hey, ich hatte am Vortag die Nüneneflue überstanden, schlimmer konnte es nicht werden.
Zwei Gipfel hatte ich dem Galèregrat noch vorgeschaltet: die Dent de Brenleire und die Dent de Folliéran. Die Gipfel sind recht beliebt, zumindest auf den einfacheren Zustiegen. Aber man lasse sich nicht täuschen, auch die sind im T4-Bereich. Offizielle Wanderwege gibt es an diesen Gipfeln nicht.
Vom Parkplatz Gros Mont (1366m) aus lief ich ein paar Meter auf der Zufahrtsstraße zurück, bis zum Waldrand. Hier beginnt scharf links auf der Wiese ein nicht beschilderter, aber mit alten Markierungen ausgewiesener, guter Weg, der nach Brenleire-Dessous (1542m) hinaufführt.
An der Hütte nahm ich den breiten Weg, der weiter nach Gros Croset und Brenleire-Dessus (1705m) hinaufführt. Dort endet dieser Weg.
Gros Mont - Brenleire-Dessus: unbeschilderter Pfad, T2, 45 Minuten
Hinter Brenleire-Dessus wanderte ich nun weglos Richtung Südwesten, über eine Wiese weiter hinauf. Bald stieß ich auf einen Pfad, der mich nun weiter Richtung Südwesten brachte. Im Kar Chaux de Brenleire passiert man unterwegs die Ruine einer Alphütte (ca. 1934m). Der Pfad führt nun hinüber zum Beginn des Süd(ost)grats der Dent de Brenleire, und wendet sich hier rechts hinauf. Von hier aus gibt es nun bis zum Gipfel fast durchwegs eine Wegspur. Im felsigen Mittelteil ist der Anstieg aufgrund der Steilheit vorübergehend ein bisschen anspruchsvoller (T4/kurze Stellen I), darunter und darüber ist's einfacher. Kurz vor dem Gipfel weicht man dann einem Felsaufschwung nach links aus (möglicherweise geht das auch rechts). Von dieser Stelle aus sind es nur noch ein paar Höhenmeter bis zum Gipfel der Dent de Brenleire (2353m)
Brenleire-Dessus - Dent de Brenleire: kurz weglos, dann unmarkierter Pfad, T4/I, 1:40 Minuten
Hier genoss ich erst einmal die fantastische Rundsicht: Im Nordosten gleich Vanil d'Arpille, und die Gipfel der Breccarunde, daneben Kaiseregg und Schafberg, Ochse und Bürglen, der Gantrisch und das Stockhorn natürlich, im Osten die Gastlosenkette mit Zuckerspitz, Dent de Ruth und Dent de Savigny, dahinter die Gipfel des Niesengrats, und wiederum dahinter Eiger, Mönch und Jungfrau. Doldenhorn, Balmhorn und Altels, im Südosten Wildstrubel, Dom, Weisshorn und Wildhorn. Im Süden Oldenhorn und Diablerets, der Mont Blanc natürlich, und im Südwesten Vanil Noir, Mont de Grange, Les Cornettes de Bise und schließlich im Westen die Dent de Lys und der Moleson.
Dann kam ich mit drei Einheimischen ins Gespräch. Die drei Jungs und ich hatten einander im Aufstieg mehrfach im Wechsel überholt, immer dann, wenn einer von aus eine Pause eingelegt oder auch nur etwas aus dem Rucksack geholt hatte. Das Gespräch war nicht toll, weil die Jungs weder deutsch noch englisch sprachen, und mein Französisch ebenfalls recht begrenzt ist (ich denke bis heute, dass Édith Piaf von einem rosaroten Flugzeug gesungen hat). Aber es reichte, um festzustellen, dass wir mit der Dent de Folliéran ein gemeinsames Ziel hatten. Also beschlossen wir, den Übergang gemeinsam anzugehen. Dieser Übergang wird auf (bzw. neben) dem Südwestgrat der Dent de Brenleire und auf (bzw. neben) dem Nordgrat der Dent de Folliéran bewältigt. Meine Hoffnung, die Jungs würden als Einheimische die Route kennen, wurde allerdings enttäuscht: Wir waren alle das erste Mal hier heroben.
Der Abstieg ist steil, aber nicht viel schwieriger als der Aufstieg zur Dent de Brenleire. Zunächst wanderten wir ein paar Meter auf dem Aufstiegsweg zurück, bis der Südwestgrat nach rechts abzweigt. Wir folgten zunächst der grasig-felsigen Gratkante, und stiegen bald größer werdende Felsstufen hinunter. Darunter durchzieht ein felsiger Querriegel die Flanke, der den Grat unterhalb unbegehbar macht. Diesem Riegel weicht man nach links aus, um diese Stufe zu umgehen. Wir halfen uns gegenseitig bei der Wegfindung: Es geht eine grasige Rinne hinunter, parallel zu einer Felsmauer links, die geradewegs in das Kar Entre Roches hinunterzieht. Man steigt hier etwa 100 Höhenmeter ab, bis man auf eine den Hang querenden Wegspur stößt (die vermutlich vom Normalaufstieg herüberkommt). Auf ihr nun nach rechts, zunächst in eine steile Rinne unterhalb des Felsriegels. Auf deren anderer Seite gilt es, plattigen Fels zu überwinden - ist allerdings leichter, als es zunächst aussieht (kurz I).
Jenseits der Rinne führt die hier im Gras gut sichtbare Wegspur zurück zum Grat, wo man nun wieder recht einfach in den Col d'entre Roches (2114m) absteigt. Einige Felszacken und -blöcke sind ganz leicht umgehbar.
Dent de Brenleire - Col d'entre Roches: weglos, T4+/I, 30 Minuten
Es folgt der Aufstieg zur Dent de Folliéran. Ab dem Col d'entre Roches gibt es nun keine richtige Wegspur mehr, dafür helfen rote Punkte bei der Orientierung. Die Route, die unten noch dem Grat folgt, und später nach rechts in die Nordwestflanke ausweicht, ist steil, grasig/moosig und ein wenig brüchig - und damit deutlich anspruchsvoller, als die bisherigen Abschnitte.
Zuerst steigt man über die Kante des Nordgrats hinauf. In Zweifelsfällen helfen die roten Markierungen bei der Orientierung. Es geht auf dem Grat hinauf bis etwa auf die halbe Höhe. Dort steilt der Grat deutlich auf. Von hier aus traversiert man nun zwei Mal in die rechte Flanke.
Bis hierher ist die Routenfindung kein Problem. In den Traversen aber muss man gut aufpassen, um die roten Punkte nicht aus den Augen zu verlieren. Die sind in diesen Passagen nicht gleichermaßen dicht gesetzt, und man muss oft kurz stehenbleiben, und nach der nächsten Markierung genau Ausschau halten. Unnötig zu erwähnen, dass wir uns zweimal verstiegen haben, bis Rufe wie "point rouge!", "là!" oder "à gauche" durch die Wand schallten, mit denen wir einander wieder auf den richtigen Weg brachten.
Die erste Traverse ist nur kurz. Man folgt Punkten und Pfeilen in die rechte Flanke, und dann durch eine Schotterrinne wieder links hinauf zum Nordgrat. Dieser wird kurz darauf sofort wieder verlassen. Bei dieser zweiten, längeren Traverse muss man nun achtgeben, nicht zu weit nach rechts zu gelangen, dort landet man (landeten wir...) in schlechtem Gelände. Leider ist die entscheidende Markierung von unten kaum zu erkennen - von oben dafür umso deutlicher.
An dieser nicht sichtbaren Markierung also geradewegs die Flanke hinauf, bis weiter oben die Markierungen wieder nach rechts führen. Diesmal allerdings quert man recht weit in die Mitte der Flanke hinüber, bis zu einer letzten Markierung, die von der vorletzten aus mehr zu erahnen als zu sehen ist. Die dazwischen befindliche ausgesetzte Stelle mag zur Umkehr verleiten, weil man denkt, dass man hier sicher falsch ist, ist man aber nicht ("par ici, si, vraiment!").
Ab dieser letzten Markierung steigt man dann am Besten in einem S-Bogen nach oben: Zunächst nach links, wieder Richtung Nordgrat, und dann über Gras und Schrofen nach rechts zum Kreuz der Dent de Folliéran (2340m).
Col d'entre Roches - Dent de Folliéran: weglos, teils markierte Schrofenkletterei, T6/II, 45 Minuten
Auf der Dent de Follièran verabschiedete ich mich dann von den drei Jungs. Sie stiegen über den Normalweg nach Südosten ab, während ich mir den Galèregrat ansehen wollte. Von dem hatten die Jungs gehört, der war ihnen dann aber doch ein bisschen zu gruselig. Sie wünschten mit bonne chance, dann verließ ich die drei - und hatte dabei selbst nicht wenig Respekt vor dem Grat.
Zum Galèregrat geht's über den (Süd-)Westgrat hinunter. Der Abstieg ist deutlich einfacher als der Aufstieg (T4/I-II), und eher mit dem Abstieg von der Dent de Brenleire zu vergleichen. Im Unterschied dazu gibt's hier aber Markierungen, gelb und rot, und eine kleine Gedenktafel an einem Felsblock unterhalb des Gipfels hilft ebenfalls bei der Orientierung. Wie an der Dent de Brenleire ist aber auch diese Route wieder steil und grasig, und wieder gibt's auf halber Stecke eine Felsstufe zu überwinden: Eine geneigte Platte (I-II), kurz hinter dem Felsblock mit der Gedenktafel. Die sieht zunächst gruselig aus, ist aber einfacher, als es scheint: Auf einem schmalen Bandl oberhalb der Platte quert man ein paar Meter hinüber zu einem Loch, dort kommt man nah bei der Felswand auf wenigen, aber guten Tritten hinunter.
Eine dünne Wegspur führt hinüber zum Grat, und von hier an hält man sich am besten wieder an die grasige Gratkante. Dort setzen sich die Wegspuren fort. Die letzte Schwierigkeit bildet ein steiler Grasabstieg kurz vor dem Sattel.
Ist das eigentliche Ende des Südwestgrats erreicht, könnte dieser nach links (südwärts) über steiles Gras verlassen werden. Der Weiterweg über den Galèregrat ist deutlich anspruchsvoller, und nur was für Kletterer (Gratkante) oder nervenstarke Alpinwanderer (Umgehungen in der äußerst ausgesetzten rechten Flanke).
Der erste Teil des Galèregrats kann dazu verleiten, die zweite Variante zu wählen: Er besteht aus einer schmalen, brüchigen Felskante, genau das Zeug also, das man gern umgeht. Ich brauchte mehrere Anläufe, links, rechts und auf der Kante, bis ich eine halbwegs begehbare Route fand. Meine verlief letztlich so: Zunächst in der anfangs noch gut begehbaren, aber brüchigen und schotterigen linken Flanke unterhalb der Gratkante entlang, bis zu einer kleinen, markanten Lücke. Hier habe ich ein schmales Mäuerchen überstiegen, um zu Spuren in der rechten Flanke hinüberzugelangen. Diese Spuren hier sind teils recht gut, ich kann mir aber eigentlich nicht vorstellen, dass das hier viel begangen wird. Vermutlich stammen sie eher von Tieren.
Danach ging es direkt an der Felswand entlang wieder auf den Grat, auf dem ich nun zu einigen Platten weiterbalancierte. Jenseits dieser Platten ist ein markanter kleiner Zacken zu sehen, dahinter wiederum ein steiler Felsaufschwung. Die Platten umging ich rechts im Gras. Dann könnte man am Felsaufschwung vermutlich schon wieder auf den Grat zurückkehren, aber ausgerechnet hier ist die Spur im Gras wieder deutlich zu sehen, und verführt dazu, in der rechten Flanke zu bleiben. Mich jedenfalls. Außerdem ist von hier aus ein schmales Kriechband unter überhängendem Fels gut zu erkennen, das mir sehr verlockend aussah. Ich blieb also auf der Spur in der rechten Flanke, die hier ausgesprochen steil ist. In äußerst ausgesetztem Gelände, den Abgrund rechts, den Überhang über mir, kroch und robbte ich nun über das vielleicht 20 Meter lange Band, um mich danach in steilstem Gras wiederzufinden. Hier in der zwischen 60 und 70 Grad geneigten Flanke stieg ich hinauf auf den Grat.
Oben angekommen, hatte ich die Felspassage zwar schon hinter mir, der Grat bleibt aber noch eine ganze Weile äußerst schmal. Irgendwann wird's dann wieder leichter und der Grat zusehends breiter (die Schwierigkeiten nehmen in meiner Begehungsrichtung ab). Der Grat schwingt sich zu Pt. 2143 (Galère) noch einmal auf, kurz vor der Selle des Morteys (2140m) wandert man dann durch einfaches, wenn auch wegloses Gelände.
Dent de Folliéran - Selle des Morteys: Weglose Gratüberschreitung, T6/II, 1,5h
Hier, an der Selle des Morteys, endete mein Abenteuer. Man kann aus diesem Pass rechts hinuntersteigen, auf einem alten Weglein, das durch die auch hier immer noch sehr steilen Grashänge führt, der markierte Weg aber führt links hinunter, vorbei an Les Morteys-Dessus (1970m) zum bewirtschafteten Chalet des Marindes (1865m).
Von dort aus wanderte ich auf dem markierten Weg entlang dem Ruisseau des Morteys hinunter, und wandte mich unten auf der Hochflläche nach links. Über den bequemen Fahrweg gelangt man schliesslich wieder zum Ausgangspunkt Gros Mont (1366m).
Selle des Morteys - Gros Mont: markierte Wanderwege, T2, 1,5h
Fazit:
Fantastische Tour, eine der schönsten, die ich in der Schweiz je unternommen habe. Die beiden Gipfel sind toll; steile, elegante Zacken, die für sich allein schon eine großartige Tour bilden. Der Galèregrat setzt mit seiner anspruchsvollen Passage zu Beginn noch einen drauf, und ist ein echtes Highlight in dieser an scharfen Kanten nicht gerade armen Gegend.
Aber so ganz allein? Zum Glück bekam ich am nächsten Tag Besuch.
Ausrüstung:
C-Schuhe, Stecken, Helm. Einen Pickel sollten man für den Fall der Fälle dabeihaben.
Tourengänger:
Nik Brückner
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